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SWsche Volkszeitung scheint täglich «ach«, mit Ausnahme der Sonn- u. Festtage. zugspreiS: Dierteljährl. 1 Mk. 80 Pf. (ohne Bestellgeld). Post-Bestellnummer 0888. Sei außerdeutschen Postanstalten laut Zeitungs-Preisliste. Einzelnummer 10 Pfennige. Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit. vutbariicilerer. beHalriioi» mul LerclMrziellrr Dresden, Pillnitzer Straße 43. Inserate werden die 6 gespaltene Petitzeile oder deren Raum mit 18 Pf» berechnet, bei Wiederholung bedeutender Rabatt. RedaltionS-Sprcchstunde: 11—1 Nhr. Fernsprecher: Nmt I. Nr. 1806. 130. Katholiken: Margarethe. Mittwoch, den 10. Juni 1903. Protestanten: cnuphrine,. 8. Aahrgmig. „Gin Kriegsruf." Es ist schwer, über die Wahlbewegung keine Satyre zu schreiben. In der Hitze des Gefechtes ist das Antlitz so Manches wahrhaft geworden. Manche stolzierten im Stoiker- uiantel umher, jetzt zur Wahlzeit sieht man mit Staunen, duß sie Wasser Predigten und Wein tranken. Wenn jetzt die Herren Abgeordneten Lenpold und I)r. Vogel das hohe Bed von dem toleranten Sachsen anstimmen sollten, so sind wir überzeugt, sie würden sich dieser undankbaren Arbeit nicht unterziehen. Der Herr Kultusminister, dessen Wohlwollen gegen die Katholiken eine Grenze gesteckt ist durch die im Evangelischen Bunde etablierte Nebenregiernng, wird beim Anblick des sich ihm darbietenden Bildes selbst gestehen müssen, daß sich nunmehr Ziele offen ans Tages- HM wagen, die bisher sehr delikat behandelt zu werden »siegten. Bedauerlich ist es, daß sich auch das „Vater land" in einem unbewachten Augenblick znm Helfershelfer Mer Kräfte mißbrauchen läßt. .Herr Kaplan Hottenrott sprach auf der Katholiken- »erMinlnng in Zwickau am 24. Mai folgende Worte: ,Jch sage, wir Katholiken, die wir heute hier versammelt sind, ii„d iittramoiitan, nicht ultramontan verseucht (Anspielung auf das noch protestantischer Bezeichnung „antiultramontan durchseuchte" MM»), nein, ultramontan bis auf die Knochen, bis in die letzte sMr des Herzens und, nicht wahr? ultramontan wollen wir sein mid bleiben bis zum Sterben." In diesen einfachen Worten begeisterter Ueberzengungs- ircue sollte füglich kein evangelischer Mitbürger etwas ver lebendes finden. Wir sehen ja auch in den Ansbrüchen des evangelischen Bewußtseins nichts tadelnswertes, sofern „um Andersgläubige nicht direkt beleidigt und angreift.. Anders urteilt das „Vaterland" in Nr. 23 vorn 6. d. M. Tie Worte des Herrn Kaplan Hottenrott sind ihm „eine Heniusfordernng znm Kampfe", ein „Schlachtruf gegenüber der ganzen Protestantischeit Bevölkerung", ein „Kriegsrnf"; sie klingen ihm wie ein „Hohn auf das Mahn wort an die Mitbürger katholischen Glaubensbekenntnisses", (sin Hohn ans das Mahnwort? Man vergegenwärtige sich die Reihenfolge der Tatsachen. Am 24. Mai sprach Hotten roll diese Worte, am 31. Mai bringt das „Vaterland" das von uns eingehend gewürdigte „Mahnwort" an die Katho liken und am 6. Juni behauptet das Blatt, die Rede am 2l. Mm sei ein Hohn auf den Artikel, der 8 Tage später »Mm.' Von einem Hohn auf eine Mahnung kann also keine Rede sein, wie es vom Leserkreis allgemein ansgelegt Mrden wird, welcher die chronologische Reihenfolge nicht kamt. sinplan Hottenrott ging, als er seine Worte sprach, von der gesundeil Anschauung ans, daß Ultramontane und Katholiken gleichartige Begriffe in den Angen der Gegner sind; er ging von der Ansicht aus, daß die Katholiken denn doch in Sachsen dasselbe Recht haben, ihrer Treue zur eigenen Konfession Ausdruck zu verleihen, als wie die Protestanten; er verquickte seine Rede mit keinerlei Wahl- Der australische Erbe. Roman von Edgar Pickering. Deutsch von Franz Paul. Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.) Er nahm die Laterne vom Wächter entgegen, wandte sich gegen das breite Stiegenhans, das in zwei Galerien anslief, bog in eine derselben ein und durchschritt dann die großen, noch unfertigen Räume, einen nach dem anderen, sie mit Interesse und beifällig, betrachtend. Er hatte eine große Summe Geldes in dieses neue Haus gesteckt, denn er wollte Whhteleas Manor zu einem der schönsten Land sitze der Grafschaft machen. Bisher hatte er sich nicht nach Marlhnrst getraut, da er über Miß Selbys Geschichte erst hras wachsen lassen wollte. Es war übrigens sehr wahr scheinlich. daß sie sich gescheut haben würde, ihren Eltern von ihren Abenteuern zu erzählen, und dann hatte sie ja schließlich auch keinen Beweis für ihre Klagen. Madame Tuval war tot, und Dormann hoffte noch immer, mit der Heit sich das Mädchen gefügig zu machen. Was aber Teresa anlangte, so hatte er wohl wenig Anlaß mehr, sie zu inrchten, denn, sollte sie auch die Geschichte erzählen, die sie von Jean Kedar erlauscht hatte, so würde man ihr gewiß keinen Glauben schenken. Letzterer aber, davon war Tormann überzeugt, würde es sicher nicht wagen, nach England znrückznkehren. „Bah," brummte er vor sich hin, «wenn ich ein Wort sage, bringe ich ihn an den Galgen, und Mr. Kedar soll sich glücklich schätzen, wenn ich es nicht tue." Während Mr. Dormann bei dem flackernden Licht der Laterne die Fortschritte, die sein Ban gemacht hatte, bewunderte, schritten zwei Männer, denen er in diesem Augenblicke zu begegnen am wenigsten dachte, durch die Allee, die nach Whyteleaö Manor führt, in der Richtung nach Marlhurst zu. ES waren Dick Mortimer und Sylvester Eourtney. der letztere nach Marlhurst gelockt durch den mächtigen Magneten „Liebe". Ein Monat war vergangen, 'Ht Madge und Teresa in Marlhurst eingezogcn waren. Mo Mrs. Selby, im bildlichen Sinne gesprochen, das schönste Politik. Dabei hatte er offenbar einen Fehler in der Rech nung gemacht. Wie der Artikel des „Vaterland" beweist, haben die Katholiken nicht das gleiche Recht wie die Protestanten; sie haben nicht die Befugnis, ihre Treue zur katholischen Kirche ansznsprechen, denn das ist ein „Schlachtruf gegenüber der ganzen protestantischen Be- völkernng". Wir haben wiederholt darauf hingewiesen, daß die Existenz der Katholiken in Sachsen schon allein als eine Heransfordernng in gewissen Kreisen der Zeloten betrachtet wird. Von dem besonnenen protestantischen Ele ment nähmen wir das nicht an. Wenn wir die Leitung des Konservativen Landesvereins dazu rechneten, so sehen wir nns arg enttäuscht. Das Organ des letzteren, das „Vater land", gibt sich znm Sprachrohr der edlen Seelen des „Evangelischen (Liebes-und Wahrheits-j Bundes" her, jenes Bundes, den der hochselige König Albert mit Recht einen „Hetzbnnd" nannte. Wir bedauern das von ganzen: Herzen. Alles andere Hütten wir sicherer erwartet, als daß sich das Organ des Konservativen Vereins darüber anfhält, wenn Katholiken die Treue zu ihrer Konfession öffentlich bekennen. Wenn wir die psychologische Seite der betrübenden Stellungnahme des Blattes erforschen, so mag sie in der vergeblichen Suche nach einen: Angriffsobjekt in der vor trefflichen Rede zu suchen sein. Ein jeder Hieb saß, womit Redner die Verteidigung gegen die fortgesetzten Angriffe ans die katholische Kirche in Sachsen besonders während der letzten Zeit parierte. Der Eindruck mußte daher ans jeden Fall abgeschwächt werden. Sollten sich die Arrangeure weiter der Waffe der Unwahrheit bedienen, weiter sich be schämende Niederlagen holen, indem inan ihre Kricgsführnng als die der Unwahrheit und Verdrehung, der Schmähung und Verleumdung an den Pranger stellt? Die Hitze des Wahlkampfes zeitigte Klärung. Sie zogen es vor. das Visier fallen zu lassen. Klipp und klar verkündeten sie den i Grundsatz: Ihr Katholiken habt kein Recht, Eure Ueberzengnngstrene zur römisch-katholischen Kirche zu bekräftigen. Wir dulden in Sachsei: nur Katho liken, welche antinltramontansind. Den» jeder ultra- montane Katholik ist eine Heransfordernng in: Lande, wo einst die Wiege der Reformation stand. Die Katholiken wissen nunmehr wenigstens, woran sie sind. Es ist schon lange eine intensive Los von Rom- Bewegung in Sachsen an der Arbeit. Hier, wo nur fünf Prozent Katholiken wohnen, braucht der Feldzug zur Prose- lytenmacherei nicht also in Szene gesetzt zu werden, als dort, wo der umgekehrte Fall zntrifft, wie im katholischen Oesterreich. Man will die sächsischen Katholiken nnmerklich nach und nach anfsaugen. Daher kann man wohl anti ultramontane, aber nicht überzeugnngstrene Katholiken brauchen; denn letztere wollen römisch-katholisch, d. h. — in der Sprache des Ev. Bundes — nltramontan bis znm Sterben bleiben! Das sind keine faulen Früchte ans den: Baume der kath. Kirche, die dein: Schütteln abfallcn. Vor Erscheinen der „Sächs. Volkszeitung" richtete das „Vaterland" auch ein Mahnwort an die Katholiken. Mit herzerschütternden Tönen beschwor es sie, doch ja den: Unternehmen, das die Gründung unserer Zeitung bezweckte, keine Unterstützung angedeihen zu lassen; es sei weggeworfenes Geld. Die Mahnung des guten Freundes war umsonst. Die Katholiken gründeten die Zeitung, denn sie hatten es satt, sich alle Beleidigungen ruhig gefallen zu lassen. Oder hat vielleicht das „Vaterland" seine Spalten geöffnet, um ihre Verteidigung anfznnehmcn? Die Gründung der „Sächs. Volkszeitung" war die Beschaffung einer Verteidigungs waffe. Daß unser Blatt eine fortwährende Provokation deS Protestantischen Sachsens ist, haben nur unzählige Male seit dessen Bestände hören müssen. Man verschwieg aber dabei, daß die Zeitung nur für jene konfessionellen Hetzer ein Dorn in: Auge ist, die den Grundsatz des „Vaterland" verfechten: Die Existenz der Katholiken in Sachsen ist ein „Schlachtruf gegenüber der protestantischen Bevölkerung". Die „Sächs. Volkszeitung" hat viele Protestanten zu ihren Lesern, und Tausend andere finden es nur ganz selbstver ständlich, wenn die Katholiken sich zur Wehr setzen, wo sie heransgefordert werden. Das „Vaterland" spielt die Worte des Herrn Uaplan Hottenrott im Verlaufe des Artikels ans das Politische Ge biet hinüber. Die Katholiken haben nach reiflicher lleber- legnng der Gründe die Parole ansgegeben: den: Zentrmns- kandidaten Justizrat Or. Felix Porsch in Breslau ihre Stimme zu geben. Es wäre aber ungerecht, verschweigen zu wollen, daß diese Aufstellung eines Zentrninskandidaten nicht unter allen Umständen geplant war. Ueberall, wo der Kandidat der Zentrnmswählerschaft Garantien für eine tolerante, daher gerechte Beurteilung der konfessionellen Frage bot, war in: vorhinein beschlossen worden, einen eigene:: Kandidaten ! nicht anfznstellen, sondern für diesen zu stimmen. Man hoffte, es werde wenigstens in einzelnen Wahlkreisen die Möglichkeit geboten, für den Kartellkandidaten einzntreten. Die Verhetzung trieb diese jedoch ans den antinltramonlanen Standpunkt; sie verzichteten also selbst ans die ZentrninS- stinnnen. Ihnen mit hündischer Unterwürfigkeit nachzn- laufen trotz der Hiebe, verlangt das „Vaterland". Wir verzichten ans diese Rolle des Stimmviehs. Und wenn die Katholiken noch gezweifelt haben, ob dem: die Auf stellung der Zentrnmskandidatnr angesichts der sozialdemo kratischen Gefahr recht sei, so hat ihnen das „Vaterland" mit seinen: Artikel „Ein Hohn" bewiesen, daß die Wahl vereine und -Komitees keine andere Stellungnahme den Katholiken empfehlen durften. Tie Katholiken müssen sich um ihre Existenz nicht nur in materieller, sondern auch in geistiger Beziehung wehren. Sie haben von den soge nannten „Ordn:mgs"-Parteien keinerlei Entgegenkommen, keinerlei Toleranz, aber auch keinerlei Schonung zu er warten. Wenn sie an: IN. Juni für Kandidaten einlreten würden, welche die katholische Kirche in unverblümtester Kalb znm Willkommen geschlachtet hatte, und die Heirat zwischen ihrer Tochter und 1)r. Mortimer war beschlossene Sache. In seiner Eigenschaft als zukünftiger Brautführer hielt es Sylvester offenbar für seine Pflicht, den Bräutigam nicht ans den Angen zu lassen, und so weilte er mehr in Marlhnrst als in London. Mit Teresa stand er. trotz seines schlechten Französisch, auf besten: Fuße. Er und Dick hatten an diesen: Abend einen ziemlich weiten Spaziergang geinacht, und gerade als sie an: Ausgangspunkte der Allee vorbei kamen, merkte Sylvester eine kleine schwarze Gestalt quer über den Weg gehen. Er blieb stehen. „Ist das nicht Scripp und Mörders gewesener Schreiber?" rief er aus, „gerade der Mann, nach den: ich mich an: meisten sehne? Er besitzt den Schlüssel, und das Schicksal hat ihn mir in den Weg geführt. Wir wollen ihn: folgen." Es war wirklich Jean Kedar, der, ohne eS zu wissen, daß er beobachtet sei, gemütlich die lange Allee entlang schlich in gedrückter Stimmung, wie von Erinnerungen geplagt, die ihn: unangenehm waren. Er hatte ansspionicrt, daß Jarvis Dormann nach Marlhnrst gefahren sei. und war ihn: gefolgt, denn Jean Kedar war nicht der Mann, eine Goldgrube zu verlassen, bevor sie nicht erschöpft war. und Jarvis Dormann schien ihn: eine unerschöpfliche. So hatte er denn beschlossen, seine Bedingungen zu stellen, harte Bedingungen, denn der australische Gentlemen batte ihn geschnitten. „Er soll sehen, daß ich mich nicht so leicht versetzen lasse!" brummte Jean vor sich hin in seiner ruhigen Weise. Der Wächter, an den er sich wandte, teilte ihm mit, Mr. Dormann sei irgendwo ans dem Ban, hinznsetzend, daß die Zeit ein wenig schlecht gewählt sei. nur Besuche zu machen, worauf Jean nur mit einem kurzen „Ja" antwortete, was den anderen vollkommen entwaffnete, mehr als cS irgend eine grobe Antwort getan hätte. So wiederholte er nur: „Dort oben werden Sie ihn irgendwo finden." mit der Hand ans das unfertige Gebäude zeigend. Jean tastete sich die Stiege hinauf, an dessen Ende das Licht von Dormcmns Laterne ihn: seinen weiteren Weg zu seinen: Opfer, ans das er nun znschritt, wies. Wenn es Mr. Giffords Geist gewesen wäre, hätte Tormann keinen größeren Schrecken zeigen können, als er jetzt an den Tag legte. „Sie." schrie er Jean an. Was fällt ihnen ein, nur nachznlanfen?" „Sie lassen meine Briefe unbeantwortet. Herr," erwiderte Jean bescheiden, „was bleibt nur also zu tun übrig? Ist es nicht unsinnig von Ihnen, mich versetzen zu wollen?" „Kommen Sie hier herein, Sie Schuft," knirichte Dormann und führte ihn in eines der Zimmer, das hinaus ans den Park sah, der 30 Fuß tief unter den: noch »»voll endeten Fenster lag. „Sie sollen hören, was ich Ihnen zu sagen habe und was ich weiß." „Das ist ganz überflüssig." erwiderte Jean getanen. „Die Entscheidung liegt bei Ihnen. Bedenken Sie aber, daß ich Papiere in den Händen habe, die Alles beweisen; es wäre sehr unvorsichtig von Ihnen, mich zu ihren: Feinde zu machen." „Sie erbärmlicher Verräter," knirschte Dormann. Welche Lüge haben Sie der Madame Dnval in Paris erzählt?" „Anne Seele!" antwortete Jean, sich bekreuzend. „Wenn man bedenkt, daß sie verbrannt in. War's eine Lüge, die ich ihr erzählt habe? fügte er lauernd hinzu. „DaS ist einerlei, es war eine Geschichte, die Ihnen nichts weiter nützen wird, Jean Kedar". erwiderte Dormann. „Nicht einen Schilling sollen Sie inehr von nur haben, auch Scripp nicht, der nur schon Tausende heraus gezogen bat." „Dann hören Sic meine Antwort", sagte Jean. „Ich bitte Sie. mir ruhig znznhören. Sie wollen also mit nur brechen?" . . „Vollständig. Sie haben mich genug gepreßt. Tun Sie. was immer Sie wollen, und wenn Sic es getan haben, bringe ich Sie an den Galgen." (Fortsetzung folgt.)