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MsdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und Das .Wilsdruffer- Tageblatt" erscheint, an allen Werktagen nachmittags Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— NM. frei Haus, bei Postbestellung 1,80 RM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rpfg. Alle Postanstallen und Post boten, unsere Austräger u. , ... .. Geschäftsstelle, nehmen zu lederzett Bestellungen ent- W0MeNviatt sUI WllsVrUsf U. UMsttfleNd gegen. Im Falle höherer -Gewalt. od. sonstiger ' ' ' > - ! — Betriebsstörungen besteht Lein^Anspruch auf Lieferung der Leitung oder Kürzung des Bezugspreises. 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Die folgende Betrachtung stammt aus der Feder eines gläubigen, nicht der NSDAP, angehörenden Katholiken. Sie ist eine ernste Mahnung in den Auseinandersetzungen unserer Tage, in denen der politische Katholizismus bewußte Irreführung treibt. Wenn man die Ängste mancher Katholiken und Pro testanten um die Religion hört und dazu das Verhalten gewisser Geistlicher bemerkt, die immer noch nicht die Zeit begriffen haben, erinnert man sich mit leisem Unbe hagen des Kampfrufes einer zum Glück vergangenen Zeit, mit dem der Klerus und das gutgläubige Volk vor den Zentrumswagen gespannt wurden: Die Religion ist in Gefahr! Immer hörten wir diese Fanfare, wenn Wahlen vor der Tür standen und die Sache der allerchristlichsten Partei schief stand. Nun hört man seit bald drei Jahren das Wort von der durch das „N e u h e i d e n t u m" gefährdeten Re ligion. Worum geht es denn diesen Wächtern der Kirche und Hirten der Herde? Um die Religion oder um das, was sie dafür ausgeben? Um die ewigen göttlichen Werte oder um sehr menschliches Beiwerk und eigene Vorteile? Geht es ihnen bei allem um Deutschland, das doch schließ lich das Land ist, in dem sie im Dienst der Religion tätig sind? Wasistdennin Gefahr? Nicht die Religion — aber Organisationen und Vereine, die einmal notwendig Waren gegen die marxistischen und kommunistischen Orga nisationen, und zum Teil schon damals versagten, heute aber sehr überflüssig sind. Vereine und Forma tion e n , die für jeden echten Seelsorger schon lange eine Last bedeuteten, weil sie ihm kostbare Zeit und Kraft für die wahre Seelsorge raubten. Der eiugelaufcne Trott einer allzu bequemen Behandlung religiöser Angelegen heiten und Fragen ist in Gefahr, die nicht immer ein wandfreie Verquickung von Religion und Geschäft! Ein gedankenloser Predigt- und Seelsorgerbctrieb ist in Ge fahr, eine mißverstandene „Katholische Aktion" und ein „positives Christentum", das immer einen „Gegner" braucht, gegen den man die „Religion" verteidigen mutz. Die Prediger sind gefährdet, die keine 10 Minuten auf der Kanzel stehen können, ohne gegen Rosenberg, Hauer oder das „Neuheidentum" zu wettern, weil sie über Gott und die Grundwahrheiten des Christentums nichts zu sagen Wissen. Die Geistlichen sind gefährdet, die immer noch auf eine „Wendung" hoffen und die unsinnigsten Gerüchte kolportieren, nur um sich an einen Strohhalm zu klam mern, der ihre Sehnsucht auf ein Reich wie einst unter dem bayerischen Held und anderen „Helden" stützt. Aber ist das Religion? Haben diese D'nge wahrhaft innerliche und religiöse Menschen nicht schon lange abgestoßen und den besten Christen den Kirchen betrieb verleidet? Ist es nicht eigenartig, daß in diesem Staat, in dem angeblich das Christentum so „drangsaliert" wird, die Gottesdienste stärker denn je besucht sind? Wo wurde je wie früher ein Geistlicher in der Ausübung der Seelsorge behindern? Aber wer ist früher so in Harnisch gekommen, wenn Kommunisten Prozessionen störten, wenn von Ju den und Marxisten in Wort und Schrift, im Kino und aus der Bühne alles Heilige in den Schmutz gezogen wurde? Man saß einträchtig mit Braun und Severing und wie sie alle hießen im Parlament beisammen — und machte politische Geschäfte. Trotz der tiefen Kluft zwischen Christentum und Sozialdemokratie, die sich nach Bebel „wie Wasser und Feuer gegenüberstanden". Und nun auf einmal wittert man Kampfgelüste, muß man die Re ligion gegen Regierung und „Neuheidentnm" verteidigen, ruft man nach der starken Hand des Staates zum Schutz der Religion. Wann griff früher der Staat ein, als er schwarz und rot regiert wurde? Lasten wir uns doch nicht irremachen und zu politi schen Zwecken mißbrauchen! Wenn das Christentum so schwach wäre, daß es ohne staatliche Krücken nicht be stehen kann, dann verdiente es, weil saft- und kraftlos, den Untergang. Aber wer von uns glaubt im Ernst an solche Schwäche? Die Bewegung selbst glaubt an die Kräfte des Christentums und schätzt sie, denn sonst hätte der Artikel 24 des Parteiprogramms keinen Sinn. Aber vergessen wir nie, daß wir zuerst und vor allem nur Deutsche sind, nichts als Deutsche. Und dann leben wir praktisches Christentum und streiten wir nicht über konfessionelle Unterschiede. Ihr Geistlichen, Predigt wieder wie solche, „die Macht haben, nicht wie Pharisäer und Schriftgelehrte". Denken wir aber auch daran, daß vieles nicht zu Religion und Christentum gehört, was sich im Lauf der Jahrhunderte daran herumgerankt hat. Wenn unseres Führers Werk auch hier wieder die Sicht zum Wesentlichen freilegt, hat er ein größeres Ver dienst um Religion und Kirchen als alle streitbaren Theologen und Eiferer der Kirche zusammen. Niemand hat uns Christen besser und schöner an unsere einzige Pflicht in dieser großen Zeit ermahnt als Reichsminister Rust beim großen Treffen des Westmarkgaues vor drei Wochen in Koblenz, wo er seine Rede mit den Worten schloß: „Betet i n e^u rcn Kirchen, aber kämpft unter unseren Mahnruf" Blutige GlMnMWse iu Englund. Eine protestantische Kirche niedergebrannt. Die blutigen Unruhen in Belfast noch immer nicht beigelcgt. Die schweren und blutigen Zusammenstöße zwischen Katholiken und Protestanten in Belfast haben das allergrößte Aufsehen in Schottland hervorgerufen. Die Behörden befürchten, daß sich die Unruhen auch aus Edinburgh ausdehnen werden, das in letzter Zeit ebenfalls der Schauplatz ernster Zusam menstöße zwischen Katholiken und Protestanten war. Der Erzbischof von Edinburgh, MacDouald, hat einen laugen Aufruf erlassen, in dem er die Behörden auf- sordcrt, gegen die Unruhen einzuschrciten. Dann erklärt er u. a., daß es seit einiger Zeit für einen katholischen Priester unmöglich sei, auf der Straße zu er scheinen, ohne den „unaussprechlichsten Beschimpfungen" ausgesetzt zu sein. Jn den Fabriken und amtlichen Werk stätten, heißt es weiter, sind die katholischen Angestellten und besonders wehr lose Mädchen einer erbit terten Verfolgung ausgesetzt; man hat sich bemüht, die Arbeitgeber zu veranlassen, ihrs katholischen Angestellten aus religiösen Gründen zu entlassen. Der Erzbischof weist dann auf die „schändlichen öffentlichen Ereignisse" anläßlich des Eucharistischen Kongresses hin, die den Namen von Edinburgh beschmutzt hätten. Priester habe man in wildester Weise angegriffen, alte Frauen überfallen und gestoßen, ganze Omnibusse mit Kindern seien erbarmungslos mit Steinen beworfen und wehrlose Bürger mißhandelt worden, wie es in einer zivilisierten Gemeinschaft der heutigen Zeit beinahe unglaublich sei. Gleichzeitig hat der Führer der Antika.tho- liken Edinburghs, Stadtrat Cormack, einen Brief an den Erzbischof gerichtet, in dem weitere energische Maßnahmen gegen die Katholiken in Aussicht gestellt werden. Schottland sei ein protestantisches Land, und er werde sich weiterhin dafür einsetzen, daß die katholischen Angestellten entlassen werden. Der Feldzug gegen die Ka tholiken habe erst angefangen, werde aber bald in vollem Schnmng sein. Die katholische Zeitung „Universe" berichtet in großer Ausmachung über das Blutvergießen in Belfast. „Zwischenfälle von beinahe unglaublicher Grau samkeit ereigneten sich. Jn der Akademiestraße setzte eine Menge von Orangisten katholische Häuser in Brand und schüttete Petroleum über ein Bett, in dem eine Frau mit einem Tag alten Säugling lag." Schwere Unruhen auch im irischen Freistaat. Die politisch-religiösen Unruhen in Belfast haben auch auf den irischen Freistaat übergegriffen. Jn Clones und Lemerick stürmten die Katholiken mehrere Häuser von Protestanten und richteten große Zerstörungen an. Jn Lemerick ging die erregte Menge gegen zwei Freimaurer logen vor und zertrümmerte die Scheiben einer prote stantischen Andachtshalle. Besonders gespannt ist die Lage in Kilmallock in der Grafschaft Lemerick, wo eine pro testantische Kirche in Brand gesteckt wurde und bis auf die Grundmauern nicderbranute; auch drei Häuser von Protestanten wurden schwer beschädigt. Jn Siones ging eine Freimaurerloge in Flammen auf und brannte vollkommen nieder. Jn Trim in der Grafschaft Meath ging die Menge ebenfalls gegen eine protestantische Kirche vor und zertrümmerte mehrere wertvolle alte Kirchenfenstcr. Jn Lemerick werden die Straßen seit dem Montag von Truppen mit aufgepflanzten Seitengewehren bewacht. WM zieht seine Wem« W Messime» zn« Waffenausfuhrfreigegeben. — Kann der Völkerbund den Krieg in letzter Minute verhindern? Im Zuge der englischen Maßnahmen im Konflikt zwischen Italien und Abessinien werden aus Grund eines Beschlusses des englischen Kabinetts alle britischen Untertanen, vor allem die britischen Missionare, aus Abessinien abberufen werden. Jn der eng lischen Öffentlichkeit haben darüber hinaus die zwei Nach richten Aufsehen erregt, daß die englische Regie rung den Waffenhandel nach Abessinien frcigeben wolle und daß Italien zum Ankauf von Rohstoffen für die Durchführung des Feldzuges gegen Abessinien vorübergehend vonderLira-Gold- deüung abgehen müsse. Wie mehrere englische Blätter berichten, ist das bri tische Kabinett zu der Ansicht gekommen, daß durch die Verhinderung der Waffenausfuhr Abessinien einseitig be nachteiligt werde. Ein Datum für die Sitzung des Völker- bundsrats ist, wie „Times" berichten, noch nicht fest gesetzt. Der Minister für Völkerbundsangelegenheiten, Eden, wird sich Ende dieser Woche bereits nach Genf be geben. Die britischen Minister hätten vorläufig die Hoff nung, daß Frankreich auf der Ratstagung sich den englischen Be mühungen anschließe» werde, um in letzter Minute eine friedliche Lösung herbeizuführen. Man gehe dabei von der Hoffnung aus, daß Laval selbst wieder mehr Zeit habe, sich mit der abessinischen Frage zu beschäftigen und dabei zu der Überzeugung kommen werde, daß durch einen Ausbruch der Feindseligkeiten in Abessinien auch der Weltfriede aufs schwerste in Mitleiden schaft gezogen werde. Viel Beachtung findet in diesem Zu sammenhang eineVeröffentlichung der „Morningpost"über den Briefwechsel zwischen zwei abessinischen Offizieren, der in Ualual gefunden wurde und aus dem deutlich hervor geht, daß die Schuld an dem Zwischenfall auf der Seite der Italiener lag. Ualual ist die einzige Wasserstation in dem in Betracht kommenden Gebiet, so daß die abessinischen Abteilungen gezwungen waren, diese Oase auszufuchen. Die Italie ner andererseits hatten den Wunsch, im Hinblick auf die Wasserversorgung die Grenze bis Ualual zu verlegen und suchten daher der englisch-abessinischen Grenzfestlegungs kommission unter Führung des Oberst Clifford den Durchmarsch bis Ualual nicht zu gestatten, weil die Be fürchtung bestehen mußte, daß der Ort durch Sie Clifford- kommission als abessinisch erklärt werden würde. Das Londoner Blatt „Daily Mirror" veröffent licht einen Aufruf der Kaiserin von Abessinien an die englische Frauenwelt, für das schwere Schicksal des abessinischen Volkes Ver ständnis zu zeigen. Italienische presse verdächtigt England. In der italienischen Presse, die über die Haltung Englands aufgebracht ist, fucht man daher die englische Politik zu verdächtigen. Nach einer Meldung des Mailänder Blattes „Stampa" sollen sich alle arabischen Blätter ausführlich mit dem angeblich von England mit größter Eile in Angriff genommenen Ver such beschäftigen, die ganze arabische Welt im abessini- fchen Streitfall auf seine Seite zu ziehen. Es wird ge meldet, daß die Engländer in Armen und Hedschas, in Palästina, in Transjordanien, im Irak und natürlich auch in Ägypten in dieser Richtung eifrig tätig seien. Die Zeitung „Ahram" habe eine auch von anderen ägyp tischen Blättern wiedergegebene Notiz veröffentlicht, wo nach zwischen London und Ibn Saud ein Ab kommen über die Lösung der Eisenbahnfrage Hedschas— Medina und über Grenzberichtigungen abgeschlossen worden sein soll. England habe auch mit dem Emir Abdalla von Transjordanien Fühlung aus genommen, womit die scharfen, gegen Italien gerichteten Erklärungen des Emirs nach Meinung des italienischen Blattes in Zusammenhang stehen. Abdalla habe er klärt, daß Abessinien der Beschützer des Islams in seiner Ent stehungszeit gewesen sei, und er wundere sich, daß Rom, die Mutter des Christentums, sich gegen ein christliches Land wende. Die arabische Presse betone, daß sich die Araber England anvertrauen könnten. Wie aus Durban (Natal) gemeldet wird, hat der südafrikanische Brigadegeneral Royston in einem Brief an den „Natal Mercury" bckanntgegeben, daß er beab sichtige, dem Kaiser von Abessinien seine Dienste zur Ver fügung zu stellen. Er wolle eine Brigade auf stellen und „in diesem ungerechten Kriege am Kampfe teilnehmen".