Volltext Seite (XML)
Eing«' „WeiSeritz-Zeitung" scheint wöchentlich drei- nial: Dienstag, Donners tag «nd Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. Ai Pfg-, zweimonatlich 84 Psg., einmonatllch 42 Via. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie Die Agenten nehmen Be stellungen an. Inserate, welche bet da bedeutenden Auflage des Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit l0 Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate niit entsprechen dem Aufschlag.— Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile SO Pfg. Amtsblatt für die Königliche Amtshauptmannschaft, das Königliche Amtsgericht und den Stadtrath zu Dippoldiswalde. Verantwortlicher Redacteur: Paul Ichne in Dippoldiswalde. Mit achtseittge« „Jllustrirten UntrrhaltuugSblatt". Mit land, «nd hauSwirthschaftlicher Mo«ot»beilage. Nr. 16. Sonnabend, dm 5. Februar 1898. 64. Jahrgang. Lokales und Sächstfches. Dippoldiswalde. Theater. Während am Mon tag „Die Mühle im Edelgrund" Frl. Lange Gelegen- heil gab, als Busch-Liesl ihre ganze Bravour, ihre natürliche Fröhlichkeit und Herzlichkit zu zeigen, wurde am Mittwoch in „Sie Weitz etwas" jede Person durch jede neue, sich von selbst ergebende Situation als Hauptrolle hervorgedrängt und forderte in Folge dessen ihren ganzen Mann, den eine jede auch nach dem Applaus d.s zahlreichen Publikums gesunden haben muß. Der Beifall galt ganz besonders Herrn Direktor Lange, der als Papa Möller sich spaßhaft geschickt auS der gefährlichsten Klemme zu ziehen wußte. — Die Variötö Gesellschasl Jos pH Strohschneider wird an den nächsten drei Abenden im Saale des Echützenhauses Vorstellungen geben, auch wird bet günstiger Witterung am Sonntag der Direktor selbst einen Aufstieg an einem Luftballon unternehmen und am Trapez desselben arbeiten. Nach den uns vor liegenden Rezensionen geht ver Gesellschaft ein sehr guter Ruf voraus, sodaß ein Besuch der Vorstellungen nur empfohlen werden kann. — Am Sonnabend sand die Hauptversammlung des Turnvereins bei einer Theilnahme von 55 Mitgliedern statt. In seiner Ansprache hob der Vor sitzende Eidner besonders hervor, daß neben der Aus bildung körperlicher Kraft der Turnverein in erster Linie auch vaterländische Gesinnung zu pflegen habe. Er bethätigte dies löbliche Streben auch insofern so fort selbst, indem er seiner Ansprache den Charakter einer nachträglichen Geburtstagsfeier für unseren Kaiser verlieh. Von Herzen stimmte man, am Schlüsse der zündenden Rede, mit in das dargebrachte Gut Heil ein und mächtig strömte das „O Deutschland hoch in Ehren" aus dem Munde der begeisterten Männer und Jünglinge. — Hierauf trug mit bekannter gründlichen Genauigkeit Turnwart Schteritz den Jahres bericht über den praktischen Turnbetrieb vor. Er konstatirt, daß man mit Befriedigung auf das 37. Vereinsjahr zurückblicken könne. Die 79 praktischen Turner (202 Mitglieder und 5 Ehrenmitglieder über haupt) turnten an 95 Abenden mit zusammen 5031 Mann. Diese Zahlen würden noch günstiger sein, wenn das Hochwasser nicht den Betrieb an einigen Abenden verhindert hätte. Der Besuch ist im Durch schnitt wiederum etwas höher geworden, was besonders der sehr eifrigen Müllerschülerriege „Frisch aus" zu verdanken ist. Auch trat erfreulicher Weise die Alters riege wieder in Thäligkeit und turnte wacker. Unter den 9 Turnsahrten war die nach Plauen zum Kreis turnfeste natürlich die bedeutendste. Außer den all gemeinen Freiübungen turnten die 16 Theilnehmer noch in einer Riege ihre Uebungen am Pferd und eine Altersriege am Barren, welche Leistungen mit 4 bez. 4'/, Punkten, ein gutes Resultat, «ewerthet wurden. Äuch im neuen Jahre treu und test zusammenzuhalten, das ist der Wunsch dlS Turnwarts und zugleich seine Mahnung. — Der Kassenwart Jäckel berichtete sodann über den Stand der Vereinskasse. Einer Einnahme man 1244 Mk. steht eine Ausgabe von 1119 Mt. ge genüber, so daß «in Kaffenbsstand von 125 Mk. bei 10 Mk. Reste sich ergiesst. DaS Vermögen des Ver eins aber, der Hallrnbasifvud, wuchs aus 2429 Mk. Diese» überstchtltche Rechenwerk wird vom Gelbgießer Schneider und dem Müllerschüler Eülau geprüft werden. — Der Zeugwart Straßberger hat sich der mühevollen Arbeit unterzogen, ein genaues Besitz- ftandverzeichniß auszustellen, wonach alle Gerätheu.s.w. «inen Werth von 2255 Mk. repräsentiren. — Auch der Bücherwart Jäntchen, dem seine Bücherei sehr am Herzen liegt, erstattete seinen Jahresbericht. Er dankt besonders für die Geschenke seitens einiger Herren und schließt mit dem Apell an die Turner die Bücherei fleißiger als bisher zu benutzen. — Ein vom Turn genossen Jänichen gestellter Antrag, dahingehend, den Fragekasten entweder ganz zu beseitigen oder wenigstens die Anfragen mit Unterschrift, welche geheim bleibt, zu versehen, erledigt sich durch seine Annahme in der letzteren Fassung. — Weiter wird noch beschlossen, zu den TurnrathSsitzungen fernerhin auch den jeweiligen Präses der Riege „Frisch auf" als stimmberechtigten Beisitzer mit hinzuzuziehen. — Vor Eintritt in den letzten Punkt der Tagesordnung, die Wahlen betr., ergreift der Vorsitzende erst noch einmal das Wort, um den städtischen Behörden sür das jederzeit dem Turnverein bewiesene Wohlwollen zu danken. Vor allem, betonte derselbe weiter, sei aber der Spitze der städtischen Behörden, dem Herrn Bürgermeister Voigt, welcher über 25 Jahre dem Vereine und dem Turn- rathe angehöre, ehrender Dank zu zollen, welcher darin bestehen soll, den Herrn Bürgermeister zum Ehren vorsitzenden zu ernennen. Freudigste und einmüthtgste Zustimmung folgte diesem Anträge und giebt sich kund in einem donnernden „Gut Heil"! Bei den nun fol genden Wahlen werden die drei Genossen Schlosser meister Schmidt, Kaufmann Dreßler und Lehrer Schröter nahezu einstimmig neu- bez. wiedergewählt. Den Schluß der 3'/»stündigen Sitzung endlich bilden die DankeSworte, welche der Vorsitzende im Namen des Vereins, allen den Genossen, welche ihre Aemter so treu verwaltet, insbesondere auch dem unermüdlichen Schristwart, zollt und welchen Dank auch die Ver sammlung durch Erheben von den Plätzen bestätigt. — Das hiesige Bahnhosshotel ist am 3. Februar käuflich in die Hände des derzeitigen Pächters des NathskellerSin Rabenau, Hrn.Tschendke, übergegangen. Höckendorf. Der hiesige Kirchenvorstand hat in seiner letzten Sitzung einstimmig beschlossen, Herrn Missionar omor. Just aus Dresden um zwei weitere Vorträge zu bitten. Man darf sich über diesen Beschluß nicht wundern. Der Eindruck dessen, was Herr Missionar Just aus der am 9. Januar hier abgehaltenen ersten Evan gelisationsversammlung darbot, war ein so tiefer und überzeugender, daß alle Zuhörer sich im Innersten berührt fühlen mußten. Und sind die einen in ihrer christlichen Ueberzeugung reichlich gestärkt und erbaut worden, so wurden die anderen eindringlich angeregt, im Suchen nach einer gläubigen religiösen Anschauung die höchste Pflicht jedes selbst bewußten denkenden Menschen zu erkennen. Aller dings war das Thema des Vortrags eine Frage, von der aus man die ungetheilte kräftige Wirkung sich kaum versprechen konnte. Schien doch diese Frage: „Was können wir von den alten Indern lernen?" wenn auch nicht über den Gesichtskreis, ab r doch über den Kreis des Interesses der meisten Hörer hinauszultegen. Aber schon mit der Form des Vor trags, mit der klaren Sprache, mit der großen Ruhe der Entwickelung wußte Herr Just seine Zuhörer be ständig mit sich fortzuziehen. Sodann war aber auch die Darlegung des bramanistischen Suchens nach Gott, das von der Welt außer uns, und des buddhistischen Suchens, das von der Welt in uns ausgeht, eine so interessante, daß jedermann mit gespannter Aufmerk samkeit gern sich in diesen Gedankengängen weiter führen ließ. Wie überzeugend trat aber schließlich in dieser Entwickelung der Punkt hervor, an welchem das religiöse Denken und Suchen des Menschen der Unterstützung einer von oben her gegebenen Offen barung bedarf, wie sie bei uns jedem Kinde schon das Evangelium oer heiligen Schrift bietet! „Unter die suchenden und denkenden Heiden muß man treten, um zu wissen, was wir haben an unserer Offenbarung." Nur sehr schwer läßt sich nach Form und Inhalt ein derartiger Vortrag und sein Eindruck in Kürze be richten. Wir freuen uns aber mit sehr vielen aus die in Aussicht stehenden weiteren Gaben deS Herrn Missionar Just. Denn muß man es auch immer wieder tief bedauern, daß die Umstände es ihm un möglich machen, den Beruf eines Missionars unter den Heiden draußen ferner zu erfüllen, so sind solche Vorträg«, wie er sie zu bieten weiß, zweifellos ein großer Gewinn und höchst erwünschter Dienst an den heimischen Christengemeinden selbst. Geising. Für die hiesige erledigte Bürger meisterstelle haben sich nicht weniger als 66 Be werber gemeldet. Dresden. Der konservative Parteitag am 2. Februar war von etwa 800 Personen besucht. Nach dem Vortrage des Frhrn. v. Manteuffel über die all gemeine Stellung der konservativen Partei wurde folgende Resolution angenommen: „Die Partei will auf dem Boden des Christenthums und der Monarchie die Wahrung der Autorität und der Herrschaft von Gesetz und Ordnung, sie will keine Einschränkung, sondern die Aufrechterhaltung der persönlichen Freiheit und der Kronrechte." Nach dem Vortrage des 0r. Klasiug-Bieleseld über die sozialpolitische Lage erklärt der Parteitag, die Partei werde die Interessen der produktiven Stände einschlikß'tch der Arbeiterschaft pflegen. Die Lage der Landwirthschast, deS Hand werks und deS Kleinhandels soll gebessert werden. Der arbeitenden Klaffe ist besondere Fürsorge zu widmen. Die Partei widerstrebt einer einseitigen Sozialresorm, sie will keinen Stillstand oder Rück schritt der Sozialreform, sondern einen planmäßigen Ausbau der Arbeiterschutzgesetzgebung. — Am 3. Februar hielten beide Ständekammern Sitzungen ab. Auf der Tagesordnung der Ersten Kammer stand der Bericht der ersten Deputation über das König!. Dekret Nr. 24, den Entwurf eines Gesetzes, die Ausführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs vom 18. August 1896 und des EinführungsgeietzeS zum Bürgerlichen Gesetzbuch« von demselben Tage betreffend. (Berichterstatter Hr. Landgerichtsrath a. D. geh. Justizrath Wehtnger.) Die Kammer beschloß, milder von der Deputation vorgeschlagenenAenderung: den zweiten Satz von § 3 des Entwurfs zu streichen, die Annahme des ganzen Gesetzentwurfs, nachdem die Herren Oberbürgermeister vr. Dittrich, Domherr vr. Fciederici und Gras Rex-Zedtlitz gesprochen hüten, denen die Herren Regierungskvmmissare geh. Justiz rath Börner und Geh. Rath vr. Frhr. v. Bernewttz erwiderte«. Die Zweite Kammer verhandelte über Kap. 38 bis 41 des ordentlichen Staatshaushaltsetat, Departement der Justiz betr., und erledigte dieselben nach längerer Debatte. — Die Einverleibungsfrage der Ortschaften Gruna, Tolkewitz, Reick, Seidnitz, Räcknitz und Zschertnitz in Dresden ist noch lange nicht erledigt; es scheint vielmehr, als ob der ganze Plan scheitern wolle. — Vor Kurzem ist der Vizekonsul der Argentinischen Republik in Leipzig verhaftet worden. Die Ver haftung soll erfolgt sein, weil er für Maaren, welche er im Auftrage auswärtiger Häuser verkaufte, seinen Auftraggebern weit weniger auszahlte, als die Käufer gezahlt hatten. Die Differenz soll er damit motivirt haben, daß er seinen Auftraggebern mtttheilte, die Käufer hätten den angesetzten Preis nicht gezahlt. Der Vermözensoortheil, den er sich hierdurch verschafft hat, soll sich auf 18000 M. beziffern. — Im Anschluffe an da» bevorstehende Erscheinen einer dciltm großen Zeitung in Chemnitz schreibt man von dort dem „Vogtl. Anz.": „Das neue Blatt wird demnächst hier ihr Dasein beginnen. An den Plakatsäulen kleben schon Zeitungsausträgerinnen- gesuche und in wenigen Tagen wird Chemnitz und das Erzgebirge mit einer Fluth von Druckerschwärze und Papier unentg-ltlich überschwemmt werden. Ein neues „unparteiisches" Blatt! Ein Blatt, welches keine Kritik übt, keine Stellung nimmt, angeblich keine Partei vertritt, keine eigene Meinung hat, aber ein Blatt, welches Neuigkeiten bringt, — das heißt: wenn in Berlin ein Haus abgebrannt ist, in Monte Carla