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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 07.10.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-10-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19111007027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911100702
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911100702
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-10
- Tag 1911-10-07
-
Monat
1911-10
-
Jahr
1911
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Da» Leipziger Tageblatt erscheint 2 mal täglich. Sonn» u. Feiertag» nur morgen». Ldonnements-Annohme: Johannis,ass« 8, bei unseren Trägern, Filialen. Spediteuren und Annahmestellen, sowie Pojlämtern und Briesträgern. Etnzelverkaufsprei» 10 Pf. Abend-Ausgabe. Nip)iger Tageblaü - s 14 692 (N-chta-schluh) Tel.-Änfchj.^ 14 693 > 14 694 Handelszeitung Amtsblatt -es Rates unö -es Volizeiamtcs -er Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis filr Inserat« au» L«ip»ig und Umgebung di« IspaltigrPetttzeil« »Pf., di«Reklame zeil« 1 Ml. von au»wärt» 30 Ps., Reklamen 120 Ml.' Inserat« von Behörden im anet- lich«n Teil di« Petttzetl« L0 Ps E«schäft»an,eigen mit Platzvorschristen im Breis« erhöht. Rabatt nach Taris. Beilagegebiihr Lelamt» auslag« S Mk. o. Tausend erkl. Postgebühr. Teilbeilag« Höver. Festerteilt« Aufträge können ni»t zurück- aezogrn werden. Für da» Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird kein» Garantie übernommen. Anzeigen. Annahme: I»hanni»gals« 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Lnnoncen- Erpedttionen de» In- und Au»lande». Druck und Verl«, von Fischer L Kürst«« Inhaber: Paul Kürst«». Redaktion und Geschist,st«ll«: Iohannisgass« 8. Haupt-Filiale Dr«»d«»: Seestrahe < 1 (Telephon «6211 Nr. 278 Sonimbenü, üen 7. Dkiader lSll 105. Jahrgang. Der Krieg nm Tripolis. Das Gefecht in der Adria. Die Beschießung der im Nordosten von Albanien gelegenen Stadt San Giovanni di Medua durch den italienischen Torpedojäger „Artigliere" wird zweifel los der österreichischen Regierung zu erneuten, nach drücklicheren Verwarnungen an Italien Anlaß geben. Wir wiesen bereits in der heutigen Morgennummer darauf hin, daß die amtliche Darstellung des Zwischenfalles eine Schuld der Italiener bedeutet. Zur Vermeidung von „Mißverständnissen" erinnert die römische „Tribuna" in ihrer Besprechung des Gefechts daran, daß die italienische Regierung während des Aufstandes in Albanien, von dem lebhaften Wunsche beseelr, eine schnellere Beruhigung der Provinz her beizuführen, strenge Maßnahmen zur Ver hinderung der Einfuhr von Waffen und Munition ergriffen habe. Diese Maßnahmen seien nichr nur nach dem Ende des Ausstandes, sondern sogar noch während des jetzigen Krieges aufrecht erhalten worden. Trotz des Kriegszustandes sei es der entschiedene Wunsch der Regierung und das Interesse Italiens, daß sich die Unruhen in Albanien nicht wiederholten. Trotzdem hätten es einige fremde Blätter unternommen, gegen Italien die Anklage zu erheben, daß es Liesen Waffenschmuggel begünstige. Am 2. Oktober seien daher die Ueberwachungsbefehle bestätigt und erneuert worden, immer in dem Wunsche, alles zu vermeiden, was zu Verwicklungen auf dem Balkan führen könnte. Es sei der Zweifel entstanden, ob nicht mögliche Operationen der.ita lienischen Schiffe an den Küsten Albaniens und im Ionischen Meer Veranlassung zu Mißverständ nissen geben und die dortige Bevölkerung in Auf regung versetzen könnten. Daher sei der königlichen Flotte erneut der Befehl gegeben worden, sich aller Operationen an der ottomanischen Küste Albaniens und des Epirus durchaus zu enthalten uno die im Adriatischen Meere kreuzenden Schiffe nach den italienischen Häfen zurückzubeordern. Diese Maßnahme seien von dem eifrigen Bestreben ein gegeben worden, die politischen Interessen Italiens und Europas zu sichern. Mit Liesen weitschweifigen Erläuterungen wird ober der Zwischenfall an der nordalbanischen Küste nicht entschuldigt. Wenn man wirklich jeden Schein einer Aktion in Albanien hätte vermeiden wollen, dann hätten auf die ersten österreichischen Warnungen hin sofort die italienischen Kriegsschiffe aus den Ge wässern der Adria zurückberufen werden müssen. Wir sind jedenfalls überzeugt davon, daß das Echo von Wien nicht gerade freundlich klingen wird. Ausmarsch der Truppen aus Rom. Rom, 7. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Unter be geisterten Kundgebungen einer nach Tausenden zählenden Menschenmenge sind in der verflossenen Nacht die Genie-und Znfanterietruppen der hiesigen Garnison ausgerückt, um sich nach dem Kriegsschauplätze zu begeben. Bedrängte Lage der Italiener in Saloniki. Rom, 7. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Wie ..Agenzia Stefani" aus Saloniki meldet, wurden am Dienstag aus Befehl der türkischen Behörden sämtliche italienischenHandelshäuserund Waren Niederlassungen ebenso wie die große italienische Bank Modiano geschlossen. Infolge der Tätigkeit des Komitees für Einheit und Fortschritt wurden in Saloniki weit schärfere Maß regeln gegen die Italiener ergriffen als anderswo. In das setzt für türkisch erklärte Hospital ist allen Italienern, selbst dem Leiter, der Eintritt verboten. Ausländische Aerzte versehen den Dienst ganz allein, da die Krankenschwestern nicht unter türkischen Vor gesetzten dienen wollen und sich zurückgezogen haben. Zahlreiche Italiener sind nach Serbien ab gereist. Landung türkischer Tlnppcn aus Lamos. Athen, 7. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Nach einer Meldung der „Agence d Ath, nes" landeten die Türken gestern fünfhundert Sol daten auf Samos. Bon griechischer Seite wird Lies als eine Verletzung des von Frank reich, England und Rußland garantierten völker rechtlichen Statusauf der Insel erklärt. Samos, eine der bedeutendsten Inseln des Aegäischen Meeres, ist seit 1832 ein der Pforte tribut pflichtiges christliches Fürstentum unter einem vom Sultan ernannten Statthalter oder Fürsten griechi scher Nationalität, der unter türkischer Oberherr schaft und unter dem Schutze der oben genannten drei Großmächte steht. Ob die griechische Auffassung von dem Bruch des völkerrechtlichen Status von den drei Mächten geteilt wird, ist noch sehr fraglich. Die Aktion vor Cqrenaika. Mailand, 7. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Eine drahtlose Depesche aus Palmeria meldet, daß ein italienisches Geschwader unter dem Kom mando des Admirals Aubry auf der Insel Assa-Tobbuk die Ausschiffung von Sol daten vorgenommen hat. Diese Meldung ist von großer Wichtigkeit, da, während ein Teil der italienischen Flotte unter dem Kommando des Admirals Faravelli vor Tripolis operiert, ein anderer Teil der italienischen Flotte vor Eyrcnaika kriegerische Aktionen unternimmt. Der neue Gouverneur von Tripolis. Ueber den zum Gouverneur von Tripolis ernann ten Konteradmiral Borsatolino werden von der italienischen Presse folgende Angaben gemacht: Borsatolino ist 1847 in Albenga geboren. Im Jahre 1898 wurde er zum Kapitän zur See ernannt. Er hatte häufig Gelegenheit, sich in fremden Ge wässern auszuzeichnen. Bei der gemeinschaftlichen Flottenaktion der europäischen Mächte vor Venezuela kommandierte er den italienischen Kreuzer „Elba". Im Februar 1904 befand er sich als Kommandant des italienischen Kreuzers im Hafen von Chemulpo, als die Japaner die russischen Schiffe angriffen. Er errettete 200 russische Matrosen während des Ge fechtes aus den Fluten und erhielt dafür von dem Zaren den Annenorden. Zuletzt war er Komman dant der aus den Schiffen „Sizilia", „Sardegna", „Reumberto" und „Carlo Alberto" bestehenden Schulschiffsdivision. Der neue türkische Minister des Aeußern nimmt im Gegensatz zu der englandfreundlichen Hal tung des früheren Großwesirs Kiamil Pascha eine freundliche Stellung zu Deutschland und zu Oester reich ein. Nach einem Konstantinopeler Telegramm der „Voss. Ztg." ist Reschid Pascha stets für Anlehnung der Türkei an Deutschland und Oesterreich eingetreten. Seine Berufung erfolgte zwar nicht aus dem Grunde, darf aber als Gewähr gegen eine Abkehr Ser türkischen Politik vom bisherigen Pfade gelten. Trotz der ocn Deut schen gegenwärtig unfreundlichen Dolksstin.mung ge nießt der deutsche Botschafter Freister: v. Man sch all unverändert das alte unbegrenzte Ver trauen der maßgebenden Personen. Ztalienfeindliche Stimmung in Aegypten. Mailand, 7. Oktober. (Eig. Drahtucld.) Die hiesigen Blätter erhalten aus Kairo Nachrichten, denen zufolge zwei türkische Truppen transportschiffe mit 1300 Mann an Bord im Suczkanal in Quarantäne liegen. Man will die Truppen eventuell ausschiffen, um ihre Gefangennahme durch die italienischen Kreuzer, die im syrischen Meerbusen kreuzen, zu verhindern. Die italienfeindliche Stimmung in Aegypten hält an. Die Studenten der arabischen Universität in Kairo haben an den Direktor eine Eingabe ge richtet, daß er die vom König von Italien gestif teten Bücher, die sich in der Unviersitätsbibliothek be finden, zurücksenden solle. In ganz Aegypten werden Aufrufe verbreitet, die die Bevölkerung zum Boy kott italienischer Waren auffordert. Portugal vor neuem Umsturz. Die royalistische Bewegung im Norden der portu giesischen Republik scheint entgegen allen opti mistischen Berichten, die die republikanische Regierung verbreitet, bereits außerordentliche Erfolge erzielt zu haben. Diese Ansicht wird dadurch bestärkt, daß aus London die Nachricht eintrifft, Exkönig Manuel sei aus London abgereist. Die Pariser Blätter bringen die einzelnen Etappen der Reis« des Exkönigs Manuel nach Oporto. Sie melden weiter in einer Depesche aus Hendaye an der spanisch-französischen Grenze, daß König Manuel mit seinem Onkel, dem Herzog von Oporto, in San Sebastian angekommen sei. Der König soll dann sofort nach der portu giesischen Grenze abgcreist sein. Man nimmt an, daß er jetzt bereits die Grenze überschritten habe und auch den Oberbefehl der monarchistischen Truppen in die Hand genommen hat. Ueber die militärischen Vor gänge liegen folgende Telegramme vor: Santiago, 7. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Das „Echo de Santiago" veröffentlicht eine Extraausgabe, der zufolge in Nordportugal bei Guimaraes eine ernste Schlacht zwischen den Royalisten und Len Regierungstruppcn stattgefunden habe, aus der die Königlichen als Sieger hervorgegangen seien. In O p o r t o ist es zu schweren Kämpfen zwischen zwei meuternden Regimentern, die sich für das Königtum erklärten, und der übrigen Garnison gekommen. In Vianna de Castello haben zwei Schwadronen Kavallerie die republi kanische Flagge von der Kaserne heruntergerissen und durch die blau-weiße Fahne Les Königreichs ersetzt. Unter dem Jubel der Bevölkerung wurde alsdann auf dem Rathaus das Königreich proklamiert. Oporto, 7. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Eine offiziöse Note bestätigt, daß die Monarchisten sich in Vinhaes konzentriert haben. Di« Note teilt ferner mit, daß die Städte Braganza und Chaoes von republikanischen Truppen in beträchtlicher Zahl besetzt und die Verbindungen mit Braganza wiederhergesiellt worden sind. Die Soldaten töteten drei Mann, die die Eisenbahn beschädigten. Lissabon, 7. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Eine Abteilung von M o n a r ch i st e n versuchte Macedo de Cavalleiros in der Nähe von Braganza zu nehmen, wurde aber mit einem Verlust von etwa 30 Mann zurückgcsch lagen. Wien, 7. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Wie die „Neue Freie Presse" meldet, befinden sich unter den Royalisten an der portugiesischen Grenze die Prin,zxn Miguel und Franz Josef von Braganza, sowie Franz Laver von Parma, der Bruder der Prinzessin Zita von Parma, der Braut des Erz herzogs Karl Franz Josef. Marokko. Paris, 7. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Der „Temps" schreibt über die deutsch-französischen Marokkoverhandlungen, daß die französisch« Regie rung h«ute die entscheidende Antwort Nervus rerum. Satirischer Zeitroman von Edward Stilgedauer. (Nachdruck verboten.» Die Musik spielte die Polonäse. Von Fink hob die Tafel auf, er bat, man solle sich in das Palmen haus begeben, wo der Kaffee und die Zigarren be reitstanden. Dr. Geiger klopfte er auf die Schulter. Für ihn hatte er noch eine besondere Freude in vetto. „Herr Doktor", sagte er, „das Gedicht war einfach großartig. Da rauchen Sie mal diese frische Ilpp- man, unter uns gesagt, ich lass« sie nicht servieren. So was kommt nicht wieder au Sie." Geiger dankte und zündete die Havanna an. Die jungen Mädchen wollten tanzen, indessen Salomon von Fink im Palmenhaus den weniger tanzlustigen Gästen noch einige erlesene künstlerische Genüsse in Aussicht zu stellen hoffte. Der Wintergarten der Villa Fink oder das Palmenhaus, wie der Kommerzienrat diesen selber etwas stolzer zu nennen beliebte, war ein kleines Juwel. Er lag hinter dem Speisesaal und war von diesem durch eine große Glaswand getrennt. Bei festlichen Gelegenheiten pflegte man diese heraus zunehmen, so daß dann Speisesaal und Wintergarten einen einzigen Raum bildeten. Auch der Wintergarten wurde in der gleichen Weise wie das Vestibül der Villa von einer großen elektrischen Sonne erleuchtet. In feinem Hinter gründe fiel ein großer künstlicher Wasserfall über moosbewachsene von hellgrünen Farnen umstandene Felsen in ein Marmorbassin und verbreitete ringsum angenehme Kühle. Einige auserlesene Exemplare hoher Kokos- und Dattelpalmen spannten hier ihre großen, grünen Schirme aus. In ihrem Schatten waren Ruhe plätzchen angelegt, vor denen kleine Tische, die nun mit Likörflajchen, Kaffeetassen und Zigarrenkisten be stellt waren, standen. Große, sich ganz seltsam ausnehmende Frösche aus grünem Porzellan sahen hie und da auf dem Boden und schauten die Menschen erstaunt und fra gend aus ihren glotzenden und hervorquellenden Augen an. Boshafte Zungen behaupteten, diese Frösche seien die Lieblingstiere des Kommerzienrates, weil deren Augen mit den seinen eine so frappante Aehnlich- keit hätten. Unter Palmen pflegte von Fink seinen Gästen den Kaffee zu servieren, und jedesmal, wenn er dorr einen Likör oder eine Zigarre offerierte, machte er seinen Leibwitz, indem er sagte: „Trinken Sie mal das Zeug da", oder „Rauchen Sie mal dieses Kraul, denn niemand wandelt ungestraft unter Palmen." Das Orchester im Ballsaal spielte einen Walzer. Es wurde flott getanzt. Der ältere Teil der Gesell schaft und der bequemere der jüngeren Herrenwelt hatte sich in den Wintergarten zurückgezogen. Die Lohndiener hatten in kleinen Schalen aus feinstem Seoresgeschirr den Mokka heumgereicht. Der Kom merzienrat selber offeriert« die dickleibigen Uppmans und Henry Clans mit den goldenen Bauchbinden. „Vorjährige , bemerkte Leutnant von Eckstädt, „die von der letzten Saison zurückgesetzt waren." Don Fink war in gehobenster Stimmung. Das angenehme Gefühl der Sättigung, das tröstliche Ge fühl, etwas Gutes im Magen zu haben, erfüllten sein Inneres und machten ihn jetzt empfänglich für die Kunst. Mit sichtlichem Wohlbehagen sah er den blauen Rauchwölkchen nach, die sich aus seiner Havanna lösten und empor zu dem Glasdachs des Wintergar tens stiegen. Von Zeit zu Zeit nippte er an einem Gläschen grüner Chartreuse, das er vor sich auf seinem Tischchen stehen statte. „Na, mein lieber Ludwig", sagte er jetzt zu einem neben ihm sitzenden, schon ein wenig korpulenten Herrn, besten glattrasiertes Gesicht und lebhafte Be wegungen den Schauspieler schon auf den ersten Blick erkennen ließen, „wie wär's mit einem kleinen Dor- trägelchen . . .?" „So nach dem Esten, so was, was ans Herz greift, es darf sogar ein bißchen sozial sein, wir haben jetzt starke Nerven, wenn man gut gegessen hat . . ." Vertraulich klopfte er dem Mimen auf die Schul ter. Dieser fingierte ein verlegenes Lächeln, das un gefähr sagen sollte, das wußte ich ja, mein lieber Kommerzienrat, daß du mich nur deshalb eingeladen hast, nur damit ich deinen Gästen die Langeweile ver treiben soll. Nicht sogleich gab er nach. Er sei etwas heiser, er müsse deshalb um Entschuldigung bitten, und sein Repertoire sei doch so ernst und wenig pas send für die Verdauungsstimmung nach so einem solennen Souper. Der berühmte Mime war ärgerlich. Er hatte nämlich an dem Tische gesessen, den man mit schlechtem Sekt abgesunden statte, und diese Kränkung seines Weinverständnisses trug er Fink noch eine Weile nach. Allein der Kommerzienrat ließ nicht ab, zu bit ten und zu ermuntern. Er hatte Erfahrung auf die sem Gebiete. Diese Herren und Damen vom Theater wollten nur in der richtigen Art und Weise behandelt sein. Das verstand er aus dem FF. Noch jedesmal war ihm das geglückt. Nur ein einziges Mal war er damit yineingefal len. Sonst hatte er noch bei jeder Gesellschaft jein Ziel erreicht, und es dahinaeoracht, seinen Gästen die Leistungen der ersten Künstler und Künstlerinnen der Stadt gratis als Nachtisch servieren zu können. Freilich das eine Mal, da hatte er sich furchtbar blamiert. Als er nämlich vor Jahren dem berühm ten Kammervirtuosen Professor Sippe! auf die Ein ladungskarte geschrieben: Sie würden uns ein be sonderes Vergnügen bereiten, wenn Sie die Güte hätten, uns Ihr Cello mitzubringen, da hatte dieser geantwortet: Für ein Prioatkonzert beanspruche ich ein Honorar von 1000 Mark. Die 1000 Mark hatte Salomon von Fink nicht drangegeben, der geplante Cellovortrag war ausgefallen und Professor Sippe! nie mehr eingeladen worden. So schwer war Ludwig nicht zu behandeln. Der war zu eitel, der hörte sich selbst zu gern, der gab nach. Nach einer Weile erhob er sich in der Tat und deklamierte den Streik der Schmiede von Francois Copp«. Ein einmütiges Bravo lohnte den Künstler. Sein Vortrag war ein Meisterstück gewesen. Allein sarkastischer hätte der gute Ludwig wohl nicht sein können, als er es durch den Vortrag dieses herrlichen Gedichtes gewesen, in dem er das Elend und die ganze Verzweiflung des Hungers vor den Ohren des satt gegessenen Kommerzienrates und denen seiner schma rotzenden Gäste zu Worte hatte kommen lassen. Und Wunder über Wunder, die Spitze hatte nie mand gefühlt. . . . Don Fink klatschte vielmehr in seine großen und fleischigen Hände und sagte: „Mein lieber Ludwig, wenn ich nicht Salomon von Fink, sondern ein Größerer wär«, dann hätten Sie jetzt für dieje Lei stung die große Medaille für Kunst und Wissenschaft." Im Großen Saale folgte ein Tanz dem anderen. In den Erholungspausen wurde Himbeer- und Ananaseis mit Vanillenwaffeln und Hippchen gereicht. Desiree von Fink, di« schlanke Wasserlilie, schwamm in einem Meer von Glück. Vor ihrem diamanten- diademgescbmückten jugendlichen Haupt« beugte sich di« ganze Jeuneste dorre, die bunten Waffenröcke der Leutnants von dem weitschimmernden des roten Hu saren bis zu dem schlichtolauen des Jnfanterieoffi- ziers, und die langen, schwarzen Schwalbenschwänze der Referendare und Assessoren, Aerzte und Dok toren der Philosophie. Da mochten die anderen jungen Damen schon neidisch sein. Die orangefarbene Jenny Lindheimer konnte sich heut« mit der schlichten, weißen Meta Norden trösten. Auch Leutnant von Eckstädt hatte nur noch Augen für Desire« von Fink. Heute in all der Pracht der kom- merzienrätlichen Villa war ihm ein Licht aufgegangen. Wenn irgendwo, dann sprudelte hier der Eolüquell, mit dem er seinen Finanzen auf die Beine Helsen konnte. Es hatte sogar hier und da den Anschein, als wenn er einen großen Coup vorbereite, so einen plötzlichen Reiterangriff aus dem Hintergründe, von dem das unerfahrene Herzchen eines jungen achtzehnjährigen Mädchens zweifellos überrumpelt werden mußte . . . wenn Husarenleutnant Bodo von Eckstädt im hell blauen Rock mit den silbernen Schnüren die Attacke ritt.... Aber auf Schritt und Tritt fühlte er sich heute be obachtet. Er mußt« bemerken, daß schon ein anderer die Angelschnur nach diesem Goldfischchen, das doch entschieden auf jeden Köder anbeitzen würde, aus geworfen hatte, und zu seinem Leidwesen sah er, daß Desiree von Fink seinen Nebenbuhler sichtlich be vorzugte. Mit dem liebenswürdigsten Lächeln von der Welt war sie bei her Damentour an Bodo von Eckstädt, der seinen Arm schon gekrümmt halt«, vorübergeschritten und hatte sich den Syndikus ihres Vaters, Dr. jur. Fritz Norden, zum Tänzer erkoren. „Infames Frauenzimmer", hatte der Leutnant zwischen den Zähnen geflucht, und dann für sich in Gedanken hinzugefügt, „na, steckt eben im Blut«, diese Vorliebe für Zivil? Mit dem seinem Charakter entsprechenden Geiste der Berechnung kombinierte Fritz Norden, seine Situation. Frau Katinka von Fink» Tischnachbarin, er der Nachbar Desirees, deren Besuche im Privat» kontor ihres Vaters zufällig und immer aerad« wäh rend seiner Anwesenheit gemacht, die Liebenswürdig keit seines Chefs, dessen Blicke während des Soupers, die ihn und Desiree getroffen, die verbindliche Art und Weise, in der er mit Frau Katinka gesprochen ... das alles züsammengenommen, das waren Ding«, die den heutigen Balltaa im Haus« Fink vielleicht zu dem bedeutungsvollsten Tag« in s«in«m ganzen Leben machen konnten. Am End« galt es nur einen einzigen kecken Sprung, am Ende nur einen leisen, natürlich in aller Vor sicht zu wagenden Appell an Desirees leicht entzünd- liches, achtzehnjähriges Mädchenherzchen uns Fritz Norden war drüben über den Graben und er hatte ein« Karriere gemacht, wie sie von allen seinen Freunden keiner vor ihm gemacht Latte und wie sie so leicht keiner nach ihm machen würde . . . (Fortsetzuna in der Morgenausgabe.)
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