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Sonntag. Oeih-zig Die Zeitung «rfcheinr mir Ausnahme de« Montag« täglich und wird Nachmittag« -1 Uhr aus- gegeben. PreiS für da« Vierteljahr I V2 Thlr.; jede einzelne Nummer 2 Ngr. —- Nr. 180 3 August ISS«. . Zu beziehen durch alle - SU Dl G s Postämter de« In- und Deutsche Mgemeluc Zeitung. ----- Jnsertionsgebühr «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» für den Raum einer Z-u, Deutschland. Preußen. * Berlin, 1. Aug. Das Obertribunal hat in einer Schwurgerichtssache den Grundsatz festgestellt, daß die Geschworenen bis zu dem Augenblick, wo ihr.Verbiet in der Sitzung publicirt wird, Herr desselben bleiben, sodaß sie bis zu diesem Augenblick den Spruch zu verän- der» befugt sind. Zn dem Falle, welcher zu dieser wichtigen Entscheidung Veranlassung gegeben, hatten die Geschworenen ein Nichtschuldig ausgespro chen, nachdem sie vorher ein Ja zu der betreffenden Frage geschrieben und dasselbe dann durchstrichen hatten. Das Obertribunal hat zugleich festge setzt, daß der Spruch der Geschworenen erst mit der Verkündigung für das Gericht, die Staatsanwaltschaft und den Angeklagten existent wird. — Die Berliner Börsen-Zeitung vom I.Aug. schreibt: „Wie wir hören, wird die Beschwerde der holsteinischen Provinzialstände und der laucnburgischen Ritter- und Landschaft nach Wiederzusammentritt der Bun desversammlung im Octobcr zur Verhandlung kommen, zunächst durch Berichterstattung der Reclämationscommission, welcher die Beschwerden über wiesen sind. Die Angelegenheit wird ohne Zweifel einer raschen Erledigung «ntgegengeführt werden, da eS einer besonder« Jnstructionseinholung der Bundeßtagsgesandten nicht erst bedarf, diese vielmehr mit umfassenden In structionen bereits versehen, bei der Abstimmung über den Bericht ihr Vo tum abzugeben und darauf einen bindenden Beschluß zu fassen sich in der Lage befinden werden. Inzwischen werden von Dänemark alle Schritte ver- fucht, um auf die Stimmung der deutschen Regierungen in jenem Interesse zu influiren, Schritte, die, wie wir aus guter Quelle vernehmen, sich bis- jeht als völlig vergeblich erwiesen haben." — Aus Sachsen wird der Allgemeinen Zeitung geschrieben: „Verschiedene Blätter melden die vor kurzem in Hamburg erfolgte Verhaftung des Schrift- stellers und Dichters Bernhard Endrulat. Wir sind in den Stand ge setzt, über die Ursachen zu dieser Verhaftung einige nähere Nachrichten zu geben. Bernhard Endrulat, ein geborener Preuße, war vor Begin» seiner Universitätsstudien freiwillig in die preußische Armee cingetrcten, um darin sein gesetzmäßiges Jahr abzudienen. AlS in SchleSwig-Holstein die Auf lehnung gegen Dänemark begann, setzte es der jugendliche Enthusiast durch, daß er in den von Preußen entsendeten Armeetheil cintreten durfte und zwar als Artillerist. Nach vier Monaten guter Führung avancirte er zum Bombardier mit der Aussicht auf noch weitere Erfolge; allein kurz nach dieser für ihn persönlich so glücklichen Wendung wurde das preußische Heer zurückberufen, und Endrulat, der sich in diese Zurückberufung nicht finden konnte, verließ heimlich die Fahne seines Königs und trat in den Dienst der Herzogthümer bis zu Ende des ganzen schleswig-holsteinischen Feld- zugS. Der Ausgang desselben traf ihn doppelt hart, je feuriger er für die deutsche Sache enthusiasmirt war und je drohender die Zukunft auf ihn hereinbrach. Sich durch fleißiges Studium zum Naturforscher aus- Lildend, nahm er gleichzeitig in Holstein eine HauSlchrerstelle an, die er später mit einer andern an einer angesehenen Mädchenschule in Hamburg vertauschte. Hier begann er aufs neue, sich literarischen Arbeiten zu wid men, denen er schon in Berlin im Verein mit Paul Heyse und Andern abgelegen. Das Jkustrirte Familienbuch des Ocsterreichischen Llcyd, die Unterhaltungen am häuslichen Herd, die Hamburger Jahreszeiten und an dere angesehene belletristische Blätter brachten die Erzeugnisse seiner Muse, während seine persönliche Erscheinung ihm in Hamburg viele Freunde er warb. Da ihn aber seine Stellung zu Preußen niederdrückte, wo er als Deserteur galr und er sich moralisch wegen seines Vergehens verantworten zu können glaubte, so wandte er sich freiwillig und vertrauensvoll mit einer Eingabe an den König von Preußen, dem Monarchen sein Vergehen und dir Bitte um Gnade offen darlegend. Die Begnadigung erfolgte nicht, statt ihrer die legale Fodcrung vor das Kriegsgericht, dem durch die Flucht zu entgehen Bernhard Endrulat verschmähte, obwol er vorher von seiner Verhaftung Kunde erhielt. Gleichwol hofft man, daß der großmüthige Monarch Gnade für Recht ergehen lassen werde." — Der Allgemeinen Zeitung schreibt man aus der Uckermark vom 27. Juli: „Die äußersten Consequenzen der auf die Beseitigung der landcskirchli- chen Union in Preußen gerichteten Bestrebungen treten nunmehr immer deutlicher zutage. Von einer Anzahl lutherischer Pastoren ist nun wirklich an den CultuSminister der Antrag gerichtet worden, an den Universitäten Professuren der lutherischen Theologie zu errichten. Ob und in welcher Weise diesem Begehren wird entsprochen werden, bleibt dahingestellt Aber «ine natürliche Folge des Schritts werden ähnliche Foderungen der andern Confessionen sein. Wenn diese auch nicht im Wege der Petition verlaut baren sollten, so wird doch jeder Theolog, der «inen Lehrstuhl innehat, nothgedrungen seinen eigenen konfessionellen Standpunkt mehr hervortreten lassen müssen, und dem konfessionellen Hader über das berechtigte oder nicht berechtigte Jnnehaben bestimmter Lehrstühle an den theologischen Facultäten wird Thür und Thor geöffnet sein. Wie nahe bevorstehend übrigens die lutherische Partei den Zeitpunkt für die Beseitigung der Union in Preußen betrachtet, geht aus einem Bericht hervor, der bei Gelegenheit einer luthe rischen Conferenz in Wittenberg erstattet wurde. Darin ist mit großer Be friedigung das Resultat der antiunionistischen Thätigkeit in den einzelnen Provinzen zusammengefaßt und in Bezug auf Pommern z. B. hervorgc- hoben, es sei dort den confessionellcn Verhältnissen schon eine solche Berück sichtigung zuthcil geworden, daß die formelle Aufhebung der bereits faktisch nicht mehr vorhandenen Union ohne jede Veränderung der kirchlichen Ver- waltung rc. und ohne Alles vor sich gehen könne. Die kirchliche Verwal. tung habe nämlich bereits Alles auf den Boden der alten pommcrschen Kir- chenordnung zurückgeleitet und in Dotationen und Confirmationen würden die Gemeinden einfach als lutherische behandelt und jeder Protest dagegen ohne Umstände zurückgewiesen. Das nächstgünstige Resultat in diesem Sinne biete die Provinz Schlesien und auch die Provinz Sachsen berechtige ru guten Hoffnungen. In der letztern Provinz, und zwar zu Wittenberg, ist bekanntlich der erste Versuch gemacht worden, die Unionsverfassung in den Milikärgemeinden Preußens anzutasten. Die ablehnende Entscheidung des Obcrkirchenraths, welche cs für unstatthaft erklärte, daß gegen die Rechte der Gemeinde auf den Wunsch eines für sie neuberufenen Predigers ihre Agende und namentlich die Abendmahlsspendeformcl verändert werde, hat eine Demonstration lutherischerseitS hervorgcrufcn, auf welche sich die Kreuz zeitung nicht wenig zugute thut. Bei der Generalkirchenvisitation in Merse burg nämlich erklärte ihrem Bericht zufolge eins der hervorragendsten Mit- gliedcr der letzter«, daß er nach dem Vorgänge in Wittenberg an einer Abend- mahlsfeier nach unirtem Ritus nicht thcilnchmcn könne. Eine Anzabl der aus verschiedenen Provinzen berufenen Visitatoren schloß sich dieser Erklä rung an und cs war trotz der Bemühungen des Vorsitzenden der Commis sion eine Betheiligung aller Visitatoren am Abendmahl nicht zu erreichen. Jeder Unbefangene muß diesen mit dem Werk einer Kirchenvisitation in sehr grellem Widerspruch stehenden Vorgang höchlichst bedauern und wünschen, daß von kirchenregimentlichcr Seite solchen Demonstrationen bei amtlichen Handlungen gesteuert werbe Von dem lutherischen Parteieifer aber wird dieser Vorgang gerade dazu benutzt, um unter recht absichtlich erregtem Auf sehen die Schuld desselben — der landeskirchlichen Union aufzubürden und die Fodcrung daran zu knüpfen: «daß letztere an dem unvcrjährbaren Recht des Bekenntnisses (offenbar des lutherischen) gerichtet werde!» Ueber den Termin der Zusammenbcrufung der preußischen Generalsynode hört man immer noch nichts Näheres, und es gewinnt fast den Anschein, als ob er vertagt worden wäre. Hätte diese Vertagung vielleicht die Folge, daß noch weitere Vorlagen vorbereitet und namentlich auf die Unionösache zum Ge ¬ genstand einer ernstlichen Erörterung gemacht würde, so könnte die Verzö gerung nur erwünscht sein. Der letzten Generalsynode im Jahre 1846 machte man wol nicht mit Unrecht den Vorwurf, daß sic für den Ausbau der Union nicht mit Entschiedenhcit gewirkt habe. Die neue Generalsynode kommt gerade zur rechten Zeit, um die überall zutage tretenden Bauschädcn gründlich zu beseitigen." Baden. Der National-Zeitung schreibt man aus Heidelberg vom 28. Juli: „Wir sind über dasjenige Stadium hinaus, in welchem dem Verbindungswesen auf den deutschen Universitäten eine solche Bedeu tung beigemessen wurde, daß seine Ausrottung unter den Aufgaben der inner» Politik obenan stand. Die am hiesigen Ort zur Erscheinung getre tene Krisis hat mit den sonst viclberufcNcn demagogischen Umtrieben so wenig genrein, daß die mit den akademischen Behörden in Conflict gera- thcne Tendenz vielmehr mit dem ganzen Rüstzeug der neuesten konservati ven Anschauungen auftrilt. So wenig wir übrigens die Wichtigkeit der hiesigen Vorgänge zu übertreiben wünschen, so werden sie doch nicht ohne Nachwirkung auf die akademischen Verhältnisse im Allgemeinen bleiben, und so verdienen sie auch in weitern Kreisen eine gewisse Beachtung. Wir wollen daher ein Dokument nicht ganz mit Stillschweigen übergehen, welches das Wesen deS Gegensatzes, um den cs sich hier handelt, mit hinreichender Schärfe kennzeichnet. Die Mitglieder der aufgelösten Corps haben nämlich den akademischen Behörden eine sogenannte Denkschrift über die letzten Ver- Wickelungen überreicht und dieselbe nachträglich dem Druck übergeben. Sie erklären im Vorwort, daß «sie sich gegen Zeitungsartikel nicht vertheidigen mögen» (beiläufig bemerkt ist die« bereits in zahlreichen Heidelberger Corrc- skondenzen geschehen), doch zur Wahrung ihrer Ehre ihre Sache öffentlich führen wollen. Wir sehen hier von den einzelnen thatsächlichen Ausfüh rungen ab, namentlich von der Darstellung der Vorfälle in Ladenburg; wünschenSwerth bleibt immerhin, daß selbst Kundgebungen des Humors, wie die abhängigen Bürgerschaften kleinerer Universitätsstädte sie sich etwa gefallen lassen müssen, nicht Formen annehmen, die schon in der nächsten