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Dresdner Journal : 14.10.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-10-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188710149
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18871014
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18871014
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-10
- Tag 1887-10-14
-
Monat
1887-10
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Journal : 14.10.1887
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S«r»»«^V»r, N-ai^l N»p«titioQ äs» Or«cki»« ^oarma», Vraxisv, 2vir^«r»tr. »0. ?8rv,pr»vd-^L»«^2i i I^r. 1^5, Amtlicher Leit. Dresden, 8. Oktober. Se. Majestät der König haben dem Canzlisten und Sportelcontroleur Karl August Eduard Schmidt bei der Canzlei des evangelisch- lutherischen Lande-consistorium- das AlbrechtSkreuz Allergnädigst zu verleihen geruht. >. —> — — ilichtamtlicher Lcil. Kekegraphische WcrcHrictzten. Paris, 14. Oktober. (Tel d. Drcsd». Jvurn.) Die heutigen Blätter melden, daß Boulanger, welcher zugab, die ihm zugeschriebenen Äußerungen über Kerron gethan zu haben, dreißigtägigen stren gen Arrest erhielt. Der Ministerrat wird später darüber entschließen, ob derselbe seine- Komman dos zu entheben ist. Präsident Gr^vy kehrt voraussichtlich am Sonnabend nach Paris zurück. St. Petersburg, 14. Oktober. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Daö „Journal de St. PöterS- bourg" dementiert formell den von französischen Blättern dem Großfürsten Nikolaus zugeschriebenen Toast. Dresden, 14. Oktober. Zum Niedergang der französischen Moral. Im ersten Augenblick schien das unsaubere Ver brechen Taffarel- und seiner Mitschuldigen nicht die bedeutungsvolle Tragweite zu haben, welche sich beim Fortschrerten der Enthüllungen mehr und mehr herauS- stellt. Man durfte annehmen, mit seinem Erstaunen vielleicht nur vor einem vereinzelten Falle zu stehen, der auf dem Boden von Paris durch die Erregbarkeit und Skandalsucht der Franzosen mehr Staub auf- wirbelte, als notwendig war. Diese günstige Annahme ist unstatthaft geworden. Wir haben eS nicht mit einem einzelnen Fall, sondern mit einem Symptom zu thun, mit einem Krankheitszeichen, da- vielgestaltig und unberechenbar in seinen Äußerungen aus dem ungesund gewordenen inneren Zustand deS gesellschaftlichen Orga nismus hervorbricht. Die fortwährende Wiederkehr solcher Erscheinungen sind ein warnendes Zeitgesicht, das nicht verschwindet, wenn eS auch Frankreich versuchen wollte, die Augen dagegen zu verschließen und den Mund zu öffnen zu leichtfertiger Erklärung und Entschuldigung des Geschehenen. Dazu aber scheint die bessere Hälfte der französischen Bevölkerung keine Neigung zu haben. Sie ist ehrlich erschrocken dem Verderben gegenüber, und eS kommt nur darauf an, ob ihre Entrüstung auch Kraft genug zu sittlichen Wandlungen hat. In dieses vielbedeutende Thema klingt ein Bericht hinein, welchen der,H. Korr." aus Paris empfängt: Man braucht wohl nicht erst zu sagen, daß man augenblicklich in Paris an nichts anderes denkt, von nichts anderem spricht als von dem schamlosen Ver brechen deS Generals Caffarel und von tem Skandal, der im KriegSministerium zum AuSbruch gekommen ist. Alles andere ist bei Seite geworfen, alles andere ist vergessen. Die Zusammenkunft in Friedrichsruh, die Bündnisse, welche Rußland und Frankreich trennen, die Rede des Hrn. JuleS Ferry, der Vorfall an der Grenze — alles ist vergessen. Man hat einen wahr haften Keulenschlag auf den Kops bekommen, und man fühlt sich moralisch ähnlich niedergeschmettert wie es durch die Niederlage von 1870 geschehen ist. Trotzdem hat man wieder einmal die beste Gelegen- heit, sich über die Leichtfertigkeit deS französischen Feuilleton. Der Komödianten-Nah. Liu« Geschichte au» den bayerischen Bergen, von Friedr. Dolch. (Fortsetzung.) Der Komödianten-Natz, der in seiner schwarzen Kleidung — er spielte in dem Stücke zuerst einen „Landpfarrer" dann aber auch noch viele andere kleinere Rollen — mit dem Buche in der Hand hinter einer der Kulissen stand und soufflierte, hüpfte auf einem Beine herum und betrachtete, während er das Buch unter den Arm nahm und sich schmunzelnd die Hande rieb, mit zärtlichen Blicken „seinen Hiesel". Zu solchen Freudenbezeigungen hatte er aber nicht gar lange Zeit, denn da er auch zugleich noch das Amt deS Inspizienten auSübte, so hatte er allerlei Dinge auszuführen, wie z. B. hinter der Szene zu jauchzen, Schüsse abrufeuern, mit der Peitsche zu knallen u. s. w. Er war aber auch fast „allgegenwärtig" und vergaß nie etwas, was unbedingt geschehen mußte. In den Zwischenakten rannte er wie besessen umher, richtete und stellte die Kulissen, ordnete Tische und Stüble auf der Bühne und sah nach, ob alle Requisiten, die die Mitspielendcn gebrauchten, vorhanden und an Ort und Stelle waren. Kuni, die die „Gundel von der Waldschenke" svielte, sah reizend au», und e- war daher ganz natür lich, daß der Wildschützenhauptmann, so oft er auf der Szene nichts zu thun hatte, zu ihr trat und mit Charakters rin richtige» Urteil zu bilden. In Anbetracht dieser Leichtfertigkeit muß man zugleich offen bekennen, daß die Aufdeckung dieser Dinge durchaus kein Unglück ist. Nein! — Wenn man noch die Voraussetzung hegt, daß sich Frankreich physisch, geistig und moralisch wieder aufrichten kann, daß eS einen nühlichen und achiungSwerten Platz unter den Nationen elnzunehmen vermag, so muß man sich hüten, zu glauben oder zu behaupten, daß der Krieg von 1870 ein Unglück war. Er war vielmehr eine Lehre! Gleich allen Ver brechen, Betrügereien und Schändlichkeiten, die man zwischen 1850 und 1870 zu verheimlichen suchte, so ist auch alles, was man seit 1870 bi» auf den heu tigen Augenblick verhüllt, eine Lehre. E» ist rin Teil der großen Zurechtweisung, welche man seit fast einem halben Jahrhundert den Franzosen von allen Seiten erteilt hat. Das hatte man vor siebzehn Jahren so gut und so tief begriffen, daß eS im Anfänge de» Krieges, als die ersten furchtbaren Niederlagen erfolgt waren — es ist nicht zu viel gesagt — keinen Menschen gab, der dies nicht laut und offen anerkannt hätte. In hunderttausend Briefen, welche damals die franzö sischen Offiziere an ihre Familien schrieben, beug ten sie sich vor der erlittenen Schmach und ge standen in vollem Maße die Fäulnis eines Re giments zu, welches die Entsittlichung fast des ganzen Landes herbeigeführt hatte. Zudem sie sich den Folgen des Übels von Angesicht zu Angesicht gegenübergestellt sahen, begriffen und bekannten sie alle, namentlich die jüngeren, daß da» Unglück eia gerechtes war, daß es sich um eine Züchtigung, um eine Lehre handelte. Aber die Jahre gingen und kamen. Die alte Ge wohnheit der Verweichlichung, der Ausschweifung, des unsinnigsten Luxus, der Trägheit, der Gleichgiltigkeit gegen die Stimme des Gewissens kehrte zurück. Man trieb demselben Abgrunde wie früher zu. Kein allge meine- Exempel, keine unerbittliche Züchtigung wurde statuiert, um die Leute darüber aufzuklären, wohin sie wieder geraten waren. In den Gerichtssälea sieht es wieder ganz ebenso auh, wie in den Jahren 1866 bi- 1868. Die Jahre 1884—1886 weisen keinen nennens werten Unterschied auf. Man glaubte aber ziemlich allgemein, daß wenigsten» die Armee kein Vorwurf treffe. Man bildete sich ein, daß die allbekannten Ärgernisse der Jahre 1851—1869, welche die mili tärische Tüchtigkeit untergraben und schon beim ersten Zusammenstöße die Niederlagen herbeigeführt hatten, nicht mehr zu fürchten seien. So bewegte man sich denn in dem alten engen Geleise fort. Man tröstete sich damit, daß die Vergangenheit auSgelöscht sei und daß man einer besseren Zukunft entgegenzusehen habe. Die neue Schmach, mit welcher sich der General Caffarel bedeckt hat, hat nun das Gute, daß man sich der Vergangenheit erinnert, daß sie die Trägen, die Gleichgiltigen, die Vergnüglinge zum Ernste zurückruft, daß sie den Schwächlingen und Beschönigern des Lasters plötzlich wieder einmal den Fall des Kaiserreichs vor Augen führt, daß sie dieselben zwingt, sich der Unterschleife, der Erbärmlich keiten und Schändlichkeiten zu erinnern, deren man sich ain Tage nach Sedan nur zu sehr bewußt war, die man aber seitdem vergessen hat oder hat vergessen wollen. Das, was General Caffarel gethan hat, ist mehr oder weniger dasselbe, was man, ohne eine Strafe befürchten zu müssen, in der Umgebung der Tuilerien oder St. CloudS that oder thun sah von dem Tage deS Staatsstreiches an bi» zu dem Julimond, wo dre Massen, die nur mit Lügen genährt waren, riefen: „Nach Berlin! Nach Berlin!" Und e» ist bis zu einem gewissen Grade richtig, daß der Bona- partismuS eine Spezialität, ein Wesen für sich Lagesgeschichte. Dresden, 14. Oktober. Se. Majestät dr König wird nach den hier eingegangenen Nachrichten morgen, Sonnabend, früh von Wien zurückkehrcnd in der Königl. Villa zu Strehlen wieder eintreffen * Berlin, 13. Oktober. Se Majestät der Kaiser wohnte gestern abend in Baden mit der Frau Groß herzogin von Baden der Aufführung der Oper „Car men" im Theater bei und nahm dann den Thee mit Ihrer Majestät der Kaiserin ein. Heute vormittag empfing der Kaiser die gewöhnlichen Vorträge, um l Uhr entsprach Se. Majestät einer Einladung des Grafen v. Vitzthum zum Dejeuner. Zum Diner waren die Prinzen Hermann und Gustav von Sachsen Weimar und der General v. d. Goltz geladen — Der Kaiser befindet sich vortrefflich, um so mehr, als, wie man hört, vr. Schrader, der bei dem Kronprinzen als Arzt sich befand, über den Fortgang der Heilung die besten und beruhigendsten Nachrichten nach Baden-Baden ge bracht hat. — Leider ist — wie die „Post" berichtet — seit einer Woche etwa das Befinden Ihrer Ma jestät der Kaiserin nicht derart, wie eS zu wünschen ist. Doch hofft man, daß sich die hohe Frau bald von der Ermattung ihres Organismus wieder erholen wird. über den Aufenthalt Sr. Kaiser!, und Königl. Hoheit deS Kronprinzen in Italien wird der „N. A. Z." gemeldet: „Der Kronprinz traf am Donners tag nachmittag mit dem Schnellzuge aus Venedig in selbst ist, welches eine ihm eigentümliche Moral geschaffen hat. Es ist richtig, daß Nichts besser da» Buch de» Herrn Taine rechtfertigt als das Ver brechen de» Generals Caffarel. Denn von dem ersten Napoleon, wie ihn Taine mit den Beweisen in der Hand darstellt, stammt der Bonapartismus, welchen Frankreich durch da» Geschlecht, in dem er Fleisch ge worden, kennen gelernt hat. Nun aut! DaS Wort, welches seit zwei Tagen alle Welt im Munde geführt, ist die»: „Ja gewiß! ES ist wie damals; eS ist die Überlieferung de» BonapartiS- mus!" Sehr wahr! Aber wie lautet die Antwort? — Furchtbar genug! Denn sie bezeugt die Mitschuld! .Habt Ihr denn nicht, Ihr Franzosen, immer und zu jeder Stunde um alles gewußt? Dazu wart Ihr klug genug! Ader Eure moralische Feigheit hat Euch er laubt, allen den schönen Dingen zuzustimmen und Bei fall zu spenden! Jetzt, da Ihr wieder demselben Übel in» Antlitz seht, kann e» Euch noch weniger erspart werden, wieder me» oulp» zu rufen, als Ihr es im Jahre 1870 zu rufen gezwungen wart. Das napoleo- uffche Laster bleibt unausrottbar, wenn Ihr es nicht mit den Wurzeln vertilgt. Ihr aber, Mitschuldige, die Ihr seid, habt höchstens nur hier und da einen Zweig de» Gistbaume» wegzuschneiden versucht!" Unter diesem Gesichtspunkte mag immerhin die Geschichte des Generals Caffarel etwas Gutes be wirken, sei es auch nur für den Augenblick. Jeden falls dürfte damit auf die Hoffnungen des Generals Boulanger ein verderblicher Reif gefallen sein. Er hat selber diesen Menschen, den er sehr genau kannte, an seine Seite gestellt. Alle» in Allem genommen ist e» mehr als wahr scheinlich, daß aus dem Skandal der Caffarel und Konsorten — er hat eine ganze Anzahl — dem Mi nisterium einiger Vorteil erwächst. Die Konserva tiven, welche darauf halten, daß man sie „ehrliche Leute" nennt, werden die Hand nicht zum Sturze eines Kabinetts bieten wollen, welches, was auch sonst feine Fehler sein mögen, hinreichenden Mut und ge nügende Ehrenhaftigkeit besitzt, um ohne Erbarmen die Verbrechen eines hohen Würdenträgers zu brand marken. ihr plauderte und scherzte. BituS ging einige Male an ihnen vorbei, aber sie kehrten ihm den Rücken zu und thaten, als ob sie ihn nicht bemerkten. Als aber Kuni einen Augenblick in ihre Garderobe gegangen war und der Hiesel-Tannensepp allein an einer Kulisse stand und auf die Bühne hinausblickte, stand auf ein mal Vitus hinter ihm und berührte seinen Ann. „Was hast denn, Sepp, daß Du mir alleweil so au» dem Weg gehst?" fing er an, „hab' ich Dir denn 'was gethan? Bin ich denn am End' Dein Spezi nimmer?" Er verzerrte bei diesen Worten seinen Mund aus so seltsame Weise und seine Augen blickten so höhnisch aus ihren tiefen Höhlen, daß der Tannensepp voll Widerwillen und Ekel einen Schritt zurücktrat, seinen Arm frei machte und finster und verächtlich sagte: „Ich glaub', es träumt Dir! Ich sollt' einmal Dein Spe»i gewesen sein? Wenn da- wahr wär', dann müßr ich mich doch schämen mein Leben lang!" „So? Schämen müßtest Dich?" höhnte Bitu-. „Hast Dich doch net geschämt, mit mir zum Wild- schießen zu geh'n —" „Daß ich Wildschießen 'gangen bin," unterbrach ihn Sepp scharf, „brauch' ich mich net zu schämen und wenn ich mich diemal' auch hab' überreden lassen, mit Dir zu gehen, so bin ich de-weg'n Dein Spezi noch lang net. Und jetzt laß' Dir'« ein für allemal gesagt sein: ich will keinen Umgang mehr haben mit Dir und Du thust mir einen Gefallen, wenn Du mich in Zukunft gar nimmer anred'st." „Werd' mir'- merken," grinste Vitus und warf einen tückischen Blick nach der Garderobenthür, unter der eben Kuni wieder sichtbar wurde, „darfst nur an schaffen! Aber wie is's denn nachhereigentlich? Gehst jetzt allein zum Wildschießen? Oder suchst Dir einen andern Kameraden? Oder hast vielleicht die Schneid' verloren und gehst gleich gar nimmer?" Sepp wollte eben zornig erwidern, aber er kam nicht dazu, denn Kuni, welche die beiden unterdessen erblickt, trat rasch hinzu und sagte: „Komm, Sepp, gieb Dich nimmer länger mit dem Menschen da ab, sondern geh' mit mir! Ich hab' Dir doch gesagt, Du sollst Dich in kein' Di-putat einlassen mit ihm." Bitus lachte höhnisch auf bei diesen Worten und sagte spottend zum Tannensepp: „Aha, jetzt weiß ich ja aus einmal, warum Du net mehr zum Wildschießen geh'n willst! Die Kuni da erlaubt Dir'» nimmer und hat Dir den Stutzen abgenommen — he, hab' ich'- erraten? Haha! Hält' in meinem Leben net geglaubt, daß der Tannensepp auch noch einmal in einen Kittel kriechen und den Pantoffel küssen thät —" „Elender!" schrie der Tannensepp wütend und hob die geballte Faust zum Schlage empor, aber Kuni und der rasch herbereilende Natz fielen i >m in den erhobenen Arm und suchten ihn unter beschwich tigenden Worten auf die Seite zu ziehen. BituS war einige Schritte zurückgetreten und hatte mit beiden Hande» den Lauf eine- Gewehre- gefaßt, um das selbe, falls es vielleicht zum Kampfe käme, als Hieb waffe zu gebrauchen. Als er aber sah, daß Kuni und der alte Nah den Widerstrebenden in die Garderobe gezogen, stieß er da« Gewehr mit heiserem Lachen m den Winkel, warf noch einen rachsüchtigen Blick Mailand ein. Ich befand mich auf dem Bahnhofe in der Nähe deS Kronprinzen. Er sah sehr frisch au« und stark gebräunt. Er trug Zivil wie die Herren seines Gefolges. Zu seiner Begrüßung war der deutsche Generalkonsul und der Präfekt von Mai land erschienen. Die Stimme des Kronprinzen klang etwas belegt, aber doch accentuiert und sonor. Nach kurzer Begrüßung der Herren bestieg der Kron prinz die zweispännige Hotelequipage deS Hotels Milan und fuhr zum Hotel, woselbst einige Tage vor her Prof. Mackenzie nebst Tochter geweilt hatte. Prof. Mackenzie hatte vorher die klimatischen Kurorte des Gardasees: Gardone - Riviera in Italien und Riva wie Arco in Südtirol, behufs späteren Aufenthaltes besucht. Wie der „Pol. Korr." erfährt, hat Prinz Wil helm von Preußen seine Reisebestrmmungen dahin geändert, daß er nicht direkt nach Berlin zurückkehrt, sondern sich zunächst zum Besuche Sr. Kaiser!, und Königl. Hoheit des deutschen Kronprinzen nach Baveno begiebt. Der Bundesrat überwies in seiner gestrigen Sitzung die Vorlage, betreffend den Zollanschluß von Geestemünde und Lehe, den Ausschüssen für Zoll- und Steuerwesen, für Handel und Verkehr und für Rech nungswesen. Das Reichsversicherungsamt beabsichtigt die gesetz lich vorgeschrirbene Zusammenstellung der Rech nungS- ergebnisse sämtlicher Berussgenossenschaften pro 1886 so zu fördern, daß dieselbe dem Reichstage beim Zusammentreten vorgelegt werden kann. — DaS ReichS- versicherungSamt wird sich in seiner nächsten Sitzung wiederum mit der Prüfung resp. der Genehmigung einer großen Zahl von Unfallverhütungsvor schriften zu beschäftigen haben. Eine wie umfang reiche Arbeit dem Amte hieraus erwächst, wird man daraus ersehen, daß die Südwestdeutsche Eisen- und Stahlberufsgenossenschaft gegenwärtig einen Entwurf solcher Vorschriften eingereicht hat, der nicht weniger als 70 Foliodruckseiten umfaßt. Der „Nvrdd Allg. Zig." geht eine Zuschrift au» dem Elsaß zu, welche u. a. folgende» enthält: „Einige» Aufsehen hat in der Presse die Versetzung zweier Lehrer an hiesigen höheren Lehranstalten nach Bischwesier und Colmar gemacht Die Presse hat sich diese- neuen „Falle-" mit der üblichen Emphase bemächtigt, und da mag eS denn ange- zeigt sein, auch hier rin Wort darüber zu sagen. Beide Herren waren bei der Reich-tag-crsatzwahl, die durch den Tod Kadlö» ersorderlich wurde, al« Mitglieder des Straßburger WahlvereinS in öffentlicher Versammlung mit großer Entschiedenheit gegen die Kandidatur Petri aufgeireten, ja überhaupt gegen jede Kan didatur eines Eingeborenen. Der eine von ihnen hatte die- so gar in einer, die letzteren in gröblichster Weise verletzenden Weise gethan. Da unter den „Eingeborenen" in diesem Falle selbst verständlich nur diejenigen in Betracht kommen konnten, welche sich Deutschland genähert und ihre Bereitwilligkeit zu politischer Mitarbeit bethätigt oder bekundet haben, so war ein derartiges Austreten, das von der großen Mehrzahl der Eingcwanderten auch keineswegs gebilligt wurde, so unpolitisch als möglich. Noch ernster gestaltete sich die Sache aber durch die Berussstellung der beiden Herren. Wenn irgendwo, so muß hier in Elsaß- Lothringen der Lehrer, der deutsche Lehrer, das Vertrauen der Einwohner haben, welche ihm ihre Kinder anvertrauen sollen. Macht man eS einerseits einem Teile der Bevölkerung mit Recht zum Vorwurs, daß die Kinder zur Erziehung nach Frankreich geschickt werden, so ist cs andererseits um so notwendiger, daS Vertrauen zur deutschen Schule so allgemein al- irgend erreich bar zu machen. Diese Ausgabe wird aber in denkbarster Weise erschwert, wenn Lehrer öffentlich gegen die eingeborene Bevöl kerung politisch Partei nehmen, auch gegen solche Männer, welche auf der deutschen Seite, ja zum Teil in deutschem Dienste stehen, und zumal, wenn diese Parteinahme in Formen gekleidet wird, wie sie in jener Versammlung des Wahlvereins beliebt wurden. Ein derartiges Auftreten macht ein vertrauensvolle» Zusammen wirken von Schule und Haus unmöglich, die beiden Männer haben daher nicht politisch, sondern in ihrem Beruf als Lehrer gefehlt, und eine Remedur war daher in hohem Grade er forderlich Nun war auch in den Zeitungen zu lesen, daß einer der beiden Lehrer nach Berlin gereist sei, nach der einen Version, um seine Übernahme nach Preußen nachzusuchen, nach der an- auf die Davongehenden nnd begab sich dann hinaus auf die Bühne. „Aber, Sepp", sagte in der Garderobe der alte Natz zu dem Burschen, „was is denn das für eine Ausführung? Was hat's denn eigentlich 'geben, daß Du gar so wild geworden bist und den BituS nieder- schlag'» hast wollen?" „Der boshafte, elende Bursch'", rief der noch immer sehr aufgeregte Wildschützenhauptmann, „wenn Du nur gehört hätt'st, wie spöttisch er mich gemacht hat, Natz, dann thäl'st Dich g'wiß nimmer wundern, warum ich so zornig 'worden bin. — Aber so wahr unser Herrgott im Himmel iS, ich schlag' ihn zu lauter Stückeln zusammen, wenn ich nur noch einmal ein einziges solches Mörtel von ihm hör'!" „Aber was hat's denn eigentlich 'geben?" fragt der Natz noch einmal. „Einen Pantoffelbruder hat er mich geheißen", rief Sepp, „weil ich gesagt hab', daß ich nix mehr von ihm wissen und nimmer Wildschießen gehen will." „Und iS daS wirklich Dein Ernst?" rief der alte Natz erstaunt und erfreut. „Hast das wirklich im Sinn'?" „Ja", sagte Kuni, er hat mir'» auf mein Bitten fest versprochen." „Und ich werd' mein Versprechen auch halten", setzte der Bursche festen Tone» hinzu „DaS iS brav von Dir, Sepp!' nickte dcr alte Mann und rieb sich sreudig die Hände. „Und wegen dem Vitu», da laß' Du Dir nur kein graue- Haarl wachsen und ärger' Dich seinetwegen net. Er wird halt grantig sein, weil Du ihm so auf einmal die Freundschaft aufg'sagt hast und iS auch vielleicht, der Kuni wegen, ein bissel auf Dich eifersüchtig. Kehr'
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