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ällMlilNM Tageblatt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. und Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 50 Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. 282. Freitag, den 3. December 188». Bekanntmachung. Zur Vornahme der Wahl von drei Stadtverordneten und zwei Ersatzmännern ist vom unterzeichneten Sladtrathe der LS. December 188« terminlich anberaumt worden. An die stimmberechtigten Bürger hiesiger Stadt ergeht deswegen die Auf forderung, aus ihren Stimmzetteln drei wählbare Bürger — nämlich zwei mit Wohnhäusern angesessene und einen unansässigen — zu be nenne» und diese Stimmzettel am obgedachten Tage Vormittags von 10—12 Uhr und Nachmittags von 3—5 Uhr im Sitzungszimmer für die Stadtverord neten (Rathhaus, 1. Etage rechts) persönlich abzugeben. Zu bemerken ist, daß a., von den Stadtverordneten: 1 ., Herr Seifensiedermeister Moritz Hößelbarth,. 2 ., Herr Sattlermeister Friedrich August List, b., von den Ersatzmännern: 1 ., Herr Schlosser August Mai, 2 ., Herr Cantor Hermann Mehr, und zwar die beiden Letzteren als wieder wählbar ausscheiden. Waldenburg, am 1. December 1880. Der Stadtrath. Cunrady. Bekanntmachung, Die hiesige Sparkasse bleibt wegen des Rechnungsabschlusses vom 1. bis mit 21. Januar 1881 gänzlich geschlossen und werden während dieser Zeit weder Einlagen ange nommen, noch Rückzahlungen bewirkt werden. Fürstliche Sparkasse Waldenburg, am 2. December 1880. Nebel. * Waldenburg, 2. December 1880. Die Kaiser Josef-Feier. In Oesterreich ist am 29. November die Gedenk feier der 100jährigen Thronbesteigung des Kaisers Josef II. in Oesterreich abgehalten werden. Was Josef erstrebte, ist heute längst zur Wahrheit gewor den, und heule wird ihm die Liebe und Verehrung erst zu Theil, die er in seinem Leben trotz seiner edlen Bestrebungen nicht Hut finden können. In einen, Artikel der „Presse" über diese Feier heißt es: Das Verbiet eines Volkes über einen Mann, welcher der Geschichte angehört, ist unan fechtbar. Und darin liegt die große Bedeutung der Kaiser-Josef-Feier. Kein Zweifel, auch Josef hat oft geirrt, und viele seiner Ansichten und Ideen haben die Verhältnisse, der fortschreitende Geist der Zeit aä absurdum geführt. Ging doch Josef von der Ansicht aus, daß Einzelrechte zu Gunsten der Gemeinsamkeit confiscirl, daß Verfassungen suspen- dirt und aufgehoben werden dürfen, wenn es das Staatswohl erfordert. Es war aber auch eine ganz andere Periode, in der Josef lebte, ganz andere Verhältnisse, die er vor sich sah, ganz andere Men schen, mit denen er zu rechnen hatte, und ganz an dere Anschauungen, von denen er sich erst eman- cipiren mußte. Das weiß das Volk, das fühlt es, und darum würdigt es Josef II. nach Maß und Ge bühr. Josef's Politik ging dahin, den Staat um des Staates willen zu ehren, seine Unterthanen frei, glücklich und reich zu machen, sie geistig und materiell emporzugeben, wenn auch die Mittel nur zu oft dem Zwecke nicht entsprachen, so hat das Volk Gerechtigkeitssinn genug, um den Josef, der das Gute wollte, in sein warmes, treues ewiges Herz einzuschließen. Während die römisch-katholischen Kirchenfürsten die Abhaltung einer kirchlichen Feier theilweise ver weigerten, fanden in den griechisch-katholischen Kir chen unter Betheiligung der festlich gekleideten Menge solenne Gottesdienste statt. In der ruthenischen Kathedralkirche zu Lemberg, wo Erzbischof Sembra- towicz das Hochamt celebrirte, waren die ruthenischen Notabilitäten vollzählig anwesend. Gleichzeitig wurde im Lemberger Rathhaussaale ein Festbanket zu Ehren der Polenkrieger, die am Ausstande gegen Rußland im Jahre 1830 theilgenommen haben, ab gehalten. Der Gottesdienst und die Vertheilung der Gedenkmedaillen an die polnischen Veteranen, die im Nationalcostume erschienen, verliefen ohne Störung. Graf Alexander Borkowski und Otto Hausner hielten patriotische Reden. *Waldenburg, 2. December 1880. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser empfing am 1. d. nachmittags 1 Uhr 30 Minuten in besonderer Audienz den neuen bayerischen Gesandten von Lerchenfeld, welcher sein Beglaubigungsschreiben überreichte. Gegenüber den Bemerkungen des Abgeordneten Richter, daß der Reichskanzler sich in Friedrichs- ruh mit der Jagd amüsire, sagt die „Nordd. Allg. Ztg.": „Seit einer Reihe von Jahren hat Fürst Bismarck sich weder an einer Jagd betheiligt, noch einer solchen als Zuschauer beigewohnt, noch ein Gewehr zum Gebrauche in die Hand genommen. Wer dem Abgeordneten Richter das Gegentheil er zählt hat, der hat ihn belogen, und der Herr Ab geordnete, anstatt die Lügen zu sichten, hat diese dazu benutzt, um daraus öffentlich dem Kanzler Mangel an Pflichtgefühl und vielleicht noch an eini gen anderen wünschenswerthen Eigenschaften vorzu werfen. Wir nehmen nicht an, daß es Herrn Rich ter einfallen wird, eine von ihm öffentlich verkün dete Unwahrheit zurückzunehmen, aber wir benutzen doch diese Gelegenheit, um von Neuem einmal wie der festzustellen, wie wenig genau er es mit der Benutzung unwahrer Angaben nimmt, die ihm, wie wir annehmen, von Anderen mitgetheilt werden. „Der antisemitschen Bewegung", so schrieb am Sonntag die „Norddeutsche Allg. Ztg.", „haben wir von vornherein keine Sympathie entgegen ge tragen. Wir gestehen aber, daß wir dieselbe mit größerem Wohlwohlen betrachten, nachdem wir ge sehen, mit welchen zügellosen Angriffen die Abgeord neten Richter und Rickert sie bekämpfen. Man sagt sich unwillkürlich, an einer Sache, die von diesen beiden Abgeordneten in so heftiger Weise angefoch ten wird, muß doch wohl etwas gutes sein. Sie wird durch solche Angriffe in demselben Maße ge adelt, wie sie durch eine Vertheidigung in der Ton art des Abg. Strosser degradirt wird." Oesterreich. In Lemberg wurden sämmtliche polnische Blät ter wegen Artikel über den polnischen Aufstand con fiscirl. Frankreich. Rochefort wendet sich jetzt in seinem Blatte hauptsächlich gegen Gambetta, der gute Gründe habe, das finanzielle Gebühren des Kriegsministe riums im Dunkeln zu lassen. Gambetta wisse, daß der Berichterstatter über die Kriegskostenrechnung, Blondin, im Besitze eines großen Aktenstückes sei, das unzählige falsche Rechnungen enthalte, die aber trotzdem vom Rechnungshöfe beglaubigt und vom Finanzminister bezahlt worden seien, da Niemand sich durch Augenschein von der Ausführung der in Anrechnung gebrachten Fortificationsarbeiten über zeugt habe. „Wir haben" — schreibt Rochefort dann wörtlich — „in Händen und werden auf Ver langen allen Commissionen Briefe von Unternehmern zeigen, welche 50,000 Frcs. forderten und denen man in der Antwort 60,000 Frcs. bewilligte." Italien. Der deutsche Bankier O.ppenh'eim ist infolge Befehls des Ministers des Innern plötzlich aus Mai land ausgewiesen worden und zwar wegen Theil- nahme an socialdemokratischen Umtrieben. Oppen heim frequentirte die beste Gesellschaft. Rußland. Nach aus Charkow eingegangenen Meldungen sind in einer von der Polizei entdeckten geheimen Druckerei mehrere Druckmaschinen, eine große An zahl Dolche und Revolver, Exemplare der revolu tionären Zeitschrift „Semlja i Wolga" und eine große Menge von falschen Pässen und Stempeln aufgefunden worden. Zwei der revolutionären Par tei angehörige Personen wurden verhaftet. Griechenland. Die griechische Regierung hat in Steyr und in Wien 60,000 Stück Hinterlader (System Gras) und 80 Millionen Patronen bestellt. Die Werndel'sche Waffenfabrik in Steyr bereitet schon die erste Sendung von 30,000 Gewehren vor. Seit 1878 hat Griechenland in Oesterreich-Ungarn 130,000 Gras-Gewehre und 250 Millionen Pa tronen bestellt, von welchen bereits mehr als die Hälfte abgeliefert wurde. Man berechnet, daß Griechenland für diese 130,000 Gewehre an Werndl mehr als 8 Millionen Francs bezahlt habe. Montenegro. Der montenegrinische Minister des Aeußeren, Nadonits, zeigte den Vertretern der Großmächte in Cettinje an, daß Derwisch Pascha ungeachtet der Militärconvention, wonach San Giorgio zu dem an Montenegro abzutretenden Gebiet gehört, dessen Uebergabe unter Berufung auf die eventuelle end- giltige Entscheidung der Delimitationscommission verweigert. Amerika. Die Einwanderung in Neuwyork hat trotz dcr späten Jahreszeit noch nicht abgenommen. Al lein am Montag, den 8. November, wurden nicht weniger als 3039 Einwanderer in acht Dampfern gelandet. Alle Völkerschaften Europa's drängten sich im bunten Gemisch in dieser Menge. In letzter Zeit ist auch die Einwanderung von Polen, Russen und Italienern gestiegen, die aus Dänemark, Schwe den, Norwegen und Deutschland hat noch nicht nachgelassen und die aus England, Schottland, Wales und besonders aus Irland Hal mit diesem Herbst