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Mi „Wkißerih-Zeitung" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. LK Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfff. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen B«- Stellungen an. Mkitzentz-Ieitms. Amtsblatt Inserat«, welche bck der bedeutenden Auflage d«S Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, «erden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder veren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, nn redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. für die Königliche Umishauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redactenr: Carl Ikhne in Dippoldiswalde. Nr. 76. Ein Pariser Kommunisten-Prozeß. Nach der großen Kommunistentragödie, welche sich im Jahre 1871 in Paris abspielte, ist zwar die kommunistische Bewegung in der französischen Haupt stadt keineswegs erstickt worden, aber so viel ist aus ihren neueren Kundgebungen immer hervorgegangen: sie ist nur noch Satyrspiel und Komödie und entbehrt des tragisch-fanatischen Zuges, der 1871 die große Pariser Kommunrevolution gebar, und ein neuer Be weis für diesen Charakter der jetzigen kommunistischen Bewegung in Paris wurde durch den Prozeß gegen Louise Michel, Pouget und Moreau gegeben, dec am 23. Juni vor einem Pariser Geschworenengerichte sein Ende erreichte. Die eigentliche Heldin des Prozesses war die schon oft genannte Kommunistin Louise Michel, die nach ihren wiederholten Betheuerungen der sozialen Revo lution ihr Leben geweiht hat und der revolutionären Sache zuletzt dadurch zu dienen hoffte, daß sie einer geplanten kommunistischen Bewegung, die im März in Paris stattsinden sollte, als eine Art Jungfrau von Orleans dienen wollte. Thatsächlich hat Louise Michel auf dem Jnvalidenplatze einer Schaar Gesinnungs genossen unter dem Ruse: „Brod, Arbeit oder Tod!" eine schwarze Fahne vorausgetcagen und die Schaar zu muthigen Thaten angespornt. Aber diese kommu- mstische Bewegung endigte höchst kläglich. Die Pariser Arbeiter waren nämlich fast ohne Ausnahme derselben fern geblieben und nur ein paar Hundert Bettler, Diebe und Bummler schaarten sich unter Louisens Fahne. Auch stürmte diese famose Schaar nicht das Stadthaus und das Präfekturgebäude, sondern stürzte sich auf einige Bäckerladen und stahl einige Hundert Semmeln, dabei natürlich eine Menge Gläser, Teller und sonstige Gegenstände zerbrechend. Im Nebligen stützt sich bei Pouget und Moreau dre Anklage auf die Theilnahme an der Plünderung der Bäckerläden und auf die Verbreitung aufrührerischer Schriften in einigen Kasernen und die Anleitung für Soldaten, wie dieselben mittelst Bomben und Petroleum die Kasernen anzünden und die Offiziere tödten könnten. Charakteristisch war bei dem Prozesse nur, daß die drei Hauptangeklagten, Louise Michel, Pouget und Moreau, niit Ostensation ihre Person in den Vorder grund zu drängen suchten, aber während Louise Michel es noch mit einem gewissen Anstande that, der nur dann und wann von einer fanatischen Verbissenheit verdrängt wurde, brüsteten sich die halbreifen Burschen Pouget und Moreau mit cynischer Frechheit ihrer Thaten, zumal, was die Verbreitung aufrührerischer Schriften in den Kasernen und den Endzweck ihrer Agitation, die Herbeiführung einer Revolution anbe traf. Die Geschworenen erkannten daher die drei Hauptangeklagten auch der Anklage des Aufruhrs und des versuchten Umsturzes der bestehenden Staatsgewalt für schuldig und die Richter verurtheilten Louise Michel zu sechs Jahren, Pouget zu acht Jahren und Moreau zu zehn Jahren Gefängniß. Anfangs bleich und ihre innere Unruhe schlecht verbergend, antworteten doch alle drei Vcrurtheilte mit höhnischen Bemerkungen auf den Urtheilssprnch und anwesende Gesinnungs genossen ließen Louise Michel stürmisch hoch leben, während sie Pouget und Moreau versprachen, sie in die Deputirtenkammer wählen zu wollen, wodurch ihre Haft ausgehoben werden würde. Das war das kläg liche Ende der jüngsten Pariser Kommunistenbewegung und man sieht daraus, daß die gute Stadt Paris sich bis auf Weiteres vor den Kommunisten nicht zu fürchten braucht. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Ueber den Geschäftsgang bei der hiesigen königl. Amtshauptmannschaft im Jahre 1882 erfahren wir Folgendes: Die Gesammtzahl der Negistranden - Eingänge beträgt 7769, welche sich Dienstag, den 3. Juli 1883. vertheilen mit 6140 auf die Haupt-Registrande, 1184 auf die Militär-Negistrande und 445 auf die Anstalts- NeMrande. Hierzu kommen noch die Eingänge des Strafjournals und des Brandversicherungs-Anmelde registers mit zusammen 944, und zwar 442 im Straf journal und 502 im Brandversicherungs-Anmeldere gister. Mithin beträgt die Zahl der gesammten Ein gänge 8713, gegen 8590 im Jahre 1881, also 123 Stück im Jahre 1882 mehr. Das Hauptkaffenjournal enthält 740 Nummern, gegen 737 im Jahre 1881, und zwar 111 Nummern in der Einnahme und 629 Nummern in der Ausgabe. Das Expensarium enthält 1281 Nummern, gegen 1321 im Jahre 1881, und das Sportel-Einnahmejournal enthält 1266 Nummern, gegen 1317 im Jahre 1881. In Verwaltungsstraf sachen hat die königl. Amtshauptmannschaft 163 Straf verfügungen erlassen; hiervon sind in 153 Fällen die Strafen bezahlt, beziehentlich verbüßt, gegen 10 Straf verfügungen aber sind Einsprüche erhoben worden. Der Bezirks-Ausschuß hat im Ganzen im vorigen Jahre 8 Sitzungen abgehalten, in welchen 202 Gegen stände, gegen 194 im Jahre 1881, also 8 mehr, zur Berathung und Beschlußfassung gelangt sind. Diese Gegenstände vertheilen sich wie folgt: 37 Schank- und Gastwirthschafts-, sowie Tanz-Konzessionsgesuche, wovon 24 beifällig, 13 aber abfällig entschieden worden sind; 13 Konzessionsgesuche zum Brandweinkleinhandel (7 genehmigt, 6abgewiesen); 7AnträgeaufGenehmigungs- ertheilung zu Errichtung gewerblicher Anlagen; 32 Dispensationsgesuche in Dismembrations-Angelegen heiten, von welchen 3 abgelehnt worden sind; 42 Ge meinde-Angelegenheiten ; 2 Wege - Einziehnngsanträge; 10 Beschlüsse in Wegebau-Angelegenheiten; 16 Gesuche um Wegebau-Unterstützungen (3 hiervon sind abgelehnt worden); 5 Gegenstände allgemeiner polizeilicher Art; 26 sonstige allgemeine Gegenstände (darunter 15 Unter stützungsgesuche für Volksbibliotheken und 12, das Bezirksvermögen und die Bezirksanstalt betreffende Angelegenheiten. In Summa 202 Gegenstände. In 33 Angelegenheiten sind Bezirksausschuß-Mitglieder zu Referenten verwendet worden. Endlich hat im ver gangenen Jahre eine Vezirksversammlung stattgesunden, in welcher 8 Gegenstände zur Erledigung gekommen sind. Dippoldiswalde. Am 27. Juni feierte hier der Schuhmachermeister Herr Karl Friedrich Thümmler sein 50 jähriges Bürgerjubiläum und wurde zu dem selben von einer Deputation der städtischen Kollegien beglückwünscht. — Für rechtzeitiges Erscheinen am Brandplatze und erfolgreiche Thätigkeit beim Löschen des am 25. Mai bei den Hausbesitzern Kempe und Müller in Rech en - berg ausgebrochenen Brandes hat die königl. Brand versicherungs - Kommission der Kommunspritze von Holzhau 30 Mk. Prämie bewilligt. Zu einer Prä- mirung der beim Brande ebenfalls mit in Aktion ge tretenen Gemeindespritze von Nassau ist nicht zu ge langen gewesen, da bei deren Ankunft das Feuer in der Hauptsache bereits gedämpft und ihre Thätigkeit daher eine sehr knrze gewesen ist. — Vom 1. d. M. ab ist Hr. Brandversicherungs- Jnspektor Zöllner von hier in gleicher Eigenschaft nach Pirna versetzt worden und hat die kgl. Versicherungs- Kommission Hrn. Inspektorats-Assistent Bernh. Groh in Großenhain zum Nachfolger ernannt. — Nächste Mittwoch, den 4. Juli, wird ein Extrazug von Hainsberg nach Schmiedeberg, zum Anschluß an den 1I,>» Uhr Abends von Dresden abgehenden Zug abgelassen werden (s. Inserat in heutiger Nummer). S Frauenstein. (Königl. Schöffengericht.) Hauptverhandlungen vom 19. Juni 1883. Am27.April d. I. ist die Wilhelmine verehel. Zimmermann geb. Richter in Nechenberg zu ihrem Nachbar, dem Schuh macher Ernst Louis Neubert gekommen, um demselben ein Paar Stiefeln zum Ausbessern zu überbringen und 48. Jahrgang. gleichzeitig mit ihm über die Rückgabe eines ihm ge liehenen Kuhgeschirres zu sprechen. Im Verlaufe dieses Gespräches sind über die Rückgabe dieses Geschirres zwischen Beiden Differenzen entstanden, die schließlich dazu geführt, daß Neubert die Verhandlung abgebrochen und der Angeklagten die Thüre gewiesen hat. Die Zimmermann hat darauf erwidert, sie sei allein ge kommen und werde auch allein gehen; ungeachtet wiederholter Aufforderung Neuberts, seine Wohnung zu verlassen, ist sie dageblieben und hat fortgelärmt, bis endlich die verehel. Neubert sie angefaßl und mit Hilfe ihres Ehemannes zur Thür hinaus geschafft hat. Die Angeklagte wird wegen Hausfriedensbruchs gemäß H 123 des Reichsstrafgesetzbuches mit 10 Mk. Geld event. 3 Tagen Gefängniß bestraft. — Der bei dem Gutsbesitzer Herm. Protze in Niedernaffau in Diensten gestandene Handarbeiter Ernst Herm. Thiele aus Ober- nassau hat am 9. Mai d. I. seinem genannten Dienst herrn von dem Getreideboden, auf welchen er Getreide geschüttet, ungefähr 13 Kilo Korn in einen, Protzen gehörigen Sack gefüllt, diesen nach beendeter Arbeit vom Boden genommen und im Schuppen versteckt, um ihn bei paffender Gelegenheit fortzuschaffen und in seinem Nutzen zu verwenden. 4 Tage Gefängniß werden ihm als Strafe für diesen Diebstahl zudiktirt. — Gegen den am 9. September 1865 in Kamenz ge borenen, wiederholt bestraften domizillosen Zigarren arbeiter Carl Gottlieb Müller liegt die Anklage vor, seit Februar d. I. als Landstreicher im Inlands um hergezogen zu sein, am 18. und 19. Mai in' Seyde und Reichenau gebettelt und am letzteren Tage dem Gemeindediener Friedr. Aug. Hähnel in Reichenau, nachdem ihn dieser beim Betteln betroffen und vor läufig festgenommen hatte, durch Bedrohung mit Ge walt Widerstand geleistet und Hähneln durch die Aeußerung: „Wenn Sie was machen wollten, brauchten Sie auch nicht hier herum zu bummeln" beleidigt zu haben. Auf Grund des theilweisen Zugeständnisses des Angeklagten und der eidlichen Zeugenaussage, ge winnt das Schöffengericht die Ueberzeugung davon, daß Müller des Landstreichens und Bettelns, sowie der Beleidigung sich schuldig gemacht hat und wird derselbe wegen dieser Handlungen mit 3 Wochen Haft bestraft, dahingegen von der Anklage der Bedrohung bez. des Widerstandes, da auch die Seiten Müllers gefallenen Worte: „wenn Hähnel ihn arretire, werde er (Hähnel) zeitlebens unglücklich sein," nur als aus Aerger über die bereits erfolgte Arretur gethane ver messene Rede ohne weitere Absicht auf Erzielung eines Erfolges aufzufassen waren, freigesprochen. — Auf die von dem Maurer Friedrich Fürchtegott Zemmrich in Nassau gegen den Maurer Carl Ferdinand Braun daselbst wegen verleumderischer Beleidigung erhobene Privatkmge werden dem Angeklagten 20 Mk. Geldstrafe event. 4 Tage Gefängniß auferlegt. Rabenau. Der hiesige Militärverein beging am 1. Juli das Fest seiner Fahnenweihe, zn welchen« die Brudervereine aus nah und fern herbei gekommen waren. Nachdem die Erschienenen auf dem Marktplatze Aufstellung genommen und dieselben vom Vorstande des Militärvereins begrüßt worden ivaren, hielt Herr Pastor Weißbach die Weihrede, welcher er den Satz „Mit Gott für König und Vaterland" zu Grunde legte. Nack) dem Weihegesang des Gesang vereins wurde der Fahne ein von Sr. Majestät dem Könige gespendeter prächtiger Nagel nebst Schleife überreicht, während die Frauen das Bandalier für den Fahnenträger gespendet hatten. Weiter über reichten dann die Jungfrauen, die Militärvereine Höcken dorf und Kreischa, sowie der Leseverein und der Turn verein I Rabenau Mander, während die Militäroereine Jäger und Schützen, Germania, Saxonia, Deutsche Kavallerie, Kameradschaft, Dresden I, Deutscher Krieger verein, allerseits aus Dresden, Cunnersdorf, Hänichen, Klotzsche, Reichstädt, Lockwitz, Saxonia Deuben, Dorf hain, Dippoldiswalde, Löbtau, Possendorf, Tharandt,