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Dresdner Journal : 08.06.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-06-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189706085
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18970608
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18970608
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1897
-
Monat
1897-06
- Tag 1897-06-08
-
Monat
1897-06
-
Jahr
1897
- Titel
- Dresdner Journal : 08.06.1897
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vcjsgspret«: Für DrcSdcn vierteljährlich: 2 Mark SO Pf., bei den Kaiser lich deutschen Postanstalten vierteljährlich S Murk; außer halb de- Deutschen Reiche- Post- und Stempelzuschlag. Einzelne Nummern: 10 Pf Erscheine«: Täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage abend«. Fern'pr -Anschluß: Nr 12Sö. N 12^. Dres-mr Imirnal. Anki1«»t«un,««e»iihrcn: Für den Raum einer gesuil- tcnen Zeile kleiner Schnst »o P» Unter „Eingesandt" die Zeile so K Bei Tabellen- und Ziffernsatz entsprechender Ausschlag Hern«»,eher: Königliche Expedition dc« Dresdner Journal« Dresden, Zwmgerstr 20 Fernspr.-Anschluß: Nr 12SL 18S7. Dienstag, den 8. Juni,, abends. Amtlicher Teil. Wekanntnrachunc;. Mit Genehmigung drs Ministeriums des Innern sowie des Ministeriums des CultuS und öffentlichen Unterrichts werden vom 1. Juli d. I. ab die Land gemeinden Pieschen und Trachenberge mit der Stadt- und Schulgemeinde Dresden vereinigt, auch haben die in Lvuugelieis beauftragten Herren Staats- minister vom gleichen Zeitpunkte ab die Ausscheidung -er Parochie Pieschen um Wilder Mann und Trachen berge aus der Ephorie Dresden II und deren Zu weisung zu dem Bezirke der Ephorie Dresden I mit dem Vorbehalte genehmigt, daß der nach Wilschdorf eingepfarrte OrtLtheil Hellcrberge bis auf Weiteres bei ker Ephorie Radeberg verbleibe. Dresden, den I. Juni 1897. Ministerium des Innern. Für den Minister: Mer;. Münckner. Vrneunungen, Versetzungen rc. im öffentlichen Dienste. Im wcschSstSbcreiche des Ministeriums des Innern. Bei der Polizeidirektion zu Dresden wurden a) be fördert: der Bnreauajsistenl Richard Wendt zum Sekretär, der Expedient Karl Alfred Krause zum Bureauaspstenten, der Copist Otto Maximilian Schreiber zum Expedienten, der Polizciwacktmeister Friedrich Hermann Rische zum Polizci- insxektor und der Stadtgendorm Fritz Julius Kobllscheck zum Polizeiwachtmeiste,; - b) angcstellt: der Briefträger Max Richard Enke, der Bicewaäümeister August Wilhelm Eduard Rauscher, der Bicescldwcbe! Ernst Louis Uhlig, der Vice wachtmeister Ernst Gustav Opitz, der Vieeseldnebel Emil Schramm, der Vicewachtmeister Ecorg Karl Albert Otto Gundlach und der Sergeant Georg Wilhelm Hermann Kauke als Stedtgendarmcn Bei dem Landgcndarmer'e-Korps wurden u) ver setzt: die Gendarmen Schulze I von Auerbach nach Hartyau, Schulze Hl von Wildensels nach Auerbach, Liebscher von Nossen nach Wildenfels, Glös; von Hainichen nach Nossen, Meinel von Untertriebe! nach Lößnitz, Kaden von Falkenhain nach Untertriebe! und Faysel von Raschau nach Lommatzsch; — d) angcstellt: der Stadtgendarm Oskar Albin Schön herr als Landgendarm in der Gcndarmeriebrigade Raschau. Im «ztrschäftSbereiche Ves Ministeriums des Kultus UNS öffentlichen Unterrichts. Erledigt, das Schul direktorat zu Brunndöbra Kollator. das König! Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts Einkommen 2250 M Gehalt, 300 M. Wohnungsemschädigung, lvo M sür wöchent lich zweistündigen Unterricht in Ler Fortbildungsschule und Leitung derselben. Nach zweijähriger AmtSthätigkeit wird eine angemessene persönliche Zulage in Aussicht gestellt Gefordert wird von den Bewerbern der Nachweis sur die Befähigung zur Erteilung fremdsprachlichen Unterrichts, den zu erteilen der Direktor an der hier bestehenden Selcc'a verpflichtet sein soll. Bewerbungen sind mit den ersorderlichen Unterlagen bis zum 20. Juni einzureichen bei dem Königl. Bezirksschulinspektor Schulrat vr Bräutigam in Auerbach Zu besetzen: die zweite Lehrerstelle an der vierklassigen Schule zu Püchau Kollator: die oberste Schulbehörde. Ein kommen der Stelle außer freier Wohnung: 1000 M Gehalt, 3S M. sür Turnunterricht und 300 M persönliche Zulage, wenn der Gewählte noch keinen Anspruch aus Alterszulagc hat. Bewerbung-gesuche sind unter Anschluß sämtlicher Zeugnisse bis zum 23 Juni bei dem Königl. Bezirksschulinspektor Schulrat Schütze in Grimma einzureichen Nichtamtlicher Teil. Griechenland und die Türkei. Nach lanbwierigen Vorverhandlungen ist man nun -endlich so wen gelangt, daß die beiden kriegführenden Kunst und Wissenschaft. Ncsikenztheater. — Am 6. Juni: „Annas Traum " Volksstück in drei Akten von Adolf L'Arronge. (Zum ersten Male.) Trotz einer Novität aus der Feder des Verfassers von „Mein Leopold" und „Hasemanns Töchter", trotz des Gast spiels eines so beliebten Darstellers, wie Hr W. Wilhelmi vom Hamburger Stadttheater mit allem Recht ist, sahen die heißen Pfingsttage klaffend leere Häuser Vielleicht hilft der eingetretene Wetterumschlag dem Besuch des neuen Stückes etwas auf, der schon nm der vortrefflichen Leistung des Gastes als Schneidermeister Philipp Wisotzki willen zu empfehlen ist Das Volksstück selbst ist auf dem alten Grundmotiv des Sieges tüchtiger und schlichter Bravheit über allerhand moderne Thorheit und gefährliche Einbildung ausqebaut, mischt auch in der alten Weise des Verfassers komische, schwankhafte und ernste Elemente und Szenen, ohne ganz die alte Wirkung Hervorrufen zu können Die schwankhaften Szenen, Verwirrungen und Eharakterzüge sind diesmal zu nahe an die sinnlose Posse herangesührt, die ernsten Teile der Handlung leiden an zu starken Unwahrscheinlichkeiten, das Verfahren des alten Kommerzienrats Lambach gegenüber der verliebten Thor- heit seines Sohnes erscheint so widersinnig, als unmöglich Die glückliche Lösung des etwas wunderlich verknoteten Stückes durch die schließliche Werbung des jungen Gustav Wisotzki um Anna ist wiederum wärmer und erfreulicher als der ganze zweite Akt und erneuert einigermaßen den frischen lebensvollen Eindruck der ersten Anlage Die Figuren erhalten eine gewisse Rundung, ob schon sie aus dem gröbsten Zeug äußerlicher Lebens- drobachtung geschnitten sind Karikaturen, wie der ver bummelte Student Tchwamminger und der Pastor Hiller, Parteien unter der Teilnahme der Mächte mit ernsten Friedensunterhandlungen begonnen haben und der Waffenstillstand bis aus weiteres verlängert worden ist. Daß bei der bekannten BerschleppungSsucht der Türken die Verhandlungen zu einem raschen Abschlusse gelangen werden, ist natürlich nicht anzunehmen, wiewohl nicht nur Griechenland, sondern auch die Türkei den gegen wärtigen Zustand der Dmge nicht mehr lange ertragen kann. Die Türkei befindet sich heute sogar noch in einer schwierigeren Lage als Griechenland. Einmal hat sie die sechsfach stärkere Truppenzahl auf den Beinen und dann ist infolge der feit Wochen anhaltenden Regengüsse die einzige Nachschubslinie sür die türkischen Truppen auf lange Zeit total unfahrbar geworden. Auch die Aus sichten, mit Hilfe der thessalischen Ernte die Truppen zu ernähren, haben sich nicht erfüllt. Denn auch dort herrscht ein Wetter, wie es seit 35 Jahren nicht der Fall gewesen ist. Die Türken können also nicht ein mal den Nach chub der Truppen und den Kriegsbedarf weiter befördern. Seit zehn Tagen liegen alle Truppen zwischen Rodosto und den nächsten Bahnstationen fest. Da man den Bulgaren richt über den Weg traut, ist aber eine emspreLende Verstärkung des Ädrianopler Armeecorps dringend geboten, zumal dort schon zu Beginn des Krieges eine empfindliche Schwächung des Truppenstandes dadurch eingetreten war, daß mehrere Brigaden an die thessalische Operationsarinee al- gegeben wurden. Tie Mobilisierungsoperativnen erleiden übrigens durch die mittlerweile begonnenen Verhandlungen der Bo schafter mit der Pforte keine Einbuße. Man huldigt nach wie vor dem Grundsatz: 8i vi« pum-m, para sislluiri. Nach Kaiserl. Irak- soll die Armee aus den Stand von 300 000 Mann gebrecht werden, und von dieser Zahl sind bisher erst zwei Drittel unter den Fahren. Es heißt aber, daß man bei der Aushebung in Klein asien bereits erheblichen Schwierigkeiten begegnet, da die Redifs — und in ihnen liegt die eigentliche Kraft der türkischen Wehrmacht — den Einrückimgibefehlen nur unwillig Folge leisten Wie die begonnenen Unterhandlungen enden werden, vermag heute noch niemand zu sagen. Die Türken werden es schon deshalb nicht an allerlei Einwänden fehlen lassen, weil das Verschleppen jeder Angelegenheit nun einmal zu ihrer zweiten Natur gehört und weil der Großvezier selbst in der Frage der FriedenSbeding- ungen einen Standpunkt einnimmt, der mit jenem der Mächte nicht nur nicht übereinstimmt, sonder» dem selben diametral zuwiderlauft. Die schwierigste Frage betrifft Thessalien. Die Mächte sind über eine aus strategischen Gründen gebotene Grenzregulieruna, jedoch ohne Bevölkerungszuwachs für die Tü'kei, so gut wie einig. Dagegen besteht die durch Hali Rifaat Pascha vertretene linkische Partei auf der Annexion. Hin sichtlich der Kriegsentschädigung wird noch eher ein Einvernehmen zu erzielen sein, da die Botschafter geneigt sind, eventuell die Summe von sechs Millionen Pfund zuzugestchen, aber da man als Garantie die Einführung ciner europäischen Finanz kontrolle in Griechenland verlangt, wogegen aller dings Thessalien sofort zu räumen wäre, so bleibt es noch immer fraglich, ob Griechenland einwilligen wird. Bezüglich der beiden anderen Punkte, nämlich der Auficchterhaltung der Kapitulationen und Aus- lieferungivertrüge für gemeine Verbrecher, ergeben sich insofern Schwierigkeiten, als die Türkei verlangt, die Vertiäge auf Verbrecher aller Kategorien, alfo auch auf politisch Kompromittierte auszudehncu, da sie sich gegen Armenier und Jungtürken eine Handhabe schaffen will und darauf wird und kann Griechenland schon vermöge seiner Verfassung nicht cingehem Aus all dem geht hervor, daß Meinungsdifferenzen vorliegen, zu deren Erledigung viel, sehr viel Zeit nötig sein wird. verraten, daß der Verfasser eben auch in vcr Wah! feiner Mittel ziemlich unbedenklich geworden ist; frischer und lebensvoller wirken der Schneidermeister Wisotzki, seine polternde Alte, die jugendliche Anna, die sich aus der Ode hinauSsehnt und erst nach einer Irrfahrt ihr Herz entdeckt. Die Darstellung wird, wie gesagt, hauptsächlich durch das vortreffliche Spiel des jHrn. Wilhelmi (Schneider Philipp Wisotzki) getragen, der mit nie versiegender guter Laune, mit virtuoser Gewandtheit, den bildungsfrohen, traumdeutungssüchtigen, allezeit hoffnungsvollen und zuver sichtlichen Schneider giebt und die blitzschnellen Übergänge aus dem kindlichen Selbstgefühl in die lächerlichsten Situa tionen höchst wirksam zur Verkörperung bringt Neben ihm verdienen die Herren E. Witt (Gustav Wisotzki), Burmester (Student Schwamminger), die Damen Flora Garnow (Anna) und Minna Hänsel (Therese Wisotzki) besonders hervorgehoben zu werden Auch die Herren Janda (Kommerzienrat Lambach), Martini (Anton Lambach) und v, Manning (Pastor Hiller) und Frl. Stehle (Lieschen Fiedler) thaten ihr Bestes, diese Figuren glaubhaft zu beleben. Ad Stern. * Eine Erinnerung an Gustav Nottebohm ver öffentlicht die „N. Fr Pr." aus der Feder Ludwig Speidels Es heißt da: Viele Menschen in Wien haben Gustav Nottebohm gekannt und ihn, der seit anderthalb Jahrzehnten tot ist, gut im Gedächtnisse behalten Von allen Tonkünstlern, die vom Ende der Vierziger- bis zu Anfang der Achtziger-Jahre in Wien gelebt und gewirkt haben, ohne eine amtliche Stellung zu bekleiden, ist er wohl der bedeutendste, jedenfalls der eigentümlichste ge wesen. Schon seinem Äußern hatte die Natur ein Ge präge verliehen, das ihn von den meisten seiner Neben mcnicheu deutlich unterschied Der Maler Feuerbach, der den Mann zwar nicht leiden mochte, weil er nicht daS Talent besaß, ihn kennen zu lernen — denn Nottebohm Jedenfalls wird auch die Türkei gut thun, das zweifellos für sie bei den maßgebenden Mächten vor handene Wohlwollen nicht ans eine allzu scharfe Probe zu stellen und sie wird daher dem ernsten Willen der Mächte gegenüber, eine baldige ersprieß liche Lösung der brennenden griechisch türkischen Frage herbeizuführen, hoffentl ch bald von ihrer schwäch lichen Zauderpolitik Abstand nehmen. An guten, zu- redenden Worten läßt man cs insbesondere in St. Petersburg nicht fehlen. So wird heute vou offiziöser russischer Stelle aus geschrieben: Rußland nimmt noch immer dieselbe Stellung zu den beiden streitenden Mächten ein, wie srüher. Wie am Beginne seiner vermittelnden Tätigkeit, io bietet es auch noch heute leinen ganzen wohlwollenden Einfluß aus, um nach Möglichkeit sür Griechenland die traurigen Konsequenzen seines thörichten Kriegszuges zu mildern, ohne daß diese diplomatische Aktion einen die Türkei bedrohenden Charakter annehmen würde Im Gegenteile, man hat in St. Peteisburg eher einen günstigen Eindruck von dem Verhalten der türkischen Re gierung gewonnen, was eine Rückwirkung aus die Stellung nahme des St Petersburger Kabinetts ausübl, wenn das selbe auch bemüht ist, die jedenfalls hochgespannten Friedens bedingungen der Türkei zu reduzieren. Einen weniger be friedigenden Eindruck hat hier das Vorgehen der griechischen Regierung hervorgerusen, welche man stark im Verdachte hat, daß sie den Kabinctlen der Mächte das drohende Gespenst einer Revolution in Griechenland vorgesührt haben, um aus diese Weise zur Ausübung einer Pression aus die Türkei zu drängen. Aber die europäische Diplomatie wird sich durch dieses politische Gaukelspiel nicht tüulchen lassen, da sie wuksame Mittel zum Schutze der griechischen Dynastie gegen eimaige Anschläge der demagogischen Parteien zu finden weiß Diese Parteien weiden übrigens klug genug sein, nicht zu vergessen, Laß, wenn sich ihr Land noch irgend welcher Sympathien in Europa erfreut, sie di S nur der Dynastie zu danlen hat, von welcher jetzt allein sein Heil abhängt und ohne welche die Mächte vielleicht das Land seinem Schicksale überlassen würden. In den teilenden politischen Kreisen St. Petersburgs hasst man übrigens, daß trotz der Ausdauer, mit welcher die Pforte auf gewissen von ihr gestellten Friedenrbedilrgungeu zu beharren scheint und trotz der Schwierigkeiten, welche die griechische Regierung einer erlolgreichen Intervention in den Weg legt, Ler Friede doch in nächster Zeit geschlossen werden wird, und zwar in der Weise, daß er die Sieger befriedigen wird, ohne den Besiegten zu Grunde zu richten. Kurz, man sieht in diesen Kreisen der Entwickelung der Tinge mit günstigen Erwartungen entgegen. Die Fortdauer Ler türkischen Truxpenkonzentrationen aus der Balkanhalbinscl mag allerdings manchem als ein br unruhigendes Moment erscheinen, man muß sich aber sagen, daß sie nur Len einzige» Zweck ver folgen können, schneller zu Ende zu kommen und den letzten Widerstand der Griechen gegen die Forderungen der Türken leichter zu brechen Diese Maßregeln haben insolge dieser Er wägung in den maßgebenden Kreisen keine Besorgnisse hervvr- gerusen, und man setzt nach wie vor das größie Vertrauen ,n die weise Mäßigung, von welcher die Türkei seit dem Beginne des Konfliktes mit Griechenland so viele Proben ab gelegt hat. Nicht ohne Berechtigung hat sich übrigens die russische Presse iu diesen Tagen über die Nachricht creifert, daß die Pfoite eine englische Werft mit der Reorganisation und Ergänzung der türkischen Flotte beauftragt habe. „Eine englische Werft" — fo ruft „Nowoje Wremja' — „hat dem Sultan das Anerbieten gemacht, die Verwaltung des türkischen Marinearsenals zu überwachen. Wenn dieses Anerbieten angenommen werden würde, so würde es bedeuten, daß in den Dardanellen und am Bosporus ein neues britisches Gibraltar erstehen soll Freilich enthält das Projekt die Einschränkung, daß jene englische Werst nur sür fünf Jahre die Verwaltung des türkischen Marine- arsenals zu übernehmen hätte. Aber es erscheint zu nächst nicht glaubhaft, daß die Werst iu dieser kurze» Zeit die vorgesehenen 12 neuen Panzerschiffe sertigstellen könnle. Jedermann weiß es auch, welchen Ausgang eine derartige „zeitweilige" britische Okkupation des türkischen Marmewesens nehmen würde. Nach Ablauf vou fünf Jahren läßt sich die Frist weiter verlängern — eventuell auf unabsehbare Zeit Das wäre um so wahrscheinlicher, a s die englische Werst sür die Re organisation der türkischen Flotte fünf Millionen Pfund verlangt. Die Türkei aber ist ein schlechter Zahler, und um eine Geldsorderuna sicber zu stellen, dazu war cm Dornvujch gegen die Außenwelt — wurde nicht müde, seine Gesichtszüge zu betrachten und sie mit un endlicher künstlerischer Liebe nachzuzeichnen. So entstanden, ohne daß Nottebohm davon wußte, ein paar Bildnisse von ihm, in denen er lebt, webt und atmet Etwas von einem antiken Philosophenkopf hatte dieser merkwürdige Schädel an sich Eine lange und breite Stirne setzte sich gegen die Augenhöhlen in einem scharf geschnittenen Rande ab, auf dem buschige Augenbrauen wucherten, durch die bei gesenkter Haltung des Kopses blaue Augen blitzte» Der Kops fiel schmal und dürftig ab, erhielt aber durch einen struppigen Vollbart mehr Fülle und Kraft Seltsam an der Schäd.'lbildung war die lange, röhrenarlige Fortsetzung des Hinterhauptes, sür dessen völlige Be deckung noch kein Hutmodell erfunden war Dann denke man sich in das Gesicht des Mannes eine ziemlich große, rote Nase, die nach Zeit und Umständen wie Pur pur glühte — eine krankhafte Erscheinung, welche die Welt natürlich auf reichliche» Genuß geistiger Getränke zurück führte, die in Freundeskreisen aber durch den Scherz erklärt wurde, daß Nottebohm, der ein Westsalc war, auf die Rote Erde seiner Heimat gefallen sei. NottebohmS charakteristischer Kopf saß aus einer mittelgroßen, ausfallend mageren Gestalt, die sich ohne Zwang stramm hielt Der steife Nacken ließ auf Charakter schließen Und an Charakter hat es Nottebohm nicht gefehlt, er war vielmehr ganz und gar Cbarakter, sittlich wie geistig Eine starke Ader von Selbständigkeit schlug schon in dem ganz jungen Manne. Er sollte Kaufmann werden, stand schon hinter dem Ladentisch, drehte Düten und wog den Kunden Zucker und Kaffee zu Da er aber den Kops voll Musik hatte, hielt er eS in dieser Sphäre nicht aus, ließ sein musikalisches Talent prüfen und war bestrebt, es auS- zudilden Vielleicht damals schon, jedenfalls aber später ist ihm Felir Mendelssohn hilfreich an die Hand gegangen, bat ihm seine Studien und KompositilionSversuche durch korrigiert uns ihn nach einem Jahre FreiwilligenLicnst von empfiehlt sich vor allem auch die Beschlagnahme des jenigen Unternehmens, auf welches sich die Geld forderung bezieht So könnte das Projekt in der allerbequemsten und doch zugleich äußerlich legaler Weise dazu führen, daß sich am Goldenen Horn eine englische Werft mit zwölf modernen großen Panzerschiffen und dementsprechenden Kriegsmaterial festsetzte. Das wäre vom englischen Standpunkte aus ein sehr feiner Schachzug zur Herbeiführung einer recht wirkungsvollen Lösung der allen Meerengenfroge. Ist es aber für Rußland denkbar, etwas Derartiges ruhig zuzulassen und dadurch mit seinen Weltausgaben, seinen Ziele» und Verpflichtungen zu brechen? Wir denken, daß es auf diese Frage nur eine Antwort geben könne — und zwar ein entschiedenes Nein!" Tagcsgeschichte. Dresden, 7. Juni. Der hiesige Kaiserl. und Königl. Österreichisch Ungarische außerordentliche Ge sandte und bevollmächtigte Minister, Graf Lützow, ist vom Urlaub zurückgekehrt und Hot die Leitung der Kaiserl. und Königl. Gesandtschaft wieder über nommen. Deutsches Reich. * Berlin Se. Kaiserl und Königl. Hoheit der Kron prinz und Se Königl. Hoheit Prinz Eitel Fliedrich trafen am Sonnabend früh 7 Mr aus Plön in Potsdam ein und wurden von Ihrer Majestät der Kaiserin sowie von Ihren Königl Hoheiten den Prinzen Adalbert» August Wilhelm und Oskar auf dem Bahnhofe em pfangen Am ersten Pfingstseiertagc vormittags 10 Uhr besuchten Beide Kaiserliche Majestäten mit den fünf ältesten Prinzen-Söhnen den Gottesdienst in der FriedenS- kirche in Potsdam Gestern, am zweiten Feiertage, vor mittags 11 Uhr, nahmen die Majestäten an der Feier des Ctiftungsscstcs des Lehr-Infanterie Bataillons teil Mittags 1 Uhr fand im neuen Palais eine Mittagstafel zu etwa 160 Gedecken statt — Der neuernannte amerikanische Botschafter für Deutschland White ist mit Gemahlin und Tochter in Begleitung drs Botschaftssekretärs Fisk an Bord des Schnelldampfers „Spree" in Bremerhaven angekommen — Dem Zentralkomitee der Deutschen Ver eine vom Roten Kreuz ist seitens des AuSwärtiaen Amtes dir Benachrichtigung zugegangen, daß die griechische Regierung sür die wirksame Unterstützung der Vcrwundeten- pslege durch die Abordnung drs Deutschen Roten Kreuzes, welche in Hagia Marina ein Kriegslazarett unterhielt, in dem vom 9 Mai an namentlich aber nach der Schlacht von Domokos in den Tagen vvm 18. bis 21. Mai eine erhebliche Anzahl Schwerverwundeter versorgt wurde, ihren besonderen Dank kundgegeben hat. Augenblicklich befindet sich die deutsche Ambulanz im Piräus und wird voraus sichtlich bald die Rückreise antreten Die im Uildiz- Hospital in Konstantinopel lhätige deutsche Abordnung des Roten Kreuzes versieht dort den Dienst in 2 Baracken zu je 46 Betten und hat am 19 Mai mit den Operationen begonnen Die bedauerliche Verletzung des Chefärzte« Prof lü Naße ist glücklicherweise als gehoben anzusehcn — An Vollmatrosen wurden im Jahre 1896 angemustert im ganzen 17 521, davon 3320 im Ostsee- gevict und 14 201 im Nordseegebiet. Im erstgenannten Gebiete sind diese Anmusterungen seit 189t, in welchem Jahre 4008 vorgekommen sind, von Jahr zu Jahr zurück gegangen und nur im letzten Jahre gegen 1895 (3225) wieder etwas gesti gen Im Nordseegebiet ist die Zahl der fraglichen Anmusterungen gegen 1895 (14 650) etwa» zurückgeblieben, am stärksten in Hamburg (7793 gegen 8588 im Jahre 1895), vermutlich infolge der im November 1896 ausgebrochenen Arbeitseinstellungen Schiffs jungen (es sind nur solche gezählt, die Seesahrten auf Kauffahrteischiffen bisher nicht gemacht hatten) wurden 1896 im ganzen 1740 angemustert, davon 571 im Ostsee- und 1169 im Nordscegebiet Die Zahl dieser Anmuster der Militärpflicht desreit. Seitdem hegte Nottebohm gegen Mendelssohn eine unbegrenzte und unverbrüchliche Dankbar keit und Verehrung Nach seinen in Leipzig verbrachten Lehrjahren siedelte Nottebohm 1846 nach Wien über, wo er bei Sechter noch einen Kursus Kontrapunkt durch machte Dann erteilte er Unterricht im Klavierspiel, in der Komposition und beschäftigt sich mit Studien, die sich meistens mir Beethovens Musik drehten , An schöpferischer Kraft besaß Nottebohm nicht viel. Er komponierte lang sam und konnte vor lauter Bedenken fast kein Ende finden Er selbst schätzte an seinen Kompositionen haupt sächlich die Arbeit, die freilich ein Muster von Gewissen haftigkeit war Das Merkwürdigste an ihm war er selbst, war seine Persönlichkeit. Er war originell, ohne es sein zu wollen, bloß indem er sich gab, wie er war. Er wurzelte tief in der Roten Erde seiner westfälischen Heimat, die er, nachdem er jahrzehntelang im deutschen Süden gesessen, auch in der Sprache keinen Augenblick verleugnete. Wie treu er an seinem Volksstamme hing, ging aus seinem Haffe gegen Karl den Großen hervor „Kaiser Karl, den sie den Großen nennen", konnte er mit Erbitterung sagen. Mit einem tausendjährigen Groll im Herzen, konnte er dem fränkischen Karl nicht verzeihen, daß er die Nieder sachsen, NottebohmS Landsleute, ihrer Selbständigkeit be raubt und ihnen das Christentum aufgezwungen hatte Ob gleich im protestantischen Glauben aufcrzogen, stand er dem Christentum fremd gegenüber Und doch lebten in seinem Geist und Gemüt die in der christlichen Gemeinde gewachsenen Werke von Bach, die er sür das Herrlichste hielt, was der musikalische Genius hervorgebracht. Ter Natur dagegen stand Nottebohm mit einer rührenden Frömmigkeit gegenüber So war auch cr einer der eifrigsten Verehrer des Wiener Waldes, in dessen Schatten cr seine freien Stunden und Tage zubrachte Dort genoß er die Natur recht aus dem Vollen, unersättlich nn Gehen, im Schauen und Atmen „Er schlürft die ganze Gegen»
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