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Wchmtz-Mms Verantwortlicher Redacteur: C-ri Ithnt in Dippoldiswalde. Dienstag, dm 20. März 1883 Nr. 33 früher ertheilten Konzession zum Bierschank, bez. Brannt weinkleinhandel eingeleitet worden. Hierüber fand in heutiger Sitzung öffentlich-mündliche Verhandlung statt und wurde Seiten des Bezirks-Ausschusses in Er wägung der vorliegenden Thatsachen, welche die An nahme des Mißbrauchs der den Genannten konzessio- nirten Gewerbe zur Förderung der Völlerei gerecht fertigt erscheinen ließen, in beiden Fällen auf Grund von ZZ 53 und 33 der Neichsgewerbeordnung vom 21. Juli 1869 die Konzessionsentziehung beschlossen. Die Gesuche Robert Blankensteins in Lungk witz und Carl Stenzels in Kreischa um Konzession zum Branntweinkleinhandel wurden im Mangel eines diesfallsigen örtlichen Bedürfnisses abgelehnt, ebenso auch das erneute gleiche Gesuch Emil Seidels in Gombsen, da man in den anderweiten Anführungen des Letzteren derartige neue Momente, welche zu anderer Beurtheilung seines Gesuches, und zwar zur Bejahung der Bedürfnißfrage hätten führen können, nicht zu erblicken vermochte. — Dagegen wurden die Gesuche des Obstweinproduzenten Ger st in Glashütte um Erweiterung der ihm ertheilten Erlaubniß zum Obstweinschank während der Sommermonate auf das ganze Jahr, sowie das weiter vorliegende Gesuch der Gewerkschaft Paradies-Fundgrube zu Altenberg wegen ebenmäßiger Erweiterung des bisherigen Schank betriebs im Huthause, ersteres in Rücksicht auf die bei fällige Begutachtung des Stadtgemeinderaths zu Glas hütte, letzteres — bedingsweise — in Uebereinstim- mung niit der kgl. Oberforstmeisterei Bärenfels und dem Stadtgemeinderathe zu Altenberg und unter gleichzeitiger Uebertragung der Polizeiaufsicht über das Huthausgrundstück auf die kgl. Forstrevierverwaltung Altenberg genehmigt. — Weiter erachtete der Bezirks- Ausschuß die grundbücherliche Uebertragung der Erb- gerichtsgasthofsgerechtsame zu Holzbau auf das Folium des Friedrich Traugott Göhler'schen Guts- woyngebäudes, Brandkat. Nr. 13 zu Holzhau, woselbst die gedachten Gerechtsame zeither schon ausgeübt wor den, für unbedenklich und erklärte sich sodann rücksicht lich des Gesuchs Carl Gottlob Geisdorfs in Alten berg um Erlaubniß zum zeitweisen Schankbetrieb auf dem Geisingberg und an dem sogenannten Malzteich, und zwar an letzterem Orte bei Gelegenheit des Schlitt schuhfahrens auf demselben, da es sich in diesen Fällen nicht um eine Konzessionirung im Sinne der Reichs gewerbeordnung handle, damit einverstanden, daß diese Angelegenheiten lediglich der ortspolizeilichen Regelung überlasten werden. Der Gemeinde Reinhardtsgrimma bewilligte der Bezirks-Ausschuß, einem bezüglichen Gesuche der selben entsprechend, zu Wiederansammlung eines als zum kommunlichen Stammvermögen zu erachten ge wesenen, unzulässiger Weise aber vor mehrere» Jahren zu Straßenbauzwecken verwendeten Kapitales eine fünf jährige Frist mit der Maßgabe, daß alljährlich, mit diesem Jahre beginnend, ein entsprechender Betrag zu fraglichem Zwecke aufgebracht werde und auf diese Weise dieAnsammlung bis Ende 1887 vollständig erfolge. Der auf amtshauptmannschaftliche Veranlassung von der Gemeinde E lend aufgestellte Schuldentilgungs plan, welchem zufolge die Abstoßung der Gemeinde schuld binnen 20 Jahren erfolgen soll, wurde genehmigt. Zu ver von der Gemeinde Rechenberg beschlosse nen theilweisen Verwendung des Erlöses für das ver äußerte alte Schulgebäude zur Verminderung der seiner Zeit durch den Nittergutskauf, bez. durch Neubeschaffung von Schullokalitäten entstandenen Gemeindeschulden, wurde in Rücksicht darauf, daß die Gemeinde durch gedachten Gutskauf einen ansehnlichen Vermögens zuwachs erzielt habe, die erbetene Genehmigung ertheilt, während, was die weiter beabsichtigte Verwendung des übrigen Theiles des gedachten Erlöses zu Deckung eines größeren Fehlbetrags bei der Gemeindekaste an langt, der Bezirks-Ausschuß vor Beschlußfassung hierauf zunächst weitere Erörterungen, namentlich über die Amtsblatt für die Königliche Umtshimptmarmschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die SLadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein DK „«ei-eri» Stlkn», « «rfHeint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — SreiS virrteljShrlich 1 M. Lö Pf«., zweimonatlich 84 Pfg-, rtnmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 1V Pfg. — All« Postan- stalten, Postboten, sowie dis Agenten nehmen Be stellungen an. Inserat«, welch« bei der bedeutenden Auflage dei! Blatte« eine sehr wirk- sam« Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. di» Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. -- Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzecht 20 Pfg- Entstehungsursache dieses Fehlbetrages für nöthig er achtete. Der Beschluß der Gemeinde Friedersdorf wegen Einführung des Ersatzmännerinstitutes für die Aus- schußpersonenwahl wurde bestätigt. Der Bezirks-Aus schuß bezeichnete jedoch die anscheinend beabsichtigte Wahl eines Ersatzmannes für jede Ausschpßperson als der Tendenz des Gesetzes zuwiderlaufend, erachtete vielmehr einen Ersatzmann für jede Klaffe als genügend und überließ der Amtshauptmannschaft demgemäße Er öffnung an die Gemeinde Friedersdorf. Wegen der Beitragspflicht des Ritterguts Berreuth zu den Gemeindelasten in Paulsdorf rücksichtlich der in der Flur Paulsdorf gelegenen Rittergutsgrundstücke war in Folge des Beschlusses des Gemeinderaths zu Paulsdorf, die Wegebauleistungen auf die politische Gemeinde zu übernehmen und zu */» nach Grundsteuer einheiten und V» nach den beitragspflichtigen Köpfen der Gemeindemitglieder aufzubringen, eine Differenz mit der Gutsherrschaft Berreuth entstanden, welche neuer dings durch ein feiten der königl. Amtshauptmannschaft vermitteltes Abkommen beglichen worden ist. Sowohl zu diesem Abkommen, als auch zu dem vom Gemeinderathe zu Paulsdorf beschlossenen Leistungs fuße in Bezug auf die Wegebaulasten ertheilte dec Bezirks-Ausschuß seine Genehmigung. Der Rekurs, welchen der Gutsbesitzer Friedrich Wilhelm Beckert in Rudolphsdorf gegen die abfällige Entschließung des Gemeinderaths zu Fürstenwalde auf seine Reklamation gegen die Höhe seiner kommunlichen Einschätzung eingewendet hatte, wurde für unbegründet erachtet, da bei Einschätzung des Besitzthums nach dem Pachtwerthe und mit Hinzurechnung der Verzinsung für das Betriebskapital und des Unternehmergewinns, sowie seines und seiner Ehefrau persönlichen Arbeits verdienstes und der Wohnungsentschädigung, dagegen nach Abzug der Schuldzinsen, des aukhaftenden Aus zugs und der Grundsteuern, Landrenten rc. das Ein kommen desselben sich auf eben so hoch, als es feiten des kommunlichen Einschätzungsausschuffes festgestellt worden sei, herausstellte, und mithin für den Bezirks- Ausschuß kein Grund vorlag, die feiten des ebenge dachten Ausschusses vorgenommene Einschätzung für ungerecht zu erachten. Der feiten des Gemeinderaths zu Rechenberg beschloßenen Maßregel gegen böswillige Steuerrestanten (Veröffentlichung derselben und Verbot des Besuches öffentlicher Lokale) entgegenzutreten, fand der Bezirks- Ausschuß keine Veranlassung, sofern sich hierbei nur innerhalb der gesetzlichen Grenzen (8 134 der Armen ordnung vom 22. Oktober 1840) gehalten werde. Zu mehreren Grundstücksdismembrationen, betreffend die Fol. 37 von Reinholdshain, 2 von Schlottwitz und 6 von Kautzsch wurde, bez. unter Kousolitationsbedingung, die erbetene dispensations weise Genehmigung ertheilt. Ebenso wurde die Uebertragung der Gutsvorsteher geschäfte in Possendorf auf den dasigen Gemeinde vorstand nach erklärter Zustimmung des Gemeinderaths zu Poffendorf genehmigt und dem Anträge der Ge meinden Glashütte und Johns buch auf Einziehung des alten, über den sogenannten Hahneberg führenden Glashütte-Johnsbacher Kommunikationsweges als öffentlichen Fahrweges, unter Beibehaltung desselben als öffentlichen Fußweges und als WirthschastswegeS, mit Vorbehalt der Feststellung der Benutzungsrechte Einzelner an dem Wege und der Regelung der künf tigen Unterhaltung desselben stattgegeben. In Bezug auf die Unsitte der Anwesenheit von Kindern beim Abschlachten von Schweinen, welche dem königl. Ministerium des Innern zu Erlaß einer besonderen Verordnung Veranlassung gegeben, erklärte sich der Bezirks-Ausschuß damit einverstanden, daß feiten der königl. Amtshauptmannschaft mit den Orts polizeibehörden in behusige Vernehmung getreten werde. Hiernächst kamen die öfteren Verunglückungen Die rothe Internationale.; z Die rothen Gespenster der Revolution und des Umsturzes tauchen wieder einmal am Horizonte Euro pas auf und rühren sich mit einer unheimlichen Ge meinsamkeit in ihren Schreckensgelüsten. In Frank reich treibt der radikale Kommunismus neue Gift- blüthen und regte sich bereits in den bekannten Massen demonstrationen der „hungernden Arbeiter" in Paris, in Rußland setzen die Nihilisten ihre furchtbare Maul wurfsarbeit fort, in Italien wuchern Irredentisten und Sozialisten gemeingefährlich neben einander, in Irland ist eine anarchische Bewegung in Permanenz erklärt und in Spanien hat sich ein weitverbreiteter Anarchistenbund, der den charakteristischen Beinamen die „Schwarze Hand" führt, eingenistet. Das Bedenk lichste bei dieser anarchischen Bewegung besteht aber darin, daß die Fäden derselben nach einer Zentralstelle laufen, die wahrscheinlich ihren Sitz in der Schweiz hat, denn von einem „berühmten Anarchisten" in Genf erhielten auch die Mitglieder der „Schwarzen Hand" ihre Organisation und alle diese Anarchisten, sie mögen auch in noch so verschiedenen Ländern vorkommen, kennen doch nur eine gemeinsame Devise: Zerstörung jeder bestehenden Ordnung und Kampf der Armen gegen die Reichen. Diese anarchische Bewegung ist offenbar nicht nur eine Schöpfung einiger Schwärmer oder Schurken, sie ist freilich auch keine Institution vernünftiger Leute, sondern sie ist die soziale Krank heit unseres Jahrhunderts, eine reine Geisteskrankheit derjenigen Menschen, die mit oder ohne ihre Schuld arm und elend wurden und beim Anblicke der Schätze der Reichen nicht etwa in ihrem Herzen Bescheidenheit und vielleicht auch die moralische Ursache fühlen, wa rum jene begütert und sie arm waren, sondern viel mehr in ihrem Herzen Haß, Neid und Scheelsucht groß werden ließen, woraus sich dann sehr leicht das Bedürfniß entwickelte, durch eine Revolution, durch Gewalt und Schrecknisse diejenigen Güter zu erwerben, die sie durch ehrliche Arbeit, durch Sparen und Mühen von kleinen Anfängen nicht erreichen wollten oder konnten. Mit der Thatsache des Vorhandenseins dieser furcht baren anarchischen Geisteskrankheit in den Köpfen vieler Menschen ist aber fort und fort zu rechnen, denn der Heilungsprozeß wird schwerlich vor dem Ausbruch einer Krisis eintreten, und mit bloßen Polizeimitteln ist gegen solche Nebel nicht mit allgemeinem Erfolge anzukämpfen. Die Anarchisten selbst müssen allerdings in allen Ländern unter scharfe polizeiliche Kontrole gestellt werden, wie dies in Deutschland seit dem Er laß des Sozialistengesetzes der Fall ist, denn pure Thorheit und Schwäche würde es sein, die Anarchisten und Sozialisten ungestört mit dem Feuer spielen zu lasten, aber im Uebrigen haben alle Regierungen, Be hörden, Gemeinden, gemeinnützige Korporationen und Arbeitgeber die Aufgabe, dem anarchischen und sozia- listöchen Unkraute den Boden zu entziehen, damit jene Geisteskrankheit die Menschen nicht in solchen Masten ergreift, daß sie im Stande sind, eine wirkliche Revo lution zu entfachen. Man nehme sich vor allen Dingen der Frage der Arbeitslosen, der halbreifen und noch sehr bildungsbedürftigen Jugend, der Bettler und Vagabunden mit mehr Humanität, wo es sein muß, aber auch mit mehr Strenge an, denn aus diesen Klaffen erwachse» dem Sozialismus und Anarchismus die gefährlichsten Jünger, ohne welche ihre Führer und Meister nur ohnmächtige, falsche Propheten bleiben müssen. 1 Sitzung des Bezirks-Ausschusses am 3. März 1883. Gegen Frau verw. Weber in Lungkwitz und Carl Christlieb Höntzsch in Lauenstein war zufolge ihrer Wiederholten Bestrafung wegen unbefugten Brannt weinschankes das Verfahren auf Zurücknahme der ihnen