Volltext Seite (XML)
Wochenblatt für Fernsprecher: Anit Siegmar Nr. 244. Reilhenbmnd, Siegmar, Neustadt, Radenstein und Rottlnff. 8. Sonnabend, den 27. Februar 1SVU. Erscheint jeden Sonnabend nachmittags. Lmeigon werden ttr der Expedition tReichenbraud, Nevoigtstraße 11), sowie von den Herren Friseur Weber in Reichenbrand und Kaufmann Emil Winter in Rabenstein entgegengenomrnen und pro Ispaltige PeLitzeile mit 10 Vfg. berechnet. Für Inserate größeren Umfangs und bei öfteren Wiederholungen wird entsprechender Rabatt, jedoch nur nach vorheriger Vereinbarung, bewilligt. Arizeigeu-Annahme in der Expedition bis spätestens Freitags nachmittags 5 Uhr, bei den Annahmestellen bis nachmittags 2 Uhr. Bekanntmachung, die diesjährige Musterung der Militärpflichtigen betreffend. Zufolge Bekanntmachung der Königlichen Amtshaupttnannschast Chemnitz vom 16. Februar 1909 ist für den hiesigen Ort als Musterungstermin der 20. Marz 1909 festgestellt worden. Alle im hiesigen Ort aufhältlichen Gestellungspflichtigen erhalten hiermit Veranlassung, am genannten Tage vormittags o/i8 Uhr in dem Hotel Claus in Grüna sich zu gestellen, auch zur Vermeidung einer Ordnungsstrafe von 6 Mk. ihre Losungsscheine und Gestellungsatteste mitzubringen. Reichenbrand, am 20. Februar 1909. Der Gcmcindevorstand. Vogel. Bekanntmachung. Den 1. Marz 1909 wird der I. Termin der diesjährigen Gemeindeanlagen füllig. E« wird dies mit dem Bemerken zur öffentlichen Kenntnis gebracht, datz diese Anlagen zur Vermeidung des Zwangsvollstreckungsverfahrens bis zum 15. März 1909 an die hiesige Gemcindekasse abzuführen sind. Der Gcmeindevorstand zu Rabenftein, den 26. Februar 1909. Gemeindeanlagen-Einschätzung 19VS. Nachdem die diesjährige Einschätzung zu den Gemeindeanlagen im hiesigen Orte beendet und das Schätzungsergebnis den Beitragspflichtigen durch Steuerzettel bekannt gemacht worden ist, werden alle diejenigen Anlagenpfltchtigen. welche eine Steuerzufertigung noch nicht erhalten haben, hiermit auf gefordert, wegen Mitteilung des Einschätzungsergebnisses sich bei der hiesigen Ortssteuereinnahme Rottluff, am 27. Februar 1909. Der Gemciiidcvorstand. Bekanntmachung, die Wahl von Beisitzer» für daö Gcwerbegericht Im Bezirke der Königliche« AoitShanplinannschast Chemnitz betr. Unter Bezugnahme auf die Bekanntmachung der Königlichen Amtshauptmannschaft Chemnitz vom 19. Februar 1909, abgedruckt in Nr. 85 des Chemnitzer Tageblattes, wird hiermit nochmals daraus tzingewiesen, daß die Wahl von Gewerbegerichtsbesitzern Montag, den 15. März 1909 von II Uhr vormittags bis I Uhr nachmittags stattfindet. Als Wahllokal ist für den hiesigen Ort Wendler's Gasthof bestimmt worden. Weitere Auskunft über die betreffende Wahl erteilt der Unterzeichnete Gemeindevorstand. Reichenbrand, am 26. Februar 1909. Der Gcmcindcvorstand. Vogel. Bekanntmachung. Am 15. dieses Monats ist der I. Termin der Gemeindeanlagen und des Schulgeldes für das laufende Fahr fällig. Derselbe ist bis spätestens zum 15. März 1909 an die ^hiesige Gemeindekasfenvmoaltung abzuführcn. ^ Neustadt,^am 12. Februar 1909. Der Gemcindevorstand. Geißler. Gefunden wurde in hiesiger Gemeinde ein goldnes Medaillon mit Kette. Zur Ermittelung des Eigentümers wird solches hiermit zur öffentlichen Kenntnis gebracht. Reichenbrand, am 24. Februar 1909. Die Sparkasse zu Neustadt - Der Gemeindevorstand. Vogel. T.ieph«, Nr. S5, Amt Siegmar. unter Garantie der Gemeinde verzinst Einlagen mit SV» o/y. Für Einlagen, welche bis zum 3. eines Monats bewirkt werden, erfolgt Verzinsung für den vollen Monat. Die Sparkasse expediert täglich vormittags von 8 —12 Ahr und nachmittags von 2 — 6 Ahr Sonna^nds ununterbrochen von 3 Uhr. Meldungen im Fundamt Rabenftein Die Mosaikdecke. Original-Novelle von Hedwig Berger. (Fortsetzung.) Etwas unsanft löste ich meine Hände aus den ihren. Wann» fand sie mich eigentlich so beklagenswert. Mir war ja vielmehr geblieben als ihr — freilich, sagen konnte ich ihr das nicht. So entgcgnete ich nur: „Es hat eben jeder sein Päckchen zu tragen, liebste Donie, und ich wüßte gerade nicht, inwiefern ich mich bester bewiesen hätte als Andere, um eine Ausnahme von dieser Regel machen zu dürfen. Aber willst du mich jetzt nicht allein lasten? Ich möchte über deine Angelegenheit Nachdenken und den be treffenden Brief gleich schreiben. Es ist dir doch gewiß am liebsten so?" — — Horner teilte meine Ansicht, daß wir kein Recht be saßen Sidonie entgcgenzutrcten. Sie war Herrin ihres Vermögens und konnte mit demselben schalten und walten wie cs ihr beliebte. Und auch zwischen Ella und ihre Liebe durften wir nicht treten. War es doch möglich, daß wir sie dadurch erst ins Unglück stürzten, anstatt sie davor zu bewahren. „Vielleicht wirkt ihr Einfluß günstig und veredelnd auf jenen — Menschen, das Wort „Mann" will mir nicht aus der Feder", schrieb er. „Die Hochschätzung, die Sie der selbstlosen Handlungsweise Ihres Fräulein Nichte entgegen- bringen, teile ich unbedingt. Es geht aber wunderlich zu in dieser Welt — der eine wirst eine Perle von sich, dem Andern wird das Weib entrissen, das er als sein höchstes Kleinod betrachlcte und behüten wollte fürs Leben. Mir ist es auch so gegangen und die Wunde blutet noch immer. Aber nicht wahr, liebste Freundin, ich darf mich trösten mit dem Gedanken, daß ich gemeinsam leide mit dem Wesen, das mir das Teuerste auf Erden ist und bleiben wird, daß es meiner noch gedenkt, mit der alten Liebe, nicht nur in kühler Freundschaft, wie Sie mich so gern glauben machen möchten. Seien Sie offen, ich weiß es doch, Sie lieben mich noch, denn Sie gehören nicht zu den Menschen, die so schnell vergessen, so wenig als Ich dazu gehöre. Diese Ucber- cugung ist mein Trost gewesen in den bitteren Stunden, ic ich durchzukämpfen Halle. Muß ich auch einsam durchs Leben gehen, so weiß ich mich doch seelisch mit Ihnen ver bunden, Geliebte, und wenn nicht mehr hier auf Erden, so werden wir uns einst doch droben wiederfiuden, wo uns niemand mehr trennen kann." O dieser Brief! Heute noch, wo ich über die Zeit der Jugend hinaus bin und „er" seit Jahren in der kühlen Erde schläft, treten mir die 2 ränen In die Augen, wenn ich feiner gedenke — und ich schäme mich dessen nicht. Damals aber versetzte er mich in einen Rausch des Entzückens. Er liebte mich noch immer und nie würde mich eine andere Frau aus seinem Herzen zu verdrängen vermögen, nie! Was halfs, daß ich mich erst vor kurzer Frist meines Egoismus halber gescholten — die Erinnerung daran dämpfte meine selbstsüchtige Freude nicht im Mindesten. Arme edle Sidonie, du hattest es weniger gut! Daß ich dir doch die Hälfte von meinem Glücke hätte abgeben können! Am liebsten hätte ich meinen Freudenrausch auf die ganze Welt überströmen lassen. — Horner übermittelte Sidoniens Geschenk an Ella Wendling. Er schrieb ihr, ein Freund ihres verstorbenen Vaters, dem derselbe einst einen wichtigen Dienst erwiesen, habe ihm diese Sumnie übergeben mit dem Aufträge, dieselbe der jüngsten Tochter des Verblichenen einznhändigen. Sie möge sie als Sühne einer alten Schuld freundlich annchmen und nicht nach dem Geber forschen, denn ein Ehrenwort verbiete ihm, denselben zu nennen. Sie möge die Sache auch nicht weiter erwähnen, sondern in stillem Gebete des Gebers gedenken. Bald darauf meldete die Zeitung Ellas Verlobung mit dem Advokaten Ernst Velden. Die Hochzeit ließ auch nicht lange auf sich warten. Sie wurde mit unerhörtem Prunk und Aufwand gefeiert. Die ganze Stadt sprach wochenlang von nichts anderem. Die Braut, hieß es, habe zwar eine ganz einfache Feier ge wünscht, aber der Bräutigam und ihre Mutter waren dem entgegengewesen. Ich nickte nur dazu. Ich kannte ja meine Tante und ihre Ansichten — wie hätte Ella dagegen auskommen können? Gar zu gerne hätte ich meine Ella in dieser für sie so bedeutungsvollen Zeit gesehen, hätte sie wieder einmal in meine Arme geschlossen und ihr meinen Segenswunsch mit auf den neuen Lebensweg gegeben. Ich sehnte mich geradezu glühend darnach, aber sowohl um Sidoniens, als um der Tante willen, bei der mein Anblick nur peinliche Empfindungen wachgerufen und ihr vielleicht die ganze Hochzeilsfreude ver dorben hätte, verzichtete ich darauf, unterließ es auch, einen schriftlichen Glückwunsch zu senden. Es war besser, sie hörten und sahen nichts mehr von mir. Auch der feinfühligen Ella wäre vielleicht die Erinnerung an ein von ihrer Mutter begangenes Unrecht verhängnisvoll geworden. Nur in der Vergessenheit konnten sie Trost finden. Ellas Brautkleid sah ich, die Schneiderin breitete die ganze schimmernde Seidenpracht vor mir aus. Sie soll wunderhübsch darin ausgesehen haben und ich glaubte es gern. Was war natürlicher, als daß das reizende Kind zu einer blendenden Schönheit erblüht war? Sonst sah ich von den ganzen Hochzcitsgcpränge nichts. Ich verbrachte den Tag bei Sidonie, die in einer ungewohnten Geschäftigkeit ihren Jammer zu ersticken suchte und entwickelte ihr allerlei Pläne, wie wir unser Leben künftig Anrichten wollten. Manches von dem, was ich in meinem aufgeregten Bemühen, die Arme zu zerstreuen, sprach, mag Unsinn gewesen sein, vieles hat sich als undurchführbar erwiesen, aber einiges ist doch zur Durchführung gelangt und hat unser Leid für uns und andere nutzbar gemacht. Wir richteten Unterrichtsstunden ein für arme, begabte Schulmädchen, deren Eltern das Geld für die teueren Privat- lchrerinnen nicht erschwingen konnten, und die doch so gerne ihre Töchter einen lohnenden Beruf hätten ergreifen lassen. Diese Stunden fielen natürlich mir, der geprüften Lehrerin zu, darum schuf die mehr praktisch veranlagte Sidonie im Anschlüsse daran Abend- und Sonnlagskurse für Fabrikar beiterinnen und halbwüchsige Mädchen des Arbciterstanacs, die sie in Handarbeiten, HauShaltungslehrc und der edlen Kochkunst unterrichtete. Man wunderte sich ja so oft über die Verlotterung, die in den Familien des Arbeitcrstandes Angerissen ist und will sich nicht eingestehen, daß die Schuld daran nur die Gattin und Mutter trägt, die es nicht versteht, die Ihrigen an das Haus zu fesseln, so daß der Vater das Gasthaus seinem unsauberen unbehaglichen Heim vorzicht und die Söhne und Töchter an den Abenden und Sonntagen in Vergnügungen niedrigster Art den sauer erworbenen Wochenlohn verschwenden. Aber nein, die Unglückliche trifft die Schuld auch nicht allein, man hat sie für ihren schweren Beruf eben nicht genügend vorbereitet. Dem wollte Sidonie wenigstens in kleinem Maßstabe abhelfcn und es gelang ihr auch. Viele von ihren Schülerinnen dankten es nur ihr, daß sie tüchtige Hausfrauen und gute Gattinnen und Mütter geworden, zumal sie auch mit ihren reichen Mitteln nicht kargte, wenn es galt, ein junges Talent zu fördern, oder das Glück eines jungen Paares zu begründen. O, sie hat viel, viel Gutes gestiftet, meine Sidouie! Es ist ihr auch manchmal gedankt worden, noch öfter aber hat sie Undank erfahren. Freilich, das focht sie nicht weiter an. „Wir verdienen ja keinen Dank," lachte sie in solchen Fällen, „unsere Handlungsweise ist durchaus nicht selbstlos. Wenn mir ganz offen sein wollen, so arbcttcn wir weniger um der guten Sache willen, als um einen Lebenszweck zu haben und uns selbst — zu vergessen. Wie dürften wir da von Dank sprechen?" Ich mußte ihr recht geben. Im Uebrigen waren das glückliche Jahre für uns. Ich glaube wenigstens, daß sie es auch für Donie waren. Ich sah sie immer heiler und zufrieden, und wenn sie ihr Leid nicht überwunden hatte,