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Verantwortlicher Rcdacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Dienstag sachrtat... Dienstags' und Freitag«. «.Zu beziehen dyrch alle Postanstale ten. Preis pro Quart. tü Ngr. 13. Vrt-ber H8S7. '7/. Inserate - weiden mit '« kfPfg. fSr-die Zeile berechnet und in aste« Erpediilönen angenommen^ Wrißeritz-Ieitung Em unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger und Landman». Der Aufstand in Indien. (Fortsetzung) Der neueste Ausbruch fand in Indore, der Residenz des^Holkar statt, welcher zwar noch zu den Engländern hielt, aber keine Macht über seine Truppen mehr besitzt. Gegen 50 Europäer wurden hier ermordet. Derbritische Resident. Oberst Durand, rettete sich mit einigen Offizieren unter dem Schutze einiger treu gebliebenen Compagnien des Bhilcorps. Mittlerweile rücken Bombaytruppen unter General Stuart heran, um die Meuterer zu züchtigen und die Ruhe in Centralindicn herzustellen. In Firospur und dem fernen Peschawer empörten sich die Sipoys ebenfalls. An beiden Orten aber wurden sie zu Paaren getrieben nnd es fanden zahlreiche Hinrich tungen statt, Hei denen man in eigenthümlicher Weise auf die Vorurtheile der Brahmanensoldaten, welche dieses Loos traf, Rücksicht nahm. Man ließ sie nämlich, da die Be rührung des Henkers die Kaste verunreinigt, nicht den Tod an? Galgen sterben, sondern band sie nach dem Beispiel der Perser vor die Mündung blind geladener Kanonen und ließ sie von der Gewalt des Pulvers in Stücke reißen, wobei die treu gebliebenen Sipoys als Zuschauer gegen wärtig waren. Von höchster Wichtigkeit waren die Ereignisse in Lack nau, der Hauptstadt von Audh, wo der tapfere General Lawrence den Aufstand zuerst niederschlug, zuletzt aber zum Rückzug genöthigt wurde und endlich selbst das Leben verlor. Hier begann in der Nacht vom 30. zum 31. Mai das 71. Infanterieregiment die Meuterei damit, daß es die Landhäuser der Europäer in Brand steckte, mehre Offiziere erschoß und den Versuch machte, sich der Kanonen zu be mächtigen. Sir Henry Lawrence war indeß schon von ihrer üblen Stimmung unterrichtet und hatte sich in der Stille vorgesehen. 200 Europäer, einige Compagnien des 48. und 13. einheimischen Infanterieregiments und die europäische und einheimische reitende Artillerie, sowie daS 7. Reiterregiment, waren hinreichend zur Vereitelung ihres Angriffs auf die Geschütze. Am Morgen des 31. Mai suchten die Meuterer sich zu organistren, sie wurden indeß zersprengt und verfolgt, wobei ihnen eine Menge Leute gctödtet und gegen hundert gefangen genommen wurden. ' Die Tragödie hatte damit aber noch nicht ihr Ende erreicht. Das 7. Reiterregiment empörte sich jetzt eben falls zum größer» Theile, das 13. ging gleichfalls zum Theil zu den Aufrührern über und von dem 48.,blieben nur etwa 100 Mann treu. So sah sich Sir Henry Law ren« genöthigt, die Stadt aufzugeben und sich zum Theil in die stark befestigte Residenz, zum Theil in das von ihm erbaute Fort Mütschi Baban zurückzuziehen, von wo er indeß von Zett zu Zeit erfolgreiche Ausfälle machte und eine Zeit lang die Ruhe aufrecht erhielt. Das Standrecht wurde verkündigt, zwei permanente Kriegsgerichte eingesetzt und eine Menge Aufrührer un mittelbar nach ihrem Verhör gehenkt. Diese kräftige» Maßregeln wirkten. Die Läden in der Stadt öffneten sich wieder, das Vertrauen kehrte zurück. Am 2. Juni wurden die Polizei und die treu gebliebenen einheimischen Offiziere mit Geld belohnt und weitere Europäer-' zur Sicherung der Stadt herbeigezogen. Alle christlichen EiK«- wohner schloffen sich den Truppen als Freiwillige - att. Das Land blieb ruhig, in der Stadt war eS nur der Pöbel, welcher, in der Hoffnung auf Raub, noch Lust zu Aufruhr zeigte. Indeß die Ruhe war eine trügerische. Neue» Auf hetzungen folgte ein neuer Aufstand, an dern gegen 12,000 Menschen sich betheiligten, und Lawrence sah sich zuletzt auf den Besitz des Forts beschränkt, wo er sich durch seine Kanonen behaupten konnte. Er erhielt eine Wunde und starb am 4. Juli, wie eS heißt, am Kinnbackenkrampf. Major Banks, der jetzt das Kommando übernahm , hatte nur noch 600 Bewaffnete unter sich, er hielt fich indeß tapfer gegen die Horden von Rebellen, und eS ist möglich, - daß es dem General Havelock gelingt, ihn zu entsetzen. Zwar fehlt es im Fort an Lebensmitteln, indeß mangelt es dafür den Belagernden an Pulver, Kugeln und Zünd hütchen, und so find ihre Angriffe von keiner großen Ge-. fahr begleitet. .. -i Ueberblicken wir den ganzen bisherigen Verlauf des Aufstandes, so charakteristrt fich derselbe als eine großartig«. Mititäremeute. an welcher sich von der Civilbevölkeruirg Indiens nur eine Anzahl in ihren vermeintlichen Nrchtin gekränkter Radschas und der Pöbel der großen Städte, die Landbevölkerung aber nicht betheiligt hat, eine Emeüte, welche auf einer Verschwörung beruhte, die ihrerseits wieder hauptsächlich durch die Befürchtung hervorgerufen wurde, man wolle die Eingebornen mit Gewalt zu Christen machen. Sehr wichtig ist endlich für die Beurtheilung der Umstand, daß bei der ganzen Bewegung nicht, wie man anfänglich glaubte, das brahmanische, sondern das mohamedauische« Element sich am meisten geltend macht. « Wir bezeichnen den Aufstand als einen militärischen ; denn die Geschichte aller Vorgänge zeigt, daß daS eigentliche Volk Indiens wenig oder nichts damit zu schaffen hat. Mit Ausnahme der Klassen der Bevölkerung, welche stets zum Plündern und Zerstören bereit find, erlangten die Meuterer keine nationale Stütze, alS einige ehrgeizige, mißvergnügte RadschaS von der Klaffe Pana Sahibs. Wenn da« Volk sich hier und da Über einen Regierungs beamten zu beschweren hatte, so wär er in der Regel ei» Eingeborener,' und wenn fich auch bisweilen Engländer Bedrückungen zu Schulden kommen ließen, wenn manche Maßregel deS Gouvernement- zweckwidrig und ungerecht war, so waren das Kleinigkeiten gegen den furchtbaren Druck, den da- Volk früher von den eingebornen Tyrannen