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Adorfer Grenzbote Dies Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Oelsnitz, des Amtsgerichts, der Amts- anwaltschaft und des Stadtrates zu Adorf. Anzeigenpreise: Grundzahl für die »gespaltene Petitzeile oder deren Raum 50 Mark, bei auswärtigen Anzeigen 70 Mark, für die amtliche Zeile 125 Mark. Schlüsselzahl: 500 000 000. Fernsprecher Nr. 14 Verantwortlicher Schriftleiter und Verleger Otto Meyer in Adorf. Postscheck-Kto. Leipzig 37369 246. Freitag, den 16. AKMüÄMML Für den öffentlichen Arbeitsnachweis Adorf und Umg., dcr den Amtsgerichtsbezirk Adorf mit Ausnahme der Gemeinden Siebenbrunn, Sträßel und Schönlind umfaßt, ist die Wahl des Verwaltungsausschusses vorzunehmen. Der Verwaltungsausschuß be//e ht aus dem Vorsitzenden des Arbeitsnachweises oder seinem Stellvertreter als Vorsitze nden und je 6 Vertretern der Arbeitgeber und Arbeitnehmer als Beisitzern, unter denen sich Frauen befinden sollen. Als Beisitzer und Stellvertreter können nur solche Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestellt werden, die Neichsangehörige, mindestens 24 Jahre alt und im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte sind. Sie müssen seit mindestens 6 Monaten im Bezirk des öffentlichen Arbeitsnachweises Adorf und Umg. wohnen oder beschäftigt sein. Ein Drittel der Beisitzer soll in den Landgemeinden wohnen. Vertreter wirtschaftlicher Vereinigungen der Arbeitgeber gelten als Arbeitgeber, Vertreter wirtschaftlicher Vereinigungen der Arbeitnehmer als Arbeitnehmer. Wir fordern hiermit die wirtschaftlichen Vereinigungen der ürbeitgcber und Arbeit nehmer im Bezirke des Arbeitsnachweisesauf, bis spätestens zn« 24. Novem» ber 1923 dem S adtrat z« Adorf Beisitzer für den Verwaltungsaus- schütz vorzuschlage». Jede Vorschlagsliste soll 6 Beisitzer und doppelt so viele Stellvertreter enthalten. Die Vorgeschlagenen sind nach Vor- und Zunamen, Stand oder Beruf und Wohnort genau zu bezeichnen und in erkennbarer Reihenfolge aufznführen. Adorf, den 14. November 1923. Der Siadtrat zugleich für den Vezirksverbaud Oelsnitz. November 1M3. Jatzrg. 88 Getränkeftener. Die im Oktober 1923 vereinnahmten Entgelte für an Verbraucher abgegebene Getränke sind nunmehr sofort, spätestens jedoch bis zum 17. November 192» unter Vorlage von Aufzeichnungen an die pädt. Steuerkasse anzuzeigen. Auf die Ab schnitte 3, 4, 5 und 6 der stadträtlichen Aussührungsbestimmungen wird besonders hin gewiesen. Die von auswärts zum Eigenverbrauch steuerpfl. Getränke Einführenden werden darauf aufmerksam gemacht, daß die eingeführten Getränke unmittelbar nach der Ein führung beim Stadlsteueramt anzuzeigen sind. Adorf, den 14. November 1923t Der Stadtrat. Stadtverorduetenwahlen betr. Die auf den 18. November 1923 anberaumten Wahlen der Stadtverordneten sinb auf den 13. Januar 1924 verlegt morden. Weiters Bekanntmachung erfolgt noch. Adorf, den 15. November 1923. Der Stadtrat. Was gibt es Neues? — Die Zahl der Arbeitslosen und Kurzarbeiter in Deutschland ist auf über 4 Millionen angeschwollen. — Die Reichsregierung erklärt, daß sie unter keinen Umstünden mit einer staatsrechtlichen Aenderung des be setzten Gebietes iin Verhältnis zum Reich einverstanden ist. — Die sozialdemokratische Reichstagssraklion fordert neu Zusammentritt des Reichstages. — Die Nachricht, daß der bayerische Ministerpräsident v. Knilling nach Berlin kommen werde, ist unzutreffend. — Der Ausnahmezustand in Bayern wird von der dortigen Regierung unverändert aufrecht erhalten. — Der Dollar notierte an der Berliner Mittwvchsbörse 1260 Milliarden. Zur inneren Lage. s In der Rede, die Reichskanzler Dr. Stresemann am letzten Sonntag gehalten hat, hat er eine ebenso große Ruhe, wie Festigkeit beobachtet. Er hat sich we-i der den inneren Vorkommnissen, noch dem Tempera ment Poincares gegenüber Hinreißen lassen, und die deutsche Sachlage nachdrucksvoll hervorgchoben. Cs geht nicht an, daß die Verhältnisse auf den Kopf ge-i stellt werden und einzelne Personen sich die Führung «unserer Angelegenheiten anmaßen, zu der sie nach allen ihren Eigenschaften nicht berufen sind. Es ist in den Münchener Angelegenheiten noch mancherlei aus- tzuklnren, und diese Darstellung wird hoffentlich er geben, daß Entstellungen und Uebertreibungen mit un- itergelaufen sind, die jetzt ansgeschaltet werden. Diese Angelegenheit ist eine peinliche Episode in der Ge schichte dieses Jahres, die nicht dazu führen soll, den dichter zu spielen, sondern für die Zukunft vorzu- wauen. Den Putschen ein Ende zu bereiten, ist eine Not wendigkeit, nicht minder dringend ist aber die For derung, mit den Krisen im Reichskabinett auszurämuen. Es ist doch einfach, die Dinge zu nehmen, wie sic sind, das heißt in solchen Tagen nnd Monaten der Not alles auszuscheidcn, was nicht unbedingt erledigt wer den muß und was Anlaß zu Meinungsverschiedenheiten geben kann. Was dann übrig blcibt, das ist kein „Kri senfutter", sondern Material für eine regelrechte Ge schäftsführung im Reiche, die sich ruhig entwickeln kann. Was Dr. Stresemann mit gutem Gewissen vertreten ^ann, das wird jedem seiner Mitarbeiter nahe liegen, ^Md diese werden an ihm einen Helfer haben, ans den ffie bauen können. Es ist nicht leicht zu sagen, wer die Bildung des dienen Reichsministeriums auf die Probe stellen soll. Der Kanzler hat die Zeit gehabt, sich in die Geschäfts- kngelegeuheiten einzuarbeiten, und er wird in der i Aage sein, sich die besten Mitarbeiter anszuwählen. Tie Krobe der Leistungsfähigkeit ist etwas Besonderes, und Dei den letzten leitenden Staatsmännern war nicht im mer zn sagen, daß alle Minister die Probe bestanden haben. Der vorige Reichskanzler Dr. Cuno ist, wie er innerlich fein wird, an der Unzulänglichkeit seines Fi nanz- und Crnährungsministcrs gescheitert. - Diese beiden Posten sind auch jetzt die bedeutend sten und namentlich der Finanzminister hat mit der Währung schwere Arbeit und Verantwoniung. Diese ist bei ihm fast noch größer, wie beim Eriiährungsminister, denn von dem outen Gelbe, das er auf den Markt bringt, hängt zum wesentlichen Teil der Abban der Preise ab. Der Reichskanzler kann kein Universal genie sein, das war auch Bismarck nicht, und so wird er immer auf seine Mitarbeiter angewiesen bleiben. Nicht nur auf das Talent kommt es dabei an. sondern auf den Willen, einander zu Helten, und auf das Ver ständnis für den gen^Lnsamen Weg, der zurückgelegt ! werden soll. Und dann fort mit allen Versuchen, Hemm- i nr se und Schwierigkeiten zu schaffen, womit leider ' manche Deutsche sich nur zu gern befassen. T«amit ist viel, sehr viel gewonnen! Riesige ArdertsWgrett. Stillegmig dcr staatliche» Rnhrzcchcn. Im Ruhrgebiet wird die wirtschaftliche Lage täg lich schlimmer. In die allgemeine Katastrophe werden jetzt auch die staatlichen Zechen hineinqezogen. Der preußische Handelsmiuisier hat sich veranlaßt ge scheu, die Stillegung sämtlicher LtaatSzcchcu zn verfügen. Auch diese Maßregel ist eine Folge davon, daß die Vcr- handluugen mit dcr Besatzung «ach immer z» keinem Er gebnis geführt haben und das Reich auch dem preußischen Staatsfiskus gegenüber die Zahlung weiterer Unterstützungs- gelder ablehnt. Die Staatszechen werden nur noch Not- standsarbeitc» verrichten. Die gesamten Belegschaften der fiskalischen Schachtanlageu sind der Arbeitslosenfursorge. überwiesen worden. Bier Millionen Arbeitslose. Aber nicht nur an der Ruhr, sondern auch im ganzen deutschen Reich ist das Heer der Arbeitslosen und Kurzarbeiter ganz gewaltig angeschwollen. Halb amtlich wird darüber folgendes gemeldet: ' Die Arbeitslosigkeit hat infolge der Absperrung des rheinischen und Ruyrgebietes durch die Frauzoseu einen nie gekannten Grad erreicht. Allein in den besetzten rheini- ischen Gebieten sind zwei Millionen Arbeitslose. Rechnet man die Kurzarbeiter mit Familienangehörigen der Er- werbslosen und Kurzarbeiter hinzu, so ist hier mindestens die Hälfte der Bevölkerung von Arbeitslosigkeit betroffen. Im unbesetzten Gebiet beträgt die Zahl dcr untcrstüNten Eriverbslosen bereits über 700 000, die der unterstützten Kurzarbeiter mehr als anderthalb Millionen. Hinzu kom men noch zahlreiche Erwerbslose und Kurzarbeiter, dis nach den geltenden Bestimmungen Unterstützungen nicht erhalten können. Diese Zahlen werden ergänzt durch die Statistik dcr Arbeitersachvcrbündc. Bereits Ende September waren zehn vom Hundert ihrer Mitglieder arbeitslos, vierzig vom Hundert Kurzarbeiter. In einzelnen Verbänden erfaßte die Arbeitslosigkeit bis zu 30 vom Hundert, in anderen die Kurzarbeiter 75 vom Hundert dcr Mitglieder. < Die Lage in Bayern. Aufrechterhaltung »es bayerische» Ausnahmezustandes. Wie aus München gemeldet wird, hat sich der bayerische Ministerrat eingehend mit der Lage befaßt und ist zunächst zu folgendem Entschluß gekommen: „Tie Relchsregierung hat am S. November die vollziehende Gewalt »ud alle militärische Ge walt auf General v. Seeckt veremigt Tie beson deren Verhältnisse in Bayern erfordern. Saß der oayrrischc Ausnahmezustand unverändert fortde- steht und die gesamte vollziehende Gewalt in einer Hand znsammengcfatzt bleibt." Weiter fordert die bayerische Negierung die ge samte Bevölkerung aus, in der Verwirrung dieser Tage: das Staatswohl über alles zu stellen und die Staatsre-- gierung mit dem Generalstaatskommissar in der Festi gung dcr staatlichen Ordnung und in der Rettung de» nationalen Gedankens zum Besten unseres Deutsche» und bayerischen Vaterlandes zu unterstützen. Ludendorffs chreuwörtliche Erklärung. Die ehrenwörtliche Erklärung, die Ludendorff dem Ersten Staatsanwalt in München bei seiner Entlassung, aus der Schutzhaft abgegeben hat, lautet wörtlich: „Ich versichere gegen Ehrenwort, daß ich ohne Zu stimmung des Ersten Staatsanwalts beim Landgericht 1 irr München meinen Aufenthalt nicht wechseln werde. Ich ver sichere weiterhin gegen Ehrenwort, daß ich mich bis zur Erledigung des Strafverfahrens an keiner politischen Be rgung beteiligen werde, die den gewaltsamen Umsturz der Regierung oder des Reiches zum Ziele hat." Ehrhardt und Hitler. Ueber ihr Verhältnis zu Hitler äußert sich die Brigade Ehrhardt in nachstehender Erklärung: Von gewisser Seite werden zu den Vorgängen in Mün chen irreführende Mitteilungen in die Presse lanziert, um einen Keil zwischen die Ehrhardt-Brigade und die anderen völkischen Verbände zu treiben und dann umso sicherer die. völkische Bewegung zu vernichten. Es ist unwahr, daß die Brigade gegen Hitler Front gemacht habe und an der' Niedcrkämpfung der Nationalsozialisten Anteil habe. Die Brigade Ehrhardt hat im Gegenteil sich ganz energisch, gegen ein Vorgehen mit Waffengewalt gegen die National- wzialisteu eingesetzt und bewirkt, daß nach dem ersten un- 'eligeu Zusammenstoß weiteres Blutvergießen vermieden' wurde. Die Brigade hat sich seit ihrem Bestehen für die Verwirklichung der völkischen Ziele eingesetzt, und sie sieht auch jetzt ihre wichtigste Aufgabe darin,' alle Völkischen zu sammeln und rücksichtslos den Kampf gegen Marxismus und Weimarer Verfassung durchzuführen. Die Rhein- und Ruhrfrage. Eine energische Erklärung der Rcichsrsglerung. Das Reichskabinett hat sich eingehend mit den Verhältnissen an Rhein und Ruhr besaßt und ist dabei zu folgendem Ergebnis gelangt: Gegenüber vielfach, namentlich im Ausland verbreiteten Gerüchten, wonach mit Zustimmung dcr Rcichsrcgicrnng die Errichtung einer autono me« rheinischen Republik bcvorstehe, wird von zu ständiger Stelle erklärt, daß die Rcichsregieruug nach wie vor ans dm» LtandPnntt steht, das; für- sic jede Tiskussion über eins Berändcrnng de» staatsrechtlichen Verhältnisses vom Rheinland und Ruhrgebiet z,:m Reich attsgeschlosse» ist. Die Rcichsregiernng wird niemals einen dahingesten- den Schritt tu» und niemals eine Ermächtigung znr Ausrufung der rheinischen Republik erteile». Kür das Verhältnis der Rheinlande zu dcu Länder« wie für jede Aenderung dieses Verhältnisses kann nnr die dcntschc Reichsvcrfassung maßgebend sein.