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Dresdner Journal : 05.07.1881
- Erscheinungsdatum
- 1881-07-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188107056
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18810705
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18810705
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1881
-
Monat
1881-07
- Tag 1881-07-05
-
Monat
1881-07
-
Jahr
1881
- Titel
- Dresdner Journal : 05.07.1881
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Ämtlicher Theil. Dresden, 2. Juli. Ge. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Professor an der K. Akademie der bildenden Künste und Director der K. Sammlung der Kupferstiche und Handzeichnungen Ludwig Gruner das Ritterkreuz I. Klasse des Berdienst- orden« zu verleihen. Se. Majestät der König haben die Ernennung deS Bildhauer- Albert Wolff, Professor an der König!. Akademie der Künste zu Berlin und de- Maler- Hein« rich Gärtner au- Neustrelitz z. Z. in Berlin zu Ehrenmitgliedern der Akademie der bildenden Künste zu Dresden Allergnädigst zu genehmigen geruht. Nichtamtlicher Theil. Telegraphische Nachrichte». Cobleuz, Montag, 4. Juli, Mittags. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Dem heute Bormittag ausae- gebeuen Bulletin zufolge find daS allgemeine Be- finden Ihrer Majestät der Kaiserin, sowie die Fortschritte in der Heilung der Wunde befrie digend. Die Kaiserin soll darauf besteheu, daß der Kaiser und die Großherzogin von Baden sich künftigen Mittwoch nach der Insel Mainau be geben. Prag, Montag, 4. Juli. (Tel. d. DreSdn. Journ. ) DaS Unterrichtsministerium hat an den akademi schen Senat einen Erlaß gerichtet, in welchem der Antrag auf frühere Schließung der Lorlesangen genehmigt und der Senat zugleich aufgefordert wird, die bereit- eingeleiteten Di-ciplinaruvter- suchungen nachdrücklichst und schleunigst durchzu- führe« und über deren Ergebviß unverweilt zu berichten. Infolge einer Einladung der BertrauenSmänver der deutsch-böhmischen Abgeordneten fand gestern im S piegelsaale deS deutschen Hause- unter dem Bor- sitze vr. Tchmeykal - eine Conferrnz der deutsch- böhmischen Landtag-- und Reich-rath-abgeordneteu (vgl. unsere Prager Correspondenr unter „TageSge- schichte') Statt, zu welcher sich SO bi-7V Abgeord nete einfandeu und über welche die „Boh." Fol gende- berichtet: Die nicht erschienenen Abgeordneten hatten ihre Ab wesenheit entschuldigt und im Vorherein ihre Zu stimmung zu allen Beschlüssen ausgesprochen. Nachdem vr. Schmeykal die Versammlung begrüßt, wurde in die Berathung der vorliegenden Anträge eingegangen. Nach einer länger» DiScussion, in welcher die gewalt- thätigen Vorgänge der letzten Tage in der schärfsten Weise verdammt und auch die politischen Momente ein gehend erörtert wurden, kam der Antrag zur Abstimmung, namens der deutsch-böhmischen Abgeordneten zur Beleuch tung der Situation an das deutsche Volk in Böhmen ein Manifest zu richten. Dieser Antrag wurde ein stimmig angenommen. St. Petersburg, Montag, 4. Juli. (Tel.d. DreSdn. Journ.) Die Nachricht ausländischer Blätter, der Leiter de- Ministerium- de- Aus- wärtigen, Geh. Nath v. Gier-, «erde sich in einen länger« Urlaub begeben und Geh. Nath Baron Jomivi seine Functionen übernehmen, ist unrichtig. Die Berichte über die Ernteerwartungen liegen von den meisten Gouvernement- vor; fie lauten überau- günstig und stellen für daS ganze Neich als Gesammtergebniß eine sehr gute Erute in Aussicht. Washington, Sonntag, 3. Juli, BormittagS. (W T. B.) Die Mehrzahl der Minister, welche infolge deS gestern auf den Präsidenten Garfield verübten Attentate- (vgl. die.TageSgeschichte") die Nacht im Weißen Hause zugebracht hatten, ver ließen dasselbe erst diesen Morgen zu vorgerückter Stunde. Sie sandten aber, ehe fie sich nach Hause begaben, Drpeschen voller Beruhigung und Hoff nung nach verschiedenen Punkten ab. DaS heute Bormittag 10 Uhr auSgegebene Bulletin meldet: Präsident Garfield ist nach ruhigem Schlafe erfrischt erwacht. Die Besserung in seinem Befinden giebt der größten Hoffnung auf Wiederherstellung Naum. Washiugtou, Sonntag, 3. Juli, Nachmit- tag-. (W. T. B.) Rach dem um 12 Uhr Mit- tag- über daS Befinden deS Präsidenten Garfield au-gegebenen Bulletin schreitet dir Besserung an dauernd fort. Washington, Sonntag, 3. Juli, Abends. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Dem Abendbulletiu zu folge ist der Zustand des Präsidenten weniger günstig und unruhiger. Garfield klagt über Schmerzen im Kuß. Zwei Aerztr in New-York und Philadelphia find zur Consultatiou berufen worden. Washington, Montag, 4. Juli, früh. (Tel. d. DreSdn. Journ.) DaS heute Morgen 1 Uhr auSgegebene Bulletin über daS Befinden Gar- field'S lautet: Da der Präsident vollständiger Ruhe bedarf, beschlossen die Aerzte, vor 7 Uhr Morgens keine Untersuchung der Wunde vorzuvehmen. DreSde«, 4. Juli. Wie der Telegraph vorgestern Abend aus Washington meldete, ist auf den Präsidenten der Vereinigten Staaten von Nordamerika, Garfield, am Sonn abend Vormittag 9 Uhr eine- jener schändlichen Atten tate verübt worden, welche unserm Jahrhundert zur be- sondern Schmach gereichen. Stellen wir da» Thatsächliche, zunächst die Zeit deS Attentate- fest. Die Zeitdifferenz zwischen Dresden und Washington beträgr etwa 6^ Stunde, so daß da- Attentat nach unserer Zeit etwa um H4 Uhr Nachmittags stattgefunden hätte. Ueber den Erfolg der That deS Verbrechers giebt die Diagnose deS Dr. Bliß Auskunft, welcher constatirte, daß die Kugel zwischen der 10. und 11. Rippe recht» von der Wirbelsäule in den Körper de» Präsidenten eindrang, dann durch die unterste Partie der rechten Lunge und Leber ging und schließlich sich im vordern Theile des Unterleibes festsetzte. Die neueren Nachrichten über da» Befinden deS Hauptes der Regierung der nord amerikanischen Union lauten, nachdem man anfangs den Tod deS Präsidenten für unvermeidlich gehalten und stündlich erwartet hatte, verhältnißmäßig günstig. Nach obiger Diagnose ist jedoch die Verwundung eine derart schwere, daß eine entschiedene Wendung zur Besserung jetzt schon kaum erwartet werden darf. Der Mörder heißt Charles Jule- Guiteau und ist ein in Illinois geborener Amerikaner französischer Abkunft, welcher sich vergeblich um die Stelle eines amerikanischen Konsuls in Marseille bemühte und offenbar au- gemeiner Rachsucht da- schändliche Ver brechen beging. Früher war Guiteau Mitglied der Onaidagesellschast, dann erfolgloser Advocat in Chi cago, und er wird allseitig al- ein grundsatzloser Abenteurer bezeichnet, der nach Berühmtheit bis zum Wahnsinn strebte. Die hervorragendsten amerikanischen Journale, deren Aeußerungen der Telegraph bereits übermittelt, betrachten Guiteau als einen hirnver brannten, unordentlichen Menschen, zugehörig einer un zufriedenen republikanischen Partei, welcher durch Miß erfolge in seinen Bewerbungen um eine Stelle völlig wahn Feuilleton. Nedigirt von Otto Banck. Kunstausstellung. Ein kleines Genrebild von Eberle in München „Nach Tische' ist eine allerliebste Arbeit. Heitere Kinder spielen mit dem treuen Hausfreund, einem Hühnerhunde, der sich mit toleranter Freundlichkeit wie ein altes krankes Mütterchen ein Tuch hat um den Kopf binden lassen und jetzt den lachenden Kindern zutraulich, doch ungeduldig mahnend ob ihres Scherze» die Pfote entaegenstreckt. Der herrliche Hundekopf und der mimisch pantomimische Ausdruck des lieben Geschöpfe» sind trefflich und der Kernpunkt de» Bilde». Die kleinen übermüthigen Quäler und da» Mädchen, welche» den Tisch abdeckt, stehen in zweiter Linie, er frischen aber da» Auge durch eine sehr freundliche cor- recte Au»führung. In diesem Bildchen findet sich da» Gesunde, dem Häßlichen Abgeneigte wieder, welche» die Arbeiten Eberle'- auSzeichnet. Aus die letztere Eigen schaft hat man bei dem heutigen, dem Widerwärtigen planlos zugeneigten Realismus in der Malerei viel Gewicht zu legen. DaS fleißige München bringt auch von Melcher ein harmlose» Genrebild „Bayersche Wnih»hau»scene.' HDies Kellnerin mit dem Lostumemieder und der Riegel« ^aude, der bayersche Postillon, der bayersche Jäger, da» sind in Bezug auf Kleidung und Nationalkachten lau ter Objecte, die man durch den Pinsel fixiren soll, da sie wie alle» Eiaenthümliche au» alter Zeit vergäng lich find und künftig nur noch in der Kunst und in cutturhistorischen Sammlungen sichtbar sein werden. DaS Bild ist wohl etwas trocken gemalt, doch klar ge dacht und correct und fein mit dem Pinsel gezeichnet. „An der Hafeneinfahrt in Honfleur zur Ebbezeit" heißt ein Architekturbild von Jacque» Schenker in Dresden. Der Maler hat eine Force im plastischen, zugleich sehr farbigen Ausdruck aller Gegenstände; der Wolkenhimmel ist kühn gemalt und zugleich wahr im Luftton, der in seiner stark ausgeprägten Gewitterbil dung nichts DickeS und Trübe» hat. Au» der Alpenwelt sei auch noch von Karl Heyn in Weimar „Die Benedigergruppe' erwähnt. Im Mittel- und Vordergrund hat der Maler eine saftige Frische entfaltet, die manchen seiner Genossen zur Frage nach der technischen Behandlung, sogar, so seltsam eS klingt, nach der de» eigenthümlichen Grün», anregen dürfte. Die Gletscherferne ist dem kecken Techniker nicht wie da» klebrige deS Bildes gelungen. Diese Pattie überrascht keineswegs durch Wahrheit und Treue im Lolorit. Die Ausstellung der Aquarelle ist die- Mal min der zahlreich und erquicklich, als man erwarten sollte. Reben den drei soliden, mit sorglicher Accuratesse auS- gefühtten Blättern F.A. Schlegel'- in Dresden (von denen da» eine bereit- wegen seine» Verkauf» entfernt ist) fällt keine Arbeit entsprechend in die Augen. E« stellen jene Bilder de» wohlbekannten fleißigen Künst ler» zwei „Entenjagden' und eine Gegend „An der untern Donau' dar. Al» eine sehr wackere Leistung verdient noch von Werner Schuch in Hannover, dem Autor de» schon besprochenen „Hünengrabes', daS Genrebild „Werber au» der Zeit deS 30jährigen Kriege»' erwähnt zu sinnig wurde und persönliche Rache gegen da» Staatsober haupt brütete. Hierzu möchten wir un- jedoch die Bemerkung verstatten, daß unser human denkende» Jahrhundert gar zu schnell damit bei der Hand ist, Verbrechen durch eine gestörte psychische Thättgkeit zu entschuldigen. Eine ähnliche Entschuldigung wurde neuerding» von englischen liberalen Blättern zu Gun sten Johann Most'» vorgebracht, und treffend bemerke der konservative „Standard' au» diesem Anlaß, daß auch Wilke» Booth so lange für einen albernen Fant galt, bi» er den Präsidenten Lincoln ermordete. Auch ist e» schwerlich genügend, die That einzig und allein auf die Bosheit und Verderbtheit eines Individuums zurückzuführen. Allen Symptomen nach zu schließen, die sich in unheimlicher Weise während der letzten Zeit kundgaben, wurde die Unthal in dem Ring der Corruptionisten geplant, deren schmachvollem Treiben Garfield mit der mannhaftesten Energie entgegen getreten war. Die Ernennung eine- ehrlichen Mannes, de- Senator- von New-Jork, Robertson, zum Zoll director von New-Jork hatte der Bande der Carpett- bagger und deren unseligem Führer Conkling einen tödtlichen Stoß versetzt; sie sahen sich am Ende ihrer durch und durch corrupten Wirthschaft und hart vor der vernich tenden Verantwortung sür ihre langjährigen Räubereien. Ueber alle diese Dinge werden uns die nächsten Tage erst Auskunft bringen. Die Folgen der Unthat lassen sich noch nicht absehen. Der Mord, welchen Wilke- Booth an Abraham Lincoln beging, brachte den un glückseligen Vicepräsidenten Tielden auf den Präsiden tenstuhl und gereichte hierdurch den Vereinigten Staa ten zum schweren Unheile. Ueber den Vicepräsidenten Arthur, der jetzt bereits die RegierungSgeschäste führt und möglicherweise der Nachfolger Garfield'S wird, verlautet leider wenig Günstiges, so daß im Falle des Tode- Garfield'S der Union vielleicht eine ähnliche Periode wie nach dem Tode Lincoln's bevorstände. Bicepräsident Arthur gehört zu den Anhängern Grant'S, zu den Corruptionisten, welche durch den Sieg Garfield'S eine empfindliche Niederlage erlitten. Zu hoffen bliebe, wenn sich dieses bestätigen sollte, nur wenig für Nord amerika. Sicher aber ist eS, daß der schwer verwundete Präsident der transatlantischen Republik ein Gegenstand der allgemeinen Thnlnahme ist. „Die gesammte gebildete Welt', sagt da- Wiener „Fremdenblatt' mit Recht, „wiegt sich noch in der bangen Hoffnung, daß dieser Ehrenmann, dessen Amtsantritt der großen trauSatlan- ttschen Union eine Aera der sittlichen Emancipation und eine gründliche Abhilfe fo vieler, in da- öffentliche Leben tief eingerissener Gebrechen verhieß, dem Ver hängniß nicht erliegen werde, von dem der edle Lin coln ereilt wurde.' Als vor Kurzem der hochherzige Kaiser Alexander II. den Mordbomben der Nihilisten zum Opfer siel, machte ein Theil der Presse den russischen Absolutismus für diese Gräuel hat allein verantwortlich. Die That in Washington widerlegt diese Annahme auf da» Schla gendste. Die „Bohemia' bemerk in dieser Beziehung: „Daß auf daS schreckensvolle, nur zu erfolgreiche Attentat auf den Herrscher des größten, mit starrem Absolutismus regierten monarchischen Staat-wesen- EuropaS, den Zaren Alexander II., ein Attentat aus den erwählten Lenker deS größten und freiheitlich sten republikanischen Staatswesens der Erde ge folgt ist, das ist eine der frappirendsten Erschei nungen, welche die Weltgeschichte aufzuweisen hat.' Die Attentate auf Regenten, welche so zu sagen zu einer Signatur unserer Zeit geworden, sind eine Folge deS brutalen Egoismus und der sittlichen Verpestung. Der Abenteurer, dessen politischer Ehrgeiz oder Geld gier und Speculation-wuth nicht zum ersehnten Ziele gelangen, greift zum Revolver oder zur Mordbombe, und wenn ihm hierzu der Weg verlegt ist, sucht er die Autorität zu untergraben und die an der Spitze werden. Die beiden durchaus charakteristischen Reiter, welche auf da- arme Weib und den Mann herab blicken, die sich vor den Pflug gespannt haben, um nicht verhungern zu müssen, scheinen sich bei aller brutalen Dummheit doch ein wenig zu wundern, wie weit eS der angeblich im Namen der Religion geführte Krieg mit dem entvölkerten Vaterlande gebracht hat. Das Bild ist eine Illustration zu dem schwärzesten Capitel unserer Geschichte. O. B. Herzeu-fieg und Künstlerloh«. Novelle nach dem Leben von Alexander Olinda. (Fortsetzung.) „Mein liebe« Kind', erwiderte er, fie an sich ziehend und einen Kuß auf ihre Stirn drückend, „glauben Sie doch nicht, daß ich unser Verhältniß irgend wie als ein geschäftliche« auffasse, da« ich nur eingegangen bin, um meinen Erwerb zu vermehren. Durch eine solche Annahme würden Sie mich geradezu beleidigen. Sie sind ja in der Malerkunst bereit« so weit vorgeschritten, daß von einem eigentlichen Unterricht bei Ihnen keine Rede mehr sein kann; e« handelt sich nur darum, Ihnen noch diese und jene keinen technischen Kunstgriffe beizubttngen — eine Aufgabe, die ich mit großer Freude und Genug- thuung erfülle und die mir 'weder Ueberwindung kostet, noch von mir besondere nervenanspannende Thätigkeit erheischt. E« gewährt mir ein so große« Vergnügen, Sie in Ihrem Fache zur Meisterin zu machen, und Ihre Persönlichkit ist mir so sympa thisch, daß eigentlich jede Unterrichtsstunde, die ich Den unausgesetzten Anstrengungen der politischen Behörden, dem Massenausgebote der Sicherheitsorgane und dem nachdrücklichen Einschreiten derselben ist eS zu danken, daß in den Straßen Prag- und in der Umgebung der böhmischen Hauptstadt weitere ernste Thätlichkeiten in den letzten Tagen nicht zu beklagen waren. Nicht wenig trug zu diesem verhältnißmäßig befriedigenden Ergebnisse daS tactvolle und besonnene Betragen der deutschen Bevölkerung bei, welche den Unmuth über die ihr angethanene Unbill zu beherr schen wußte und mit dem händelsüchtigen Pöbel in keine Conflicte sich einließ. Ueber die Consequenzen der in Prag verübten Excesse liegen heute zwei gewich tige Aeußerungen des „Pester Lloyd'vor. Der erste Ar tikel, welcher die Ansicht der ungarischen Regierung wie dergeben dürste, die an dem Treiben der Tschechen gro ßes Mißfallen findet, beschäftigt sich zunächst mit dem Ministerpräsidenten Grafen Taaffe und wird von den Wiener Blättern aus preßgefetzlichen Rücksichten nicht reproducitt. Dann heißt es: „Die Biergläser, mit denen Libussa'S holde Kinder das „vernewctte'Staat-- recht in die Schädel der deutschen Studenten schreiben und die Pflastersteine, mit denen sie ihren Besuch im deutschen Theater ankündigen, sie haben eine größere Tragweite, als sich im Augenblicke ermessen läßt. .. . Die einseitige nationale Herrschaft de« SlawenthumS, was bedeutet sie? Einen der schmählichsten Rückbil- dungSprocesse, von denen Oesterreich heimgesucht wor den ist, den Kampf gegen die liberale Tradition und gegen die Continuität der civilisatorischen Arbeit, die schrittweise Demolirung der Burgen, welche die Deut schen Oesterreichs zum Schutze deS freiheitlichen Gedankens und seiner Hervorbringungen aufgerich tet haben; der einseitige Nationalismus also, von der bedenklichsten Reaction begleitet. Denn ob es gelingen wird, aus der wilden Anarchie, worin zur Stunde die Begriffe des österreichischen SlawenthumS sich b finden, einen gesunden einheit lichen Gedanken zu Gunsten solch' einer au»wättigeu Politik heraus zu krystallisiren, das ist in hohem Grade problematisch; ja wir halten es für geradezu unmög lich. Sicher dagegen ist, daß durch die fortdauernden inneren Wirren und brutalen Hetzen der Ankergrund, worin das Deutfchthum Oesterreichs haftet, schlechter dings aufgelockert werden muß, daß statt oder viel mehr neben der hinauSgravitirenden slawischen Ten denz auch daS HinauSfluthen der deutschen Elemente Platz greifen wird, und daß vermöge einer ganz natür lichen Wechselwirkung dann unbedingt unsere Bezieh ungen zum deutschen Reich, die einzigen, auf welche noch einiger Verlaß ist, inS Schwanken gerathen müssen. DaS ist daS eine Moment; daS zweite, wel ches in Betracht kommt und welches länger zu ver schweigen Thorheit wäre, ist die Thatsache, daß durch die Umprägung Oesterreichs in einen Staat mit slawischer Physiognomie, früher oder später, aber ganz unausbleiblich, das Reich der StefanSkone in seinen grundlegenden Verhältnissen angetastet werden würde... und die Studentenexcesse sind fürwahr nicht zu kein in ihrer Bedeutung, um solche Erkenntniß zu fördern, denn sie sind wichtig als Symptome deS krankhaften Processes, von welchem Oesterreich ergriffen ist. Die Jungen tragen auf den Mark und verdolmetschen in ihrer Weise, wa» die Alten in politischen Conventikeln des StaateS stehenden Männer in ihrem Ansehen zu erschüttern. Unserer Zeit ist das Bewußtsein an den göttlichen Ursprung der RegierungSgewalt tn dem Maße abhanden gekommen, als die christliche von der materialistischen Weltanschauung in den Hintergrund gedrängt wurde. Der Materialismus in seinen sittlich verheerenden, die menschliche und göttliche Autorität untergrabenden Wirkungen äußert sich in der gleichen Weise in Europa und Amerika. Ihnen ertheile, sür mich zu einem flohen Ereigniß, zu einer Freudenblume werden dürste, die ein gütiges Geschick noch rin Mal in meinen verdorrten und ver trockneten LebenSgatten aufsprießen läßt. Soll ich mich nun sür daS Glück, daS mir der Umgang mit Ihnen gewährt, noch bezahlen lasten — für eine Mühe, die in meinen Augen keine ist? DaS wäre widersinnig!' „Signor', erwiderte Theresr gerührt, „die gütigen Worte, die Sie soeben zu mir gesprochen, berechtigen mich, Sie nicht bloS als meinen Lehrer, sondern auch als meinen väterlichen Freund zu bekachten und zu verehren. Aber', setzte sie fest und entschieden hinzu, „ich kann unter keinen Umständen darein willigen, einen großen Theil Ihrer kostbaren Zeit in Anspruch zu nehmen, ohne Ihnen dafür ein Honorar zukommen zu lassen, wenn auch dasselbe mit Dem, wa» ich vou Ihnen empfange, ganz in Mlßverhältniß steht. Ich würde sonst Ihnen gegenüber beständig ein drückende» Gefühl empfinden und e» würde mir unmöglich sein, fieimüthig und ungezwungen mit Ihnen zu verkehren.' „Wissen Sie, daß Sie ein kleine» Trobköpfchen sind und daß e» Ihrer Liebenswürdigkeit durchaus keinen Abbruch thun würde, wenn Sie weniger Stolz und Eigensinn entwickelten, besonder» einem alten Mann wie mir gegenüber, der e» herzlich gut mit Ihnen meint? Doch um Sie nicht zu erzürnen, werde ich Ihnen seiner Zett eine Keine Honorarberech nung aufstellen. Sind Sie nun befriedigt?' Therese hauchte ei« leise» „Ja!' Ihr Gesicht war von einer glühenden Röthe übergossen, denn sie mußte fürchten, den Professor durch ihr schroffe» Wese« verletzt zu haben. Doch dieser breitete jetzt die Arme gegen sie au- und rief:
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