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WMö für Msbmff Tharmdt, Dsftll, Siebtnlthn md die Umgesendkn. Imtsblult für die Agl. Amtshauxtmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Lorstrentamt zu Tharandt. Erscheint wöchentlich zweimal u.zwarDienstags und Freitags. — Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mk., durch die Post bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne t Nummern 10 Pf. Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Jnsertionspreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. ' No. 15. Dienstag, den 21. Februar 1893. Bekanntmachung. Als Gutsvorsteher für den selbstständigen Gutsbezirk des Rittergutes Steinbach b. Mohorn ist am 13. dieses Monats der Besitzer dieses Rittergutes, Herr Karl Heinrich Kluge, verpflichtet worden und erledigt sich hierdurch die bisherige Ausübung dieser Funktion durch Herrn Rittergutspachter Albert Möbius. Meißen, am 15. Februar 1893. Königliche Amtshauptmannschaft. v. Airchbach. Bekanntmachung. Der diesjährige diesige Frühjahrsmarkt wird Donnerstag, den 9. und Freitag, den 19. März, abgehalten. Wilsdruff, am 18. Februar 1893. Der Stadtrat h. Ficker, Brgmstr. Holzverfteigeimng. Im Gastbausc „zur Tanne" in Tharandt sollen Dienstag, den 28. Februar dss. Js., von Vormittag Ubr an, in den Schlägen der Abtheilungen 9, 40 und 53 und im Einzelnen in den Abteilungen 1, 2, 3, 18, 19, 29 bis 37, 54 und 57 deS Tharandter Reviers aufbereitete 296 weiche Stämme, 43 weiche Klötzer, 369 harte Klötzer, 68,64 Hdt. weiche Stangen und 941 Rm. harte und weiche Brennhölzer versteigert werden. Näheres enthalten die in Schankstätten und bei den Ortsbehörden der umliegenden Ortschaften aushängenden Plakate. König!. Forstrevierverwaltung und Königl. Forstrentamt Tharandt, am 16. Februar 1893. Tagesgeschichte. Im Reichstage hat am 15. d. M. der Präsident eine Art Nothschrei ertönen lassen über die ganz ungewöhnliche und unerträgliche Verzögerung und Verschleppung der Verhandlungen. Während man früher dreizehn Sitzungen für drei Etatslesungen gebraucht habe, hätten jetzt schon elf Sitzungen über diesen Gegen stand stattgefunden und man stehe noch im Anfang der zweiten Lesung. Wenn das so weitergehe, werde man bis 1. April den Reichshaushalt nicht fertigstellen können. Diese Worte ver dienen die ernsteste Beachtung. Ebenso wie im Plenum geht eS auch in der Militärkommission. Dies ist auch der wahre Grund der andauernden Beschlußunfähigkeit des Reichstages. Was zu viel ist, das ist zu viel! Eine bedauerliche Folge dieser parlamentarischen Ueberproduklion ist auch das naturgemäße Schwinden der Theilnahme des großen Publikums an den Ver handlungen. Die wenigsten Leute haben noch Zeit und Lust, sich auf ein eingehendes Studium dieses weitschichtigen Stoffes einzulassen. Damit schwindet aber ein gutes Stück der nütz lichen Wirksamkeit der Parlamente, der Anregung und Belehrung über öffentliche Fragen für weite Volkskreise. In der Militärkommission sind am 16. d. M- alle Formulirungen für die Einführung der zweijährigen Dienstzeit abgelehnt worden. Man kann daraus schließen, daß die erste Lesung in der Kommission überhaupt ergebnißlos bleiben wird, hauptsächlich infolge des Zögerns der Centrumspartei, deren Standpunkt endgiltig zu formuliren. Der polnische Reichstags- abgeordncte von KoScielski hat sich zu einem Mitarbeiter der „Deutschen Warte" wie folgt geäußert: „Das Centrum hält mit seiner wirklichen Meinung noch zurück. Man weiß nicht, wie das Centrum im letzten Augenblick stimmen wird. Soweit diese Partei sich bis jetzt gegen die Vorlage erklärt hat, so sind nicht nur Parteipolitische, sondern vielmehr noch wahltaktische Grunde dafür maßgebend gewesen. Das Centrum fürchtet, in Suddeutschland Mandate zu verlieren, wenn cs für die Re gierungsvorlage stimmen sychx. möglich, daß in Süd ¬ deutschland d,c Siglische Volkspartei die Situation dann zu ihrem Nutzen auöbeutet. Wie weit die Ultramontancn aus Schlesien und 'Rheinpreußen denen aus Süddcutschland folgen werden, ist fraglich- Vielleicht findet eine Absplitterung des CcntrumS statt. In solchem Falle könnte man allerdings die Annahme der Vorlage für gesichert halten. — Meine (d. h. die polnische) Partei wird jedenfalls voll und ganz für die Regierungs vorlage eintretcn. Abänderungen würden wir nur insoweit zu stimmen, als die Regierung dieselben für brauchbar hält. Wir im Osten würden ja die ersten sein, die im Fall eines Krieges mit Rußland alle Gräuel desselben zu erfahren hätten. Wir werden daher immer für eine starke Wehrkraft eintreten, damit der etwaige Krieg sich nicht auf unserem Boden abspielt". Als eine empfindliche Schädigung unserer Kriegstüchtigkeit wäre es nach dem „Mil.-Wochenbl." anzusehen, wenn nach Einführung der zweijähr. Dienstzeit bei den Fußtruppen die Ersatzreservistcn in der jetzigen Fassung beibehalten werden sollten, schon aus dem Grunde, weil bei Komplettirung mit ungenügend ausgebildeten Mannschaften, wie es die Ersatzre servisten nun doch einmal sind, das Vorhandensein langge-. dientcr Leute als Rahmen von besonderer Wichtigkeit sei. Dieser Rahmen werde im allgemeinen bei einer gleichen Anzahl drei jährig Gedienter solider sein, als bei nur zweijährig Gedienten, und deshalb werde er auch einen Einschub von Ersatzreservisten f besser verdauen, wie letztere. Nach Einführung der zweijährigen! Dienstzeit bleibe deshalb nur der einzige, praktisch zum Ziele führende Ausweg übrig, die Ersatzreservisten zu vollwerthigen Soldaten zu machen, damit fielen von selbst alle Nachtheile hinweg, welche im Kriegsfälle unbedingt eine Schwächung mi litärischer Leistungsfähigkeit bedeuten müßten. Wenn die Er satzreservisten später zu Hebungen eingezogen werden, so sei das während der Ausbildung Gelernte schon zu Dreiviertheilen ver gessen, und deshalb seien die Klagen über die relativ unbe friedigenden Leistungen der zu wiederholten Uebungen einge zogenen Ersatzreservisten auch allgemein, zumal hierbei mehr verlangt werden muß, als bei der ersten Uebung, da dann die Kompagnieschule und verschiedene Zweige des Felddienstes hin zutreten. In welch störender Weise die Abkommandirung von Offizieren und Unteroffizieren für die Uebungen der Ersatz reserve auf den übrigen Dienstbeirieb der Truppe ausüben muß, liege aber auf der Hand. Es kommt hinzu, daß die Uebungen der Ersatzreserve gerade in der Periode der verhältnißmäßigen Erholung stattfinden und so das Jnstruktionspersonal auch physisch sehr bedeutend angestrengt wird. Aber selbst dieser Uebelstand würde in keiner Weise imstande sein, innerhalb der Armee das Urtheil über den Werth der Ersatzreservc irgendwie zu beeinflussen, wenn — wie schon angedeutet — die aufge- wandte Mühe und Zeit imstande wären, die Grundfehler dieser Institution, ihre ungenügende militärische Brauchbarkeit, zu be seitigen. Nach Einführung der zweijährigen Dienstzeit müßten sich aber diese Ausbildungsschwierigkeiten noch steigern, weil dann so wie so schon die ganze Kraft und die ganze Zeit des Ausbildungspersonals noch mehr in Anspruch genommen werden müsse als jetzt. War bisher auch für Deutschlgnd die Er satzreserve immerhin ein noch verwendbarer Kräftezuwachs für den Kriegsfall, so würde ihre Beibehaltung nach Einführung der zweijährigen Dienstzeit nicht allein als ..ImpsäimLntum" bedenklicher Art für den Dienstbctrieb im Frieden anzusehen sein, sondern auch als eine empfindliche Schwächung unserer Leistungsfähigkeit im Kriege. Deshalb habe auch die Mili tärvorlage aus wohlerwogenen Gründen den Grundsatz aufge stellt: die Ausbildung der Ersatzrescrvisten im heutigen Sinne kommt in Fortfall. Die Einrichtung als solche und die Uebungspfllcht bleiben bestehen, da die Nothwendigkeit vorliegt, körperlich minderwerthige Mannschaften in einigen Specialzweigen — z. B. Verwaltungsdienst und Krankendienst — in be schränktem Umfange auszubilden. Eine Infanterie, aber eine gute — in dieser Forderung aber gipfelt der angezogene Auf- fatz des „Militär-Wochenblattes". Dazu taugten die Ersatz- ! reservisten in ihrer jetzigen Gestalt aber nach Einführung der zweijährigen Dienstzeit nicht, weil sie wohl die Quantität, nicht aber die Qualität der Infanterie vermehren, Deutschland aber beides gebrauche. Eine große Versammlung zu Gunsten der Militärvorlage hat am Mittwoch Abend in Berlin stattgefunden. In der selben wurde folgende Resolution angenommen: „Die im Saale der Viktoria-Brauerei in großer Zahl versammelten verschiedenen Parteien angehörenden Bürger Berlins hatten oie Durchführung der im Reichstage eingebrachten Militärvorlage für eine politische Nothwendigkeit und ersuchen den Reichstag aufs dringendste, eine Verständigung mit den verbündeten Re- gicrmigen herbeizuführcn. Das deutsche Volk ist opferwillig und leistungsfähig genug, die erhöhten Lasten zu tragen." Aus den gehaltenen Reden ist folgendes hervorzuheben. Der erste Redner, Prof. Delbrück, erklärte, daß Sparsamkeit am un rechten Platze immer recht schädlich sei; Deutschland sei volks- wirthschaftlich stark genug, um die durch die Militärvorlage be dingten erhöhten Lasten zu tragen. Dieselben seien auch gar nicht so hoch, wie von bestimmter Seite geflissentlich in die Welt hinausgerufen wird: nur 19., Mark pro Kopf oer Be völkerung seien aufzubringen. Nunmehr nahm Generallieutenant von Boguslawski das Wort. Er wies an der Hand eines reichen Zahlenmaterials nach, welche gewaltigen Fortschritte Frankreich seit 1871 in der Vermehrung seines Kriegsmaterials gemacht habe; es habe Deutschland überflügelt, obgleich seine Bevölkerungszahl viel geringer sei. Mit Rußlands Armee könne die deutsche in numerischer Beziehung erst recht nicht konkurrieren. Die Regierung kabe mit der Einbringung der Militärvorlage nur eine Pflicht erfüllt. Darauf erhielt Geh. Rath Prof. A. Wagner das Wort. Er erklärte zunächst, daß wenn hie und da gefragt werde, warum Deutschland allein von den Dreibundsmächten die erhöhten Lasten tragen solle, doch bedacht werden müsse, daß Oesterreich-Ungarn sowohl als auch Italien viel ärmer als unter Vaterland seien. Freilich verkehrt wäre eö, wenn man bei uns immer mehr auf den weiteren Ausbau der indirekten Steuern bedacht sei, ohne stärkere Heran ziehung der direkten Steuern gehe es nicht weiter: eine solche Resolution, wie das preußische Herrenhaus vor zwei Jahren gefaßt habe, daß nämlich Einnahmen von über 100000 M. nicht stärker als 4 Prozent zur Steuer herangezogen werden sollen, halte er für unklug und für nicht patriotisch. Die Opferwilligkeit, die Opferfreudigkeit fehle in Deutschland stellen- weis bei den besitzenden Klassen noch sehr. Wir könnten uns nicht verhehlen, daß der Kampf, welchen Deutschland 1870/71 im Westen geführt habe, verschwindend klein gewesen sei gegen den, welchen es naturnothwendig im Osten zu führen habe. Für eine Nation, wie die deutsche, schicke eS sich auch nicht, ängstlich darnach zu sehen, ob der Zar einen Höflichkeitsbesuch erwidere oder nicht. Er hoffe zwar, daß Habsburg und Ho- henzollern endlich zusammenhalten werden, weil sie gemeinsame Interessen gegen den östlichen Nachbar hätten; aber besser wäre es doch, wir wären allein stark genug. In Berlin ist am Sonntag Nachmittag eine Finanz größe, Geheimrath Bleichrödcr, gestorben. Fünf Hofdamen der Kaiserin von China treffen demnächst auf dem deutschen Dampfer „Bayern" mit großem Gefolge in Genua ein, wo für sie schon im Grand Hotel des Etrangers Zimmer bestellt sind. Sie begeben sich dann nach Berlin, wo sie einen längeren Aufenthalt nehmen werden, um