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Reichenbmild, Siegmar, Neustadt und Rabenstein. 3V. Sonnabend, den 25. Juli 1S08. . . Erscheint jeden Sonnabend nachmittags. Anzeigen werden in der Expedition Meichenbrand, Nevoigtstraße 11), sowie von den Herren Friseur Weber in Reichenbrand und Kaufmann Emil Winter in Rabenstein entgegengenommen und pro Ispaltige Petitzeile mit 10 Psg. berechnet. Für Inserate größeren UmfangS und bei öfteren Wiederholungen wird entsprechender Rabatt, jedoch nur nach vorheriger Vereinbarung, bewilligt. Anzeigen-Annahme in der Expedition bis spätestens Freitags nachmittags S Uhr, bei den Annahmestellen bis nachmittags L Uhr. Bekanntmachung. Die Gemelndeverwaltungsraume bleiben wegen gründlicher Reinigung am Sonnabend, den 25. Juli 1908 für den amtlichen Verkehr geschlossen. Ravenstein, am 23. Juli 1908.' Der Gemeindevorstand. WilSdorf. Bekanntmachung. ^ Am 1. August d. I. wird der 2. Termin der diesjährigen Grundsteuer fällig und ist spätestens ^ 10. August d. I. zur Vermeidung des Mahn- bezw. Zwangsvollstreckungsverfahrens an die hiesige Ortssteuereinnahme zu bezahlen. Mit diesem Termine ist gleichzeitig ein Grundsteuerzuschlag zur Deckung des Bedarfs für den Landeskulturrat nach Höhe von 0,5 Pf. von jeder beitragspflichtigen Steuereinheit anher abzuführen. Ravenstein, am 24. Juli 1908. Der Gciiicindevorstand. WilSdorf. Bekanntmachung. Es wird hiermit bekannt gegeben, daß das Ortsgesetz der Gemeinde Ravenstein über die Umlegung der Kosten, die der Gemeinde durch Beschaffung und Herstellung des Platzkerns zwischen der fiskalischen Straße Limbach-Siegmar, der Hardtstratze und der Planstratze entstehen, von Aufsichtswegen genehmigt worden ist und von heute ab 14 Tage lang in der hiesigen Gemeindeverwaltung zu Jedermanns Einsicht öffentlich ausliegt, Ravenstein, am 23. Juli 1908. Der Gemeindevorstand. WilSdorf. Die Sparkasse zu Neustadt Telephon Nr. SS, Amt Siegmar. unter Garantie der Gemeinde verzinst Einlagen mit SVs 0/0. Für Einlagen» welche bis zum 3. eines Monats bewirkt werden, erfolgt Verzinsung für den vollen Monat. Die Sparkasse expediert täglich vormittags von 8 —12 Uhr und nachmittags von 2 — 6 Uhr, Sonnabends ununterbrochen von 8 — 3 Uhr. Bericht über die Sitzung des Gemeiiidcratcs zu Neustadt vom 17. Juli 1908. Vorsitzender: Herr Gemeindevorstand Geißler. I. Es wird Kenntnis genommen: 3) von der erfolgten Lieferung des Schlauch- und Hydrantenwagens und der übrigen zur Anschaffung beschlossenen Feuerlöschgeräte: b) vo.. der Entscheidung der Königl. Amtshauptmannschaft Chemnitz auf ein Dispensationsgesuch in Bau sachen ; c) von dem Ableben des in der Krankenstation der Vezirks- anstalt Altchemnitz untergebracht gewesenen Strumpfwirkers Herrn Lorenz und den getroffenen Maßnahmen; ch von der Rückschrift des Rates der Stadt Chemnitz auf eine diesseitige Beschwerde bezüglich der Richtigsprechung der Rechnung über die Bertha-Müller-Stiftung pro 1907/08. Zwecke,fwohl aber zu den Kosten des benötigten Verbandmaterials bis auf weiteres eine laufende jährliche Behilfe gewährt wird. 9. finden mehrere Sparkassensachen nach den Vorschlägen des Sparkaffenausschusses ihre Erledigung. die Schutzleute mit einer Abänderung genehmigt. ^ ^ II. wird ein Gesuch des hiesigen Turnvereins, die Abhaltung eines Sommerfestes betr., befürwortet und die Bedürfnisfrage zum Bier ausschank bei dieser Veranstaltung anerkannt. 12. Zu einem Baugesuche soll die erforderliche Dispensation befür wortet werden. Die Freundinnen. Original-Roman von Irene v. Hellmuth. „Ja, siehst du, irgend etwas ist da passiert! Als wir hierhcrkamen, da war mein Herr so vergnügt, so lustig und übermütig, wie ich ihn nur selten gesehen. Das hat aber nicht lange gedauert. Eines Tages kommt er heim mit einem so finsteren Gesicht, daß man sich rein hätte fürchten können: wirst den Hut in die eine, den Stock in die andere Ecke, fahrt sich durch die Haare und brummt unverständliches Zeug vor sich hin. Dann setzt er sich seufzend aufs Sofa und schreit mich an: „Wenn jemand kommt, ich bi» nicht zu Hause, hörst du? Ich bin für keinen Menschen zu sprechen!" „Ist recht, gnädiger Herr," sag' ich drauf. „Halt's Maul," schreit dann er wieder. „Ich sage dir, was ich seitdem alles gewesen bin, — in keinem Lexikon ist es zu finden! Und seit dem Tage sitzt er, guckt ins Leere und erklärt, nicht singen zu können; trotzdem wir alle Tage das halbe 2 heaterpersonal im Hause haben. Bom Theaterdiencr aufwärts bis zum Herrn In tendanten, Regisseur und wie sie alle heißen mögen, waren sic alle schon da. Herr Walter aber erklärt einfach, voll ständig heiser zu sein, obwohl es gar nicht wahr ist. Denn wenn er heiser wäre, könnte er nicht so schreien und ich hätte längst den Arzt holen müssen. Du kannst dich darauf verlassen, dahinter steckt ein Weib, ich verstehe mich auf solche Geschichten. An dem Tage, wo mein Herr so kreuz- falsch nach Hause kam, da muß etwas passiert sein, aber was? Das bring ich nicht heraus, wenn ich auch noch so sehr aufpasse. Aber so kanns nicht weiter gehen. Ich habe nicht Lust, fortwährend Blitzableiter zn sein, und wenn ichs nicht der gnädig-n Frau zu lieb täte, dann wäre ich schon lange auf und davon." Fritz machte nach den letzten Worten des Freundes einen solchen Satz, daß die Vorübergehenden ihn verwundert und kopfschüttelnd betrachteten. Offenbar glaubten sie, daß es in dem Oberstübchen des Alten nicht ganz richtig sei. „So 'ne Schlechtigkeit, so 'ne Niederträchtigkeit, das ,wsll^ich.^bnilejn.cm .FrLuleiii-Yeckcu..--dieser Zivsel^Lc- will uns Hasenfratz und Zierbalg schimpfen," räfonnierte er aufgebracht. „Aber was ist denn los, was hast du denn eigentlich?" fragte Franz, selbst aufs Höchste erstaunt über das seltsame Gebühren des Freundes. „Na, du sagtest doch eben von der gnädigen Frau? Also — der Mensch hat eine Frau und wagt es, andern nachzuschleichen? Na, mein Fräulein soll sich wundern!" Franz lachte laut auf über das Mißverständnis; dann beeilte er sich, es aufzuklären. „Aber nein, — nein, mein Herr ist ja noch so jung, er war noch nie verheiratet!" „Nun, — und die gnädige Frau?" „Das ist doch seine Mutter!" „So, so — kennst du denn die?" „Na, natürlich!" Fritz schaute sich etwas ängstlich um, ob nicht wieder so ein „Drache" wie vorhin in der Nähe sei; denn Franz fuhr eifrig fort: „Das muß ich dir in aller Eile noch schnell erzählen: Nämlich, mein Herr, der heißt gar nicht Walter; so stehts nur auf dem Theaterzettel. Ich stand bei seinen Eltern in Diensten schon seit langer Zeit. Und der Herr Hermann, was mein Herr ist, der wollte durchaus Sänger werden. Der Herr Papa aber wollte davon nichts wißen. Es kam zu argen Streitigkeiten. Der Alte glaubte, fein Sohn beziehe die Universität, derweil aber befand sich der Herr Hermann auf dem Konservatorium, wo man Musik und Gesang studiert. Wie der Alte das erfährt, ist er furchtbar wütend und erklärt, von dem ungeratenen Kind nichts mehr wissen zu wollen. Die Gnädige bekommt Krämpfe, fällt in Ohnmacht, bittet und steht für ihren Liebling, aber das hilft ihr alles nichts, es bleibt dabei, daß Hermann nicht eher wieder vor den Augen des gestrengen Vaters erscheinen darf, bis er etwas Vernünftiges gelernt hat. In ihrer Not wandte sich die gcängstigte Mutter an mich. „Franz," hat sie gesagt, „du bist allezeit ein treuer Diener gewesen, auf dich kann man sich verlassen. Also, jetzt gehst du, suchst meinen Sohn auf und bleibst bei ihm. Und von Zeit zu Zeit berichtest du mir, wie es ihm geht und wo er sich befindet. Ich muß doch wissen, was er treibt, er ist ja mein Einziger!" Die Gnädige hat zwar noch eine Tochter, aber der Hermann ist halt der Erbe und Stamm halter und war von jeher ihr Liebling. Ich konnts ihr nicht verdenken, daß sie sich um ihn gesorgt und gegrämt hat. So packte ich denn mein Bündel und seitdem bin ich bei Herrn Hermann Walter. Er korrespondiert ja auch mit seiner Mama, aber der Papa will immer noch nichts von ihm wissen, trotz der großen Erfolge, die wir zu verzeichnen haben." Es klang sehr viel Selbstbewußtsein aus den Worten des Alten. Fritz ließ sich offenbar dadurch imponieren, denn er schaute den Freund bewundernd an. Dann trennten sie sich mit dem Versprechen, sich gegenseitig zu besuchen, um alte, liebe Erinnerungen auszutauschen. — VI. Das Wetter war recht unfreundlich geworden, lieber dem Walde lagerte ein dichter Nebel, die Luft war feucht und kalt. Welke Blätter lagen haufenweise am Boden; der Wind trieb sic spielend vor sich her. „Mir scheint, Heuer kommt der Winter recht bald," meinte Fritz, der in seiner blauen Livree hinter seiner jungen Herrin saß, die wie gewöhnlich die Zügel in den Händen hielt. Sie ließ die Tiere heute ganz langsam gehen. Nach denklich schweiften ihre Blicke über die kahl gewordenen Bäume machte eine scharfe Biegung, daher kam es, daß sie jetzt erst den einsamen Fußgänger gewahrte, der dort langsam, wie in tiefe Gedanken versunken, dahinwanderte. Als das Gefährt ihn erreichte, zog er höflich grüßend den Hut. Die Insassin des Wagens nickte ihm freundlich und liebenswürdig zu. „Ah, Herr Walter, ich freue mich, Sic endlich einmal wieder zu sehen — wie geht es Ihnen? Sie waren leidend, wie ich zu meinem großen Bedauern vernahm! Ihre vielen Verehrer sind sehr betrübt darüber gewesen! Hoffentlich haben wir nun bald wieder das Vergnügen, Sie singen zu hören?" Es schien beinahe, als wäre es dem jungen Manne un angenehm, in seinen Gedanken gestört worden zu sein, denn er erwiderte nicht eben freundlich: „Wann ich wieder singen werde, weiß ich noch nicht, vorläufig leide ich noch an Heiserkeit." Er war offenbar bestrebt, aus dem Bereich des Wagens zu kommen, denn er verlangsamte seinen Schritt in auf fallender Weise. Maja hatte Mühe, die Tiere in die lang samste Gangart zu zwingen. Die junge Dame, die natürlich von ihrem getreuen Fritz über den Inhalt des Gespräches, das er mit Walters Diener geführt, genau unterrichtet worden war, lachte nach den letzten Worten des jungen Sängers so hell und übermütig auf, daß dieser ihr einen strafenden Blick zu warf. „Was stimmt Sie denn so heiter, gnädiges Fräulein?" fragte er mit gerunzelter Stirn. „Ihre Heiserkeit, Herr Walter!" Walter blickte jetzt beinahe drohend zu dem übermütigen jungen Mädchen hin. „Sie glauben wohl nicht daran?" „Nein!" gestand Maja ohne Zögern. „Fräulein Reinau? Ich muß doch bitten!" Das klang sehr gereizt. Aber je finsterer der junge Mann wurde, desto übermütiger lachte der kleine Kobold. Für einen anderen wäre dies Lachen eine wahre Heizerquickung gewesen, aber Walter ärgerte sich unbeschreiblich darüber, so daß er beinahe grob wurde. „Es ist mir ganz einerlei, was Sie glauben," sagte er, offenbar in der Absicht, die junge Dame ebenfalls zu ärgern. Sie ging jedoch nicht auf den Ton ein, sondern fuhr mit allerliebster Schelmerei fort: „Ich glaube den Grund Ihrer Heiserkeit ganz genau zu kennen und glaube auch das Mittel zu haben, dieselbe zu heilen." „Sie?" Es war weniger das kleine Wörtchen als Ton und Blick, welche verletzen sollten. Doch Maja schien das gar nicht zu merken. Die reizenden Grübchen in ihren Wangen vertieften sich, die Augen blitzten den Gegner so kampses- lustig an, als wollten sie ihn noch mehr aufrcizcn. „Also, vorläufig wird noch nicht gesungen? Hm — schade — meine Freundin und ich — wir können es kam» erwarten, bis ww Sie zu hören bekommen! Wirklich schade!" „Ihre Freundin soll sich von ihrem Verlobten etwas Vorsingen lassen," klang es grimmig.