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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.01.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-01-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188401230
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18840123
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18840123
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1884
-
Monat
1884-01
- Tag 1884-01-23
-
Monat
1884-01
-
Jahr
1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.01.1884
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Erscheint täglich jrüh S'/. Uhr. Retartisn »»d LrvrdiNr» IohanneS-asse 33. Affrecht»ntn> ter Hktacttr,: Barmutag« 10—1» Uhr. Nachmittag» 5—6 Uhr. «»» N» NX»»»« n»,«I„t«kr M-iuiirn»«, «E IN mi N«»««»» «ch, ««r»,»»t>ch »«chl «»« der für »te »Lchftkalge»»« ürsti«»1«» Inserat« «« üt« 4 Utzr Nachmitr»,«, «m»««» Kefttagen frnt dt«'/,» Uhr. 2» ßea FUialr« sbr Ias.-Aiaahmr-. vtl« klemm, UniverütLttkrahe 81. L«ni» Lüsche, Kathariaenftraße 18. v. «ur dt» '/,» Ud» Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- and Geschäftsverkehr. Auflage L81VV. Adennnncntsnrri, vienelf. 4'/, Mt. inrt. Bnngrrlod» - Akk., durch dir Bon bezogen 6 Mk. Irdr -inzelne Nummer 20 Ps. Belegexemplar 10 Ps. Gebühreu iür Lxtrabeilaae» ahne Boftdeiördrrung 30 MH «U Posidesörderung 48 Mk. Inserate «gespaltene Petitzeile 20 Pf. Gröbere Schriften laut unserem Brett. Verzeichnis. Tabellarischer ».Zifferaiatz nach höher» Taris. Leelamen unter dem tledacti«n,ürich die Lvaltzeile 50 Ps. Juierate sind sielt an die l^pveditian zu senden. — Rabatt wird nichi gegeben. Zahlung prnenuiner»i»Io oder durch Post, namnaume. ^-23. Mittwoch den 23. Januar 1884. 78. Jahrgang. Amtlicher Theil. Veklmutmachnns. Von heute ab befinden sich die Speditionen der Stadt- Steuer »Gtu«ahme^ — Einkommensteuer, Grundsteuer, Hundesteuer. Brandeast« — im Stadthause, Öbst«arkt vtr. A, tparterre, und diejenigen der Abtdetlung für BollstreökuugSsachzea ebendaselbst, L. Gtage. Leipzig. am 17. Januar 1484. Der Nattz der Stadt Leipzig. De. Tröndlin. Frenzel. Am 4. Januar lauftnden Jahre« gegen Mittag ist aus dem Roß. Platz« «der auf dem Ncge von dort nach dem Bayerischen Bahnhöfe, dezw. tm Bereiche det letzteren eine ca. IS Tennmeler breite und 12 tentimeter hohe Brieftasche «rt bronnem Juchtraleder abhauden gekammea, welche ca. 12 Dtöck Quittungen, S 1000-Mark-Scheiiie, 1 500-Mack-Echeiu. 1 lOO-Mark-Schein n»d einen am IS. Januar 1884 fötilge», von Rau in Eidrnstock acceptirte«, in Lhemnitz bei Ernst Paasch zahlbaren Wechsel über 400 -öl enthalten hat. Jeder, der über de« Verblieb dieser Brieftasche Aufschluß zu geben vermag, wird hierdurch veranlaßt, sich in der Lriminalobtheilung de» anterjeschveten Polijeianilt zu melden. Demjenigen, welcher die verlorenen Eiferten oder einen Theil derselben dem Vi-rluftirLger zurückbringt. wird von letzterem eine Belohnung, drsleheud in 12'/, de« wiedererlaugteu Wer,he«, zu- gesichert. Leipzig, am IS. Jonuar 1884. Da« Paltzetamt der Stadt Leipzig Bretichneider. N. Vekanntmachung. Mir bringe» hierdurch zur allgemeinen üenntniß, d«ß wir die Von Herrn LommerzienratN Bergmann aus d>m Areale der vor- maligen siteoinchen Beruindungtbahn in Rendn tz angelegte, dl« äußere Lauchaer Straße mit der Tonstantinftraße vervindeudc Straße mit ..Luttzerftra»«" benannt haben. Reuduitz, 18. Januar 1884. Der Gemetnderath. , Hetzer. Gruu-Sücksver-riserung. Mm» de« Unterzeichnete« Amtsgericht ioklru auf »ntraa der Schi^tttoe-, dar Airma H. ch 8. Kradttzsch in Leipzig die dieser Firma gehörigen, ln Luautkleebera gelegenen, au« Da«pfrieae«et, Oekonomie-, Wohn-, Nebengebäuden. Felo und Dieien bestehenden Grundstücke Zlol. 83, 86, 88 und 104 des Grundbuch« Nr. LN. 284, 28S. 305. 306, 226, 234. 235. 225. 230, 203. 12« und 126 n de« Flur- doch« iür Knautkleeberg nebst den dazu gehörigen Maschine» und lebenden und lodien Jnventarftückeu im Geiauimiwerlh von ca. 1SV.V0« Mart, sowie mit den vorhandenen Borriihen au» der Ziegelei und Oekonomie Sonnabend, drn 2L. Februar 1884, l l Uhr Vormittag» an Unterzeichneter GrrichiSitell« öfieurlich versteigert werden. D,e Beschreibung und Taxen der Grundstücke, Gebäude, Ma schinen und der Jnueatarstücke, sowie die B rsteigerungsbedingungen find au« den im vernau'schen Ä.isthos in kuautklreverg und an, Errichl.'brct hier auSh.ingenden Anichlägcu ersichilich. Markranstädt, den 16. J'vuar 1881. Königliche» Amtsgericht daselbst. Or. Siooig, H.-R. I. Nichtamtlicher Theil. Die Niederlage Tisza's. * Nach allen Nackrichtc», wrlche unS au« Pest vorliegen, scheint e« zweisello», dag das Ministerium TiSza den Kampf gegen den Widerstand ausgegcben hat. aus welwen der Gesetz entwurf über die Mischehen >m ungarischen Oberbaus« ge stoßen ist. DaS ist rin berenklichcS Anzeichen für die gegen wärtige ungarische Regierung, die bisher gewohnt war, aus ihren durch alle möglichen Mittel errungenen Einstuß zu Pocke» und im Wege verschiedenartiger Manöver alle ihre Absichten durckzusetzen. Da da« Ausaebcn eine« Kampfes jedenfalls kein Sieg ist, so liegt eS auf der Hand, baß daS „ngariicke Cabinet in der Misckchensrage eine Niederlage erlltten hat. Der Gegensatz zwischen der Abstimmung deS Oberhauses und der deS Abgeordnetenhauses erweist sich al« eine tief gehende Spaltung, welche zwischen den Magnaten einerseits und der Regierung, beziehungsweise der BollSvertretung andererseits hinsichtlich einer wichtigen Frage eingelreten ist. Diese Dcrsckiedenartigkeit der Auffassung und Abstimmung bat aus dein unaarisckcn Parlamente weil hinauSgegriffen. ja sie ist zu einer thatsächlichc» LandcSangclegenheit geworden, welche die öffentliche Meinung in hochgradige Aufregung versetzt. Dafür sprechen die überaus zahlreiche» Dankadressen, dir an daS Oberhaus, und die vielen Petitionen, die an beide Häuser eingelausen sind, Schriftstücke, die meiir als eine halbe Million Unterschriften tragen. Seiten» der Regierungspartei warv zwar daraus bingrwiesen, daß solchen Massenpeiilione» in der Regel wenig Werth bcizu'.ege» sei, ater bei dieser dürste wohl auch, wie bei manchen anderen, eine Ausnahme zulässig sein., zumal im vorliegenden Falle. Wie sich schon an» der Höhe der angesiibrten Zahl der Unterschriften ergiebt. wurde für die Kundgebung gegen die Miichrhenvorlage mit großem Erfolge in den eigentlichen Bolkekrciscn Ungarn- Stimmung gemacht, deren man in zwei großen Lagern, rm consessionellen und antisemitischen, von vornberein sicher sein kennle. Daraus gehl unzweifelhaft bcrvor. daß die Agitation, die sich bereits so namhafter Erfolge rühmen kann, im Falle einer abermaligen Vorlage deS in Rede siebenden Gesetz entwürfe« im Oberhaus« mit verdoppeltem Eifer für die dritte Verwerfung eintreten würde. Diese müßte die Niederlage deS Ministerium» TiSza nur verschärfen, ja überaus bedenklich gestalten, weil sich im Grunde doch nur dir Antisemiten, die erklärteste» Gegner des Ministerium», de, Sieg zuschreiben würden. In dem gegen» wirtigen Zeitpunkte, da die ReickStagSwadlen vor der Tbürr stehen, scheint aber die weitere Aufstachelung der Antisemiten geradezu al« eine ernste Gefahr. Di« Thatsache läßt sich «« ««mal nicht leugnen, daß diese Partei in Ungarn zahl reiche Anhänger besitzt, die nicht allein in numerischer Ve Ziehung sonder» auch zumal im Hinblick« auf ihr« gesellschast licke Stellung ernst genommen werden wüsten. Thatsacbe ist ferner, daß der Antisemitismus, namentlich seiten» der Unabhängigkeit-Partei. die ihn als einen werthvollen Bundes genossen betrachtet, direct und indircct eisriast unterstützt wird. Zünde er nun auch einen kräftigen Rückhalt an der conser- vativ-klerikalen Partei, so könnte da» Ergehniß der nächsten Wahlen leicht unberechenbar und der AntisemitiSmu» geradezu zu einer Katastrophe ernstester Art werden. Diese Gefahren scheinen durch da» Zuriickzieben de» Gesetzentwürfe» über die Mischehen noch keineswegs beseitigt. Doch genügen die eben angrfübrtrn Gründe, um es erklärlich zu machen, daß die ungarische Regierung sich beeilt, «inen Kampf ah;ubreck>en, besten AuSgang mindesten» zweifelhaft ist, und aus dem sie nur dann siegreich hervorgeden könnte, wenn sie die Unterstützung sritens aller Parteien im Abgeordneten- banse fände, die sich nickt allein aus die Wiederholung der schon zweimaligen Abstimmung beschränken, sondern auch da hin wirken müßte, den bedenklichen Eindruck zu beseitigen, de» die Verwerfung de» Gesetzentwurfes im Oberhause io ganz Ungarn und selbst ini Lbgcordnetenhause hervorgebracht hat. Aus eine solche nachdrückliche Unterstützung ist jedoch unter den gegenwärtigen Umständen durchaus nicht zu rechnen. Tie abiekiiende Abstimmung de» Oberbaus«- richtet sich nicht allein gegen die Regierung, sondern auck gegen ihre Anhänger im Abgeordnetenhaus«, wo die Oppositionsparteien berertS jubeln, daß sie mächtige Bundesgenossen gesunden, mit denen eS möglich sein wirk, daS in allen Oppostlionskreifea so ver haßte Cabinel TiSza zu stürzen. Da nun dieses den weiteren Kampf gegen da» Oberhaus ausgicbt. erklärt eS sich jedeniall- für geschlagen. Aber auch abgesehen von den jüngtten Vorgängen im Oberhaus« scheint die ganze politische Lage in Ungarn wenig dazu geschaffen, nm die Regierung zu einem entscheidenden Kampf gegen die stets wachsende Opposition zu ermuthigen. Wohin daS Eabinet TiSza auch blicken mag, überall er beben sich gegen dasselbe Gegner und unversöhnlich« Feinde. Tie Conservativen. die Klerikale», die UnabhäagigketlSpartei und die Masse der Antisemiten bieten alle ihre Kräfte aus. »m Herrn vo» TiSza znm Rücktritte ,n zwingen. Zu diesen für die Regierung, zumal im gegenwärtigen Augenblicke, gewiß nicht ungefährlichen Bestrebungen der OpposilionSpartrirn gesellt sich noch die ganze Untzcherheit in der inneren Lage Ungarns, die unleugbar nur eine Folge der verfehlten und gewaltsamen Politik der gegenwärtigen Regierung ist. Ihre unsinnigen MagyarisirunaSkendenzen haben die sicrenhürgisch. sächsische und dre npch viel bedenklichere kroatisch« Ve, orckpltutts herausb-'sckivoren, des Widerstande« der übrigen nichlmagva- rischcn Nationalitäten: der Slowake». Serben und Rumänen gar nicht zu gedenken. Mit einem Worte, wir können nur wiederholen, daß die Gegner dcö Ministeriums TiSza täglich in Zunahme begriffen uno eine immer drohendere Stellung aniiehmen. waS jedenfalls, früher oder später, zu einem end- gilkigen Enlscheiduiigskampse fuhren muß. Seit einigen Tagen spricht man in Pest ziemlich laut von der Bildung einer großen contervaliven Partei, die demnächst erfolge» werde, eine Nachricht, die nicht ganz »nwabrscheinlich klingt. Jedenfalls finden sich auch in Ungarn geiiug Elemente, aus denen sich eine cvnservative Partei bilden ließe, rn welcher Absicht gerade die neuesten Vorgänge im Oberhause Anlaß geneben haben dürsten. Man hatte schon die erste Niederlage der Regierung in der Mischrhensrage als eine „Revanche der Lclvbcriiiänner" be zeichnet. wobei man daraus hinaewiesen, daß nicht alle der selben ihren Frieden mit dem Ausgleiche kr« Jahre« t8S7 geichlossen haben Viele Mitglieder deS Oberhauses haben vielmehr aus ibr Recht, ihre besondere Meinung in wichtigen Fragen der inneren Politik abzugcbcn, nicht verzichtet, sondern sich, wie beispielsweise Sennyey und Gras A. Apponyi, aus drücklich Vorbehalten, ibre Stimmen in wichtigen Fällen gellend zu machen. Dieser ausdrücklichen Bedingung haben sich auch noch manche andere gewichtige Persönlichkeiten in, Lande angeschlossen, und zwar nicht allein in Magualcii- kreisen. Auch an Material zur Bildung eines conservativen PrearammS würde eS nicht fehlen, ja gerade der gegen- waitige Augenblick, beziehungsweise der entscheidende S,eg, de» das Oberbau» in der Mischehcnsraae gegen die Negierung errungen, wäre zur Feststellung eines solchen Programms gewiß nicht ungünstig. Unter solchen Umständen ist wohl mit Gewißheit zu erwarten, daß gelegentlich der nab. bevor stehenden ReichStagSwahlen auch die Conservativen mit verkoppeltem Nachdrucke in die Linie rücken werden, wie denn überhaupt Herr v. TiSza alle Ursache bat, aus die nächsten Wahlen uul großer Besorgnis zu blicken. Leipzig, 23. Januar 1884. * Der Widerball, den die Verhandlung im preußi schen Abgeordnetenhaus? über den An lragRcicbcn- sperger in der ultramontanen Presse findet, belehrt unS über den Umsaug der Ansprüche und Hvsjnungen, die im klerikalen Lager gehegt wurden und in ihren äußerste» Zielen durch die jüngsten Erklärungen deS CultuSministerS eine Ent täuschung ermbren haben. Die drohenden Redensarten deS Herrn Windthorst werden in der klerikalen Presse ausgegrifsen und noch weiter auSgesührt. „Falt ist wieder erstanden; eine neue Acra des CulturkampseS begjni t. Sollten die Thaten den Worten «ntsprechpn, dann wird dieser Tag zu den größten UnglückStogrn per preußischen Monaichie zählen", ammert da» leitend« Blatt des CcnirumS. Und waS ist ge- chehen? Der Cullusminister hat in dem einzigen Punkt, der Begnadigung derh«te»Erzbischöfe, diesich die größteMißachtung der SkaatSautorität haben zu Schulden kommen lasten, deren Rückkehr eine Demütbigiing de« Staate» oline Gleichen be deuten würde, entschiedenen Widerspruch gegen di« klerikalen Forderungen erhoben, während er gleichzeitig aus die bereit» erfolgte Begnadigung de» einen und die nabe bevorstehende deS andcre» Hinweisen konnte. Er hat ferner angcdeutet, daß die Regierung vorläufig da» Ihrige zur Milderung der Härten de« Culiurkampse» getban zu haben glaube und end lich einmal entgegenkommende Entschließungen der Curie ad« warte; er hat die Rechte der ElaaiSgesetzgebung bei der Regelung de» Verhältnisse« zwischen Staat und Kirche betont und fick geweigert, die gesammte neuere kirchenpolilische Gesetzgebung mil Stumps und Stiel aufznbeben und alS sichtbare» Zeichen diese» Entschlüsse» die drei VersaffunzS- artikel wieder herzustellen. Da« genügt im klerikalen Lager, um die zornigsten Angriffe, Ausfälle und Drohungen hervor- zurnien. Das ist der Dank für die Abhilfe der Teelsorger- noth, die gerade jetzt in weiterem Um sänge vor tick» geht, ur die Aushebung der GehaltSsperre. für die Ruckbcruftmg von abgeseyke» Bischöfen und sür andere Beweise de» Entgegen kommen« und der Friedfertigkeit, denen von klerikaler ^Eile »icklS, aber auch gar nichl» gegenüber zu stellen ist. Hätte die Curie nur den zehnten Theil der wirklichen Friedensliebe und Versöhnlichkeit gezeigt, wie die preußische Regierung, man wäre längst zu einem vollständigen lüatsächlichen Aus gleich gelangt. Weiter zu aeben i»> Entgegenkommen gegen die Curie, al» eS Herr v. Soßter gethau. wird nicht leicht ein preußischer Mimücr wagen, unv wenn Herr Winklhorst eS sich horausiiehmen zu dürfen glaubt, aus einen anderen, den Ullramonlanra genehmere» Cultusininister hinzuweisrn. so ist da« eben nur ein Beweis von der maßlosen Uebcr- debunq dieses heutzutage leider so mächtigen MauncS. Da« ist die ganze Frucht und Wirkung riner Politik, die durch fortgesetzte Zugeständnisse den Frieden herveizusühren hoffte und nicht« al« Uebrrmiith und gesteigerte Ansprüche eräugt bat. Wann werden endlich einmal dem katholischen Volke die Auge» ausgehen, wo die wahr« Ursache liegt, daß man zum Frieden Nicht gelangen kann und wer ri» Interesse bat, den .Cutturkamps" immer aus- Neue anzusachen? Nicht Ver söhnung will die klerikale Partei, sondern völlige Unter werfung und Dcmülhigung dcö GrgnerS. * Der große FestcommerS. dcnderDerein deutscher Studenten in Berlin zur Feier deS Gedenktages der Wicterausrichluiig des deutschen Kaiserreiches und zugleich zur Fe,er seine- StistungSsestcS im Wintergarten de» Central- Hotel- veranstaltet halte, trug nach der .Post" ein wahrhaft imposante» Gepräge. Eine ganz besondere Weihe erbiell der Abend durch daS Erscheinen deS FeldmarschallS Grasen Moltke, der mil unendlichem Jubel, mit Tusch und Minuten- langem studentischen Beifall empsangen wurde. Ucbcr 1500 dciilsche Jüngling« hatten sich in dem imposanten, reich mit Fab ne ii und Wappen geschmückten Saale zusainmengesunden. Ans der Tribüne, vor der die Kaisergruppe ausgestellt war. stand der Tisch der Präsidien, während an zwei langen Qucr- tafcln inmitten de» Saale- die Ehrengäste Platz genommen batte». Da. wo beide Tafeln hufeisenförmig sich vereinten, saß Gras Moltke zwischen dem General v. Strudberg. dem Generalinspeclor des militärischen Bildung-Wesen», und drm Prorcctor Professor CurtiuS. der in Vertretung de» durch seine bekannten wissenschaftliche« Abende leider verhinderten Rector-, de« Professor» Kirchhofs, «rfchienm war. Di, Stnvrnlenschast selbst hatte sich an zwölf mächtigen Lang- tafeln verlheitt. Galerie« und Estrade schmückte ein reicher Lameiistor. Kurz nach V, 9 Uhr eröffnet« der Vorsitzende de» Vereins deutscher Studenken, stuck. Zur. v. Schwerin, de» ComnurS. Ter erste Salamander galt dem sieggekröntrn Hclkenkaiser. der zweite, mit dem stuck, tfteok. Hesse eine be geisternde Ansprache schloß, dem Wachsen und Gedeihen der lculich-iiatioiialen Sache. Nach dem zweiten Allgemeinen uabm, von lautem Beifall begrüßt, Professor Wagner da» Wc.t zn einem Toaste, um dem edlen Mann, der die dculsche» Heere zum Siege geführt, den akademischen Gruß zu cnt- bicrrn. Mit stürmischer Begeisterung kam die Stukenteiischast dieser Anisorderung nach und stimmte alSdann, dem Drange der Grsühlc folgend, mit mächtiger Tonfülle da» .Deutsch land. Deutschland über AlleS" an. Erst nachdem sich Gras Mollke mehrere Male dankend verneigt hatte, legte sich der Jubel. Nach kurzem Colloquium tönte daS Crmmanto: „Llleutinm LtiicULsimnlll sür Herrn Prof. Curlius!". der daS Wort nahm, ui» mit dem Danke sür die der Hochschule dargebracktte Ovalicn den AuSbruck der Freude zu verbinden, an dem Feste lbeiliiedmen zu können. „Sie wissen, daß früher Berlin unter der sludeittisaiki« Jugend nicht in bestem Ruse stand. E» er schien lange Zeit nur als Ort. um bequem in daS Philistern»» übergehen zu können. DaS ist anders geworden, der jugend liche Geist nationaler Begeisterung hat auch hier seine vollen Schwingen cnlsaltet. Unsere Universität bat den Vorzug, der Wohnung unseres Kaiser» gegenüber zu liegen, und der Kaiser pflegt wobl den Rector, wenn dieser sich ihm vorstellt, als seinen Nachbar zu begrüßen. (Svürmischer Bcisall.) Diese Nackbarschast ist keine blo» äußerliche, sie lehrt unS, daß wir in Geist und Gemuth heranwachsen müssen zn echten Söhnen deS Vaterland««. Lassen Sie die Gefühle, die hier in beredler Weise laut geworden sind, nickt verlöschen mil dem Jubel diese» Feste«!" Mit einen, Hoch aus die deiltichc Stuvenkenschafl Berlin« schloß der Redner, dem die festliche Versammlung enthusiastisch in studentischer Weise dankte. Der Beifall brach von Neuem lo». al- der Hosprediger Slöcker die Tribüne belralk In beredten Worten mahnte er di« akademische Jugend, dir deulsche» Ideale hoch zu Hallen. ES gelte vor Allem, auch im Innern wirder wahrhaft deutsch zu werden. .Der Krieg nach außen ist nicht Alle«, der Kamps argen die verderblichen Mächte in dem eigenen Volke stellt sich ihm zur Seite. WaS die deulsche akadeniiiche Jugend heute bewegt in de» socialen Dingen — Parleipolitik ist e» mcht, sondern heilige- Mitleid mii der Noiv deS Armen, und daS pflegen Sie und Hallen Sir fest!" Als da» leuchtende Vorbild der Jugend, al« den wahren Pfleger jene« naiionale» Idealismus, der sich mil dem nationalen Realismus zu einem harmonischen Ganzen verbind«, erscheine ihm vor Allem unser schneidiger Kanzler, und ibm galt denn auch da» Hoch, mit rem Redner schloß. Kurz daraus verlirß Gras Moltke, der während der Stöcker'schen Rede dickt an di« Tribüne berangetreten war, den Commer», von Hunderten bi» zum Wage» geleitet. * Der dem rnssischenMinister Herrn v. Gier» bei seiner Rückreise über Wien daselbst zn Tdril gewordene «»»zeichnende Empfang charakteristrt auf da» Deittlichste den ungemeinen Werth, den maßgebende politische Kreise aus die Erhaltung und Befestigung intim srenudschasllicher Beziehungen zwischen Oesterreich-Ungarn und Rußland legen, wir sie ganz gleicher maßen nach ossiciöser Versicherung auch zwischen Deutschland und dem russischen Reiche bestehen. Die Art und Weise dieser Beziebnngen bringt e« mit sich. Besuche, wie sie Herr v. Gier» seinerzeit in FriedrickSrub, und gegenwärtig in Wien ab gestattet ha», al» etwa» durchaus Natürliche-, jede sen sationelle Auslegung AuSschließende« erscheinen zu lassen, sowie auch allen jenen Muthmaßungen den Boden zu rnt- zwüen. welch« den Leiter der auswartigen Politik Rußland« mit aller Gewalt zum Träger irgend einer besonderen Mission bei den mitteleuropäischen Mächten stempeln wvllen. Zu einer solchen liegt gegenwärtig nicht die mindest« Veranlassung vor. und die Wiener „MontagSrevne" bezeichnet mit vollstem Reckte da» Vorhandensein durchaus geregelter and freundschaft licher Beziehungen Deutschland» und Oesterreich-Ungarn« zu Rußland al» die Voraussetzung de» diesmaligen Besuche-, welche» Herr v. Gier- in Wien abstattet. Thatsächlich ist der Anschluß dcö St. Petersburger CabmetS an die von Berlin und Wien gepflegte politische Strömung ein so offen kundiger u»t vorbehaltloser, daß nickt die Abstattung deS Wiener Besuch« deS Herrn v. Gier«, sondern ihre Unterlassung aussällig Halle vermerkt werken müssen. Ausfällig, weil auch elbst der mißtrauischste Blick gegenwärtig aus dem ganzen weiten Gebiete der internationalen Politik nicht eine einzige Frage würde entdecken könne», bezüglich derer sich ein Gegensatz der österreichisch-ungarischen und der russischen An- chauungen construiren ließe. Vielmehr herrscht hüben wie drüben die Uederzeugung. daß allseitig«» Festhalte» an einer ausrichtigen Friedenspolitik den besonderen Interessen jeder einzelnen Macht am dienlichste» ist — uno in Viesen, Sinne commenliren denn auch alle comrelenten Politiker den Dirner Besuch de» leitenden russischen Staatsmannes. * Die Bemühungen der ultramontancn Presse, die Welt glauben zu macken, als habe sich der Kaiser von Oester reich dem Papste gegenüber geradezu schriftlich verpflichtet, nie dem Könige von Italien i» Rom einen Besuch ab zustatten — dem römischen Correspeudenten der „Germania" znsolge hätte sich diese Verpflichtung sogar aus den Kron prinzen Rudolf erstreckt — habe» bereit« vom osficivsen Wiener „Fremdcnblatt" rin entschiedene- Dementi ersadren. Es ist bemerkenSwerlh, daß nun nachträglich auch die „Nord- deutsche Allgemeine Zeitung" jenen Ausstreuungen aus« Schärfste entgegentritl. Ihre vssiciöse Erklärung lautet: Die „Germania" bringt in ihrer Nummer vo», >5. d. M. an der Spitze de« Blatte- die Nachricht, dem „Papste sei am 20. Drcember bei drm Empfange de« diplomatischen Corp» durch den österreichischen Gesandten Grasen Paar ein Schreiben de« österreichischen Kaiser« übergeben worben, worin der Monarch seine Ergebenheit gegen den heiligen Stuhl belheuert und zugleich die Versicherung geben soll, daß er an keinen Gegen- besuch im Quirinal denke! DaS kaiserliche Schreiben soll in Betreff diese» Puncte» nicht» an Elitschietenbeit zu wünschen übrig lassen und zugleich drn Beweis liefern, daß der Monarch sich sehr wohl de» Unterschiede« bewußt ist, der in dieser Be ziehung zwischen einem katholischen und protestantischen Fürsten obwallel". Mittheilungen aus Wien, au« wohlunterrichteten Kreisen, setzen un» in die Lage, zu erklären, daß die mit so absoluter Bestimmtheit gegebene Nachricht der .Germania" einfach erfunden ist. — Es ist bekannt, daß die „Germania" in derartige» Erfindungen exeellirt, aber «S ist nicht unnütz, die» gelegentlich wieder einmal an einem schlagenden Beispiel za constatiren". * In Agram scheinen die Chauvinisten die Lage voll ständig zu beherrschen. Als Beweis sür die krankhafte, über reizte Stimmung wird berichtet» daß ein Banket zu Ehren der Starcevicianer stattsand, an welchem selbst einige an gesehen« Bürger theilnahmen und bei welchem der mehrseitig ausgesprochene Wunsch: „Man möge allen Jenen, die da« arme Vaterland betrogen und verkauft haben, Nase und Ohren abschneiden und sie dann aushängen", lebhaften Beifall fand. Aus der Straße sind weitere Beleidigungen gemäßigter Abaeordneter vorgckommen; der Bürgermeister hat sich nicht besonder» mit der Entschuldigung betreff» deS Abgeordneten LonciaricS, der auk offenem Markt mit einigen 50 Eiern be worfen wurde, beeilt. Bezeichnend genug ist, daß selbst in kroatischen Kreisen der Wunsch nach abermaliger Verhängung de« Ausnahmezustandes rege wird. Die Vertagung deS Land tage- wird dem allgemeinen Scandal hossentlich vorerst wenig sten- vor der großen Oefsentlichkcit ein Ende machen. * Die in Italien durch Gesetz beschlossene und an- öffent lichen Mitteln subventionirte „Nationale BersicberungScass- sür die bei der Arbeit Verunglückten" (Las»» narionals cki a^ionrarione per gli iniottnnl ckel 1avor») wird demnächst ihre Wirksamkeit beginnen können. Die betreffenden Regle ment- sind abgesaßt, die — sebr niedrigen — Tarife sind erstellt. Bei dem Eifer, niit welchem die Angelegenheit seilen« alle Betheiligten betrieben wird, und bei der völligen Ueber- einstimniuiig in Sachen zwilchen der Regierung und der Ver waltung rer Mailänder Ersparnißcasse darf man die Er- warlung hegen, daß im Lause deS Monaks März da« nationale Institut eröffnet werden kann. Die Unfallveksicherung wird also, wie man siebt, in Italien auf einer ganz anderen Grund lage errichtet wie in Teuischland. Allerdings liegen dort die Veibältnissc in socialpolili'chrr und volkSivirlkschaslticher Be ziehung auch wesentlich anders al» bei un». * Nachdem die Franzosen ohnehin schon so merkwürdige Lehrsätze über Krieg und KriegSznnand aiifaesiellt »nd in Tunis, in Tonklii und in Madagaskar auch r»r AuSsnbrunq gebracht haben, scheinen sie jetzt auch die Grundsätze über .coiistilntionclle Regierung" durch neue ersetzen zu wo»en. Wenn man die sranzösischeu Blatter liest, so u»terl>egi es keinem Zweiicl, daß König Also»« von Spanien, weil er da» EntlassniigSgeiuch eine» mit zer'chmeiternder Mehrbeil geschlagene» Ministerium- annahm, einen ,. Slaats- streicb" begangen bat. Ei» Blatt räth den, Könige, „er solle sich sein Schulgeld sür constitutlonellcn llnlerrickl zurück- zablen lasse»", aiidere säbeln nur noch vom lk. Mai un» gräßlicher Reaktion mit obligater Ketzerverbrennung und die „Ropubliquc Franeaise" schließt ihre» Leitariikel mit dem wehklagenden Ruse: „Unqlücklicher König l Unglückliche« Spanien!" Ein einziger Trost bleibt vielen gulen Nach barn. und da» ist die Rede Castelar's. „die «anz Europa in seinen Tiefen erregt bat". Dieser Castelar ist „der brdeutendste Staatsmann Europa-". Jme» Fern» natürlich ausgenommen, er ist „der Ruhm Spanien»" und ick weiß nicht, wa» alle» noch mehr. Eanova» del Eastillo verräth die lateinischen, alle anderen so bock überragenden Rassen, aber wenn Castelar und mit ihm die Republik an« Ruber kommt, dann wird die „Polilik der Vernunft und der Freiheit" triumpbirrn und Spanien wird an« dem Zustande der deutschen Knechtschaft befreit werte»! In diesem Tone geht e» ungefähr durch dir ganze Presse und selbst die Kehricktsrage muß sich eine minder aussübttiche Behandlung gesallen lassen, damit man über den König von Spanien eine recht volle Schale bes Zorne» ergießen kann. Tie conservativen Blätter sind natürlich mit der konservativen Wendung sehr ein verstanden. aber auch einige unirr ihnen waqen nicht recht, ihrer Frende offenen Ausdruck zu geben, au« Furcht, sich den Vorwurf mangelnden Patriotismus zuzuzieben. I * Perr Paul de Cassagnac hat. wie wir heute auS- I sübrlicher melden, im Aufträge der imperialistische« Pariser > ComitLs. die sich am l t. Januar ;» dem Bcbuie versammelt
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