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ll. s. w Nr 189. 29. Jahrgang- Sonnabend, dm 16. August 1902. die „Köln i Redaction und Expedition: Bahnstrake S (nahe dem K. Amtsgericht). Lelegramm-Adresse: Anzeiger Hohenstein-Ernstthal. von Einführung der kolonialen Selbstverwaltung spricht. Viele haben nun die Eidesablage auS Unkenntnis ge leistet, viele Andere nicht, so ein Sohn von Reitz, der in Sialcote in Indien gefangen saß. Die vierte Un richtigkeit läge darin, daß Botha und andere Generale Glückwunschtelegramme zur Krönung des Königs geschickt hätten. Bennet Burleigh habe wohl auf das Wünschens- werthe solcher Telegramme hingewiesen, sie sind aber nicht gesandt worden. „Nicht aus Haß etwa", fügte Reitz hinzu, „sondern weil die Zeiten zu traurig sind, um in Freude Telegramme zu schreiben." — Der auS dem Anfang des südafrikanischen Krieges bekannte Oberst Schiel, der jetzt aus englischer Gefangen schaft nach Deutschland zurückgekehrt ist, hat am Diens tag Abend in Eilenburg in einem längeren Vortrag über seine Erlebnisse in Südafrika berichtet. In Eilen burg hat Oberst Schiel seinen früheren Compagniechef, jetzigen Oberstleutnant a. D. Kotzenberq besucht, und war von diesem veranlaßt worden, im Eilenburger Land wehrverein einen Vortrag zu hallen. Aus Bildern ist Oberst Schiel meist in Husarenuniform dargestellt, aber nicht bei der Cavallerie, sondern beim 67. Infanterie regiment hat er Anfang der 70er Jahre in Braunschweig seiner Dienstpflicht genügt. Erst später, als er 1892 im Auftrage der Transvaalregierung nach Deutschland kam, um die deutschen Heereseinrichtungen zu sstudiren, war er eine Zeit lang bei der Reitschule in Hannover, daher vielleicht die Husarenuniform. Als Leutnant hat Schiel seinen Abschied genommen und ist nach Süd afrika ausgewandert. Später in den Dienst der Trans- vaalregierung getreten, scheint er zum Obersten befördert zu sein und befehligte beim Ausbruch des Krieges einen Theil des deutschen Corps. Leider hatte er daS Un glück, schon am 21. Oktober in dem Gefecht bei Elands- laagte verwundet und mit einem Theil seiner Leute ge fangen zu werden. Bis vor Kurzem ist er in englischer Gefangenschaft auf St. Helena gewesen. In Eilenburg berichtete Oberst Schiel in einem fast dreistündigen, die Geduld der Zuhörer allerdings stark in Anspruch nehmenden, aber sehr interessanten Vortrage über seine Erfahrungen in Südafrika. Der äußeren Erscheinung Schiels merkt man die lange Gefangenschaft nicht an; seine wettergebräunte Gestalt zeigt den ehemaligen Offizier. Besonders bemerkenswerlh sind Schiels Be richte über seine Erlebnisse unter den Kaffecn. Der Kaffer, so sagte er, ist der größte Heuchler und Schau spieler. Den Missionaren zeigt er nur sein Sonnlags gesicht und sucht sich bei ihnen durch anständiges Be nehmen einzuschmcicheln. Daher die häufige Parteinahme der meist englischen Missionare für die Koffern. Gegen die viehischen Rohheiten der Kaffernhorden schützten sich die ersten holländischen Ansiedler am Cap durch das abgekürzte Verfahren der Lynchjustiz. Um nun die „armen verfolgten" Kaffern der „Willkür" der Farmer zu entziehen, begann nach der Besetzung dcS CaplandeL durch die Engländer die „Native Protection Society" der Missionare ihre Politik gegen die Holländer. Strenge Gesetze wurden gegen die Lynchjustiz erlassen, und die Farmer waren fortan gezwungen, über jeden Pferdedieb- stahl, jeden Ranb und jeden Mordanfall der Kaffern schriftlich nach Capstadt zu berichten. Die Untersuch ungen der schwerfälligen Justiz verliefen meist im Sande und die Koffern, von keiner Strafe mehr ereilt, hatten volle Freiheit, nach ihrem Beliebten zu schalten. Diese englische Politik einer mißverstandenen Humanität war eS vor Allem, die die holländischen Ansiedler veranlaßte vom Caplande nach Norden zu ziehen und sich eine neue Heimath zu suchen, wo der Engländer nichts zu befehligen hatte. Doch reclamirte die englische Regier- ung die Tlekburen auch in der Wildniß stets als englische Staatsangehörige, und dem Ochsenkorren der Aus- Wanderer folgte in der Idee der Londoner Regierung Jnsertionsgebühren: die fünfgespaltene Corpuszeile oder deren Raum für den Verbreitungsbezirk 1O Pfg., für auswärts 12 Pfg., Reclame 2S Pfg. Bei mehrmaliger Aufgabe Rabatt. Annahme der Anserate für die folgende Nummer bis Vorm. 10 Uhr. Größere Anzeigen Abends vorher erbeten. w -7- Dtt IN Schevemngencingetroffene Staatssekretär Rcttz äußerte einem Berichterstatter der „Frankfurter Zeitung" gegenüber, er für seine Person werde niemals Frieden mit England schließen, er habe außer seiner einstigen Stellung als Staatssekretär noch andere Gründe hierfür, die er nicht nennen wolle. Ec will in Holland bleiben und seine Zeit abwarten, aber vermeiden, die Anderen, welche nach Südafrika zurück wollen, zu irgend etwas zu verleiten, waS England schlimm auffassen könnte. Generalkommandant Louis Botha habe mit Recht ge sagt, wer in Südafrika wohne, müsse sich dem Gesetz fügen, sonst sei er Rebell, im Uebrigen habe man in englischen Blättern viel Lügen von Botha erzählt. Er nannte vier, auf die Botha selbst hingewiesen hat: erstens, daß Botha den Tag der Uebergabe als einen glücklichen gepriesen haben solle, zweitens, daß Botha die Wegnahme der Konstitution deö Kaplandes gutgeheißen hätte, drittens, daß er dem Volke anbefohlen hätte, den Treueid abzulegen. Im Gegentheil hätte Botha das Volk hiervon abgehalten, da der Eid im Widerspruche mit der Uebereinkunft stehe, die die Uebergabe für be siegelt erkläre, sobald der Bürger die Waffen ablcge. Man habe Botha von englischer Seite gesagt, der Unter schied sei doch kein so großer zwischen Eidabloge und Annahme des Status. Botha replizirte schlagfertig: „Warum verlangt Ihr sie also?" AuS diesen Gründen sei auch die EideSsorderung für Gefangene, die auf englische Kosten zurückgebracht werden, ungesetzlich. "Un dings spreche der Vertrag nur von Bürgern, die die Waffen niederlegen, eine Unpräcisität, die man hätte annehmen müssen, da die Engländer vor dem Friedens schlüsse die Scceptirunq des Vertrages im Wortlaut forderten und nicht die geringste Wortänderung duldeten, j Daraus erklärt sich auch die vage Fassung des h 7, der , d., s-ck. Di- zur Gründung der Schiel von seinem Viel Interessantes wußte Ob st Auffällig ist Aufenthalte im Zululande S i y immer es, daß sich der Zulu mehr als seines noch auf sewe blanke Waffe Angriff schnellen Angriffes verlaßt. PraUl ein , aber ab, so sluthen dw schwä r^ wieder zurück und werden fast w derstund - eines energischen Verfolgers. » mit mamo"-Geheul, was Oberst Sch I h nesrblaaenes .Waih geschrien" übersetzte, lauft em g s ) g Kaffernheer nach allen Seiten auseinander. hr scheinlich schilderte Oberst Schiel, wie er s-Z.i von den Engländern in Scene gesetzten „Komgstro ung" des Zuluhäuptlings Ketschwayo -^ aesckaffen hat Ketschwayo war m,t einer blechernen Kwne" die mit dem Federschmuck eines atten Damen hutes ausgefchmückt war, gekrönt worden, und eine rothe Jacke vertrat den Purpurmantel. Um dem Gegenkönig Dinizulu nun ebenfalls die äußere Wurde zu geben, mußte etwas Anderes veranstaltet werden, denn eine zweite „Krönung", zu der bereits ähnliche Requisiten beschafft waren, wäre nun eine schlechte Copie der ersten geworden. Da verfiel Schiel aus die Idee, Dinizulu zu „salben", eine Handlung, die den Kaffern aus dem alten Testament außerdem geläufig war. Während Schiel nun eine schwunghafte An sprache verlas, goß er dem „König" Dinizulu langsam eine Flasche mit Ricinusöl über sein erhabenes Haupt, eine Handlung, gegen die der „Gesalbte" allerdings zu protestiren suchte. Trotzdem aber ging dieser sonder bare Act glücklich von statten. Den Mangel an stra tegischer Initiative auf Seiten der Buren zu Beginn des Krieges erklärte Oberst Schiel mit der allzu lockeren Disciplin in dem improoisirten Milizheere. Der Posten eines Feldcornets ist ein sehr erträglicher; außer einem festen Gehalt von 300 Pfund (6000 Mark) bezieht sein Inhaber noch 5 Procent der eingehenden Beträge der von den Kaffern zu zahlenden Hüttensteuer. Dieses bedeutende Einkommen erklärt es, daß ein Feldcornet alles daran setzt, um bei der nächsten Wahl — die alle drei Jahre stattfindet — das Amt wieder zu be kommen. Und um nun seine Wähler günstig für sich zu stimmen, nimmt er es nicht allzu streng mit der Disciplin, sieht sogar über directe Gehorsamsverweiger ungen hinweg und ist in der Ertheilung von Urlaub sehr liberal. Außerdem hatte der leichte Erfolg der Buren bei dem Einfall Jamesons das Vertrauen der Buren auf die Unüberwindlichkeit ihrer Defensivstrateqie in einem geradezu verhängnißvollen Maße gesteigert. Die Fechtweise der Buren and besonders Jouberts charakterisirte Oberst Schiel sehr treffend, indem er sag e: Lieber liegen die Buren sechs Wochen um eine Position, als daß sie bei einem Angriff auch nur einen r'skiren Der erste Theil des Krieges unter den alten Führern hat diesen Satz vollauf bestätigt Ein- And schilderte Schiel den Kampf bei Elandslaagte Aff der Burenseite standen 800 Mann auf enalis^ 3000 Mann im Gefecht. Schiel mit oi'non, deutschen Corps hatte auf dem linken Flügel die °Auf- begangenen Grausamkeiten erklärte Ob7rst°Sckf7^ hat Oberst Schiel vttw^ senden Regen Schlack»,d. und ist «ährNerÄ, -an HchnsteiEnWl, MrlWMtz, GMtts, Mittelbach, Hermsdorf, Bernsbors, Langenberg, FMn^Meinsdors LleftS Blatt erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage Kasich Nachmittags. — Zu beziehen durch die Expedition und deren Austräger, sowie alle Postanstalten. Der Bezugspreis beträgt ' r « g e a q e s ch i ch t e. Deutsches Reich. - I" Besprechung der Kaiserdcpeschc betont die „Köln. Ztg " nochmals, daß eS sich in der Form wie dem Inhalte nach um eine private Kundgebung des Kaisers an den ihm nahestehenden Prinzregenten Luitpold handle; der Form nach, weil die Gegenzeichnung des verantwortlichen Ministers fehle, und dem Inhalte nach, weil der Kaiser eine amtliche Aeußerung über parlamen tarische Vorgänge entschieden anders einkleiden würde. Es sei nicht abzusehen, weshalb man dem Kaiser, der alle Regungen der Volksseele mit empfindet, und dessen lebhastes Interesse für die Kunst bekannt ist, verwehren sollte, was man jedem Staatsbürger zugesteht. — Das osficielle Organ der bayerischen Centrums- sraction, der „Bayerische Courier", benutzt daS Tele- gramm des Kaisers an den Prinzregenten zu erneuten wüthenden Ausfällen gegen das Ministerium Creilsheim und legt die schärsste Verwahrung ein gegen eine Ein mischung des Kaisers in die Anlegenheiten der Bundes staaten. Das Blatt sagt schließlich: „Mit dem Telegramm an den Prinzregenten begebe sich der Kaiser in das Gebiet Bayerns und da rufe ihm daS bayerische Volk entgegen: „Majestät, noch ist das Haus Wittelsbach innerhalb der blauweißen Grenzpsähle souverän, noch ist eS Herr im eigenen Hause". Der Kaiser hat nicht die geringste Kompetenz dasür, die bayerischeAbgeordneten- Kammer wegen ihres Verhaltens in einer rein bayerischen Angelegenheit schnöder Undankbarkeit zu zeihen und seine tie sie Entrüstung und Empörung über sie auszudrücken. Die bayerische Äbgeordneten-Kammer wird entschlossen die Selbstständigkeit des Landes wahren und da« Tele- gramm des Kaisers zurückweisen. Aber auch derdeutche Reichstag wird nicht umhin können, Stellung zu diesem Telegramm zu nehmen, denn die E°nsequenren aus dem Telegramm sind sür die Verhältnisse der Bundesstaaten zu einander überaus bedenklich".