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WHnM für Wdmff Tharandt, Uchen, Menlehn md die UmMM. Imlsölull 18SS. Dienstag, den 8. Oktober No. 11S. Inserate werden Montags, Mittwochs freitags bis spätestens Mittag- s2 Uhr angenommen. Insertionspreis sOpf. pro dreige spaltene Lorpuszeile. Erscheint wöchentlich dreimal u. zwar VieNA ! tags, Donnerstag und Sonnabends. Bezugspreis viertel), s Mk. 30 j)f., durch die Post bezogen s Mk. 55 Pf. Einzelne Nummern s0 Pf. für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrach zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt- Druck und Verlag von Martin Berger in Firma H. A. Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion H. A. Berger daselbst. Bekanntmachung. Der diesjährige" Herbstjahrmarkt wird Donnerstag, den 17. und Freitag, den 18. Oktober ds. Js. abgehalten. Wilsdruff, am 23. September 1895. Der Stadtrat h. Ficker, Brgmstr. Vie Aufgaben der nächsten Neichstagsfesfion. Obwohl bis zum muthmaßlichen Zeitpunkte des Wieder zusammentrittes des Reichstages zweifellos noch eine längere Frist vergehen wird — dem Vernehmen nach ist dessen Einbe rufung erst gegen den 28. November zu erwarten — so dürfte doch schon jetzt ein Blick auf die kommende Reichstags!esfion als angebracht erscheinen. Zunächst kann man es wohl als feststehend betrachten, daß dieselbe keine neue Auslage der in den vorher- gegangenen Sessionen in ihren Haupttheilen gescheiterten finanz- und steuerpolitischen Aktion der Reichsregierung bringen wird. Gewiß hat letztere auf die betreffenden Pläne nicht für immer verzichtet, aber die unerwartet günstige Gestaltung der Reichsein nahmen seit einer Reihe von Monaten und die den schweben den Steuer- und Finanzreformprojekten nach wie vor abgeneigte Stimmung des Reichsparlaments würden eine abermalige Ab lehnung namentlich des Finanzreformgesetzentwurfes und des Tabaksteuergesetzentwurfs ziemlich sicher voraussehen lassen. Es wird dah-r von offiziöser Seite versichert, daß von Vorlagen der gedachten Richtung dem Reichstage nur ein neues Zuckersteuer gesetz zugehen werde, dessen Einbringung sich schon im Hinblick auf die gedrückte Lage der deutschen Landwirthschaft erklären würde. Ebensowenig ist von einer neuen „Umsturz-Vorlage" oder einem neuen Ausnahme-Spezialzesetz gegen die Sozialde mokratie ernstlich die Rede, man verschließt sich in maßgebenden Regicrungskrcisen der Erkenntniß keineswegs, daß die Verhält nisse im Reichstage für ein derartiges Vorgehen fortgesetzt un günstig liegen. Dagegen harren des Reichstages in der kommenden Session andere wichtige Aufgaben, vor Allem die Berathung des bürger lichen Gesetzbuches, welches das Haupt- und Schaustück der ge lammten Tagung bilden wird. Der hochbedeutsame Entwurf ist dem Bundesrathe bereits zugegangen und glaubt man, daß er aus genannter Körperschaft etwa Ende Januar an den Reichs tag gelangen wird. Ob der umfangreiche, 2265 Paragraphen aufweisende Entwurf des bürgerlichen Gesetzbuches für das deutsche Reich in der bevorstehenden Wintertagung der Neichöbotennsch zur Verabschiedung kommt, ist allerdings noch fraglich, selbst wenn man ihn nur summarisch behandeln wollte. Man darf aber wohl erwarten, daß bei einer etwa gen Nichterledigung des Entwurfes geeignete Vorkehrungen getroffen werden, um das end liche Zustandekommen dieses hochwichtigen Werkes wenigstens in der übernächsten Reichstagssession bestimmt erwarten zu lassen. Nach früheren Andeutungen des Staatssekretärs im Reichs- justizamte stehen dem Reichstage neben dem bürgerlichen Ge setzbuche auch noch andere neue Vorlagen juristischen Charakters in Aussicht, wozu Gesetze über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Eigenthum, sowie über die einheitliche Regelung und Behandlung der Grundbücher gehören. Außerdem ist es fast zweifellos daß dem Parlamente die in voriger Session unerledigt gebliebene dreitheilige Novelle zur Gewerbeordnung und der nicht einmal zur ersten Berathung gekommene Gesetzentwurf, zur Be kämpfung des unlauteren Wettbewerbes wieder unterbreitet werden, desgleichen die wichtige Vorlage über di- Reform der Börse, die schon in der letzten Session beinahe reif zur Vorlegung im Parlamente war. Vermuthlich werden demselben im Laufe der nächsten Session ferner noch die schon längst angekündigten Ge setzentwürfe über die Ausdehnung der Unfallversicherung auf das Handwerk u. s. w., sowie über die Errichtung von Handwerker- kammern zugehen. Endlich dürfte sich der Reichstag außer den üblichen Etatsarbeiten auch mit der signalisiiten Margarine-Vor lage und schließlich abermals mit einer ganzen Reihe von Ini tiativanträgen zu beschäftigen haben, deren Zahl von Session zu Session mehr und mehr anzuschwellen scheint. Jedenfalls läßt sich schon heute sagen, daß des Reichstages auch in der kommenden Session ein ungemein stattliches Arbeitspensum wartet, dessen Erledigung erneut eine lange Tagung bis vielleicht in den Frühsommer hinein in Aussicht stellt. Tagesgeschichte. Der Kaiser hat am vorigen Freitag seinen vom besten waidmännischen Erfolg begleiteten Jagdaufenthalt in Rominten beendet und ist nach Schloß Hubertusstock übergesiedelt um daselbst noch einen zehntägigen Aufenthalt vor Antritt seiner Reise nach Elsaß-Lothringeu zu nehmen. Auf der Reise von Rominten nach Schloß Hubertuöstock war der Kaiser am Sonn abend Vormittag in Eberswalde mit der Kaiserin zusammenge troffen, von wo aus sich die Majestäten zu Wagen gemein schaftlich nach Hubertusstock begaben. Die Kaiserin wird wahr scheinlich nur einige Tage in Hubertusstock weilen und dann zunächst nach Potsdam zurückkehren. Der Kaiser gedenkt am Montag, den 14. d. M., früh 6 Uhr von Eberswalde nach Wiesbaden abzureisen und daselbst mit der Kaiserin zusammen zutreffen, worauf das erlauchte Paar nach Lothringen weiterreist. Nach dem nunmehr feststehenden Programm für die Reise des Kaiser Paares nach Elsaß-Lothringen trifft dasselbe am Nachmittag des 15. Oktober auf Schloß Urville bei Courcelles ein. Das Kaiserpaar wird dort bis zum Morgen des 18. Oktober verweilen, sodann mittelst Sonderzuges direkt bis Wörth fahren, wo die Ankunft um 11 Uhr 40 Minuten erfolgt. Nachmittags 4 Uhr fährt das Kaiserpaar nach Straßburg weiter, woselbst es gegen 5 Uhr erwartet wird. Das Kaiserpaar ver läßt Straßburg wieder am 19. Oktober nachmittags kurz nach 5 Uhr. Dasselbe nimmt im Kaiserlichen Palaste Absteigequartier. Daselbst wird auch Prinz Heinrich wohnen. Die Kaiserin Friedrich wird im SLatthalterpalais Wohnung nehmen. Seitens der Eisenbähnverwaltung sind zur Bewältigung des Verkehrs nach Wörth Sonderzüge geplant. Die zur Denkmalsenthüllung kommandirten Truppen werden schon am Tage vor der Feier in der Umgebung von Wörth Quartier nehmen. Der Reichskanzler Fürst Hohenlohe ist von seinen Besuchen in München und Stuttgart zunächst in seinem Stammschlosse Schillingsfürst eingetroffen, von wo aus er direkt nach Berlin zurückzukehren gedachte. Dem Aufenthalte des Kanzlers in den beiden süddeutschen Hauptstädten wird eine be sondere politische B.deutung zugemessen, für welche Auffassung die Unterredungen des Fürsten Hohenlohe mit dem bayerischen und dem württembergischen Ministerpräsidenten, sowie sein Empfang durch den König von Württemberg allerdings auch zu sprechen scheinen. Es heißt, daß die politischen Ergebnisse der Besuche des leitenden deutschen Staatsmannes in München und Stuttgart alsbald durch eine kräftigere Initiative der R-ichsregierung nach einer bestimmten Richtung, zum erkenn baren Ausdruck gelangen würden, und zwar vielleicht noch vor dem Zusammentritte des Reichstages. Nun, das klingt ja recht geheimnißvoll und vielversprechend' Der Reichskanzler Fürst Hohenlohe ist am Sonnabend Aben'', von Schloß Schillingsfürst kommend, wieder in Berlin eingetroffen. Die ein gewisses Aufsehen erregende Sendung des kaiserlichen Flügeladjutanten Grafen Moltke an den Czarenhof ist jetzt aufgeklärt. Graf Moltke hatte den Auftrag, dem Kaiser von Rußland neben einem Handschreiben des deutschen Kaisers ein von letzterem selbst entworfenes Gemälde zu überreichen, welches angeblich die Bedrängniß der europäischen Culturmächte durch die gelbe Raffe allegorisch darstellt. Wie weiter verlautet, bringt Adjutant Graf Moltke seinem erlauchten Souverän ein eigen händiges Antwortschreiben des Czarsn Nikolaus zurück. Der ganze Vorgang deutet demnach zum Mindesten darauf, daß die persönlichen Beziehungen zwischen den beiden mächtigen Herrschern nach wie vor ausgezeichneter Art sind. Am Sonntag ist in Breslau der diesjährige sozial demokratische Parteitag eröffnet worden. Auf seiner Tagesordnung stehen verschiedene Angelegenheiten, die unter den versammelten „Genossen" vermuthlich lebhafte Auseinander setzungen erwarten lassen. Hierher gehören namentlich der Ent wurf des sozialdemokratischen Agrarprogramms, der vielfach auf scharfen Widerspruch im sozialdemokratischen Lager stößt, sowie eine Anzahl von Berichten und Anträgen, die sich auf die Fragen der Taktik und der Organisation der sozialistischen Partei und auf verschiedene sonstige „häusliche" Angelegenheiten beziehen. Wahrscheinlich werden bierbei auch die alten Differenzen zwischen der Richtung Bebel-Liebknecht und der Richtung Vollmar wieder hervortreten, so daß man auch auf Seiten der bürgerlichen Parteien dem Verlaufe der Verhandlungen der Breslauer Ver sammlung mit Interesse entgegensetzen darf. Das neue österreichische Ministerium Badeni hielt am Freitag seine erste gemeinschaftliche Berathung unter persönlichem Vorsitze Kaiser Franz Josefs, der von den Hofjagden in Steier mark nach Wien zurückgekehrt ist, ab. Es verlautet, der ge dachte Cabinetsrath habe die Aufhebung des Prager Ausnahme zustandes beschlossen, womit das Cabinet Badeni den Czechen gegenüber zunächst eine entgegenkommende Haltung bekunden würde. Für die deutsch-liberale Partei Oesterreichs bildet dieser Beschluß zwar gewiß noch keinen Grund, die neue Regierung nun gleich mit Mißtrauen zu betrachten, aber immerhin werden die Deutschösterreicher der liberalen Richtung gut thun, die Augen offen zu halten. Die Behauptung der Wiener „Deutschen Zeitung", das Handschreiben Kaiser Franz Josephs an den Grafen Badeni anläßlich des Scheidens desselben aus dem galizischen Statthalteramte sei polnisch abgefaßt gewesen, wird von der Wiener „Presse" als unbegründet bezeichnet. Das offiziöse Blatt versichert, das kaiserliche Handschreiben sei in deutscher Sprache ergangen. Graf Badeni habe cs bei der Verlesung vor der polnischen Wählerversammlung in Krakau ins Polnische übertragen. In Paris hat am Sonnabend in wahrhaft großartiger Weise das Leichenbegängniß des berühmten Chemiker Dr. Pasteur stattgefunden, dasselbe gestaltete sich geradezu zu einer natinalen Trauerdemonflration Frankreichs. An der Ueberführung der Leiche nach der Notre-Dame-Kirche nahmen u. A. die Minister, die corporativen Behörden und zahlreiche Delegationen, auch aus dem Auslande, theil. Die das Ehrengeleit stellenden Truppen wurden vom General Saussier kommandirt. Bei der Leichenfeier m der Kirche waren auch Präsident Faure, Prinz Nicolaus von Griechenland, Großfürst Konstantin von Rußland zugegen, ebenso alle Mitglieder des diplomatischen Corps, Unter richtsminister Poinconrö hielt Namens der Regierung eine Lob rede auf den Verstorbenen. Nach Schluß der kirchlichen Feier fand die provisorische Beisetzung des Sarges in den Gewölben der Kirche statt. Ueber den Ursprung der blutigen Straßenunruhen, deren Schauplatz die türkische Hauptstadt anläßlich der Adreß Massendemo rstration der dortigen Armenier gewesen ist, liegen vorerst ziemlich widerspruchsvolle Darstellungen vor. Auf der einen Seite wird behauptet, die Schuld treffe die arme nischen Agitatoren, welche die Revolte ihrer Landsleute wohl- vorbereitet hätten, anderseits jedoch wird versichert, die türkische Regierung sei an den blutigen Vorfällen keineswegs schuldlos. Jedenfalls hat es bei diesen Straßenkämpfen an 300 Todte und Verwundete gegeben, woraus hinlänglich der Ernst der Tumulte erhellt; vorläufig herrscht in Constantinopel allerdings wieder Ruhe Die stattgehabten Unruhen haben auch einen Wechsel im türkischen Relchskanzlerposten zur Folge gehabt, der bisherige Großvezier Said Pascha ist entlassen und durch den energischen Kiamit Pascha ersetzt worden, der schon einmal, von 1885 bis 1891, Großvezier war. Welche etwaigen weiteren Folgen und Verwickelungen die ganze Affaire nach sich ziehen wird, bleibt noch abzuwarten. Meldungen aus Constantinopel bezeichnen die Vermuthung, die Großmächte würden sich ein mischen, als unzutreffend, dieselben erwarteten vielmehr von der Berufung Kiamil Paschas eine Beilegung der vorhandenen Schwierigkeiten. vaterländisches. Wilsdruff, 7. Oktober 1895. Das dritte Sommer- Abonnement-Konzert unseres Stadtmusikchores findet Donnerstag, den 10. d. M., im Saale des hiesigen S chützenhamses statt. Das Nähere über das Konzert wird in nächster Nummer ver öffentlicht werden. — Heute Morgen wurde in dem Wetzel'schen Gute in Birkenhain ein frecher Einbrecher dingfest gemacht; derselbe hatte sich in das Seitengebäude, woselbst sich die Knechtekammern befinden, eingeschlichen, drei derselben sowie eine daselbst stehende Lade mit einer Spitzhacke erbrochen und sich ca. 65 Mk. Geld und Effekten im Werthe von ca. 40 Mk. angeeignet. Der Bestohlene, welcher zufällig eine der Kammern betrat, überraschte den Dieb und ergriff denselben nach heftiger Gegenwehr. Der Dieb selbst ist vor mehreren Jahren in dem Gute bedienstet gewesen und hat Lokalkenntniß gehabt; derselbe wurde gebunden