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Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft) für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter VuÄWKL Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend ZA Llnzeigenpreis: die 8 gespaltene Naumzeile 20Apfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs- Pfennig, die 3gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgebühr 20 Reichspfennige. Vor- geschriedeneErscheinungs- tage und Platzvorschriften werden nach Möglichkeit Aernsvrecker: Amt Wrlsdruff Nr*. 6 berücksichtigt. Anzeigen annahme bis vorm.IO Uhr. — — -- > Fux die Richtigkeit der - —n -in,-,-and,-r SchriWü^e -rsaig, nur, w-nn Parw b-iN-°, Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts- gerrchrs und des ntadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. 121 — 90. Jahrgang Telegr.-Adr.: .Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Donnerstag, den 28. Mai 1931 Wachsende Spannung Der rollende Felsblock. In der griechischen Sage wird der arme Sisyphus bekanntlich mit der wenig angenehmen Tätigkeit beschäf tigt, einen Felsblock zum Gipfel emporzu- schieben und emporzudrücken, bis kurz vor der Er reichung des Zieles die ganze Geschichte wieder herunter- rollt und die Arbeit von neuem beginnen muß. Ähnliches har seit dem Zusammenbruch 1918 jede deutsche Reichs regierung zu leisten; dem Kabinett Brüning ist nun zum zweiten Male der Felsblock heruntergerollt, hat riesige Defizitlöcher in die Finanzhaushalte des Reiches, der Länder und der Gemeinden gerissen und nun geht die Sisyp Hus-Arbeit der Sanierung von neuem los. Ob es diesmal gelingen wird, den Block bis zur Spitze zu bringen . , .? Mit Spannung nicht bloß, sondern mit so großer AngstundSorge wie niemals zuvor steht das deutsche Volk den kommenden Notverordnungen ent gegen. Leider ist die Besorgnis nur allzu berechtigt. Denn viel zu groß sind die Löcher, die schnell noch immer Weiler wachsenden Fehlbeträge, als daß hier mit kleinen Maß nahmen gearbeitet werden könnte. Man glaubt auch nicht mehr daran, daß etwa Haushaltsabstriche im Betrage von 300 Millionen, wie sie im Ermächtigungsgesetz dem Ka binett Brüning als Notmaßnahmen zugestanden worden sind, allein und an sich schon genügen würden, im Reich die Fehlbeträge zu decken. Vorläufig ist zwar d as Ge tz ei m n i s dessen, was in den kommenden Notverordnun gen unserer wartet, noch recht gut behütet worden und es liegt verhüllt im Schoß einer unter allen Umstanden un freundlichen Zukunft. Aber man darf daran erinnern daß anläßlich der letzten, leider nun praktisch ergebnislos ge bliebenen Sanierung der Reichsfinanzmimster erklärt hat, sein letztes Pulver, das er aber erst nach einem etwaigen Mißglücken der wirklichen Sanierung verschießen wolle - ode?hai er sich weniger militärisch ausgedrückt? — sei die Erhöhung der Umsatzsteuer von 0,85 auf 1 v. T. Nun sind wir ja „wieder einmal so weit," beginnen wieder zu sanieren, weit eben der Felsblock heruntergerollt ist. Also . . Freilich besteht auch noch eine Art von Ver sprechen, daß unter allen Umständen eine steuerliche Mehrbelastung der längst nicht mehr tragfähigen Wirt schaft nicht erfolgen solle; nur ist dieses Versprechen schon vor mehr als sechs Monaten gegeben worden und — die „Umstände" reiten schneller als Bürgers „Leonore" auf ihrem Geisterroß. Außerdem sind ja inzwischen durch starkes Anziehen der kommunalen Steuerschraube die Lasten erheblich gewachsen, ist — „schweig still, mein Herze!" — die in scheinbar grauer Vorzeit ver heißene Steuerermäßigung in ein Rebelbild im Sturm der Wirtschafts- und Finanzkrise zerflattert. Schon mehr als nur dünne Nebelgebilde sind aber die immer stärker werdenden Wolken, die als irgendwelche Sonderbelastungen über den Beamten und höher besoldeten Ange st eilten stehen. Man sucht nach allerhand Pflästerchen, die die dort zu schlagende Wunde ein bißchen weniger schmerzhaft machen sollen, so etwa wie der Hinweis, daß die Festbeschäftigten eine Sonder belastung tragen sollten, da man den unständig oder gar nicht Beschäftigten die Lasten zu erleichtern hätte, und hat dafür auch schon den Namen einer „Beschäftigten- steuer" gefunden. Denn man will es möglichst ver meiden, den Beamten allein eine dritte Gehaltskürzung aufzuerlegen. Allerdings dürfte es auf der anderen Seite zu Abstrichen in den Haushalten vom Reich bis zur letzten Gemeinde kommen von einem Umfang, der über das bisherige „Unmöglich" wohl ziemlich schnell zur Tagesordnung übergehen wird. Aber auch die notleidenden Sozialversiche rungen sollen „saniert" werden; und dabei handelt es sich nicht etwa bloß um die unglückselige Arbeitslosen versicherung mit ihrem bergehohen Defizit, sondern auch um die Knappschafts-, die Invaliden- und teilweise auch die Unfallversicherung. Nicht ganz ohne Grund wird schon jetzt heftig gegen die angebliche Absicht der Neichsregierung protestiert hier durch Notverordnung mehr oder weniger 6^ve ' st u n g s s e n k u n g e n herbeizuführen. Wenn aber, wovon gemunkelt wird, bei der Arbeitslosenversiche- Zahlung der Rente an die Voraussetzung einer Wirklichen Zedurftigken geknüpft, dann ist aus dieser „Ver sicherung" wieder frühere Erwerbslosen„fürsorge" ge worden, weil der Rechtsanspruch allein zum Bezüge der Rente nicht ausreicht. Ob cs sonstwie noch zu Leistungs- Verkürzungen oder Reformen kommt, ist unbestimmt, aber schon jener drohende tiefe Eingriff hat die Sozial demokratie auf den Plan gerufen und diese Partei verlangt zum mindesten einen gewissen Ausgleich durch stärkere steuerliche Besitz- und Einkommensbelastung. Diel beachtet wurde ein Artikel des Reichstagspräsidenten Löbe, der jener Partei angehört; darin wird ziemlich offen einem Bruch mit dem Kanzler das Won geredet, wenn er an die Sozialversicherung in einem für die Leistungsempfänger ungünstigen Sinne rühren würde. Vorläufig aber stehen wir noch ziemlich ahnungslos da und starren nur bangend und sorgend den nächsten Notverordnungen entgegen. Das Reichskabmeü in Permanenz. Einführung einer Beschäftigtensteuer? Die Maßnahmen der angekündigten Notverordnung werden von einem Sonderausfchutz des Reichs kabinetts in Dauersitzungen beraten. Wann diese Beratungen zu Ende sind, und wann sich das Gesamt kabinett mit den Plänen beschäftigen kann, ist noch un bekannt. Es scheinen auch die Grundzüge der Notver ordnung noch nicht endgültig festzuliegen. Man glaubt jedoch, daß die Kürzung der Beamtengehälter nicht mehr im Vordergrund der Debatte steht, daß man dafür einen anderen Plan vorgenommen hat, eine Sonderbesteuerung aller Festbesoldcten, also nicht nur der Beamten, sondern auch der Angestellten. Wie weit der Kreis der Besteuerten gezogen werden soll, steht noch nicht fest. Vorerst nimmt man an, daß nur die Kreise betroffen werden, die nicht mehr unter die Arbeitslosenversicherung fallen. Der Plan ist offenbar aus den Schwierigkeiten entstanden, eine Kürzung der Veamtengehälter durchzubringen. Man hofft nun wohl, auf diesem Umwege über diese sogenannte Beschäftigtensteuer den Beamten die Kürzung annehmbar zu machen. Der Steuersatz sofl 4 bis 6 Pro zent des Einkommens betragen. Daneben'geht der Plan, die Umsatzsteuer zu erhöhen. — Der bevorstehende Parteitag der Sozialdemokratie trägt sehr viel dazu bei, die innenpolitische Spannung und Nervosität zu erhöhen. Der Reichskanzler hat am Mittwoch die Führer der SPD. empfangen, um ihre Wünsche zu hören. Aus den Berichten über den Empfang geht hervor, daß für die SPD. die Entwicklung des Brotpreises eine sehr große Rolle spielt. Die SPD.- Fllhrer wollen offenbar der Opposition auf dem Partei tage sagen können, seht, es ist uns gelungen, den Brotprcis herumerzudrücken. Und es scheint auch, daß Brüning gewillt ist, der SPD. diese Chance zu geben. Das geht aus einem Artikel der Germania hervor, in dem die Re gierung dringend gemahnt wird, der Brotpreissrage die allergrößte Aufmerksamkeit zu schenken. Diefe Sätze richten sich aber weniger an die Regierung als an die Sozialdemokratie, der gesagt werden soll: wir tun schon, was wir können, beruhigt euch. Wenn auch allgemein damit gerechnet wird, daß die jetzige SPD.-Führung aus Prof. Piccards Aufstieg in die Stratosphäre. Eine Tat, die Bewunderung verdient. Was man im September vorigen Jahres, als der belgische Professor Piccard, der von Geburt Schweizer ist, zum erstenmal einen Vorstoß in die Stratosphäre wagen wollte, ein wenig bespöttelt und bclüchcU hatte, weil der Aufsticgsversuch seines Mescubaüvns schon dicht über der Erdfläche scheiterte, das ist nun dach Wahrheit und Tatsache geworden: in den ersten Morgenstunden des 27. Mai, den man sich wird Professor Picard (rechts) mit seinem Begleiter, Ingenieur Dr. Kipfer (links) in der Gondel ihres Stratosphären-Ballons. dem Parteitage einer starken Opposition gegenüberstehen wird, so glaubt man doch, daß es ihnen mit altbewährter Taktik gelingt, dem Parteitage zum Schluß doch die ge wünschte Stimmung zu geben. Curtius erstattet Bericht. Amtlich wird milgeteilt: In der Mittwochsitzung des Reichskabinetts erstattete Reichsminister Dr. Curtius einen ausführlichen Bericht über den Verlauf und die Er gebnisse der Genfer Tagung des Völkerbundrates und des Europa-Ausschusses. Nach eingehender Aussprache stimmte das Neichskabinett den Ausführungen des Rcichsaußen- ministers zu, welchem vom Reichskanzler der Dank der Reichsregierung zum Ausdruck gebracht wurde. * ll« den mcil SanierllMOn der ReWregillW. Berlin, 27. Mai. Die Lhefkesprechungen über den neuen Eamerunaspian der Reichsregier«g haben am Mittwoch nach mittag wie vorgesehen ihren Fortgang genommen. Ein greif bares Ergebnis ist bis jetzt noch nicht erzielt worden, jo daß auch ein Termin für den- Beginn der Kabinettsberatungen hierüber noch nicht festgesetzt werden konnte. Es ist deshalb zweifelhaft gewor den, ob der Plan des Kanzlers, wonach das Saniemngspro- gramm auf jeden Fall vor seiner Abreise nach Chequers vom Reichskabinett verabschiedet werden soll, technisch innegehalten werden kann. Dis bisheriger Besprechungen zwischen dem Fi- nanWinister und dem Arbeitsmimster haben sich in den letzten Besprechungen in der Richtung eker sogenannten Beschäftigungs steuer verdichtet, die als Zuschlag zur Lohn- oder Einkommensteuer von allen Angestellten und Beamten erhoben werden soll — nach einer anderen Version von allen, die heute noch über ein selb ständiges Einkommen verfügen —, um aus ihrem Aufkommen die Mehrkosten der Arbeitsüsenversicherung und der übrigen Er- werbslofensÄrsorge zu decken. Beschlüsse sind aber auch hierüber nicht gefaßt worden, so daß also bisher weder der Personenkreis, der von der «uen Steuer erfaßt werkten soll, noch die Prozent sätze festftehen. Andere Pläne laufen auf eine Erhöhung der Beträge zur Arbeitslosenversicherung um 1 v. H. hinaus bei gleichzeitiger schärferer Ausschaltung der Saisongewerbe. Endlich find weitere Abstriche im Etat vorgesehen, deren Hohe jedoch hin ter den ursprünglichen Pläner, die auf 300 bis 500 Millionen Reichsmark gingen, Zurückbleiben dürften. merken müssen, ist der unternehmungslustige Gelehrte in Begleitung seines Assistenten Kipfer tatsächlich mit seinem Freiballon, dem größten der Welt, aufgestiegcn, und manches läßt darauf schließen, daß seine im Interesse der meteorologifchen Wissenschaft unternommene Tat diesmal gelingen könnte. Was erstrebt Piccard? Professor Piccard, dem, nach seinen eigenen Bekennt nissen, jegliche Rekordhascherei sernliegt, hat zahlreiche, zum Teil neuartige Meßinstrumente in jene Höhen, die uns bisher unerreichbar schienen, mitgenommen, um in oer Stratosphäre den Luftdruck, die Temperatur, die Feuchtigkeit und die Windrichtung zu messen — Messun gen, die für die Luftfahrten der Zukunft und vielleicht später einmal für die Weltraumfahrten, die ja eines Tages kommen werden, von großer Be deutung sein könnten. Es wird zwar darauf hingewiesen, oatz alle diese Verhältnisse schon durch zahllose Ausstiege unbemannter Registrierballone genügend erforscht seien, aber Piccards Aufstieg muß dennoch als eine Tat von höchster Bedeutung gewertet werden, und auch Deutschlands Luftsach oerständige sind voll von Bewunderung für dieses Unter nehmen, das der Schweizer mit zäher Ausdauer jahrelang vorbereitet hatte. Und es ist ja auch möglich, daß Piccard über das bisher von der meteorologischen.Wisfen- schaft Erreichte hinauskommt desürchtungcn um das Schicksal Piccards. Nur für zehn Stunden Sauerstoff. Am Mittwoch abend trieb der Ballon Piccards in der Gegend von Schongau in Bayern, und zwar in der Richtung gegen Murnau zu. Man nahm allenthalben an, daß die Balloninsasscn nicht mehr am Leben sein können, schon weil man sich nicht vorstcllen konnte, daß sie frei willig so lange Zeit in der Höhe geblieben wären. Auch war um diese Zeit der Ballon schon wesentlich länger in der Luft, als von Piccard vorgesehen war. Nur für zeh n Stunden Sau er st off war in der Kugelgondel mit genommen worden. MLÄMPiMds ill dell WM MW gelandet