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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.11.1891
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1891-11-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18911107026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1891110702
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1891110702
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1891
-
Monat
1891-11
- Tag 1891-11-07
-
Monat
1891-11
-
Jahr
1891
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I» t« Haapteppedttion oder de« im Stadt» deeirk und den Bororte« errichtete« Aus gabestellen obgeholt: vierte',jährlichst4^0, zweimaliger täglicher Zustellung in« »c .« ü.öO. Durch die Post bezogen sür , in ^ !aud und Oesterreich: vierleliädrlich >l 6.—. Direcle tägliche Nreuzbandjeudung m- Ausland: monailich ->k 9.—. Die Morgen-Ausgobe erscheint täglich '/,7Uhr, die Abend-Ausgabe Wochentags b Uhr. UrL«r1iou und LrpeLitiou: Aahaiiiirsggssr 8. Di» iklvedition ist uuunierbroche« g«. kffnet ve« früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. Filialen: VH« Llemm's Sartim. (Alfred Hatz«), Universiläl«siraf>e 1, Laut« Lasche. -oiha: . ::str. 14. Port, und Könlgsplatz 7. Druck : ich Verlag von E. Polz i» Leipzig. ^«8. Abend.Ansgabe. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Kandels- «nd Geschäftsverkehr. Insertion-Preis NRoraen-Autaab«: di» 6gespalte»e Petit« »eil« 30-H, Reklamen unter dem Redaktion«» strich (4 gespalten» SO^Z, vor den FanMeo- nachrichien <«; gespalten) 40-L. Abend-Auagabe: die 6qespaltene Peritzeile 40 Reklamen unter dein Nedaktir»,«strich <4gejpalten) 1 Fainiliciiiiachrichlen und Anzeigen verlorener Gegenstände «6gespalten! 30 ^ Ärostere Schriften laut nnsereu, Preis- verzkicharg. Tabellar,icher und Zissernsatz nach höherem Taus. Srtra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ovne Poslbeiörderung » 60.—, mit Postbeförderung ^ 70.—. Ännahmkschluß für Inserate: Abend-AuSgabe: Vormittag« lO Uhr. Morgen-Ausgabe: Naciuniilag« 4 Uhr. Sonn- und Festtag« friih 9 Uhr. Lei den Filiale» und Annabmestelleli >» ein« dalbe Stunde fruber. Inserate sind siet« a» die Srpedttiar» zn richten. ,— TonnabenH den 7. November 1891 85. Jahrgang. Zur gefälligen Lenchtung. Ilusere Eipedition ist morgen Sonntag, den 8. November, Bormittags nnr bis N Uhr > cössuer. I.xi»o(Uti(»n dos I.elp/.iron ^r»rrel»I.»tto>. Die Wissenschaft und die Zocialdemokratie. ^ Man kann täglich dic Erscheinung beobachten, welchen Einfluß Schlagwörter auSüben, insbesondere auf Diejenigen, welche von ihrem Inhalt, ihrer Tragweite nichts versieben. Zu diesen viel geniißbrauchien Schlagwörtern gehören die Ausdrücke: „Wisscnschast, wissenschaftliche Untersuchung", denen dvir insbesondere in den Reden des Grcßkopbta Liebknecht, des IKtlic. ilpächter« der socialdemokratisckcn Wissenschaft, immer »vicdcr begegnen. Ter „Genosse" gewöhnlichen Schlages füblt «sich schon gehoben, wenn er auS dessen Munde vernimmt: R,daS svcialdcmvkratische Programm sei auf streng wisscnsck>,ft- Richen Grundsätzen ausgebaut, gehe von wissenschaftlich un»n- mastbaren Voraussetzungen auS, die mit zwingender Logik zu wem politischen lind sociale» ZukunflSprogramm der Partei lhiufiihrten". Zunächst möchte» wir Herrn Liebknecht daran prümern, daß aus socialem und wirtbschastlichem Gebiet die Leuchte der Wissenschaft bis jetzt daS vor un« liegende Dunkel mebr angezcigt als erhellt hat, und daß alle Ihatsächlichen Forischriitc ans diesen Gebieten nicht wissenschaftlichen oder theoretischen Programmen, sondern, Sckritt vor Schritt, dem in dcr Menschheit mit unbewußter Gewalt fortschreitenden HumanitätSgedankrn entsprungen sind. Gerade Herr Liebknecht sollte sehr bescheiden von der autoritativen Bedeutung sogenannter wissenschaftlicher For schung sprechen, wenn er sich daran erinnert, wie er »och vor wenigen Jabren auf da« nun von ibm selbst in die Rumpel kammer verwiesene „wissenschaftliche" Programm Laffalle'S schwur, und ivelchcS vernichtende Urtheil, ebenfalls vom soge nannten „wissenschaftlichen" Standpunct aus, der Propbet der Partei, Karl Marz, über das letzte Programm der deutschen Socialdemokrateu aussprach, ja vielleicht über daS in Ersurt entworfene wiederum auSsprechen wird. Die Zukunft der Gesellschaft wird sich nach eigenen Ge setzen entwickeln; die elementaren Mächte, welche die Geschicke der Menschheit leiten, werden ihre Gestaltung berbeisühren und beherrschen, nicht dünkelhafte Parteiprogramme. Damit soll gewiß der wissenschaftlichen Forschung ihre Bedeutung für die Fortentwicklung des Menschengeschlecht« und der diese Fortentwicklung tragenden Formen und Organisatioen nicht abgesprochcn, dic Zukunft nicht dem blinden Walten eine- unabwendbaren Geschicks überlassen werde». Nein, die Wissen schaft soll die Praxi« unterstützen und Schritt für Schritt den idealen Zielen sich nähern, welche keiner programmmäßigen Präcisirung bedürfen, welche in der Brust jede« denkenden und fühlenden Menschen leben, welche längst ihren höchsten Ausdruck in der Religion der Liebe gefunden haben, diesem höchsten, ewigen Program der Zukunft. Wie weil sich aber auch die theoretische Forschung in die sociale Zukunft hiocinwagen will, immerbin wird sie nur kann Bedeutung oeanspruchen können, wenn sie, von logisch begründeten Voraussetzungen ausgehend, zu Zielen gelangt, welche mit unumstößlichen, die Menschheit beherrschenden Ge setzen nicht in unlöslichem Widerspruch stehen. Zwischen unhaltbaren Anfang«- und Endpunctcn kann die Wissenschaft leine gaugbare Brücke bauen und der Jrrthum wird nicht zur Wahrheit, wenn er sich auch in das Gewand wisscn- jchaftlicher Methodik hüllt. Der Grundirrthum der socialdemokratischen „Wissenschaft, lichen Forschung" führt sich aus ibre Verleugnung der ge schichtlichen Entwickelung des socialen Gedankens zurück. Für sie beginnt die Geschichte der „socialen Wissenschaft" erst mit der Geschichte ihrer Verirrungen, mit der Entstehung und Fortbildung von Wadngcbilden der Zukunft in den Köpfen von Phantasten. Nein, der sociale Gedanke ist älter. Er lebt in der Menschheit seit sie aus dem ursprünglich thierischcn Znstaud durch die Sprache zu einer Gesammtheit denkender Wesen hcranwuch«. Der krasse Egoismus des Einzelnen wurde immer mehr gebändigt durch dic natürlichen Triebe, wclche die Menschen aneinander ketten, und diese« Gefühl ward verfeinert und auSgrbildet durch die wachsende Ver nunft, welche die Gesammtheit als eine Förderin des Glück« des Einzelnen erkennen lehrt. So entstanvrn erst die Familie und dann eine gesellschaftliche Ordnung, welche schon von den ersten Anfängen an die Pflichten des Einzelnen gegen die Gesammtheit unv gegen die Nrbenmenschen, unter gleich- z.siger Enlwickluog de« religiösen Gedanken«, zu ordnen begann. Und wie im Staat immer mehr die rohe Gewalt und Uederniacht der Einzelnen gesetzlicher Ordnung gewichen ist, bis diese in unserem Jahrhundert in dem Rechtsstaat und in der Gleichheit vor dem Gesetz den formalen Höhe- vunct ihrer Entwicklung erreicht hat, so drang der sociale Gedanke, als mitgestaltender Factor, immer tiefer in das Lclcn der Menschheit ein, insbesondere seit ihm da« Eb> islenlhum die Bahnen öffnete und die letzten Ziele zeigte. Die formale, wissenschaftliche Behandlung der socialen Fragen mag ein Kind unserer Zeit sein; aber sie entbehrt LeS Fundament-, wenn sic die Geschichte des socialen Ge danken« nicht bi« in die Urzeit zurück verfolgt, damit wir lernen die ungedeure Summe de« bereit« Erreichten zu würdigen ES ist ein verbängnißvoller Irrtbum, zu glauben, daß die Menschheit in dem großen Gang ihrer Entwicklung absolut neue Wege ciuzuschlagen vermöchtc; die Wege, welche uns au» der Vcrgangenkeit in die Gegenwart sühnen, sind »nd bleiben dieselben, welche un« auch in die Zulunst binein- gelcilen werden. Die »n ihrem innersten Wesen unbeugsame ulciijchllche Natur ist und bleibt in letzter Instanz unser« einzig« Führrria; Wege und Ziele, welche eine andere Sorte von Menschen zur Voraussetzung nehmen, al« unser Planet beberbergt, sind Pbantastegebilde, keine Gegenstände wissen schaftlicher Forschung. Leipzig, 7. November. * Der DundcSratb erthcilte in der am 5. d. M. unter dem Vorsitz teS Vicepräsitcntcn des StaalSniinistcriumS, TtaalSsecretairS de« Innern Dr. v. Bo etlicher abgcbaltenen Plenarsitzung dem Enlwurf eines Gesetzes über die Eontrvle des RcichSbauSbaliS und deS LandeSbauSstaltS von Elsaß- Volbringen sür daS EtatSjabr >891/92, dem Anträge deS Reichskanzlers, betreffend die Abänderung de« Formulars zu den Schlssscertisicaten, und dem Entwurf eine« Gesetzes, be treffend die VereinSthaler österreichischen GeprägcS, die Zu stimmung. Die von den Actionairen der Frantsurter Bank beschlossene Abänderung deS Statuts der Frankfurter Bank genehmigte die Versammlung, sie erklärte sich weiter mit der in Antrag gebrachten Errichtung eines zweiten Schiedsgerichts der BcrusSqcnossenschaft sür die Unfallver sicherung der land- und forstwirthschaftlichen Arbeiter dcS Großherzoglhums Mecklenburg-Schwerin, sowie mit der probe weisen Einsübruna eines neuen Papiers für die bei der Invaliditäts- »ndAltersversicherung zu verwendendeOuittunzS- kartc cinversiantcn und beschloß, dem InnungSvcrbandc „Bund deutscher Schnciberinnungen" auf sein Gesuch in Gemäßheit dcS H I04K der Gewerbeordnung dic Fädigkeit beizulrgen, unter seinem Namen Rechte, insbesondere Eigen- tbum und andere dingliche Rechte an Grundstücken zu er werben, Verbindlichkeiten einzugehcn, vor Gericht zu klage» und verklagt zu werden. Sodann wurde über mehrere Ein gaben in Zoll- und Slcueraiigclegenbcitcn Beschluß gefaßt. Wegen Wieverbeseynng einer erledigten NathSsielle beim Reichsgericht wird dem Kaiser ein Vorschlag unterbreitet werden. * Der Gesetzentwurf, betreffend die Bestrafung deS Sclavenhandel«, mit dessen erster Berathung der Reichstag seine Thätigkeit wieder ausnimmt, ist demselben bereit- >n> Juli wäbrend der Vertagung rugeaangcn. Er entbält lediglich eine Ergänzung teS Strafgesetzbuches, welches in den auf den Sclavenhandel verwendbaren Be stimmungen naturgemäß äußerst ungenügend ist. Die Eolonialfrage kommt hierbei kaum in Betracht und der Gesetzentwurf wird wohl keinerlei Schwierigkeiten machen. Voraussichtlich wird er aber doch in eine Eommissiou ver wiese« werden. * Die Frage der Immunität der Reichstags» abgcordnctcn wäbrend langer Vertagungen wird wird alsbald nach Eröffnung der Sitzungen von socialdemo- kratiscker Seite durch eine Interpellation im Reichstag zur Erörterung gebracht worden. Der Reichstag bat sich zwar wiederholt, und in der letzten Tagungsperiode fast einstimmig, sür das Fortbestehen der Immunität erklärt. Es ist aber sehr zweifelhaft, ob er bei genauerer Erwägung an diesem Standpunct fcstbalten wird ; selbst aus dculschsrcisinniger Seite steht man der Angelegenheit sehr kübl gegenüber. Aber auch wenn der Reichstag sich noch einmal in demselben Sinne wie früher an-sprcchen sollte, so ist doch, wie uns versichert wird, gar nicht daran zu denken, daß auch der BundeSrath sich dieser Ansicht anschließen und einer Verfassungsänderung, welche die fortdauernde Immunität bestimmt ausspricht, zu- stiinnien werde. Wie sich diese Verwicklung lösen wird, fall« nicht der Reichstag seinen früher eingenommenen Standpunct ausgicbt, ist noch nicht abzusehe». * Wie uns ein Privattelegramm au« Berlin meldet, ist die Blättcrmeldiing, daß Fürst Bismarck den Auftrag ge geben baben, sür ihn in Berlin eine Wohnung zu mictbcn, durchaus unwahr. Es sei noch völlig ungewiß, ob Fürst Bismarck vor Neujahr nach Berlin kommt. * Die Freisinnigen werden, wie uns auS Berlin dc- peschirt wird, im Reichstag mit Unterstützung der Social- demokratcn den Antrag auf Gewährung von Diäten einbringen. * Der Zar ist in kurzer Zeit zweimal durch deutsche- Gebiet gereist, ohne eine Begegnung mit dem deutschen Kaiser zu suchen, dem er noch einen Gegenbesuch schuldet. Diese« Ver halten wird in der ausländischen Presse zumeist als eine be absichtigte Unhöflichkeit gedeutet. Es scheint, als ob auch an leitender Stelle in Berlin eine ähnliche Auffassung herrsche. Von einer Seite, welche man al« officio« anzusehen gewohnt ist, wird der Münchener „Alla. Ztg." geschrieben: „ES tritt immer deutlicher zu Tage, daß die Durchreise de- Zaren mit den ibr vorau«gegangcnen und sie begleitenden Um ständen al« ein Sympton zu betrachten ist, daß unsere Be ziehungen zu Rußland nicht mehr al« „corrcct" sind. Bon innigen, geschweige denn von herzlichen Beziehungen kann füglich die Rede nicht mehr sein. Von deutscher Seite ist in diesem Falle, wie stet-, geschehen, wa« irgend möglich war, um einer Wendung zum Besseren den Raum frei zu lasten. wenn Rußland naib wie vor sür passend sinket, sich über die Formen internationaler Höflichkeit binwegzusetzen, so wird man sich in Deutschland mit einem Achselzucken bebelsen. In Rußland — wo bekanntlich über Reisen des Zaren in der Presse nicht berichtet werden darf — hat man nur ersabren, „daß das dänische KönigSpaar, von den meisten seiner hohen Gäste, u. A. von der Prinzessin von Wales nebst Töchtern, begleitet, »ach Livadia in der Krim fährt", woraus der scharfsinnigere Theil der Leser dann den Schluß ziehen kann, daß der Landesherr wahrscheinlich mit von der Partie ist. Nachträglich kommt dann der officirlle Bericht von dem glücklichen Vollzug der Reise — wie inzwischen geschehen. Ein Heer von .80 000 Mann hat aber ausgeboten werden müssen, diese« Resultat herbei- zuführen! Doch da« sind einmal russische Zustände." * Im Verlage der königlichen Hosbuchhandlung von Mittler S- Sohn in Berlin ist wiederum ein Band der zum literarischen Nachlaß Le« verewigten Feldmarschall« Grafen Helmuth von Moltke gehörigen Schriften erschienen. Dem für dic Publikation ausgestellten Programm gemäß folgt nunmehr der Briefwechsel Moltkc'S, zunächst derjenige »lit seinen nächsten Verwandten, welcher übrigen- einer frühere» Periode seine« Leben« angehört. In den Briefe» tritt da« einfach menschliche Wesen, da« einen Grnntzug seine« Edaraktcr« bildete, in seiner ganzen Reinheit und Lauterkeit hervor. Innigkeit der Em pfindung. Gottvertrauen, ein fester, unbeugsamer Dille und da« Streben nach den höchsten Zielen, die dem Menschen in Zeit und Ewigleit gesteckt sind, sprechen überall au» diesen Aufzeichnungen, m deuru sich der Heranwachsende. damals von der Welt noch wenig gekannte Genius de« frohen Strategen deutlich zu erkennen girbt. Namentlich »i den Briefen an die Mutter tritt überdies eine GcsüstlSticfe an den Tag, die von der liebevollen, zärtlichen Anhänglichkeit, die der Schn sür die Mutter hegte, in rührender Weise zeugt. Bei dem Lescir dieser Eorrespondenz empfindet man, wie der Herausgeber scbr treffend sagt, eine gehobene Stimmung, und cS ist. als ob man in die Gedankcnwerkstatt tcs großen ManneS cintritt, der sich in kühnem Schwung bis zu den lichtesten Höhe» menschlicher Tugend und Größe empor geschwungen hat. * Gestern Abend ist der Prinz Damrong Nasan ubkab, der in besonderer Mission verschiedene Höfe Europa« besucht, auS Kopenhagen in Berlin eingelroffc». Der Prinz über- bringt Sr. Majestät dem Kaiser ein Handschrcibe» seines Bruders, dcS Königs von Siam, in welchem sich dieser sür die Verleihung dcS GroßkrcuzcS von, Rolbe» Adlerorden an de» llijäkrigc» Kronprinzen bedankt; er überreicht sodann dem Prinzen Friedrich Leopold das Großtreuz dcS siamesischen ElcpbanlcnordenS. Auch für de» Reichskanzler v. Eaprivi und den Siaatssccretair Frbrn. v. Marschall und andere Herren sind Orden bestimmt. Der Prinz be kleidet in seiner Hciinatb de» Posten eine« Unterricht- MinistcrS und wird daher Veranlassung »ehnicn, bicr ver schiedene Anstalten aufzuslicben, um ihre Änrichlungc» kennen zu lernen. Der Prinz, der un Anfang der dreißiger Iakre stebt, wird dic für Berlin bestimmte Zeit nicht voll auS- nuycn, da er, »m den Kaiser von Rußland zu begrüßen, nicht nach Petersburg, wie zuerst beabsichtigt war, sonder» nach Livadia sich bezieht, was längere Zeit i» Anspruch nimmt. Ob er aus dieser Fahrt Wien berührt, oder direct hiiisäbrt, sicht noch nicht fest. * Wie bereits mitgethcilt, hat Prinz Heinrich von Waldeck-Pvrmont dem gegenwärtig tagende» Landtage der Fürstenthümcr eine RcchtSverwahrung cingcreicht, worin derselbe erklärt, gegenwärtig nach dem Erbprinzen Friedrich der nächste erbberechtigte Agnat des fürstlich waldeckschcn Hauses zu sei». Der Prinz führt den Nachweis, daß seine beiden älteren Brüder, die Prinzen Albrecht und Erich zu Waldcck und Pyrmont, in Gemäßheit und Kraft der Hausgesetze und Verträge, insbesondere nach der Primogenitur-Ordnung, ibre Primogenitur-Ansprüche und Rechte wegen ibrcr Mesalliancen sammt ibrer Nachkommenschaft zu Gunsten ibrcr Brüder und Vettern vc> ip«» verloren hätten und von der Erbsolge so lange exclutirt seien, als »och andere berechtigte Agnaten vorhanden wären. Im Ilebrigen handelt cS sich nur um Documcntirung seiner Ansprüche. * Dic wcimarischen Landtag-Wahlen sind voll ständig beendigt. Von den 91 Abgeordneten sind 22 wieter- und 9 neugewählt. Politisch gehört dic große Mehrheit z» den Nationalliberalcn, 5> bis C> zu den Eonscrvativcn, I laus einem hauptsächlich katholischen Bezirk) zu de» Uliramontaiicii und l zu den Socialdemokralen (aus Apolda). Der Deulsch- freisinn bat im neuen Landtag nicht einen Sitz erlangt. DaS bisherige LandtagSprasidium ist vollzählig wicdcrgcwählt. * Die „Kölnische VolkSzcitung" meldet bezüglich eines standrechtlich erschossenen Marinesoldaten, daß derselbe zwei Jahre bei der ersten Malrosendivision diente und auf der Rückfahrt von Tsokvbama nach Kiel bei einer Meuterei einen Deckofficier erstochen halte. Der Er schossene war in Kalk geboren. * Die „Germania" entnimmt dem in Danzig erscheinenden „Wcstpr. B.-Bl." einen Bericht über dic feierliche Einführung de« dortigen katholischen Pfarrers Scharm er in sein Pfarramt von St. Nicolai, wobei als besonders bemcrkcnS- werth rin Trinkspruch bervorgehoben wird, den der evange lische Herr Polizcidirector v. RciSwiy bei dem aus die kirchliche Feier folgenden Festmahl ausbrachlc und der dem „Westpr. B.-Bl." zufolge lautete: „Gestatten Sie auch mir, meine Herren, als dem Vertreter des staatlichen Patronats dieser Pfarrei, einige Worte zu sogen. Den Zusammenhang zwischen »irchr und Staat zu betonen, ist nicht ohne Bedeutung; denn, wie Sie wissen, giebt es leider Viele, welche behaupte», daß zwischen Kirche und Staat ein Gegensatz besiehe. Die große Versammlung der Raiboliken Deutschlands m Danzig hat aber Allen, die sehen und hören wollen, aufs Glänzendste gezeigt, daß man ein sehr guter Katholik und zugleich ein sehr guter Patriot sein kann «Bravo), ja daß ei» wirklicher Katholik von selbst ein guter Patriot ist. (Stürmischer Beifall.) Ich möchte dos hervorhcben, um Ihnen hier auszusvrechcn, weichen Eindruck der großartige Katholikentag aus «inen gläubigen evangelischen Christen gemacht hat. Zu besonderer Ehre und Freude aber gereicht cs mir, die nachfolgenden Worte an Sie richten zu können. Es ist heute ein kirchliches Fest, und da ist es zweifellos sür Sie ein Bedürsniß, der hohen Liebe und Be geisterung, die Sie sür das Oberdauvl der katholischen Kirche Kegen, Ausdruck zu verleihen. Ich brauche Ihnen die großen Verdienste dieses Papste- gewiß nicht in Erinnerung zu bringen, nur Eins will ich erwähnen, daß unter seiner Mitwirkung die Beilegung des Culturkampfes erfolgt ist. Und jo bitte ich Sie denn einzusiimmen in den Ruf: Se. Heiligkeit der Papst Leo Xlll. lebe doch! hoch! hoch!" Dic „Germania" fügt hinzu, der Trinkspruch sei mit „ungeheurem" Iuhel ausgenommen Worten. * In der bayerischen Kammer der Abgeordneten erklärte bei der Beratbung deS FinanzetatS der Finanzniinistcr l>r. v. Riedel, bezüglich der Regelung der Beamt en ge Halter sei Alles vorbereitet; die Regierung werde sich diese nicht nur sür dic Beamte», sontcrn auch sür de» Staat hochwichtige Sache angelegen sein lasten; er hoffe zuversichtlich, noch in dieser Session eine Regelung vereinbaren zu können. * Die Nachricht von der standrechtliche» Erschießung eines Marincsoltalen in Köln bezicbt sich aus einen jungen Mann auS Kalk bei Deutz. Von anterer Seite wird erklärt, die ganz bestimmt ausirelente Nachricht berube aus einem Miß verständniß Dir Militairbebördc hat sich »och nicht geäußert. Vielleicht handelt e« sich um eine Erschießung beim Flucht versuch. Eine aulbentische Erklärung der Militairdchörte über den Vorfall ist dringend zu wünlchen. * Au« Elsaß-Lothringen wird der „Köln. Zeitung" geschrieben: DaS Einschreiten der Regierung gegen den in den letzten Tagen oft genannten Fabrikanten Drryer, der wegen seiner Dbeilnabmc am Rcvanchcseste zu Bnssang an der Stellung als ErgänzuiiySrichter bei dem Amtsgerichte zu St. Amarm entlasten worden ist, wird nicht verfehlen. bei der Bevölkerung einen gewissen Eindruck bervorzurufeu, insofern die teutsche Verwaltung damit gezeigt hat, daß ic auch »ach dieser Seile hin mit dem System Man- teuffct grüntlich z» brcchc» gewillt ist. Manteuffet hat bekanntlich alle mögliche» Auszeichnungen an Persönlich- keilcii vergebe», welche nicht nur keinen Beweis von deutschfreundlichen Gesinnungen gegeben batte», sondern im Gcgentbcil sich zur Proiestpartei bekannte» unk aus ibre» enge» Bcziekungen zu Frankreich tein Hebt zu machen pfleglen. Es sei hier nur an dic Auszeichnung de« verstorbenen Metzer Bischof« Dupont dcS Loge«, eines der größten Tcutschenhasscr, erinnert, der in der Presse öffentlich erklärte, der fragliche Orden sei ihm ausgcdrängt worden und er würde ihn zurückgewiescii haben, falls man ibn vorder gefragt hätte. Auch die Ernennung dcS ausgesprochenen Saargcmündcr Protestlers und DeulschenfresserS Fabrikanten Iauncz zum Staats ratb gestört hierber. Al« StaatSrath üble Iauncz i» Gemeiudc und StaatSangclcgcnhcitcii, sogar bei Beamten Versetzungen eine» Einfluß auS, der istm nicht mit Unrecht den Titel „Viceköuig von Letstringen" cintrug, bis er durch Fürst Hobcnlobe abgcsctzt wurde. Die Sache war schließlich soweit gekommen, daß man sich allgemein sagte, wer es zu eiwaS bringen wolle, inüsse vor Allem tüchtig tcutschsciiidliche Opposition machen Manteusfkl befolgte dabei bekanntlich de» Plan, die politischen Gegner durch persönliche Licbcus Würdigkeit, Ueberbäufung mit Ehrungen unk Euiräumiliig eines weitgehende» EinftnsscS für das Dcurschtstum z» gewinnen und dadurch die naturgemäße, allerdings sich langsam vollziehende Eniwicklung der Dinge künstlich zu beschleunigen. Wie ivcuig dieses System von Erfolg begleitet wa>, ist bekam». Auch bellte sind, wie der Fall von Bussang gezeigt hat, dic Elemente »och nicht auSgestorbc», welche dcrAusicht sind, man könne sich a» deutschfeindlichen Kundgebungen betheiligen und Loch m» der gutmütstigcn deutsche» Regierung aus gutem Fuße sieben. Je nachdrücklicher Ictzlerc dieser Ansicht cnigegcntritt und je mebr sic zeigt, daß sie nur de» wirklichen Freunden Freund, den auf zwei Schultern Wasser Tragende» aber Fcmd ist, desto besser. In diesem Sinne ist dic Ausweisung des Fabrikanten GroS und das Vvrgcbcn gegen den Fabrikanten Drevcr mit Genngthuung zu begrüße». * In Lothringen wurden sämmtlichc auSscheidcnke Mitglieder dcS Landeö-AiiSfchusseS wicdcrgewählt, aus genommen Metz Statt, wo der cinstciniischc Laniguc, unv den Kreis Saarburg, wo der ciiistcimische Notar Titsch gegen den Altdeutschen KnauS durchkam. e> »ft * * DaS politische Interim in Oesterreich, daS durch daS Schlagwort des Grafen Taasfc von der Majorität von Fall zu Fall gekennzeichnet ist, dürste kaum inckr von langer Dauer sei». Im Hohenwart Etub mache» sich die centrisugalcii Tendenzcii seiner cmzclne» Bcstandtsteile immer kräftiger geltend, so daß dic Aiiflösnug dieses rem mcchaiii scheu Verbandes heterogener Elemente mir als eine Frage kurzer Zeit erscheint, der Polenclub bereitet mit seiner ailtonomislischcn Begehrlichkeit dem Ministerium nicht zu unterschätzende Schwierigkeiten, und die Deutschliberalcn, deren II» ParlamciilSstimnic» Gras Taasse zur Diirchführimg des ArbcitSprograiiimcS der Thronrede nicht ciitbchrca kau», zeigen sich immer weniger geneigt, in der ihnen zugcdachte» Zuschauerrollc zu verharren und ohne entsprechende Gegen leistung de« Ministeriums als Stütze desselben zu fuugircii. * Die österreichische Armcczcitung kündigt dic be vorstehende Errichtung eines zweiten Ersatz Bataillon CadrcS bei allen li>2 Infanterie Regimentern an, was sür den Kriegs fall 102 neue Bataillone bedeutet. * Gut schmeckte der Sect von Kronstadt, aber er war denn doch ein biSchcn thcuer. Diese Erkenntnis; dämmert den Franzosen, welche die russische Anleihe gezeichnet haben, mehr und mehr aus. Notirt doch dic An leihe schon 9 Proc. unter dem Zcichnungspreisc, und da in den letzte» Tage» an der Pariser Börse ein vollständiger Zusammenbruch der Uebcrspeculation in den russischen Werthen erfolgt ist, baben die Besitzer dcS neuen PapierS vor der Hanv wenig Aussicht, bald wieder zu ibrem Geld« zu kommen. Daß daran Niemand anders dic Schuld trägt, als die Deutsche», braucht kaum gesagt zu werde». Der „Figaro" und andere Blätter versichern hoch unv heilig, cS hätten seit mehreren Wochen gewisse Berliner Bank häuser mit Hilfe ibrcr Pariser Eorrcspondentcn cS fertig gebracht, alle sranzösischen Wertste und russischen Fonds hcrabzudrückcii, um dem Zar zu beweise», wie »nrccht er daran gebandelt bade, den dcutfchcn Markt zn verlassen und sich an Frankreich zu wenden, um seine Anleihen unterzu- bringcn. Auch die französische Iudcuschast wird von der „Iustice" beschuldigt, sich der deutschen Verschwörung an- gcschlosscn zu habe». Ob durch diese Enthüllungc» dic Aus sichten einer neuen russischen Anleihe — dic sicherlich kommen wird — verbessert werde», bleibt fraglich. In der Brust des Franzose» woimcii eben wie iu derjenigen seines lvpischen Vorbildes, de« „Tarlari» vo» Tarascon" zwei Seelen: eine, dic an de» Do» Ouixolc erinnert unv eine andere, wie sie Sancho Panf'a besaß. Ersterc wird ratben: Pnmpc weiter! Letztere wird der Ansicht sein: Behalte Dein Geld! — Allo abwarlcn! * Die überraschenden Nachrichten ans Brasilien machen in Pari- einen sehr schlechten Eindruck »nd sind ganz geeignet, daS obncbm schon schwer erschütterte Vertrauen aus südamerikanischc Vcrhällnissc gänzlich zu zerstöre» Man hatte geglaubt, daß dir Errichtung der Republik in Brasilien Wunder wirken werte, und siekt nun mit Verstimmung, daß cö zum Min desten nicht besser gebt als unter dem Kaiserreiche. Vor Allem wird natürlich die Börse durch de» Staatsstreich des Marschall« Fonscca in Mitleidenschaft gezogen, und das gerade in einen» Augenblick, in dem cS schon so auf dem Pariser Markte schlecht genug aussieht. In der Thal war nicht« weniger wünschens wertst, als daß sich jetzt zu den portugiesische» und russische» Sorgen auch »och neue südaincrikanischc kinzugcscllcn mußten. * Wie amtlich gemeldet wird, hat der Secrelair de« Schatzamtes Jackson den Posten eine« ObersecretairS für Irland angenommen. * Wäbrend der letzte» Tage wurde unter den Fükrern der englischen liberalen Partei viel über die Frage der Führer-
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