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A-en-AuSsabs Anbei in Paris Frankreich träumt von ewiger Kontrolle im Rheinland nach erkaufter Räumung Paris, 17. Sept. Die Pariser Presse bespricht eingehend tas offizielle Kvmmuniquö, das »ach der Genfer Scchs-Mächtc- Besprechung vom Sonntag veröffentlicht winde. Dabei wird hcrvvrgehobe», bah in dem Kominnuiqu. dem Buchstaben und dem Geiste nach offiziell die Frage der Nheinlandrä»- mung, der Regelung der Reparationen nnd der Sicherheit mit einander verbnnden worden seien. Jede Beweisführung, die daraus abziclen sollte, diese Frage» seien getrennt behandelt worden und ihre Lösung würde in getrennten Berhandlungc» ncsncht werden, sei falsch. Eines der wichtigsten Ereignisse der lehtcn Tage sei, das; der Grundsatz einer Gegenleistung sür eine vorzeitige Nheinlanbriinmung endgültig angenommen worden sei. Was die SichcrheitSfrage angche, sv finde inan in dem Itommuniqus die Bestätigung dafür, das, die alliierte» Negierungen in keinem Augenblick diese Seite der Rhcinland- srage außer acht gelassen hätten. Als wichtige Tatsache müsse ferner vermerkt werden, das, Deutschland de» Grundsatz der Einsetzung eines Sonderorgans anerkannt habe, das dazu be stimmt sei, den alliierten Negierungen im allgemeinen nnd Frankreich im besvndcren in der entmilitarisierten Zone die notwendige Beruhigung zu geben. Im einzelnen sieht der halbamtliche „Petit Paristen" in dem Abschluß der Vorbesprechungen den Beginn der eigentlichen Verhandlun gen. Einen Vorteil für Deutschland erblickt das Blatt darin, das, Reichskanzler Müller auf der Haben-Seite für seine Ne gierung und vor der öffentlichen Meinung Deutschlands das erste offizielle Zugeständnis der Alliierten im Sinne einer vorzeitigen Räumung der zweiten und dritten Nheinlandzone buchen könne. Das vssizielle Kommuniquö bringe viel oder nichts: Es bringe viel für eine endgültige Lösung der mora lischen Konflikte ans dem Kriege. Es bringe nichts, wenn Deutschland nicht durchaus loyal seine Pflichten gegen die Alliierte» nnd besonders gegen Frankreich erfülle. Ter «Excclsior" bezeichnet eS als logisch, daß die FeststcNnngS- und Bcrsöhnnngskommission so lange im Amte bleibe, wie die Garantie der französisch- deutschen Grenze durch England und Italic» lause salso bis in alle Ewigkeit!). Auch der „Matin" ist der Auffassung, daß die FeststcllungS- und Vcrsöhnungskommission ewigen Charakter haben solle. Es wäre absurd, eine derartige Einrichtung in ihrer Dauer aus sechs Jahre beschränken zu wollen. Drr Reichskanzler bet Strefemann iDrahtmcldung unserer Berliner Schristlcttung» Berlin, 17. Sept. Ter Reichskanzler, der zur Stunde in Baden-Baden weilt nnd dort Besprechungen mit dem Rcichs- aiisienminister Strcsemann hat, wird morgen vormittag in Berlin cintresfen. Einig ist man sich heute in allen politischen Kreisen darüber, daß das. was in Genf erreicht worden ist. nirgends befriedigen kann. Auch der Trost der Linkspresse, das, man wenigstens in freundschaftlichen Formen und nach einem gemeinsamen Frühstück auscinanbergegangen sei. ist politisch nur sehr gering zu veranschlagen, wenngleich ihn der in Genf hinter den Kulissen mitspielende Chefredakteur der „Vossischcn Zeitung", Georg Bernhard, sogar einen Leit artikel lang unterstreicht. Ter Gang der Entwicklung wird vermutlich zunächst der sein, das, das Neichskabinctt alsbald znsammentritt, nm zu Mwm- mit Reoen in Friedrichshofen Friedrichshofen. 17. Sept. Auch am heutigen Mvntag- niorge» gab cö in Friedrichshofen eine Enttäuschung. Tao Luftschiff wird auch heute »och nicht fliegen. Die erste Probefahrt ist wieder verschoben worden. DaS Wetter hat sich nämlich erneut verschlechtert. Es regnet i» Friedrichshasen, und wenn auch der Regen keine Bedeutung bat, um so mehr der Ostwind, von dem der Regen l.'gleitet ist. Vom Reichsvcrkehrsministcrtnm ist inzwischen die gene relle Genehmigung sür Fahrten mit Benzin als Beiriebsstoss cingclanfen. Dr. Ecken er erklärte, das, er den heniigen Tag dazu benutzen wolle, gewisse technische Fragen dem Ncichovcrkehrsministerinm nnd der Deutschen Ver suchsanstalt für Luftfahrt gegenüber zu klären. Er ist über zeugt. das, dann auch die Gcnchmignng sür Fahrten mit den: neuen TricbgaS erteilt werde» wird, zumal die Zcppcltn- gefcllschast bereits vorher sv viele Versuche mit dem neuen Betriebsstoff gemacht hat, baß der Antrieb des Lnsl'chiises mit ihm »ach Auffassung der Fachleute der Zcpvclingcscllkck, ,st sogar sehr viel sicherer ist als mit Benzin. Für die cr,tcn Fahrten war allerdings Benzin sowieso vorgesehen, da be kanntlich das Trietgas noch nicht sn ausreichenden: M'ö o- besprechen, ans welchem Wege nun die diplomatischen Ver handlungen. die in dem gestern in Genf ausgcgebenen Kom- »innigus vorgesehen sind, in Gang zu bringen seien, und ob man überhaupt noch der Ansicht ist, auf diesem Wege Er sprießliches erreiche» zu können. Sehr merkwürdig bleibt nach wie vor die in Gens beschlossene Einsetzung eines Sachvcrständigenkomi- tccö sür die Endlösung der Rcparations- und Schuldcn- lösung. Bereits am Sonnabend erklärte Graf Westarp in seiner großen Kundgebung der Deutschnativnalcn Volks partei, das, cö unter keinen Umstände» angängig sein könnte, die Beratungen über das RcparativnSprvblein cinznleitcn, ohne den Hauptgläubiger, nämlich Amerika, zuzuzichcn. Es ist in Berlin ein offenes Geheimnis, daß man mit einiger Skepsis und w a ch - sc »der Verstimmung in amerikanischen diplo matische» Kreisen diese V,e rhandlnngcn der Gläubiger unter sich beobachtet. Graf Westarp konnte bereits darauf aufmerksam machen, daß es nicht im Interesse der deutschen Politik liege» könne, das dentsch- amerikanische Verhältnis durch derlei Verhandlungen zu be lasten, da ja Tcntschlaud heute in starkem Maße, vor allem wirtschaftlich und finanziell, von Amerika ab hängig sei. Auch in der Wilhelmstraße macht man sich über dieses Moment lebhafte Gedanken, »m so mehr, als bereits vom deutschen Botschafter in Washington ein Bericht vor- licgcn soll, in dem vor den möglicherweise cintretcndcn Verstimmungen in Amerika ernstlich gewarnt werden soll. In Genfer Kreisen, meldet ein Berliner Mittagsblalt, spreche man davon, das, am Ende der Sach- oerstäiidigenvcrhandlungen eine neue Konferenz in Locarno znsammcntreten werde, das; sür diese aber als provisorisches Datum erst das nächste Frühjahr vorgesehen sei. Wichtig sei ferner, baß Briand sich gestern gcänßcrt habe, die Verhandlungen brauchte» bei „gutem Willen" mindestens zwei bis drei Monate, aber allcrlängstens ungefähr ein halbes Jahr, s!j Milliarden als SelamlrevamüonSlumM? London, 17. September. Ter britische Hauptvertrcter in Gens, Lord Cushendun wird am nächsten Sonntag noch London abreisen, wo eine Sitzung des Kabinetts stattsindct. Die Haltung Cushcndnns in Gens wird, wie man hofft, der Regierung Baldwin erheblichen außenpolitischen Kredit bringen. Der Genfer Berichterstatter der „D a i l n N e w s" will wissen, das, in politischen Kreisen von einer Gcsamtrcparattons- summe von 40 bis 45 Milliarden Mark l?> die Rede sei. Diese Summe werde als ausreichend bezeichnet, um die Bcrpslichtungcn der europäischen Länder an Ame rika zu decken nnd einen kleinen Ucbcrschuß zu erhalten. Die Verhandlungen über diese Frage würben allerdings er hebliche Zeit in Anspruch nehmen. Für die Festsetzung eines endgültigen RcparationSplanes gebe es zwei Wege, und zwar die Ausarbeitung eines Planes auf verhältnismäßig schmaler Grundlage innerhalb der Leistnngssähigkeit dcS europäischen Geldmarktes und die von der Mitwirkung Amerikas ab- hängendc Bereitstellung eines nmsassenden Planes. Man hoffe in verschiedenen Kreisen, daß Amerika zu dieser Mit wirkung bereit sein werde, sobald cs den erste» kleineren Plan sehe. Händen ist und deshalb für die großen Fahrten anfgc'p'rt werden soll. Dr. Eckener hosst jedenfalls im Laufe des heutigen Tages alle Schwierigkeiten zu klären, die mit den amt lichen ZulassungSstcllen noch bestehen. Er gab seiner Genngtunng darüber Ausdruck, baß die Hol- tung der Berliner Stellen selbst das Bestreben nach einer baldigen Klärung zum Ausdruck bringt. So wie die Dinge im Augenblick liegen, kann man wohl annehmcn, daß die erste Fahrt des „Gras Zeppelin" nun morgen, spätestens über morgen stattfindon wird. Inzwischen wird nach An sicht der Wcttcrsachvcrständtgcn auch das Hoch, das über den nördlichen Teilen Deutschlands liegt, sich bis zum Bodensee ansgcwirkt haben. (MTB.) KM Todesopfer Mts den BMma-SnW Ne« York, 17. Sept. Berichte anS San Juan erzählen von snrchibaren Verwüstungen aus den Bahama-Jnseln, von illüll geschätzten Todesopfern nnd vielen Millionen Dollar ?chi'de». Zukunfts- oder Augenblickspolitik? Das Genfer Ergebnis Vergebens sträubt sich der politische Beobachter, wenn er die Genfer Formeln über das Näumungs- und Neparations- problem durchdenkt, gegen den Eindruck, das, wieder einmal in einer deutschen Schicksalsfrage gegen das deutsche Interesse entschieden worden ist. Aber alle Wenn und Aber, die um das neueste Kompromiß gewunden sind, helfen nicht hinweg über folgende Feststellungen: In der Räumungsklage, dem Kern der diesmaligen Genfer Verhandlungen, ist nichts, aber auch gar nichts erreicht worden. Das brutale Nein, das Frankreich bereit hielt, gegenüber dem klaren deutschen Rechtsanspruch, ist zwar unausgesprochen geblieben, dank einer geschickten Vcrhandlungsregie, der die deutsche Abord nung in den letzten Tagen nur allzu willig Folge geleistet hat. Die unmittelbare, wenn auch nneingcstandene Folge dieses ersten Umsalles — es gibt kein anderes Wort dafür — ist der von der Gegenseite bereits dankend eingestrichene Verzicht aus den juristischen und moralischen Anspruch einer vorzeitigen und bedingungslosen Räumung. Dieser Grund satz, bis zur Eröffnung der Scchs-Mächic Besprechungen von der ganzen deutschen Ocffentlichkeit bis hinein in die sozial demokratischen Reihen verteidigt, ist stillschweigend in der Versenkung verschwunden. Schuld daran ist in der Haupt sache — auch das muß festgenagelt werden — die Zer- mürbungsoffensive, die von seiten der linksparlamcntarischen N c b e n dclegativn gegen die verantwvrtlichc Abordnung gerichtet wurde. Die Kulisscnarbeit der Herren Brcitscheid und Bernhard spiegelt sich zu deutlich in dem vorliegenden Ergebnis wider. Ihr Kamps gegen die „Prinzipienreitcrei" der deutschen Vcrhandlungösührcr, ihre Angst, daß sie nach dem Abbruch mit leeren Händen dem Reichstag gcgeniiber- tretcn müßten, hat dem deutschen Angriff seine ursprüngliche Stoßkraft genommen und 5ie Verteidigung unterhöhlt. Besser aber wäre cs gewesen, und leichter hätte sich der Kanzler verantwortet, wenn er zwar mit leeren Händen, aber auch ohne die Preisgabe der elementarsten deutschen Rechte zurückgckommen wäre. Denn auch die andere Seite der Genfer Bilanz steht traurig aus. Es ist entgegen dem Kabinettsbeschluß vom Sonn tag kein irgendwie bestimmbarer Termin sür die Räumung festgclegt worden. Briauds große Geste, das Versprechen der Befreiung der zweiten Zone als Anerkennung für die deutsche Gutmütigkeit, ist ausgebliebcn. Von dem Zeitpunkte für die Räumung der dritten Zone ist vollends nicht die Rede. Lang wierige und völlig aussichtslose Verhandlungen auf diplo matischem Wege sollen erst die Grundlagen schassen, auf denen die Möglichkeit früherer Räumung erstehen kan». Und der Weg dazu ist mit einer Reihe weiterer deutscher Vorleistungen gepflastert, die grundsätzlich teils schon zugestanden sind und zum Teil noch erwartet werden. Ta ist zunächst die neu ins Leben gerufene Reparativ ns koinmissivn. Sie soll in ihren Beratungen die Rünmungs- und NcparationSfragcn bei leibe nicht vcrgnicken, sondern nur „parallel" verhandeln. Hier liegt schon das erste deutsche Zugeständnis,- denn kein Kind wird sich durch diese Formel darüber täuschen lassen, daß sich die Räuinungsmöglichkcit nur nach Maßgabe der größeren oder geringeren finanziellen Opscrmilligkcit Deutschlands er öffnen wird. Das heißt, daß jeder Fußbreit vertragswidrig besetzten deutschen Bodens den. Franzosen mit barem Gelbe abgetanst werden soll. Poincarö's Rechnung liegt setzt klar zu tage: Er muß im nächsten Jahre das ihm äußerst unsi,m- pathische Schuldenabkoinmen mit Amerika ratifizieren oder einen Betrag von 400 Millionen Dollar in bar bezahlen. Er könnte sie ohne weiteres in Form einer Anleihe dem großen Goldbestand der Bank von Frankreich entnehmen, aber als guter Rechner und Geschäftsmann scheut er die Zinsen. Und bei diesem Punkt findet er die Wiederanknüpfuiig an Thoiry. Die benötigte Summe von 10 Milliarden Papiersrankcn soll Deutschland im Rahmen des sog. „kleinen Finanz geschäftes" in Europa aufbringe». Praktisch gesprochen: es soll diese Summe bei Frankreich gegen Zinsen borgen unter Mobilisierung eines Teiles der Eisenbahnobligationcn, und es soll bann den Betrag wieder an Frankreich zurückzahlen. Die Zinsenlast trägt über die Damcsverpflichtungcn hinaus der deutsche Steuerzahler. Trotz aller Komplikationen eine einfache Rechnung. Nur steht sie im Widerspruch zu der deut schen Auffassung, daß für die Rheinlandräuiiliiug keine zu sätzlichen Leistungen gewährt werden können. Ganz abge sehen davon, daß es nicht denkbar ist, wie dem deutsche» Staatshaushalt neben den bereits als untragbar erkannten Dawcstribntcn Hunderte von Millionen für Ziiiseutilgung aufgepackt werden könne». Und selbst wenn sich das alles einrenkcn lassen sollte, bleibt eö doch unerfindlich, wie eine Vereinbarung zustande kommen soll, wenn Amerika sortsährt, sich solchen Plänen gegenüber unbedingt ablehnend zu ver halten. Eine Verstimmung gegen Deutschland in Amerika darf aber auf keinen Fall eine Ncbcnfolgc dieser unerquick lichen Verhandlungen werden. Bleibt noch als letztes und schwerstes deutsches Zugeständ- nts die Zustimmung zur Einsetzung e i n e S K o n t r o l l. ausschnsses im Rheinland. Das Kind soll zwar einen schöneren Namen bekommen, aber bas ändert nichts an den Tatsache». Die Pariser Presse hat recht, wenn sie jubiliert: Die Schranken sind gefallen. Entgegen allen Versicherungen, daß cS in diesem Punkte kein Paktieren gebe, hat sich die deutsche Regierung aus die schiefe Bahn begeben, aus der cs kein Halten gibt. Für einen zeitlichen Vorteil soll dauernde Schmach eingehandelt werden. Das geht zwar nicht aus dem deutschen Kommuniquö, aber um so deutlicher aus den Aus lassungen der Verhandlungspartner hervor. Die zeitliche Be schränkung wird von ihnen geleugnet und Ne ist auch nicht geeignet, de» Eindruck einer vollen denischen Niederlage abzuschnächc», da die nationale össciiiliche Meinung ihre Au- Alk Start »es zeppellaS emliit verschoben