Volltext Seite (XML)
«WWWWH -> . — Sonnabend, 18. Dezember IsiHsi Sri! Ws SSVV kMM MMik»! Rr. 294. vierter Jahrgau-. fluer Tageblatt und Anzeiger kür das Erzgebirge r A«;>in>>!'c-ntichrt Ä-üuk>«ur! Irin .f^r !-i« Injerat- »eramwükttiq' Veld« in Au, i. Lrzued. mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Illustriertes Sonntagsblatt. r?rechstunde b« R«äakti-ui mit Aus nahm« dir Sonntag« nachmittags von 4—r Uhr. — Telegramm-Adresse: Tageblatt Au« — Fernsprecher iL, Fär unverlangt eingesandt« Manuskript« kann Gewähr nicht geleistet werden. Drink und Verlag ^vre Steck' «.Uer i«s m. b. f. in Aue i. Lr;ged. »«»ugspreis: Vurch unser« Boten ftei in, Hao, monatlich »0 Pfg. Bet der Geschäftsstelle abgeholt monatlich HU Pf»- "nd wöchentlich in pfg. — Bei der Post bestellt und selbst abgeholt vierteljährlich ,.so Mk. — Durch No» Briefträger frei ins Saus vierteljährlich i.-r Mk. — Einzeln, Nummer lo pfg — Deutscher postzeituugs- katalog. — Erscheint täglich in den Mtttagsstond««, mit Ausnahm« von Sonn- und Feiertagen. Annahm« von Anzeigen bis spätestens »'/, Uhr vormittags. Für Aufnahme von Lcökrr«n Anzeigen «» bestimmt«» Stellen kann nur dann gebürgt werden, w«nn sie am Lage vorher bei m» Angehen. Insertionspreis: Di« fiebengespalten« Korpuszeil« od«r deren Raum zo pfg., Äeklamrn rr pfg, Bei größeren Aufträgen entsprechender Rabatt. Diese Nummer umfaßt >8 Seiten. (Hierzu das achtseitige Jlliistr. Sonntagsbialt.) TW Wichtigste vs«r Lage. Der -königlich Sächsische Hof legt für den verstorbenen König der Belgier autorei Wochen Hoftrauer an. - » Die Obstruktion im österreichischen Parlament dauert unverändert fort. * Eni neues in A u st r a I i e n angenommenes Gesetz stellt die Führer von Arbeiieranssiänden unter Ge fängnisstrafe. Aus Mana gua wird gemeldet, daß der Präsident von Nigaragua Zelaya sein Amt niedergelegt hat. * Edhem Pascha, der Führer der l ü r k i sch e n A r m e e im Kriege gegen G r l e ch e n l a n d, ist in Kairo gestochen. Zum Tode des Königs der Belgier. - Nach fast vier Dezennien hat nunmehr Belgien zum ersten Male wieder einen Thronwechsel zu verzeichnen. Als dritter König Hai der bisherige Prinz Albert von Flandern die Re gierung übernommen. Belgien ist ein streng konstitutionelles Land, dem Parlament steht hier «in überwiegender Ein- slutz zu und der König ist eigentlich nach der Verfassung nur der Vollzieher der Beschlüsse der Volksvertretung. Immerhin aber wird es einem geschickt vorgehenden Herrscher möglich sein, trotz alledem auf den Gang der politischen Dinge in maßgebender Weise «inzuwirken, wie es jenseits des Kanals vortrefflich König Eduard versteht. Auch König Leopold hat sich einen gemisst» Einfluß zu sichern verstanden und mehr wie einmal hat er den »Dingen eine Richtung zu geben vermocht, die ihm zweckdienlich erschien. Auch auf Leopold II. trifft das Dichterwort zu: Von der Parteien Haß und Gunst getragen, schwankt sein Charaktcr- * bild in der Geschichte. In menschlicher Hinsicht hatte Leo pold II. Eigenschaften, die nicht immer geeignet waren, für ihn Sympathien zu erwecken. Man kann auch nicht behaupten, daß er sich im Lande großer Popularität erfreute. Insbesondere war sein Verhalten im Familienleben nicht so recht geeignet, vor bildlich zu wirken. Indessen kommt dieser Punkt hier weniger in Betracht. Es handelt sich darum, was er als Herrscher geleistet hat und da kann man denn doch nicht mit der Anerken nung zurückhalten, daß er in ruhiger, zielbewußter Arbeit es verstanden hat, Belgien zu Heiden und zu stärken. Er hat bei seinen Plänen oft scharfen Widerstand -gefunden, aber mit zäher Ausdauer verfolgte er das einmal in Aussicht genom mene Ziel, bis er endlich Erfolg,hatte. Das hat man namentlich in der Kongo frage gesehen, wo er doch nach jahrelangen Bemühungen seinen Mllen durchgesetzt hat. Die Schaffung des Kongostaates und seine Ueberstitung in eine belgische Kolonie war sein Lebenswerk und wenn man ihm auch verschiedentlich Vorwürfe machte .daß er das nur getan habe, um dabei sein Schäfchen ins Trockene zu bringen, so mutz doch zugegeben wer den, daß die Aufschließung des Kongogebietes eine wertvolle Kulturtat gewesen ist. Trotzdem dabei zuweilen Mittel ge braucht wurden, die etwas zweifelhafter Natur waren. Na mentlich aiber auf wirtschaftlichem Gebiete ist der Kongo ungemein von Wert und Bedeutung und man kann as daher verstehen, wenn die mißgünstigen Engländer alles taten, um die belgische Verwaltung zu verleumden und in Mißkredit zu brin gen. Gerade in der letzten Zeit trat die Kongofrage wieder et was mehr in den Vordergrund. Verhandlungen mit Deutschland und England schweben, bei denen es sich um wichtige Erenzregu- lierungen handelt. In diesem Falle hat sich Deutschland niit England verbunden und das ist durchaus zu begrüßen, denn in solchen Fragen darf nur ein gesunder Egoismus vorwalten. — Das letzte Werk Leopolds war die Unterzeichnung des Gesetzes über die Einführung -er allgemeinen Dienst pflicht und damit hat sein Leben einen würdigen Ab schluß gefunden. Dem neuen Könige gehen ziemliche Sympa thien voraus, namentlich weil er ein überaus glückliches Fami lienleben führt und als ein Mann von vortrefflichem Charakter und ernster Albest gilt. Hoffentlich erfüllen sich kie Erwartun gen, die man an seinem llhronantritt knüpft, n vollstem Maße. Denn auch wir haben -bei den engen wirtschaftlichen Beziehun gen ein lebhaftes Interesse an einem gedeihlichen Aufblühen Belgiens. Als unmittelbare Todesursache des Königs ist, wie die Köln. Zig. meldet, von den Aerzten eine Arterienverstockung angegeben worden. Der Leibarzt erklärte, daß der König infolge Herzschwäche g.storben ist. Die Aerzte waren sehr besorgt und wollten die- Operation: gar nicht vornehmen, haben sich aber auf Drängen des Königs dazu bewegen lassen, uni den Patienten von dem qtiälenden Dom leiden zu «befreien. Prinz Albert teilte den auswärtigen Msächtcn den Tod des Königs selbst mst. Der Senat und die Kammer traten gestern nachmittag zu einer Sitzung zusammen. Der Ministerpräsident machte von dem Tode Les Königs MUtiilung. Der Präsident des Senats Vicomte Simonis und der Präsident der Kammer Coreman gaben ihrem Schmerze um den Verlust des Königs Ausdruck und beantragten Vertagung Lis zu dem Zeit punkte, wo der T h r 0 n f 0 lg er vor beiden Häusern des Par laments den Eid auf die Verfassung leisten werde. Die Aufnahme der Trauerkmrde in Belgien» Etoile Belgie nennt Len Verstorbenen den groffen Ko ni g, der Belgien ein glänzendes Beispiel von Energie gegeben habe. Das Land verdanke ihm,den großen wirtschaft lichen Aufschwung und die Tatsache, daß in Afrika die Velgierslagge wehe. Chronique sagt: Wenn man auch, manches, was er als Mensch getan hat, nicht gutheißen könne,, und auch ost über die von ihm angewandten Mittel streiten könne, so sei doch seine Tätigkeit groß und fruchtbar gewesen. Ga zette drückt sich ähnlich aus und sagt: Er war «im Mann von außerordentlichen Fähigkeiten. Ferner laufen aus allen Teilen Belgiens Nachrichten über die Anteilnahme der Bevölkerung beim Tode des Königs ein. Die Aufbahrung den Leiche. Der König ruht auf dem Sterbebett in der lÄrjform eines Generalleutnants, die Hände über der Brust gekreuzt. Um 6 Ubr nackimittags wurde die Leiche eingesargt unter Beobachtung des kleinen Zeremoniells. Die Königsfamilie war bis dnhur im Sterbezimmer versammelt. Nach dem katholischen. Ritus wurde sie Leiche sofort gesalbt. Die W is-Hungsfei-rlichkeiten Die Leiche Les Königs wird, nach. Meldungen, der Brüsseler Abendblätter, heute, Sonnabend, abend vom Schloß Kacken nach dem Brüsseler Stadtschloß gebracht werde«. Die Beerdi gung ist auf Mittwoch festgesetzt. Am Donnerstag wird der Thronfolger, bei dem im: Laufe des gestrigen Nachmittags das Ministerium erschienen war, um zwkondolieren ,Len Eid auf die Verfassung ablegen. Der Hosrnusikaut. s . Eine Weihnachtsgeschichte von Ralph von Rawitz. Das große Opernharys der Residenz war nicht gut besucht. Solche Leere des berühmten Theaters konnte nicht wunderneh men; zeigte dcch der Kalender den 23. Dezember, und wer hat am Tage vor Weihnachten wohl Zeit, an andere Dinge zu den ken, als an Tannenbaum, Festtagsbraten, Kuchen, Marzipan und Geschenke? — Mochten aber immerhin die Musikfreunde nicht der gewohnten Zahl erschienen sein, der Applaus, der jetzt erscholl, war nicht schwächer, als an anderen Abenden. Die Sänger mußten mehrmals vor dem Vorhang erscheinen, und auch der Dirigent verneigte sich von seinem Pult aus, als begeisterte Stimmen seinen Namen riefen. Dann senkte sich der Eiserne — die Meistersänger waren zu Ende . Hugo Lindenberg legte den Taktstvck in den Notenkasten und klappte die Partitur zu, r als ein Theaterdiener an ihn herantrat: Seine Exzellenz lassen bitten. Fünf Minuten später stand der junge Mann vor der alten Exzellenz, die mit verbindlicher Handbewcgung auf einen Ses sel wies und dann, das Goldmonokel einkneifend, die Unterhal-z eröffnete: Ich habe heute den Meistersängern beigewohnt, Herr Lindenberg, und bin in der vorigen Woche natürlich auch im Figai» und in Carmen gewesen. Auf Grund dieser persön lichen Wahrnehmungen in erster Linie, sodann aber auch, weil die Kritik Über die beiden letzterwähnten Aufführungen sich 'mit seltener Einstimmigkeit lobend geäußert hat, Lin ich gern bereit, einen zehnjährigen Kontrakt zu unterschreiben. Die Be dingungen wären dieselben, wie Ihr ausscheidender Herr Kollege sie genießt. Sind Sie einverstanden? — Ob er wohl einver standen war! Mit 25 Jahren Kapellmeister der Großen Oper, 15VVV 4l Erhalt, ein Viertrljolhr Urlaub! Mit 25 Jahren eine . Kapazität in der Residenz, ein Liebling dqs Publikums! Der Kopf schwindelte ihm von Glück und Frcude. Der alte Herr sah . «, lächelte, nahm au» der dimantenbesetzten Dose eine Prise und sprach: Also abgemacht! «om 1. Januar ab! Für die SA Miäge will ich Sir nicht binden; Sie «erd«, doch wahrscheinlich zu den Ihrigen fahren, um sich a!s n.ugebackener Hofkapellmei- ster vorzustellen. Und nun hoffe ich ein gedeihliches Zusammen- aübeiten. Auf Wiedersehen, verehrter Herr Lindrnberg! — -Wie er auf die Straße gekommen, wohin er schritt, Hugo wußte cs selbst nicht. So war denn das Ziel feiner kühnsten Wünsche erreicht. Alles was er gehofft, in Erfüllung gegangen. Alles? Nein! Plötzlich überfliegt das Gesicht, das soeben noch gestrahlt hat, tiefer Ernst. Und daran denke ich erst jetzt! mur melte der junge Mann. O, Selbstliebe! Am Taumel des erstem, Glückes habe ich alles vergessen. Alles, was mich bedrückt." i Eine Viertelstunde schreitet er in tiefen Gedanken dahin, endlich ist er zu einem Entschluß gekommen. Er orientiert sich flüchtig, welchen Weg er cingeschlagen hat. tritt fragend an einen Schutzmann und sucht dann, nachdem ihm Bescheid gewor den, eine Postanstalt auf. Dort wird ein langes Telegramm be fördert, und erst danach führt fein Weg in das bekannte Stamm-j lokal, wo ihm eine jubelnde Tafelrunde (darunter auch der Wal ter Stolzing und Hans Sachs der heutigen Aufführung) mit schäumenden Krug begrüßen: Willkommen, Verehrtest«!, will kommen, jüngster aller taktfchlagenden Künstler! Kinder — eine Lage Sherry-Brandy! Ehrt eure deutschen Meister! Auch die Kapellmeister — prost!! So erscholl es Lurch die gemütlichen Räume, und noch lange nach Mitternacht pokulierte dort das frohe Völkchen zu Ehren seines neugebackenen Kollegen. Im Pfarrhause des Dörfchen», Vas sich hinter dem großen Wald und schneebedeckten Hügel hinzog. waren die Bewohner früh auf den Beinen. Pastor Fkiedner schrieb an einer Predigt — er mußte deren in den Festtagen nicht weniger als drei Hal-, ten — di« Pastorin schaltet« und waltete emsig in der Küche. Marie aber, die Tochter dep Hauses, putzte den Baum. Soeben wollte sie einen großen Stern an der Spitze der Tanne befestigen, als draußen vor dem Fenster der Schnee unter den kräftigen Schritten eines Manne» knirschte. So gut sie es durch die ge frorenen Scheiben vermochte, spähte sie hinaus, sah aber nichts weiter, als einen großen Bart und eine Dienstmütze. Sonder bar, sprach fie vor sich hin, daß der Martin heute schon früh mit den Briefen erscheint. — Aber ist denn do/s überhaupt feine Stimm; — da im Hausflur? Oder sollte da» etwa» andere» — Hoffentlich nicht» Unangenhme»! — Mährend sie noch darüber nachdachte, war der Depeschenbote in das Arbeitszimmer: des Pastors getreten, der mit rogem Interesse ein Telegramm: ent- zegennahm und durchflog, dann, aber auch sofort eine längere Antwort aufsetzte, welche der Beamte wieder mit sich nahm Als er fort war, flog Marie in das Arbeitszimmer ihres Paters: Doch nichts Unangenehmes, Pap'chen? — Der alte Herr, strei chelte ihr über die blonden Flechten, machte eine geheimnisvolle Miene und lachte: O, diese Evastochter! Neugierig wie ein Spitzmäuschen! Warum willst Lu denn wissen, was i>n Tele gramm steht — Sich — ich frage ja nur fo Papa! — Ja- wohl — du fragst nur so — wie aus christlichem MitgMhl. Aber Weihnachtszeiten sind Ueberraschungszeiten —- diesmal wird nichts verraten! Und damit holla! Gib mir die Pfeife und spaziere ab! Aber halt —- einen Gefallen kannst du mir wohl erweisen. — Gern Papa. — Du springst wohl einmal im Laufe des Vormittags zum Nachbar hinüber? Zu Amtsrat Linden berg? — Du wirst einen schönen Gruß an den Herrn Amtsrat und seine liebe Frau und auch an Leine Freundin Aennchen bestellen und sagen, ich würde mich so sehr freuen, wenn sie heute abend um b Uhr zum Weihnachts-Gottesdienst kämen. Ich hätte eine extraschöne Predigt in potta, und es wäre schade, wenn sie die versäumten. Am Nachmittag dieses Tages gab es im Pfarrhausse «in gegenseitiges Versteckspielen. Die Pastorin packte still und heim lich ihre aus der Stadt besorgten Geschenke au», Marie arran- . gierte verstohlen einige Stickereien für die Eltern unter der Tanne, der Pastor aber schlich leise zur Gartenpforte hinaus ' und begab sich zum Kantor, der soeben Besuch erhalten hatte. Ein schlanker Herr im eleganten Gehpelz war dort abgestiegen. Mit ihm und dem Kantor hatte der Pfarrer eine kurze Zwie sprache, die zu allseitiger Zufriedenheit endigte, denn die drei Männer schüttelten sich die Hände, lächelten und nickten. Etwa um dieselbe Stunde saß die Familie des Amtsrats Lindenberg beim Kaffee. Der Amtsrat selbst schritt, dicke Wolken aus einer kurzen Pfeife rauchend, durch das Zimmer. Zwischen den drei . Personen fiel kein Wort. Zuweilen schlug draußen der Hof hund an; dann sahen die Frauen flüchtig auf um sofort wie der die Gesichter Über den Tisch zu beugen. Dem «mlsrat be gann da» Schweigen zu ärgern. Ich bitt' euch — redet etwas!