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Mkikrih-IeitW Nr. 105 Dienstag, den 6. September 1892. Lokales ««d Sächstsches. Dippoldiswalde. Als Columbus- und Sedan feier zugleich war am vorigen Sonntag im Schieb haussaale die Gesangsausführung der oberen Schul klassen aufzufassen, und wies auch der Prolog, gedichtet und gesprochen von Herrn Schuldirektor Rasche, auf diese doppelte Bedeutung des Concertes hin, indem nach dem Hinweis auf das hochwichtige Ereigniß der Entdeckung Amerikas die sich im Mittelalter vorbe reitende Zerrüttung und Machtlosigkeit Deutschlands tief beklagt wurde, hingegen die stolze Freude über die Erstehung des neuen deutschen Reiches innigen Aus druck fand, endete das Eröffnungswort in dem Ge lübde, den Edelstein eines treuen deutschen Herzens zu bewahren, worauf, gewissermaßen zur Bekräftigung dieses Gelöbnisses, das Otto'sche Lied: „Das treue deutsche Herz" von dem Kinder- und Männerchore angestimml wurde. Nach einem Baß-, Biolin- und Tenorsolo, vorgetragen von den Herren Lehrer Krüger, Schmidt und Direktor Rasche, die von der zahlreichen Zuhörerschaft gebührende Anerkennung sanden, wurden von dem gemischten Chore, 170 Kinder, Lehrerkollegium und Kirchenchor, noch das Volkslied „Andreas Hofer" und „die neue Lorelei" von Wermann vorgetragen, und damit fand der patriotische Theil sein Ende. Den 2. Theil füllte das Melodrama „Columbus" von Jul. Becker aus. Während Herr Oberlehrer Kantor Hell riegel die musikalische Leitung und Herr Lehrer Schmidt die Klavierbegleitung übernommen hatten, sprach Herr Schuldirektor Rasche den verbindenden Text. Zunächst beginnt das Ganze mit dem Abschied der Schiffer, einem gemischten Chor, worauf der Text uns das Leben der Matrosen schildert und in einem lustigen Matrosenlied, Männerchor, ausklingt. Hierauf durch fahren wir in Wort und Lied den Ozean. Uns um- giebt besorgnißerregende Meeresstille, mit Bangigkeit hören wir die Matrosen sich empören. Siehe da zeigt sich ein Schwarm von Vögeln als Boten der Erlösung und bald darauf erschallt das rettende Wort: „Land" und Heilruf für den großen Entdecker. — Der Saal war dicht besetzt, und hatten alle Zuhörer große Freude über die Hellen Kinderstimmen, die ihre Lieder so sicher und rein sangen und dabei von den Männerstimmen kräftig unterstützt wurden. Durch den zahlreichen Be such ist auch dem Schulbücherfond ein hübsches Sümm chen zvgeflossen und kann wieder manch armes Kind mit den nüthigen Lehrmitteln versehen werden. — Der Theaterextrazug in der Nacht zum heutigen Montag war trotz des schauerlichen Negenwetters, das den vertrockneten Fluren übrigens sehr nöthig ist, ver- hältnißmäßig gut besetzt. Auch bei Ankunft dieses Zuges war, wie bei allen HainSberger Zügen, ärztliche Hülfe wegen der Choleragefahr am Platze. — Das Erntefest wird in unserer Parochie nächsten Sonntag, den II. September, gefeiert werden. — Auf die ministerielle Verordnung, Maßregeln gegen die Cholera betreffend, die in einer Extrabeilage der heutigen Nummer beiliegt, machen wir an dieser Stelle noch ganz besonders aufmerksam. — Aus ärztlichen Kreisen wird auf die Gefahren aufmerksam gemacht, die bezüglich der Verbreitung der Cholera beim Spülen der Biergläser entstehen. Es wird für dringend nothwendig erachtet, daß zu dem Spülen der Gläser nur abgekochtes Wasser ver wendet werde. — Die Wettererfahrungen, welche wir dieses Jahr machen, führen uns mit besonders eindringlicher Sprache zum Bewußtsein, daß die sogenannten Hunds tagsferien unserer Schulen ungünstig liegen und damit einen Theil ihres Zweckes verfehlen. Andauernd heiße Tage traten gerade dann ein, al» die Schule» wieder eröffnet wurden. Dieselbe Erscheinung hat sich schon so oft wiederholt, daß man nicht statistische Wetterbeobachtungen zu Rache zu ziehen braucht, um zu erweisen, daß nicht in den Juli, sondern in den August die heißesten Tage zu fallen pflegen. In Oesterreich wird diesen natürlichen Verhältnissen Rech nung getragen, ebenso am Rhein. — Bei der hiesigen Sparkaffe wurden im Monate August 571 Einzahlungen im Betrage von 37,376 M. 36 Pf. gemacht, dagegen erfolgten 288 Rückzahlungen im Betrage von 36,278 M. 75 Pf. Sparmarken ä 5 Pf. sind verkauft morden: 100 Stück. 4 WendischcarSdorf. Das diesjährige Schulfest am vergangenen Sonnabend, welches anläßlich des 25 jährigen Bestehens unserer Schule gefeiert wurde, kann trotz des nassen Elements, welches im Verlaufe des Festes wiederholt störend eintrat, als in jeder Hinsicht wohlgelungen bezeichnet werden und wird unseren Kindern langehin beglückende Erinnerung ge währen. Daffelbe wurde eingeleitet mit Neveille und Weckruf am Festmorgen. Gegen Mittag 12 Uhr fand Aufstellung im Schulhofe statt. Hierauf hielt Herr Lehrer Stoß eine schwungvolle Ansprache, in welcher derselbe in trefflich ausgeführter Weise hervorhob, daß dieses Fest ein Erinnerungsfest der Nation, ein Jubi läumstag der Gemeinde und ein Freudenfest für die Schul- kinderseinsolle. Nun oegann der AuSzugdermit Fahnen und Blumenkörbchen geschmückten Schüler vom Schul hofe aus unter de» Klängen der Mustk und begleitet von Freudenschüffen durch das im Festschmuck prangende Dorf bis zur Kgl. Oberförsterei und zurück nach der Haidemühle, wo die Kinder mit Bier, Kaffee und Kuchen bewirthet wurden. Nach dieser leiblichen Stärkung ging es nach 2 Uhr auf den Festplatz am Rüger'schen Gasthof, wo sich bald ein reizendes Bild kindlichen Frohsinns entfaltete. Unter der Leitung des Herrn Lehrer Stob, welchen mehrere Helferinnen und der Festausschuß unterstützten, wurden nun die Kinder belustigungen, als Vogel-, Sternschießen und Spiele prächtig ausgeführt. Nach Beendigung der Spiele wurden die Kinder durch abermalige Erquickung mit Würstchen und Semmel nebst einem Trunk Bieres für die Strapazen beim Spiele entschädigt. Besonders prächtig gestaltete sich nach 8 Uhr der von vielen bunten Laternen begleitete Einzug; auch die bunten Leuchtfeuer verfehlten bei dem abendlichen Einzuge ihre Wirkung nicht und erweckten in den Kindern einen ganz besonderen Festjubel. Am Schulhause, welches herrlich illuminirt war, angelangt, ergriff zunächst Herr Gemeindevorstand Kleber das Wort, um die Kinder nochmals an das Fest zu erinnern, sowie dem Herrn Lehrer, dem Schulvorstand, der Gemeinde und dem Festausschuß für die gebrachten Opfer herzlichen Dank auszusprechen. Sodann stattete Herr Stoß im Namen der Kinder Allen, die zur Ausführung des Festes bei getragen, warme Dankesworte ab und forderte schließlich zum Danke gegen Gott auf, der auch diesen Tag ge schenkt und gesegnet habe. Der Vers „Nun danket alle Gott" machte den Beschluß des Festes. Volles Lob ei aber noch an dieser Stelle unserem verehiten Herrn Lehrer gezollt, welcher in so liebenswürdiger Weise das Ganze mit Umsicht und Geschick leitete, ferner dem Festausschuß und Helferinnen für die Mühewaltung beim Feste, und endlich der ganzen Gemeinde, welche kein Opfer gescheut, um das Fest zu einem schönen zu gestalten. Im Rüger'schen Gasthofe sand zum Schluffe ein fröhlicher Ball statt, an welchem die Ortsbewohner zahlreich theilnahmen. 4 Possendorf. Am Sonntage, den 4. d. Mts., eierte daS Nüdger'sche Ehepaar sein 25jähriges silbernes Ehejubiläum. Durch ein dargebrachteS Morgenständchen und andere sinnige Aufmerksamkeiten aus Kindes- und Freundeskreisen gestaltete sich dieser Tag für die braven Leute zu einem festlichen. L Glashütte. Wie schon gemeldet, feierten den 1. September die Schüler der deutschen Uhrmacher schule den Sedantag durch einen Fackelzug, dem sich im Hotel zur Post ein gemüthlicher Kommers ««schloß, Amtsblatt für die Königliche Umtshauptmarmschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die StadtrLthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redacteur: Paul Jehne in Dippoldiswalde. Mit achtseitig-m „Jllustrirtrn Unterhaltungsblatt." Mit land- und hauSWirthschaftlicher MonatSbeilage. Inserate, welche bei ve» bedeutenden Auflage de» Blatter ein« sehr wirb- same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. di» Spaltenzeil« oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirt« Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die SpaltenM» 20 Pfg. zu welchem auch der Direktor der Schule, die Lehrer und der AufstchtSrath eingeladen waren. — Die Haupt feier deS Sedantages war dem Militäwerein am 2. September vorbehalten, dem sich der Turnverein und die Feuerwehr angeschloffen hatten. >/»S Uhr zogen die Vereine unter starker Fackelbegleitung vom Bahn- holel nach dem Marktplatz, wo der Turnverein den bereits zur 40jährigen Stiftungsfeier vorgeführten Fackelreigen auf allgemeinen Wunsch noch einmal vorführte. 2 patriotische Lieder vom Gesangverein deS Militärvereins eröffneten und schloffen den Reigen, woraus sich der Zug nach dem „goldenen GlaS" be wegte. Der Kommers nahm nach einer Begrüßungs rede des Militär-VeretnS-VorstandeS Abends >/»I0 Uhr seinen Anfang. Die Festrede hatte Herr Lehrer Hansch übernommen. Der hochpatriotische Inhalt derselben riß alle Anwesenden zur Begeisterung hin und klang in einem Hoch auf Kaiser und Reich, König und Vaterland aus. Aber auch die ferneren Reden an diesem Abend waren von hoher Begeisterung getragen und endeten mit Hochs auf die deutsche Einheit, vaS deutsche Heer und ihre Führer, auf treue Kameradschaft, auf Bismarck u. s. w. u. s. w., in die stets stürmisch mit eingestimmt wurde. Dazwischen wurden allgemeine patriotische Lieder gesungen, auch der Militär-Gesang- Verein trug wiederholt dergleichen vor, ebenso wurden vom Turnverein verschiedene paffende Gruppen gestellt. Außer den Mitgliedern der 3 Vereine hatten sich noch zahlreiche Gäste auch aus der Umgebung eingefunden. Wohl allen Anwesenden wird diese gelungene hoch patriotische Feier noch lange in Erinnerung bleiben. Rabenau. Der Aufsichtsrath der Sächsischen Holz- Jndustriegesellschaft hat beschlossen, der Generalver sammlung die Verthcilung einer Dividende von S°/o gegen ll«d im Vorjahre vorzuschlagen. Kreischa. Der hiesige Jahrmarkt, dessen Be stehen weit über 100 Jahre zurückreicht, ist in diesem langen Zeiträume nur einmal und zwar im Jahre 1866 in Wegfall gekommen, weil damals der Krieg eben erst beendet war und in Glashütte die Cholera hauste. Der diesmalige Ausfall des Marktes wird hier und in der Umgebung mit sehr getheilten Ge fühlen begrüßt. Die Nichtinterestenten und die Eltern mit größerer Kinderzahl freuen sich natürlich, weil ihnen die Ausgaben, die der unvermeidliche Besuch des Marktes mit sich bringt, erspart bleiben; die In teressenten aber am Markte von hier und auswärts sind erklärlicherweise von dieser behördlichen Maß nahme wenig erbaut. Man hat dieser Tage ober flächlich berechnet, daß unser Ort durch den Jahrmarkt alljährlich eine Einnahme von mindestens 6000 Mark erzielte. Mag diese Einnahme immerhin diesmal wegbleiben, wenn dadurch zugleich der Verschleppung der Cholera nach hier vorgebeugt worden ist; denn die Möglichkeit lag nahe, daß die Händler, welche aus allen Gegenden und oft aus weiter Ferne zum hiesigen Markte kommen, den gefährlichen Kommabazillus mit bringen konnten. Dresden. König Albert, Königin Karola und Prinz Georg werden sich am 6. Oktober nach Weimar begeben, um an dem goldenen Ehejubiläum des Groß- herzogs von Sechsen-Weimar theilzunehinen. — Auch in Sachsen wird man demnächst eine Er weiterung der Sonntagsruhe im Eisenbahndienste eintreten lasten, indem, wie mitgetheilt wird, der Güterverkehr an Sonn- und Festtagen, sowie der Nangirverkehr auf Gütergleisen nach Möglichkeit ganz, mindestens aber in der Zeit von früh 4 Uhr bis Abends 8 Uhr eingestellt werden soll. Neben den Sonntagen sind als Festtage anzusehen: der NeujahrStag, der Cyarfreitag, der zweite Osterseiertag, der HimmelsahrtS- tag, der zweite Pfingsttag, der erste und zweite Weih- nachtSlag und die beiden Bußtage. Die Etlgüterzüge und Viehsonderzüge werden auch fernerhin verkehren. »t« „Weißeris. Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: DienStag, Donners- t«g und Sonnabend. — Preis vierteljährlich l M. 2S Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, «innwnatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- ftalten, Postboten, sowie di« Agenten nehmen Be stellungen an. 58. Jahrgang.