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PchnM siir Msdmff Erscheint wöchentlich zweimal u.zwarDienstags und Freitags. — Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mk., durch die Post bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne t Nummem 10 Pf. ThmM. Wil, Menlehn lind die Umgegendkn. Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Jnsertionsvreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. für dis Agl Amtshauxtmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrach zu Wilsdruff, sowie für das Rgk. Forstrentamt zu Tharandt. No. 79. Dienstag, de« 3. Oktober 1893. Bekanntmachung. Der diesjährige hiesige Herbstmarkt wird Donnerstag, den 19. und Freitag, de« 29. Oktober abgehalten. Wilsdruff, am 28. September 1893. Der Stadtrath. Kieker, Brgmstr. Bekanntmachung. Das 13. Stück des Gesetz- und Verordnungsblattes für das Königreich Sachsen vom Jahre 1893 enthält: Nr. 57. Verordnung, die Enteignung von Grundeigenthum für Erweiterung der Eisenbahnstation Zwickau betreffend, vom 24. August 1893; Nr. 58. Verordnung, die Vornahme von Wahlen für die II. Kammer der Ständeversammlung betr., vom 28. August 1893; Nr. 59. Decret wegen Bestätigung des I. Nachtrags zur Genossenschaftsordnung der Genossenschaft für Berichtigung des Heinersdorfer Baches l zu Heinersdorf, vom 5. September 1893; . Nr. 60. Verordnung zur weiteren Ausführung des Gesetzes vom 20. Mai 1867, das Befugniß zur Aufnahme von Protokollen und zu Beglaubigungen bei Justiz- und . Verwaltungsbehörden betr., vom 16. September 1893. ^benbezeichnetes Stück des Gesetz- und Verordnungsblattes liegt zur Einsichtnahme auf hiesiger Rathsexpedition aus. Wilsdruff, am 29. September 1893. Der Stadtrath. Fi-k-r, Brgmstr. Tagesgeschichte. Am l.Oktober trat das neue Militärgesetz in Kraft, um das seit Jahresfrist so heftig gestritten worden und das wegen der noch ungelösten Dcckungsfrage auch gegenwärtig noch unser öffentliches Leben in starker Erregung hält. In dem erbitterten Kämpft der Parteien und unter der Einwirkung aufreizender Schlagworte sind die neuen Lasten, die diese Mi litärreform unvermeidlich mit sich bringt, mehr in den Vorder grund getreten, al« die bedeutenden Erleichterungen und Vor theile, dje sie auf der anderen Seite für jeden einzelnen Wehr pflichtigen und für die wirthschaftliche Wohlfahrt des ganzen Volkes herbeifuhrt. Es kann aber nicht ausbleiben, daß auch die letzteren günstigen Eigenschaften der Heeresreform sich mehr und mehr fühlbar machen, wenn sie erst in der praktischen Ausführung vor alle Betheiligten hintreten. Allerdings bezweckt das neue Gesetz in erster Linie eine bedeutende Vermehrung unserer Streitkräfte, wie sie durch die starken Vorsprünge unserer Nachbarn zur Sicherung des Vaterlandes gebieterisch gefordert war, und die damit verbundenen finanziellen Lasten muß daö deutsche Volk patriotisch tragen, um möglichst stark für die Ab wehr verhängnißvoller Wendungen gerüstet zu sein. Die Reform stellt aber nicht nur eine Vermehrung und bessere Organisation unserer Streitkräfte dar, sie bietet auch bedeutende Erleichter ungen: Eine Entlastung des Einzelnen durch Abkürzung der Dienstzeit, rine gerechtere Vertheilung und Ausgleichung der Wehrpflicht, eine Schonung der älteren Mannschaften. Das sind sozial und wirthschaftlich sehr bedeutende Vortheile, durch welche einige neue Steuerlasten reichlich ausgewogen werden. Trotz des jetzt noch herrschenden starken Widerspruchs wird, wenn erst die Reform in Kraft und Leben getreten ist und neben den Lasten auch die Wohlthaten jedem fühlbar werden, niemand mehr an den neuen Grundlagen unserer Heeresver fassung rütteln wollen. W'r haben jetzt das Möglichste gethan, unser Vaterland gegen alle Wechselfälle zu schützen und können mit dem Bewußtsein patriotischer und thatkraftiger Pflichter füllung der Zukunft entgegengehen. Dem Vernehmen nach liegt es in der Absicht der Reichs regierung, die Stempelabqabe für Lotterielose um 50 Proz- zu erhöhen. Der Ertrag aus dieser Abgabe ist ,m Reichshaushaltctat pro 1893/94 auf 7 879 000 Mk. veran schlagt; legt man diesen Ansatz zu gründe, so würde das eine Vermehrung der Reichseinnahmen zu aunsten der Einzelstaaten um 3 939 500 Mk. bedeuten. Doi den Erörterungen über die Weinsteuer scheint viel fach übersehen zu sein, daß, wenn aller Wein im Preise von weniger als 50 M. auf das Hektoliter steuerfrei bleibt, de>'Wein, soweit er daö Getränk der breiten Schichten des Volkes bildet, von der geplanten Steuer gar nicht berührt wird. Denn wo, wie namentlich in Südwestdeutschland, der Wein wirklich das Volksgetränk ist, erreicht die hierzu dienende Hauptmasse des Weines jenen Preis entfernt nicht. Es handelt sich also nur um die Besteuerung des Getränks der wohlhabenden Minderheit, welches, soweit es nicht vom Auslande eingesührt wird, bisher einer Reichs steuer nicht unterliegt. Nachdem das Reich sich genöthigt ge sehen, den Trinkbranntwein, welcher doch nur das Getränk der ärmeren Bevölkerung ist, mit einer Steuer zu belegen, welcher das drei- und vierfache seines Produktionspreises beträgt und da auch das Bier, welches doch in vielen Gegenden unseres Vater landes gleichfalls das Volksgetränk ist, einer wenn auch nicht gleich hohen, doch immerhin nicht unbeträchtlichen Steuer unter- iiegl, so würde es mit den einfachsten Anforderungen der Ge-^ rechtigkeit nicht vereinbar sein, jetzt, wo es gilt, dem Reiche, weuere Einnahmen zuzuführen, an dem Weine, soweit er ledig lich dem Genüsse einer bevorzugten Minderheit genügt, vorüber ¬ zugehen. Vielmehr entspricht dessen Heranziehung durchaus denjenigen Grundsätzen, welchen betreffs der Vermehrung der Einnahmen des Reiches bei der Berathung der Militärvorlage Ausdruck gegeben ist. Deutsch-russische Verhandlungen. Man hat hier den Eindruck, daß es der russischen Regierung hoher Ernst um das Zustandekommen des Vertrages oder mindestens eines „mocius vivendi" ist, um den jetzigen Zuständen ein Ende zu machen. Es ist wohl kaum Zufall, daß während der Ver handlungen der russische Botschafter in Berlin, Graf Schuwalow, und der deutsche Botschafter in Petersburg, General v. Werder, in Berlin anwesend sein werden. Ersterer unterbricht seinen Urlaub, lctzerer verbringt ihn deshalb meist in Berlin. Die Handelswelt sieht mit äußerster Spannung dem Ausgange der Konferenz entgegen. Einzelne Zeitungen haben die Nachricht gebracht, daß die gesetzliche Regelung der Entschädigung unschuldig V er- urtheilter in nächster Zeit nicht zu erwarten sei. Dem gegenüber erfährt die „Nordd. Allg. Ztg.", daß diese Regelung gleichzeitig mit der Einführung der Berufun g in Aussicht genommen ist. Der betreffende Entwurf soll sich außer auf diese beiden wichtigen Punkte noch auf zahlreiche andere Aen- derungen und Ergänzungen der Strafprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsaesetzes erstrecken. Namentlich soll, was für weitere Kreise von Interesse sein dürfte, ein abgekürztes, schleu niges Verfahren gegen auf frischer That betroffene und über führte Uebelthäter eingerichtet werden, welches nach dem Vor bilde de« französischen und englischen Rechtes deren sofortige Aburtheilung ermöglicht. Der Entwurf loll im preußischen Justizministerium unter Betheiligung des Reichsjustizamts aus gearbeitet und einscyließlich der dazu gehörigen Organisations- Pläne bereits in allen Einzelheiten vollendet sein. Die einzige, allerdings sehr wichtige Frage, über welche gegenwärtig noch verhandelt wird, dürfte die sein, ob die Entscheidung über die Berufung den Ober-Landesgerichten oder den Landgerichten zu übertragen ist. Petersburg. Von der Westgrenze wird geschrieben, daß sich die Lage der russischen Waldbesitzer und Holzhändler immer kritischer gestaltet. Die deutschen Händler bleiben aus, ein anderer Absatz läßt sich nicht schaffen, sodaß die riesigen Holz- mengen nutzlos daliegen. Die Besitzer fallen Wucherern in die Hände. Tausende von Flößern, Waldarbeitern und Auf sehern sind brotlos geworden und gefährden infolge ihrer Noth die öffentliche Sicherheit. Die Regierung hat zwar d>e Be leihung der Holzvorräche, ähnlich dem Getreide, gestattet, es vergehen jedoch Monate, ehe die Darlehen ausgezahlt werden. Der Versandt der Hölzer mit der Eisenbahn nach Riga und Libau ist trotz der ermäßigten Frachtsätze nicht durchführbar; denn die Kosten für die Heranschaffung des Holzes bis zu den > Eisenbahnstationen sind viel zu groß. Eine Masseneingabe der Holzinteressenten an das Ministerium fordert deshalb die baldige Beendigung des Zollkrieges, weil sonst ein völliger Ruin un ausbleiblich sei. Die russischen Blätter werden wahrscheinlich das Vorhandensein der Eingabe wieder in Abrede stellen; sie ist trotzdem abgegangen, ebenso wie seinerzeit die Landwirthe der Grenzbezirke in solchem Sinne vorstellig geworden sind. Die Aktion der französischen Sozialdemokratie setzt sich aus lauter Fiaskos zusammen. Das bei den letzten Kammerwahlen mit Mandaten bedachte Häuflein von Offizieren hat keine Mannschaften, die seinen Weisungen gehorchen wollen, sondern jeder handelt, wie sein Interesse oder seine Neigung es will. Der Kohlenausstand im Norddepartement und im Pas de Calais liegt in den letzten Zügen, weil die Arbeiter es yortheilhafter finden, von der durch den englischen Kohlenstreik geschaffenen günstigen Konjunktion zu profitiren, als um der Solidarität der „Proletarier aller Länder" willen ihrerseits an den Hungerpfoten zu saugen. Nach national-französischer An schauung, die in der Arbeiterbevölkerung ebenso lebendig ist, wie in den anderen Volksständen, hat die übrige Welt sich den Wünschen und Bedürfnissen der Franzosen sich anzu bequemen, nicht umgekehrt. Die Wünsche und Bedürfnisse Frankreichs aber erheischen für den Moment nicht die Pflege sozialistischer, sondern chauvinistischer Tendenzen, da der russische Flottenbesuch immer näher rückt und alle anderen Interessen in den Hintergrund drängt. Die südfranzösischen Genossen sind denn auch in den Reihen der Russenschwärmer vorne an und der Versuch der „Internationalisten", die russischen See leute als Vertreter des „geknechteten" russischen Volkes zu feiern und demonstrativ gegen den „zarischen Despotismus" auözuspielen, sind von dem Gros der französischen Arbeiter ent schieden abgelehnt worden. Es ist deshalb nicht der günstigste Wmd, der gegenwärtig in Frankreich für die Wortführer der internationalen Sozialdemokratie weht. Letztere wird niemals in breiteren Schichten der französischen Nation Boden fassen, da der Franzose viel zu viel nationales Ehrgefühl besitzt, um sich zu der Höhe des Verständnisses einer Bewegung empor- zuschwingcn, welche ihren Anhängern die systematische Ver leugnung jeglichen Volksthums und damit aller im Boden des Volksthums wurzelnden Ideale zumuthet, um ihm als Ersatz dafür nur einige sinnlose Redensarten und eine kosmopolitische Zwangsjacke zu bieten. Vaterländisches. — Die Schonzeit der Hasen ging mit dem 30. September zu Ende. Das ganze Heer der Jagdkarten-Jn- haber wird nun gegen sie in's Feld rücken. Wie groß die Zahl derselben ist, kann man daraus ersehen, daß der Staat jährlich über 80 000 Mk. von den Jagdkarten einnimmt, obwohl er nur des Erlöses bekommt, während V4 der Ortsarmenkasse verbleibt. (Eine Jahreskarte kostet 12 Mk., eine Tageskarte 3 Mk.) — Um den Publikum die Möglichkeit zu gewähren, in dringenden Fällen Einschreibbriefsendungen stets mit den nächsten also auch mit solchen Postbeförderungsgelegenheiten zur Absendung zu bringen, welche außerhalb oder kurz nach Beginn der für den Verkehr am Posts chalter festgesetzten Dienststunden sich dar bieten, besteht die Einrichtung, daß derartige Sendungen bei den Postanstolten ausschließlich der Postagenturen auch außer halb der Schalterdienststunden bis spätestens eine halbe Stunde vor dem Abgänge der nächsten Beförderungsgelegenheit gegen Zahlung einer Gebühr von 20 Pf. eingeliefert werden können, sofern zu jener Zeit ein Beamter im Dienste anwesend ist. Es ist ferner zulässig, außerhalb der Schalterdienststunden auch dringende Packete, deren Beförderung mit den sich darbietenden schnellsten Postgelegenheiten, also auch mit den Schnell- und Kurierzügen stattfindet, gegen Entrichtung der gleichen Gebühr und der tarifmäßigen besonderen Gebühr von 1 Mark zur Auf lieferung zu bringen. — Vielfach herrscht Unklarheit darüber, daß eine Verlegung der Bußtage stattgefunden hat, weshalb wir besondes im Interesse der Geschäftsleute auf Folgendes Hinweisen. Das Kirchengesetz, die Feier der Bußtage in der evangelisch-lutherische» Landeskirche betreffend, vom 12. April 1893, bekannt gemacht im 8. Stück de« Gesetz- und Verordnungsblattes für das Königreich Sachsen vom laufenden Jahre, verordnet die Verlegung der in der evangelisch-lutherischen Landeskirche gesetzlich bestehenden beiden Bußtage für die Zukunft auf Mittwoch vor dem Sonntag Oculi und Mittwoch vor dem letzten Trinitatissonntage. Im