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Amts- und Anzeigeblatt Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donners tag und Sonnabend. Jn- sertionSpreiS: die kleinsp. Zeile 10 Pf. für den Seftrk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung. Abonnement viertelj. 1 M. 20 Pf. (incl. Jllustr. Unterhaltbl.) in der Expedition, bei unfern Bo ten, sowie bei allen Reichs- Postanstalten. Verantwortlicher Redacteur: E. Hannebohn in Eibenstock. »8. Aa-ra-u«. — Dienstag, den 19. November 188S. Gemeinschaftliche Sitzung des Stadtrathes und des Stadtverordneten - Collegiums zu Eibenstock Dienstag, den 19. Kovemöer 1889, Abends Vr» Uhr. : Wahl eines städtischen Abgeordneten zur Bezirksversamm- lung der Königlichen Amtshauptmannschaft Schwarzenberg. Infolge Anzeige vom l3. duyeS Monats ist heute auf Folinm 76 des Handelsregisters für den Landbezirk verlautbart worden, daß die Firma in Gberstühengrün erloschen ist. Eibenstock, am 16. November 1889. Königliches Amtsgericht. P-schke. T Hagesgeschichle. — Deutschland. Sie fangen, wie die „N. N." schreiben, schon wieder an, die panslavistischen Hetzer und Verleumder an der Newa und an der Moskwa, gegen Deutschland zu schüren und ihren Czaren gegen die Absichten der deutschen Macht haber mit neuem Mißtrauen zu erfüllen. Nach dem jüngsten Besuch des Kaisers Alexander in Berlin legten sie sich nothgedrungen eine gewisse Zurück haltung auf. Ja, einzelne Panslavistenblätter gaben sich sogar Mühe, Deutschland gegenüber einen freund licheren Ton anzuschlagen. Sie wußten, daß der Ezar gute Eindrücke aus Berlin mitgenommen hatte, und da sie bei allem Uebermuth doch genöthigt sind, auf die persönliche Stimmung des Herrschers Rück sicht zu nehmen, so stellten sie ihre üblichen Aufstachel ungen gegen die deutsche Politik für einige Zeit ein. Der Anlaß zur Wiederaufnahme dieser Lieblingsbe schäftigung war indessen bald gefunden. In dem zum Thcil ganz geschickt erfundenen Bericht des Berliner „Standard"-Korrespondenten über die Unter redung des Ezaren mit dem deutschen Reichskanzler legt dieser phantasiebegabte Zeitungs-Edison dem Ezaren die unglaublich naive Frage in den Mund: „5luis Oonstuntinopiv?" In der That hat die Reise des deutschen Kaisers nach Constantinopcl von Anfang an den Czaren höchst unruhig gestimmt und die russische Diplomatie hat alle erdenklichen Anstreng ungen gemacht, um diesen Reiseplan zu vereiteln. Daran knüpft die planslavistische Hetzpresse jetzt, nachdem dieser Plan zum Ereigniß geworden ist, in ihrer Art ganz geschickt an, um den Czaren mit neuen, Mißtrauen gegen die deutsche Politik zu erfüllen. Da sie in diesem Geschäft eine große Gewandtheit besitzt und bereits reiche Erfolg erzielt hat, so muß man ihren neuen Hetzversuchen volle Aufmerksamkeit schenken. Es ist noch unvergessen, daß der Czar bei seinem vorigen Berliner Besuch, der gerade vor zwei Jahren stattfand, nicht minder befriedigt heimgekehrt war. Hatte ihm doch damals Fürst Bismarck be wiesen, daß seine Umgebung ihn absichtlich über den Charakter der deutschen Orientpolitik getäuscht habe und zu diesem Zweck sogar vor dreisten Fälschungen angeblicher Aktenstücke nicht zurückgeschreckt war. Be friedigt und beruhigt, wie heute, zog der Czar auch damals heim, gleichwohl gelang es seiner panslavist ischen Umgebung, ihn im Laufe weniger Monate vollständig umzustimmen und seine Berliner Eindrücke bis zur Unkenntlichkeit zu verwischen. Dasselbe Spiel ist augenblicklich im Gange. Mit Spannung muß man es verfolgen und kann nicht von vornherein die Möglichkeit des abermaligen Gelingens von der Hand weisen. Wenn es dem Fürsten Bismarck in seinen jüngsten Besprechungen mit dem Grafen Kalnoky nicht gelungen sein sollte, die österreichisch-ungarische Regierung zur unbedingten Annahme der czarischen Wünsche in Bezug auf Bulgarien zu bewegen, dann ist allerdings die Möglichkeit sehr nahe gerückt, daß die neuesten Berliner Eindrücke beim Czaren aber mals einem tiefen Groll gegen Deutschland Platz machen, und daß des ehrlichen Maklers Müh', zwischen Rußland und Oesterreich-Ungarn eine Verständigung über ihre Balkanpolittk zu vermitteln, wiederum um sonst gewesen ist. — Das Kaiserpaar ist am Freitag früh von seiner Orientreise wohlbehalten in Berlin eingetroffen. — Von Seiten der Österreichischen Waffenfabrik- gcsellschaft, welche die Lieferung von 250,000 bis eventuell 600,000 Gewehren für das deutsche Reichsheer übernommen hat, wird gegenüber un günstigen Börsengcrichten veröffentlicht, daß allerdings eine kurze Stockung in der Ablieferung der Gewehre vorhanden gewesen ist. Dieselben werden nach einem von der preußischen Regierung gegebenen Modell an gefertigt, sind jedoch in Oesterreich-Ungarn durch ein Patent geschützt, wovon die Ocsterreichische Waffen fabrikgesellschaft bis vor Kurzem keine Keunlniß hatte. Als Ende Oktober die erste Lieferung der neuen Ge wehre nach Deutschland abgesandt werden sollte, ließ der Patentinhaber auf Grund einer Patcntvcrletzungs- klage diese Gewehre mit Beschlag belegen, wodurch die erwähnte Stockung cintrat. Inzwischen soll die Ocsterreichische Waffeufabrikgesellschaft einen Vergleich mit dem Patentinhaber geschlossen und eine einge schränkte Erlaubniß zur Erzeugung dieser Gewehre erhalten haben. — Frankreich. Präsident Carnot unterzeichnete einen Abänderungserlaß zu dem Gesetz vom 27. Juli 1887, das die Errichtung von 13 neuen Kavallerie-Regimentern anordnet. — Norwegen. Der große Frauen- und Mädchenstrcik, der unter den Zündholzar- beiter innen zu Christiania ausgebrochen ist, nimmt einen für die nordischen Arbeiterverhältnisse ganz ungewöhnlich hartnäckigen Charakter an. Die lebhafte Agitation, in welche der Dichter Björnson für die Streikenden eingetreten ist, hat den in pekuni ärer und sanitärer Hinsicht so unglücklich gestellten Arbeiterinnen die werkthätige Sympathie der weitesten Kreise eingetragen. Gelduuterstützungen laufen un aufgefordert von allen Seiten ein; in Christiania selbst hat man für die arbeitslosen Menschen Mittags verpflegungen im großen Stile eingerichtet, welche hauptsächlich der Mildthätigkeit der norwegischen Damen zu verdanken sind, die sich für das schwere Schicksal der Arbeiterinnen besonders tief ergriffen zeigen. Man kann ohne Uebertreibnng sagen, daß das ganze Land aus allgemein menschlichen Motiven für die Arbeiterinnen Partei ergriffen hat und daß die hart näckig auf ihren Bedingungen bestehenden Fabrik herren vielleicht nur in einigen technischen und mer kantilen Fragen ihren Aergerniß erregenden Stand punkt praktisch zu rechtfertigen vermögen. Nach der Lage der Dinge erscheint es zweifellos, daß die Ar beiterinnen ihr gutes Recht erzwingen werden, das weniger vielleicht in der Gewährung höherer Löhne als in der Einführung sanitärer Einrichtungen den vorläufig Wünschenswerthesten Ausdruck finden dürfte. — Brasilien. Wie aus Rio de Janeiro gemeldet wird, ist daselbst eine revolutionäre Bewegung zum Ausbruch gelangt, welche den Um sturz der Regierung und die Herstellung der Republik bezweckt. Die Armee unterstützt die revolutionäre Bewegung. Es ist eine provisorische Regierung ein gesetzt, zu deren Mitgliedern Dafonseca und Benja min Constant gehören. Nach dieser über New-Jork hierher gelangten Meldung muß man annehmen, daß die Bewegung in Rio de Janeiro erfolgreich gewesen ist. Von da bis zur Republikanisirung des ganzen ungeheueren KaiserthumS Brasilien dürste es aber, wie die „Nat.-Ztg." bemerkt, noch ein ziemlich weiter Weg sein. Daß in dem genannten Lande schon längst eine republikanische Propaganda thätig ist, war bekannt, daß dieselbe aber gegenüber dem verfassungsmäßigen, liberalen Regimente des jetzigen Kaisers Dom Pedro noch zu einem Ausbruche führte, und daß vollends die Armee in die Erhebung verwickelt ist, muß doch überraschend wirken. Seit Mitte der vierziger Jahre waren von den Sklavenausständen zu Ende des eben bezeichneten Jahrzehnts, keine größeren Schilderheb ungen mehr vorgekommen. Dom Pedro II. bat den Thron Brasiliens als sechsjähriger Knabe im Jahre 1831 bestiegen, nachdem sein Vater, Dom Pedro I abgedankl und sich nach Europa begeben hatte. Um auf die Frage nach der Ursache diese« so jäh scheinenden Umschwunges eine wenigstens theilweise orienNrende Antwort zu finden, wird man die für die wirthschaftliche und soziale Lage Brasiliens in erster Linie epochemachende Maßregel der Sklavenemanzipa- twn nicht lgnoriren dürfen. So sehr dieser Kultur fortschritt dem menschenfreundlichen Charakter des Kaisers Dom Pedro zur Ehre gereicht, so konnte er doch nicht verhindern, baß in den Kreisen der Plan- tagenbcsitzer, die fast allen politischen Einfluß Mono polisten, ein bedenkliches Mißvergnügen um sich griff und der Krone eine Menge schwerwiegender Gegner schaften znzog. Schon vor Monaten wußten brasi lianische Blätter allerhand von republikanischen Zet telungen in den Kreisen der mißvergnügten Plantagen besitzer zu erzählen; nachher war wenig mehr die Rede davon, und doch muß das Hebet unter der Hand mächtig weiter gewuchert haben, wenn es sogar die Armee ergreifen und so gründlich demoralisiren konnte, um sie zur Unterstützung einer auf den Umsturz des Thrones abziclenden republikanischen Schilderheb ung zu vermögen. Ob und inwieweit die brasilianischen Aufwiegler mit fremdländischen Elementen unter einer Decke spielen, läßt sich einstweilen natürlich mehr ahnen, als klar erkennen. An thatsächlichen Meldungen über den Verlauf der Umsturz-Bewegung liegt zunächst die folgende Nachricht der „Western- und Brasilian - Telegraph- Company" aus Rio de Janeiro vom 15. November vor: Der Aufstand des Militärs ist ein sehr bedeu tender. Der Marineminister liegt schwer verwundet darnieder. Die Verkaufslüden der Stadt sind geschlos sen und alle Geschäfte ruhen; die Minister sind ge fangen gesetzt. Es verlautet, die Republick sei pro- klamirt und Theodore Fonseca zum Präsidenten er nannt. Die neue provisorische Regierung übernahm die Garantie für die Sicherheit der kaiserlichen Fa milie. Der Kaiser befindet sich in Petropolis. Die öffentliche Sicherheit ist nicht bedroht. Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 18. Novbr. Wie vielen un serer hiesigen Leser bekannt ist, bereitet der Männer gesangverein „Stimmgabel" ein Concert zum Besten des Fonds für die Kaiser-Wilhelm-Büste vor. Dieses Concert, bei welchem auch gemischte Chöre rc. mitwirken werden, wird am 26. d. Mts. stattfinden und machen wir hiermit heute schon darauf aufmerksam. — Schön Heide. Zur Warnung für solche Geschirrführer, die man oft wie unsinnig durch die belebten Ortsstraßen jagen sehen kann, möge folgen der Vorfall dienen: Bor ungefähr einem Halden Jahre wurde im hiesigen Oberdorfe von auswärtigen Fuhr leuten ein sechsjähriger Knabe so unglücklich überfahren, daß demselben die beiden Beine gebrochen worden sind. Dieser Unglücksfall kam zur Anzeige, und die betreffenden Fuhrleute haben nun, da ihnen Fahr lässigkeit (zu schnelles Fahren) nachgewiefen werden konnte, an Strafe und Kosten die Summe von 400 M. zu bezahlen. — Von vielen Seiten hört man klagen, daß in diesem Jahre für die Zwickauer Steinkohlen nicht nur noch nie dagewesene Preise zu bezahlen sind, sondern daß dieselben auch kaum — nur nach wochenlang vorhergegangener Bestellung — zu er halten seien. Infolge dessen ist die Einfuhr böhm ischer Braunkohlen auch hei uns eine viel größere al- in früheren Jahren, und da dieselben, wenigstens die Gasbraunkohlen, den Steinkohlen an Güte wenig nachstehen, dabei aber bedeutend billiger zu stehen kommen, so dürfte leicht der Fall möglich werden.