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tztzpch » RedaMa« Hre»de»-Ne»ft«Nt R. «etß«r «affe L Gt Zeitung ersiheiM »icuita«, H«imerft«i ««» »«««ade»» früh. Prei»: WrtchLhrl.Mk.1^0. 8» beziehen durch dir kaiserlichen Post- «stalte« und durch unsere Voten. Lei freier Lieferung hi» Hau» erbebt die Rest noch eine Ve» dnhr von 2S Pfg. Sächsische VacheiluV Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann. Amtsblatt für die kgl. AmtShauptmannschasten Dre-den-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerrman» Müller in Dresden. Inserate werden di» Monta« Mmwoch » Frettaß Mittag angenonoae» und kosten: dielspaltZeilelLPf« Unter Eingesandt: SO Pfg. Inserate» AanatzwefteleNt Die «rnoldische vuchhandlua» JnvaUdtndank, Haascnstein LVogleni Rudolf Moye, S L. Daube L in Dresden, Leipzig, Hamburg, Berlin»' Frankfurt a/M. u. s. ». Ar. 34. Sonnabend, den 19. März 1887. 49. Jahrgang. Politische Wellschau. Deutsche- Reich. Wenn die BiSmarck'sche Politik, welche Deutschland groß gemacht hat — so schreibt man auS London — noch vom Standpunkte der Nützlichkeit au- eine Rechtfertigung bedürfte, so haben dafür die englischen Konsuln in ihren soeben ver- öffentlichten Handelsberichten zur Genüge gesorgt. Ja diesen Schriftstücken steht eS schwarz auf weiß, daß da- junge einige Deutschland dem alten England auf den mannigfachsten Gebieten de- Handel- und der Industrie den Rang abläuft. Ueberall befindet sich im BuSlande der Engländer dem Deutschen gegenüber im Nachthetle; der letztere verkauft billiger und ist zur Stelle, wo eS oöthig erscheint. Und schon beginnt da- gegen die deutschen Industriellen geschleuderte Schlagwort „billig and schlecht" im Munde deS Engländer- sich auS einem Vorwurfe in eine Tugend zu verwandeln. ES ist nemlich der Zweck der durch Lord Rosebery eingeführten Sonder konsularberichte, den anderen Nationen, vornehmlich den Deutschen, daS Grheimniß ihrer Erfolge abzulauschen und ihnen möglichst nachzuarbeiten. Denn die Konsu larberichte selbst in ihrer jetzigen Gestalt wurden durch die Wahrnehmung hervorgerusen, daß unsichtbar, aber fühlbar deutsche Diplomaten und Konsuln im Dienste deS deutschen Handel- arbeiten, daß im Osten sogar oft die Hand deS Fürsten BiSmarck eingriff, daß mit einem Worte: daS deutsche Reich hinter dem deutschen Handel stand. Wie wett diese Wahrnehmung gerechtfertigt ist, bleibe dahingestellt. Sie gilt in London einfach für erwiesen uud seitdem hat man dort da- „laisser faire" auch in diesem Punkte bei Seite gefetzt und es den Vertretern Eng, land- im AuSlande zur Pflicht gemacht, Geschäft-Politik zu treiben. Drei Fesseln schleppt der handeltreibende Engländer im BuSlande mit sich: den konservativen, un abänderlichen Charakter seiner Waare, den Eigendünkel seiner Person und den Mangel eine- ausreichenden Stabe- an HandlungSreisenden. Bm Leichtesten wird eS sein, die erste Fessel abzustreifen und sich den Bedürf nissen der auswärtigen Kunden anzupaffen. Sehr be- achtenSwerth sind in dieser Beziehung die Mahnungen deS Konsuls Wagstaff in Taganrog und deS Konsuls Longford in Tokio. Jahre lang weigerten sich die eng lischen Fabrikanten, einen den russischen Wünschen ent sprechenden Pflug herzustellen und als sie schließlich darauf eivgingen, war der Preis zu hoch, infolge dessen wieder die Deutschen und Schweden ihnen daS Geschäft vor der Nase wegschnappten. Behnlich verhält eS sich mit Messerschmiedewaaren, Werkzeugen, Feilen, Zapfen, Heu gabeln, Rechen und Sichel«, welche von Deutschland, Oesterreich, Schweden und Amerika billiger geliefert werden, als von England. Die Findigkeit der Deutschen ging so weit, daß sie — wie der britische Konsul in Petersburg berichtet — zur Vermeidung der hohen Zölle Baumwollfabriken in Russisch-Polen errichteten und da durch sogar ihren Moskauer Mitbewerbern gefährlich wurden. Daher der Rath, daß die britischen Fabrikanten nach Rußland wandern sollen, um dort an der Quelle die Aufträge entgegenzunehmen. Der Konsul Longford in Tokio klagt über die Zunahme der deutschen Flaaellem- fuhr in Japan. In den letzten sechs Jahren nahm der Flanellverbrauch dort um daS Zehnfache zu, während die deutsche Einfuhr um daS Bierzehnfache, die englische nur um daS Fünffache wuchs. Der Grund hierfür liegt in der Billigkeit der deutschen Artikel. Die Engländer halten an ihren alten Mustern fest und schlagen anderer seits an Ort und Stelle noch 16 Proc. zu dem Liefer ung-Preise hinzu, während der deutsche Zwischenhändler sich mit 4 Proc. Gewinn begnügt. CS ist die- eine Art von Zoll, den die englischen Kaufleute selbst ihr«m Erzeugnisse auferlegen; sie streichen den unmittelbaren Vortheil ein, beeinträchtigen dadurch jedoch den Ge- sammtabsatz. Den größten Schlag erhielt da- englische Geschäft in Chili, dessen Handel — Messer, GlaSwaaren, Tapeten, Kaliko und Maschinen — vollständig in die Hände der Amerikaner und Belgier übergegangen ist; dann in Tunis, wo die Deutschen mit den Belgiern, Fran zosen und Italienern wetteifern und endlich in Marokko, wo die Deutschen die Engländer namentlich auf dem Gebiete der Tuchfabrikation vollständig geschlagen haben. ES liegt im Wesen der Sache, daß diese Uebelstäade erst dann verschwinden können, wen« der Engländer seine stolze Ungelenkigkeit aufgiebt und entweder selbst sich Kunden sucht oder sich nach sachkundigen Handel-, reisenden umsteht. Vielleicht wäre der Zweifel erlaubt, ob der Brite sich noch überhaupt zum Kommt- Voyageur eignet. Angesehene Kaufleute in London sind wenigsten- der Meinung, die Zeit fei noch fern, daß John Bull mit dem Musterkasten unter dem Arme lustig in die Welt zum Anpreisen seiner Firma reisen werbe; dazu sei der Panzer der inselhaften Abgeschlossenheit noch zu fest. Dagegen wäre eS für die englische Geschäftswelt äußerst vortheilhast, wenn sie deutsche Geschäftsreisende anstellen wollte. Herr v. LeffepS ist wieder in Paris eingetroffen und daselbst sogleich über seine Erlebnisse in Berlin von einem Mitarbeiter deS „Figaro" „interviewt' worden. Nach dem Berichte deS genannten BlatteS soll Fürst BiSmarck zu dem französischen Gelehrten, als dieser ihm seine Aufwartung im ReichSkanzlerpalaiS machte, u. A. geäußert haben: „Ich bin glücklich, Sie in einem Augenblicke bet mir zu sehen, da die drohende Wolke am politischen Hori zonte vollständig verschwunden ist. Niemand wünscht den Frieden mehr, als ich und trotzdem möchte man den Glaub«, erwecke«, ich sei eia Mana deS Kriege-! Ich habe allerdings jüngst eiaea Augenblick geglaubt, daß ich gezwungen fein werde, meine Waffen wieder vo» der Wand zu nehmen und mit dea Meinigen den W»K nach der Grenze avzutretev; denn sehea Sie, so sehr ich im Frieden mit Frankreich zu leben wünsche, so sehr werde ich Eifer für den Krieg zeigen, wenn Ihre LandSieute unS avgreifen oder auch nur bedrohen sollte». Dieser Haltung, die ich niemals einen Augenblick aufge- geben habe, schreibe ich meine Popularität ia Deutschlaad zu. Nicht ich habe 1871 Elsaß-Lothringen verlangt, sondern Graf Moltke, welcher der Ansicht war, daß Metz und Straßburg nothweadiger Weise ia uaserea Besitz gelangen müßten, wollten wir künftighin im Stande sein, unsere Westgrenze mit Erfolg zu vertheidigeo." Fürst BiSmarck führte darauf v. LeffepS in den Garte», faßte ihn unter den Arm und fuhr fort: „Ich bin ge» zwungen, fast wie ein Einfiedler hier zu leben; glück licher Weise steht mir der Garten zu der meiner Ge sundheit nothwendigen körperlichen Uebung zur Ver fügung. Soeben sprach ich Ihnen von meiner Popu larität; dieselbe ist j,tzt fast ebenso groß, wie ehemals der Haß gegen mich war. DaS Pflaster von Berlin, da» ich früher nicht betreten konnte, ohne daß die Personen, denen ich begegnete, hinter mir herspuckten, um mir ihren Widerwille« zu bezeugen, ist heute, wean ich mein HauS verlasse, voa Freunden dergestalt überfüllt, daß ich gezwungen bin, mich so wenig wie möglich zu zeigen. Der Tag wird vielleicht wieder kommm, wo man abermals hinter mir herspuckt. Die- ist nun einmal unser Schicksal." DaS Gespräch nahm nunmehr eine andere Wendung und zum Schluffe äußerte der Reichskanzler: „Wenn Sie Herrn Grsvy wieder sehen» so sagen Sie ihm, daß ich die größte Hochachtung vor seinem Charakter hege. Ich halte ihn für einen vor sichtigen Mann, ja ,ch zweifle, daß uater den kritischen Verhältnissen, in denen Frankreich sich verschiedene Male befunden hat, seitdem Grevy Präsident der Republik ist, irgend ein Anderer eine so mäßigende und frieden» stiftende Einwirkung au-geübr haben würde, wie er dieS gethan." Nicht minder interessant war di« Unter redung, welche Kaiser Wilhelm mit v. LeffepS pflog. „Ich bin ein Feind deS Kriege-" — äußerte der Monarch wörtlich — „ich will einen solchen nicht mehr. Ganz gegen meinen Wunsch habe ich den Feldzug gegen Oesterreich unternommen und ebenso war mir der Krieg gegen Frankreich zuwider. So lange ich lebe, werde« wir unS nur schlagen, wenn man unS angreift und ich kann Sie versichern, daß mein Sohn dasselbe Priacip verfolgen wird. Ihre Anwesenheit in Berlin bereitet mir »in besondere- Vergnügen, denn sie gestattet mir, einen von allen seinen Landsleuten geachteten Franzosen» Feuilleton. Der Legionär. Atm wahre Begebenheit aus Deutsch-Oesterreich» schwerer Zeit von Emil König. (13. ssonsetzun,.) „Ich bildete mir ein, durch Entstellung meiner GesichtSzüge mich sichern zu könne«, während der Renegat Sachse den Blitzstrahl bereit- in der Tasche trag, der mich zerschmettern sollte! Wie würde jener Abtrünnige erst triumphirt haben, wen« er gewußt hätte, wen er vor sich habe, al- er noch immer mit eine« einfachen Postillon zu sprechen glaubt«! Er wird «- übrig««- bald genug erfahren und dann wird er sich beeile«, de« vom Nebenbnhler, de« er «icht vermuthete, fiel gewordenen Werb,platz von Neuem zu betrete«, um sich an mei« treue- Anuerl zu drängen. Und Aanerl, von Allen verlasse«, auf immer getrennt von ihrem Ge liebte«, de« sie «icht eivmal zu vennen wage« darf, ka«a sie auf die Dauer der Werbung d«- Karriere machers widerstehe«, der ihre» Vater« Borges^ter, vo« dies«» protegwt wird? Wie kau« ich noch länger ihr Loo- an da- meine, an da- de- verurthetlten, ketten? Sie auch könnte ich es fordern, da- sie Jahre hi»d«rch m«i«»r harr«, vm bau« statt d«s kräftige« Maaaet et««« durch Kerkerluft und Evtdehr»«ge» Entnervte«, « Leid «vd Seel« verkümmert«« a« ihre Brnst zu drück«»? Freilich schwur sie mir Treue bi« zu« Grad«; allein wär« e« nicht mehr als Gransamkett, jetzt «och da- Halten ihre- Schwure- zu begehren? Ich werde sie ihre- Eide- entbinden, mag auch mein Herz darüber brechen!" Lange stierte er zur Erde nieder. Da senkt« sich mitleidig ein milder Hoffnungsstrahl in sein bekümmerte- Herz. „Wenn aber", flüsterte ihm die Stimme der Hoffnung zu, „jene beiden Fremden sich meiner noch erinnern sollten, wenn eS ihren Bemühungen gelänge, da» drohende Verderben von meinem Haupte abzulruken, wenn ich frei würde, ohne daß de- Richt,r- Unheil zur Bollstr,ckung g,langte! O, solch' thörichte Hoffnung darf ich nicht nähren! Diese Täuschung könnte ich nimmer ertrage«. Abrr selbst dann, wenn diese kühn« Hoffnung durch ein«n Gnadenakt wirklich in Erfüllung ging«, selbst da«n dürfte ich nicht auf Annerl - Hand rechne«. Würde mir ihr gestrenger Bater wohl ver zeihe«? Würde er, der abgesagteste Feind der Demokratie, sich jemals herbeilassen, die Hand seiner Tochter einem Manne zu geben, der jener ihm so verhaßt,« Partei ««gehört? Wozu also die Freiheit, wozu diese- ver fehlte Lebe«, wenn ich sie nicht besitzen kann, die mein All,- auf dieser Erde ist! O, wär« ich todt, bann hält« all' meia L«id s«iu End« «rr«icht!" Ja di«s«a v«rzweif,lt,n B«trachtuug«n stört« d«n Gesang«»»« da- plötzlich« Eivtret«« d«S alten Kerker meister«, der ihm freundlich winkt«, ihm zu folg«» und de« ju«ge« Mana, während sie den zum GerichtSsaal führend,« Korridor durchschritte«, mit sichtlichem ve- dauera «»blickt«, al- wellt« n sag««: „Armer, junger Ma»»! Ich führ« Dich nicht wt,d«r zurück, Du g»hst ei»«r hart«» G«sa«g,nschaft entgegen!* Pochenden Herze»- uud >mt grspanater Erwartung trat Joseph in den Saal. Der gutherzige Richter erhob sich und trat ihm einen Schritt näher. „Leider", sagte er ernst und traurig, „habe ich Ihnen keine Freubenkunde zu bringen. Ein Beseh! der Central - UntersuchuogSbehörde verlangt Ihre schnellste Ablieferung." „So ist eS denn um mich geschehen!" seufzte der Gefangen«. „Fassen Si« sich!" tröstet« drr human« H«rr. „Ber- li«r«n Si« d«n Muth nicht! Bi«ll«icht wead«t sich die Unt«rsochung zu Ihrem Vortheil«. Ich kenn« zwar nicht gaaz Ihren Antheil an jenen Vorgängen, allein wen» er nicht außerordentlich gravirend ist, so hoffe ich da« Best,. Man ist ia n,uer,r Zeit nicht mrhr so strmg, al- zu Anfang. Also Muth und vertrauen, mein junger Freund!" Franz wurde in da- Zimmer deS Kerkermeisters geführt. Dort stand bereit- eine Militärwache bereit, dea Arrestanten in Empfang zu nehme« und zu e»- kortirea. Vernichtet sank der Unglückliche auf eiaea Schemel, während der Gefaagevwärter sich vom Führer de- Traasportkommaado» die Ueb«rgab« de« Gefaageae» bestätigen l«^. Da schallen voa de« Treppevstusea hiaaof hastige Tritte, di« Thür spriagt aas und Aaa«rl stürzt mit d«m Frevdearufe: „Jos«ph, Du bist fr«i!" aa die Vrust d«S im Uebermaaße d«« Eatzück«a« zusammenfinkeade» Legionär». Al» er sich avmählig «rholt« u«d die Augen wieder aufschlog, war da» Militär verschwondn, «ab vor seiae», wie au« schwere« Traume erwachten, amherirrende» Blicke staabe« mit freudig verklärte» Antlitz« der jüngere