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MM M Tageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, »P,V Mochenblatt für Wilsdruff u Umgegend Heilungen' Falle hüherer Dcwalt, «Ur, oder fonpgrrBeirlebdflömngen besteh, dein Anspn,ch aus Lieferung ^er Zeitung oder Kürzung der Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke ttfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8gespaltene Raumzeile 20 Goldpfennig, die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Gold pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 100 Goldpfennig. Rechweisungsgebühr 20 Goldpfcnnig. Vor- geschriebeneEdcheinungs- rage und Platzvorschriften werden nach WSglichdrir Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtig!. Anzeige», annahme bis vorm.10Uhr - Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder RabaNanspruch »rlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muß oderderAuftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. La» Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstreutamts Tharandt, Finanzamts Nossen. Nr. 186 85 Jahrgang Telegr.-Adr.: .AmtkblaU^ Wilsdruff-Dresden P°sts-d«ck: Dresden LK4V Mittwoch,den 11. August 1S26 Deutsch-französischer Eisentrust. Der Abschluß der seit langer Zeit angestrebten Verabredung zwischen der deutschen und der fran zösischen Schwerindustrie mit Einschluß von Belgien, Luxemburg und dem Saargebtet über Herstellung, Preis usw. von Roheisen und Rohstahl steht un mittelbar bevor. Dazu wird uns von sachverstän diger Seite geschneben: Geburtsstunde der unmittelbar vor dem Abschluß stehenden internationalen Rohstahlgemein schaft ist der Zusammenbruch des deutschen Ruhrwider standes gewesen. Nach dem verzweifelten Widerstand, den die deutsche eisenschaffende Industrie zusammen mit ihrer größeren Schwester, der eisenverarbei tenden Industrie, gegen den Ansturm der infolge des Kriegsausganges so stark erweiterten französischen Kon kurrenzindustrien geführt hatte und der doch vergeblich ge blieben war, hatte man das Steuer entschlossen herum- geworfen, und vor allen Dingen Stinnes und der alte Thyssen waren es gewesen, die dabei die Gesamt- sührung übernahmen. Eine Verständigung nicht bloß mit wer sranzöstschen Schwerindustrie, sondern darüber hinaus auch mit den Industrien der anderen wichtigsten Pro duktionsgebiete war das Ziel. Auf die außerordentlichen Schwierigkeiten, die eine solche internationale Verständigung an und für sich schon hat, hinzuweisen, ist Wohl unnötig; die Schwierigkeiten wuchsen aber ins saft Unüberwindbare, als die fran zösische und die belgische Währung ins Wanken und Gleiten kamen, also gerade in jenen Ländern . die Gefahren einer Valutaunterbietung immer größer wurden, wo die stärkste Exportproduktion betrieben wurde. Nur auf augenblickliche Vorteile sehend, hatte sich darum besonders Frankreich gesträubt, internationale Ver einbarungen zu treffen, durch die eine Ausnutzung der Va lutaunterschiede unmöglich gemacht werden würde. Die Folgen davon waren besonders für die deutsche eisen schaffende Industrie schwer. Während im Jahre 1925 die französische Roheisen- und Nohstahlproduktion sich sehr er heblich vermehren konnte, ging in Deutschland wäh rend dieses Jahres die Roheisenerzeugung um etwa ein Viertel, die Rohstahlerzeugung um fast die Hälfte zurück. Die deutsche Rohstahlgemeinschaft fand sich genötigt, ihre Produktion theoretisch um 35 Prozent, in Wirklichkeit aber um 50 Prozent zurückzuschrauben. Demgegenüber spielt eine verhältnismäßig geringe Rolle, daß es gelungen war, wenigstens ein europäisches Schienenkartell und eine Röhrenvereinbarung abzuschließen. Die bevorstehende Rohstahlgemeinschaft ist aber zu nächst überhaupt nicht international gedacht, sondern soll auf Europa beschränkt werden, bleibt aber vor läufig überhaupt nur eine kontinentale Vereinbarung der wichtigsten Produktionsländer, also Deutschlands, Frankreichs, Belgiens und Luxemburgs, nicht dabei, wenigstens vorläufig nicht, we l die nicht will, sondern deswegen, ^rlrt ickw^ durch den Bergarbeiterstreik derart schwer verwundet worden ist, daß der Wiederauf bau der dort,gen Etsen- und Stahlproduktion bare Zeit Wohl fast zur Unmöglichkeit geworden ist Die Verabredung eines derartigen internationalen Kartells bezieht sich vor allem auf die Produkts böhe, die dem Bedarf angepaßt wird, was also in einer Art vor sich geht, wie sie bisher allein in der deutschen Rohstahlgememschaft durchgeführt ist; waren doch Frank reich und Belgien tn der glücklichen Lage, ohne jede Ein schränkung produzieren zu dürfen. Die Verhandlungs- schwierigkeiten lagen nun lm wesentlichen in dem Streit um die Höhe der Beteiligung, die auf jedes einzelne Land in bezug auf die Gesamtproduktion entfällt, also die soge nannte „Quote". Der französisch-belgische Standpunkt war dabei der, von der gegenwärtigen Lage — als einer für diese beiden Länder besonders günstigen — auszu- aehen. De» deutschen Unterhändlern ist es aber gelungen' von diesen Forderungen ganz erhebliche Abstriche zu er^ zwingen, wobei die bevorstehende Frank st abili- r i erung für uns ein wesentlicher Helfer war. Es sollte, ioaar gelungen sein, für Deutschland eine Beteiligung zu Wen die den jetzigen deutschen Produktionsrückgang wieder wettzumachen geeignet sein wurden der deutschen Industrie die Zahlen von 1925 zugestanden, wonach auf sie ungefähr 43 Frankreich mit Luxemburg Belgien 11^ und das Saargeluet 6 der Ge samterzeugung entfallen. Neuerdings verlautete ffo och, die Verteilung solle sich nach dem Stande jedes Merm- jahrs richten und mit 1926 beginnen. So würde sich aller dings das Verhältnis wahrscheinlich etwas zuungunsten Deutschlands verschieben. Die internationale Verabredung würde nun eine gegenseitige Konkurrenz praktisch ausschaltcn, weil ja eine Preisverabredung ab Werk durchgeführt wird, so daß bei der Ausfuhr nur noch die Höhe der Tarife Preisuuter- 'chiede hervorruft. Des weiteren wird durch die neue ^"ernationale Rohstahlgemeinschaft auch ein Austausch stisSegenscitigen Rohstoffe zwecks Ausgleichs herbeige- frhh' so daß man Wohl auf die Wiederherstellung des erzen s Auslandes rechnen kann: Lieferung des an Eisen- liefernn "deraus reichen Frankreichs an uns und Gegen- der namentlich für die lothringischen Eisen- Sie MmlverfmnttW sanktioniert die Regierungsvorlage. Frankreichs oberfles Parlament. In Versailles wurde Dienstag früh vom Vorsitzen« den, dem Senatspräsidenten de Selves, die auf An trag des Ministerpräsidenten Poincarö einberufene Natio nalversammlung eröffnet. Diese gleichsam als oberste endgültige Instanz in besonderen Fällen dienende Ver sammlung tagt zum drittenmal seit Bestehen der Fran zösischen Republik von 1870 zu anderen Zwecken als zur Neuwahl des Präsidenten, zu der sie verfassungsmäßig berufen ist. Sonst kann sie einberufen werden, wenn diS Verfassung abgeändert werden soll. Diesmal handelt es sich um die Einfügung eines neuen Gesetzes in die Ver fassung, nämlich des Gesetzes über die Errichtung und die Einnahmen einer Tilgungskasse zur Behebung dsr Währungsschwierigkeiten. der Bons der nationalen Verteidigung und der durch die Kasse verwalteten Wertpapiere zugewiesen: 1. Die Ein nahmen aus dem Tabakverkauf, 2. der Ertrag der ein maligen Steuer bei Eigentumswechsel, die Erbschafts steuer und die freiwilligen Abgaben, 3. im Falle, daß die aufgezählten Mittel nicht für die Verwaltung der der Kasse überwiesenen Fonds genügen sollten, soll eine ent sprechende Annuität in das Budget ausgenommen werden." Während Poincare diesen Entwurf verliest, unter brechen ihn die Kommunisten verschiedentlich. Die Re gierung beantragt hierauf die Dringlichkeitserklärung der Beratung dieses Entwurfs, die von der Nationalver sammlung durch Handausheben beschlossen wurde. Der Entwurf wird darauf an den Ausschuß überwiesen und die Versammlung vertagt sich vorläusig. Vorsitzender der Nationalversammlung de Selbes. Lärm zur Eröffnung. Das Schloß von Versailles, in dem die Versammlung tagt, ist stark durch Militär- und Polizeiaufgebot gesichert. Sonst war in den Straßen der Stadt von den großen Ereignissen nicht viel zu bemerken. Vorsitzender d e Selbes eröffnete die Tagung und schlug vor, die Ge schäftsordnung der Nationalversammlung von 1871 im ganzen auch für diese Tagung anzunehmen. Tosender Widerspruch der Kommunisten und der Sozia listen erhob sich. Sie randalierten mit den Pultdeckeln und mehrere Redner protestierten in erregten Reden gegen diese Regelung der Geschäftsordnung. Ihre An träge wurden abgelehnt, der Vorschlag des Präsidenten angenommen. Ein Antrag Morinaud, der bestimmt, daß zur Tagesordnung nur je ein Redner der Mehrheit und der Minderheit das Wort erhalten soll, wurde mit 515 gegen 347 Stimmen angenommen. Mnisterpräsldent polncarß. verliest die Begründung des aus einem einzigen Artikel bestehenden Gesetzentwurfs, der lautet: „Das Verfas- sungsgesctz vom 25. Februar 1875 wird wie folgt er gänzt: Die Autonomie der Kasse zur Verwaltung der Bons der nationalen Verteidigung und Amortisierung der öffentlichen Schuld trägt verfassungsmäßigen Cha- rakttzL, Ihr werden bis zur vollständigen Amortisieruna Dte Schlußsitzung der Versailler Nationalversammlung Km 6,15 Ähr begann dann die Plenarsitzung wiederum. Der Berichterstatter Theron verlas den Kommifsionsbericht und gab den Text des Ergänzungsartikels bekannt. Er wurde in seinen Er klärungen von den Kommunisten mehrfach unterbrochen. — Leon Blum sprach für die Sozialisten gegen den Gesetzentwurf. Nach der Rede Leon Blums ergriff Ministerpräsident Poincare das Wort zu einer Erwiderung. Die Ursachen für die größeren inne ren Schulden Frankreichs liegen in den Kosten des Krieges, in den Kosten des Wiederaufbaues der zerstörten Gebiete und in den Schwierigkeiten, die Deutschland bei der Zahlung seiner Schulden gemacht abe. Der Kommunist Doriot hielt darauf eine scharfe Nede unter steigendem Beifall seiner Kollegen und wachsendem Protestlärm auf der Rechten. Durch Handaufheben wurde die Abstimmung über die fünf einzelnen Paragraphen des Ergänzungsartikels vorgenom men. Sämtliche Paragraphen wurden angenommen. Wäh rend der Abstimmung kam es zu neuen schweren Ruhestörungen durch die Kommunisten, die über die Lärmszenen des Vormittags noch weit hinausgingen. Die Versammlung trat sodann in die Ab stimmung über das Gesamtprojekt der Regierung ein, das mit 671 gegen 144 Stimmen angenommen wurde, Äm 10 Uhr teilte der Präsident das Resultat der Abstimmung mit und schloß die Tagung der Nationalversammlung. Um das deutsche RLumuvgsverlangen Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Brüssel, 11. August. Wie die Telegraphen-Union in unterrichteten halbamtlichen Kreisen erfährt, wird die deutsche Note wegen der Verminderung der Besatzung im Rheinlands hier so aufgefaßt, daß sie hauptsächlich an die Adresse Frankreichs ge richtet ist, da, wie man hier zugibt, Frankreich nicht im gleichen Maße wie Belgien und England seinen Truppenbestand im be setzten Gebiet vermindert habe. Man glaubt, daß die Note so wohl in Brüssel wie auch in London formell zurückgewiesen werde, da es sich um eine interalliierte Angelegenheit handele, für die al lein .die Botschafterkonferenz zuständig sei. In den genannten Kreisen verschließt man sich jedoch nicht der Notwendigkeit einer weiteren Herabsetzung des französischen Truppenkontingents im besetzten Gebiet. * Illi» eine neue volkssMm- mung in kupen-Malmeckv. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes" Brüssel, 11. August. Die Zeitschrift „Letzte Stunde" veröffentlicht ein Interview mit den sozialistschen Abgeordneten Sommerhausen, dem- Vertreter von Eupen und Malmedy in der belgischen Kammer, der sür eine neue geheime Volksabstimmung in Eupen und Malmedy eintritt. Die Bevölkerung soll noch ein mal gehört werden, ob sie nach Deutschland zurück möchte. fast unbedingt notwendigen Nuhrkohlen- war inzwischen in den vÜschen Beziehungen eine bedeutende Schwie rigkeit behoben worden, nämlich der Streit um das S a ar gebiet, der namentlich bei den zwar zustande gekommenen, aber nie durchgeführten Vereinbarungen im Ium vergangenen Jahres die entscheidende Nolle gespielt hatte. Das damals dort übermächtige französische Kapital hat sich namentlich wegen der Entwicklung des Franken nicht halten können, und als die saarländische Schwer industrie, vor allem der Stumm-Konzern, in Schwierigkeiten geriet, konnte das deutsche Kapital einen raschen, zu einem durchschlagenden Siege führenden Vor stoß machen, so daß die dortigen Werke jetzt der deutschen Rohstahlgemeiuschast bzw. dem neuen Rheinmontantrust angchörcn. . , So versucht also der neue mternatlouale Elsentrust, obwohl manches gegen ihn vom Standpunkt der eisen t verarbeitenden Industrie und der Verbraucher aus! ' wird eingewendet werden können, eine Ordnung und! Festigung in der internationalen Wirtschaftsbeziehung! der beteiligten, also auch der deutschen Schwerindustrie,! herbeizuführcn. Die Verminderung -er VesatzungstruMN Frankreichs Gegenforderungen. Von zuständiger französischer Seite wird die Mel- vung, daß der deutsche Botschafter in Paris, von Hoesch, dem Außenminister Briand ein Memorandum über die Herabsetzung der Besatzungs stärke im Rheinlands überreicht habe, dementiert. Richtig sei, daß die Verhandlungen über diese Frage bereits seit vielen Monaten schweben und daß der Botschafter mit