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Zchönbnrgtr Tageblatt und Waldenburger Anzeiger Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. .L 4« Freitag, den 17. Februar 1882 Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster- scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. —— Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 5« Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pi. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. "Waldenburg, 16. Februar 1882. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Zum diesjährigen, dem 85. Geburtstag des Kaisers, ist ein Prachtwerk in Vorbereitung, wel ches durch seine Originalität einen hohen Neig aus üben wird. In dem Besitze des Kaisers befindet sich nämlich eine Sammlung von Aquarellen der be deutendsten Künstler, welche die Hauplepisoden aus dem ereignißreichen Leben Kaiser Wilhelms dar stellen und die, so zu sagen, unter seiner persönlichen Regie entstanden sind. Der Kaiser hat nun die Erlaubniß zur photographischen Vervielfältigung dieser Blätter ertheilt; ein erläuternder Text aus berufener Feder wird dieselben begleiten. Das Unternehmen geht von einer bekannten süddeutschen Verlagsfirma aus. Die neueste Nummer der „Prov.-Corr." bringt zunächst einen Artikel über die katholische Kirche und ihre Freunde, an dessen Schluß sie sich dahin ausläßt: „Man sagt: die Kirchenvorlage der Re gierung werde dasselbe Schicksal Haden, wie vor zwei Jahren, ja ein noch schlimmeres, weil jetzt alle Parteien gegen den Grundsatz der bloßen Regierungs vollmachten seien. Die Sache liegt jedoch in drei facher Beziehung anders und günstiger als damals. Zunächst waren vor zwei Jahren die Verhandlungen mit der römischen Kurie soeben abgebrochen und die Regierung war lediglich auf sich angewiesen, wenn sie der katholischen Bevölkerung in ihren Nothstän den Erleichterung gewähren wollte. Jetzt dagegen finden freundliche Beziehungen zum Papste statt, unsere Regierung hat die Verhandlungen in hoff nungsvoller Weife soeben wieder angeknüpfl und darf eine dauernde regelmäßige Verbindung in Aus sicht nehmen. Bei den Vorverhandlungen über ihre Vorlage hat der Cultusminister erklärt, daß die Verständigung mit Rom sich auch auf das Vorgehen in der Gesetzgebung erstrecken solle. Ein zweiter, sehr wesentlicher Unterschied der Vorlage ist unzwei felhaft darin zu finden, daß, während damals die Regierung mit ihren milden, versöhnlichen Absichten fast in der ganzen liberalen Partei auf den heftig sten Widerstand stieß, jetzt „die Ueberzeugung, daß die Maigesetzgebung einer Revision bedürftig sei, nach unzweifelhaft liberalem Heugniß eine allgemeine ist." Endlich ist es ein großer Gewinn, daß das Gesetz von 1880 seine < Kraft zur BeMung der kirchlichen Verhältnisse auf katholischer Seite, selbst in der verstümmelten Gestalt, welche es damals erhallen halte, bereits bewährt Hal; um so größer und begründeter ist die Zuversicht, daß die Vorlage, wenn sie jetzt in ihren wesentlichen Theilen zu Stande kommt, nicht blos in der Gegenwart großen Nutzen für die katholische Bevölkerung bringe, son dern auch die Wege zu weiterer Verständigung bahne. Die Hoffnung, daß die wahren Freunde der Kirche diesen Erwägungen zugänglich sein und die Friedens bemühungen nicht durch Mißtrauen vereiteln werden, darf nach dem Verlauf der bisherigen Verhandlun gen im Abgeordnetenhause noch nicht als ausge schlossen gelten." Die P titionscommission des preußischen Ab geordnetenhauses hielt am 13. d. Vormittag wiederum eine Sitzung, in welcher zahlreiche Petitionen von keinem allgemeinen Interesse erledigt wurden. Fol gender Beschluß ist jedoch bemerkenswerth. Bei den activen Staatsbeamten ist es bekanntlich Usus, daß die Gehaltszahlung an dieselben quartaliter erfolgt. Im Fall eines Todes derselben wurde den Hinter bliebenen dann das Gehalt ebenfalls für die Dauer eines Quartals voll und ganz ausgezahlt (das soge nannte Gnadenquarlal). Bei den Pensionären er folgt aber die Auszahlung der Pension monatsweiss j und aus diesem Grunde wurde auch den Hinterblie- z denen derselben die Gnaden-Pension nur für die Dauer eines Monats gezahlt. In Folge vorliegen der Petitionen hat nun die Petilionscommission den Beschluß gefaßt, der Staatsregierung zu empfehlen, auch den Pensionären, wie bei den activen Beamten, die Pensionen quartaliter auszahlen zu lassen und demzufolge auch für den Fall des Todes die Gnaden pension nicht nur für einen Monat, sondern für das ganze nächstfolgende Quartal auszuzahlen. Die Nordd. Allg. Ztg. citirt aus einem russischen Blatt, Echo, einen Artikel, welcher vor einigen Ta gen unter dem Titel erschien: „Ein Zusammenstoß mit Deutschland ist nicht so schrecklich, wie man vermuthet." Die N. Allg. Ztg. hebt hervor, daß dieser Artikel augenscheinlich aus militärischen Krei sen herrührt und giebt davon folgende Analyse: „Nach Aufzählung all der Vortheile und günstigen Verhältnisse, welche Deutschland für sich habe, tröstet der Verfasser seine Leser mit der Angabe, daß die in Organisation und Ausbildung so sehr überlegene preußische Armee schon im siebenjährigen Kriege von den Russen besiegt worden sei — und jetzt: „an der moralischen Vortrefflichkeit des russischen Soldaten, an der unerschütterlichen Stetigkeit der russischen Armee zerschellen werde." Es sei nicht so schwer, schon bei Anfang des Krieges die preußische Mobil machung zu stören. Es sei befriedigend, consialiren zu können, daß es solche Mittel gäbe." Dazu be merkt die Nordd. Allg. Ztg.: „Diese „Mittel," welche das russische Blatt geheimnißvoll andeutet, sind für unsere Generale ein ebenso offenkundiges Geheimniß, wie für den Redacteur des Echo. Auch unsere Leser sind schon früher einmal davon unter richtet worden, es würde sich dabei um einen plötz lichen Einbruch russischer Cavallerie in Preußen handeln, mit dem zunächst bezweckt würde, unsere Militärzusammenziehung möglichst zu verhindern und das Trakehner Gestüt in russischen Besitz zu bringen. Mit diesen Plänen hat man auch in unseren mili tärischen Kreisen die Aufstellung großer Cavallerie- massen in den russischen Grenzprovinzen zusammen- gebracyt, weil man keine andere Erklärung für eine solche Maßregel finden konnte, welche nur mit gro ßen Kosten aufrecht erhalten werden kann. Pferde futter ist nämlich in den Grenzprovinzen erheblich theurer, als im Instern von Rußland." Dem Bundesrath ist in Erledigung des Beschlusses vom 25. Juni v. I. seilens des Stellvertreters des Reichskanzlers jetzt der Entwurf eines Normal- Jnnungsstatuts auf Grund des Reichsgesetzes vom 16. Juli 1881 nebst Erläuterungen zur werte ren Beschlußfassung mit dem Bemerken vorgelegt worden, daß derselbe den Bundesregierungen bereits direct zugefertigt worden ist. In einer Vorbemer kung zu den beigefügten Erläuterungen wird ausge führt, daß das Statut selbstverständlich weder für die Entschließungen derjenigen, welche eine Innung errichten oder reorgamsiren wollen, noch für die Entscheidung der Behörden, dennen die Genehmi gung der Jnnungsstatuten obliegt, verbindlich ist. Es soll nur eine Anleitung zur Aufstellung eines den gesetzlichen Erfordernissen (M 98 a u. 98 b der Gewerbeordnung) entsprechenden Statuts geben. Dabei ist eine nur die Gewerbe umfassende Innung (das Normalstatut wählt die Tischler-Innung) von mittlerer Ausdehnung vorausgesetzt. Die „B. B.-Z." schreibt: Aus sicherer Quelle verlautet, daß sowohl die Vorlage über das Tabak monopol als auch das Unfallversicherungsge setz schon fertig sind. Freilich wird die Erhebung der Berufsstatistik erst im Mai beginnen können, und die Vorlage hat sich begnügen müssen, sich auf die bisherigen Ermittelungen der Statistik zu beziehen! aber, wie gesagt, beide Vorlagen sind soweit vollendet, daß sich, wenn der Reichskanzler will, der Bundes rath in nächster Zeit mit ihnen wird beschäftigen können. Das Tabakmonopol zählt bekanntlich unter den Regierungen manche angesehene Gegner. Baiern, Sachsen, Baden sind gegen das Monopol, und neuerdings hat auch Württemberg in dem Tabak monopol ein Haar gefunden. Die unerwartete Mehrheit von 98 Stimmen gegen 43, welche der direct gegen das Tabakmonopol gerichtete Antrag Schels in der baierischen Kammer fand, wird auch nicht unbeachtet bleiben. Voraussichtlich ist in dem Reichstage bei seiner jetzigen Zusammensetzung eine Mehrheit für das Tabakmonopol nicht zu erlangen. Und so ist denn auch von einer Nachsession des Reichstages kaum noch die Rede. Der gegenwärtig in Berlintagende Landwirth- schaftsrath hat sich für Heranziehung der länd lichen Arbeiter zu der obligatorischen Unfallversiche rung ausgesprochen. Der Pabst hat den Probst Herzog in Berlin zum Fürstbischof von Breslau ausersehen. Dis Präconisation desselben erfolgt demnächst. Die Einzahlungen in die Sparkasse in Berlin sind im Monat Januar so beträchtlich gewesen, wie noch niemals, obwohl dieser Monat stets den übrigen Monaten voransteht. Die Einzahlungen haben nach der am Monatsabschluß veranlaßten Feststellung die Rückzahlungen um 1,200,000 Mk. überstiegen. Der Abschluß für das Rechnungsjahr 1881 ist jetzt fertig; es stellt sich heraus daß der Ueberschuß denjenigen des Jahres 1880 um 100,000 Mk. übersteigt und rund 380,000 Mk. beträgt. Oesterreich. Dem am 15. d. im Abgeordnetenhause vorgeleg ten Gesetzentwurf, betreffend den allgemeinen öster reichisch-ungarischen Zolltarif, ist ein umfang reicher sachlich detaillirter und eingehender Motiven- bericht beigegeben, in dessen allgemeinem Theile es heißt: Wir stehen heute wieder dort, wo wir im Jahre 1878 standen, nämlich vor der dringenden Nothwendigkeit, unseren Tarif wirklich autonom zu revidiren, nur hat sich seitdem die Situation we sentlich geklärt. Die Hoffnung, durch Rücksichtnahme auf das Ausland dasselbe ebenfalls zu einer frei willigen Schonung unserer Interessen zu veranlassen, ist beseitigt; wir haben heute nachzuholen, was man 1878 unterlassen zu müssen glaubte. Frankreich. Kaum vierzehn Tage ist das Kabinet Freycinet im Amte und schon sind zwei wichtige Refor men angebahnt. Der Minister des Innern hat einen Entwurf eingebracht, wonach künftig auch die Gemeinderälhe der größeren Städte ihre Maires wählen und die L timmung, daß die Höchstbesteuer ten auch ohne Wahl im Gemeinderalh sitzen dürfen, abgeschafft werden soll. Das ist eine Reform, welche um so bedeutsamer ist, als sie in den Weg der Decentralisation einlenkt und den Beweis liefert, daß das Ministerium Freycinet mit Bewußtsein die Schranken der bestehenden Centralisation durch brechen will. England. Die anfängliche Meldung, daß die Feuersbrunst in der Staatswerfte zu Devonport durch Selbst entzündung von Werg entstanden sei, hat sich nicht bestätigt. Es ist vielmehr Grund zu der Annahme vorhanden, daß man es mit einer Brandstiftung zu thun hat, welcher die irischen Fenier nicht fremd sind. Rußland. Der am Sonntag in Petersburg verschiedene Fürst Alexander Arkadjewitsch Suworoff-Rymniski,