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MsdmfferTageblail Kernsprecher Wilsdruff Nr. d fÜs WllsdsU^ UNd ^MgLgLNd Postscheckkonto Leipzig 2S614 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtühauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt Verleger ««d Drucker: Arthur Zschunke in Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, für den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in Wilsdruff. Dienstag den 23. November 1920. 79. Jahrgang. Nr. 271. Amtlicher Teil. Allgemeine Ortskrankenkasse Wilsdruff-Stadt. Montag den 29. November !920 abends 7 Uhr im Sitzungssaal« des Rathauses ordentliche Ausschutzfitzung. Tagesordnung: l. Festsetzung des Voranschlages für 1921. 2. Wahl des Rechnungsausschuffes. 3. Satzungsänderung. 4. Verschiedenes. Wilsdruff, am 22. November 1920. ?«« Paul Neumann, Vorsitzender. (harte Holzteile) kommt in den nächsten Tagen, Zentner8,50 Mk., zum Verkauf. — Anmeldungen zum Bezüge am 24. n. 25. d. M. in der Ortskohlenftelle. r« Kleine Zeitung für eilige Leser. * Lie Reichsregierung bat an den Völkerbund einen Protest «gen die Mandatsvertetlung der früheren deutschen Kolonien ^Achtel. * Die angekündigte Schlichtungsordnung soll dem Reichs« Ms« im Januar zugehen. * DaS Reichsgericht bat Sachsen, Hamburg und Bremen »m Wiedereinführung des Religionsunterrichts verurteilt. * Im Befinden der erkrankten vormaligen deutschen Kaiserin ist »ine leichte Besserung eingetreten. * L« Italien ist den Frauen das Gemeinde Wahlrecht ver- tkhsn worden. * Di« amerikanisch« Regierung lehnt die Anerkennung Sowjetruklands rundweg ab. * Die Königin»Mutter Olga hat die Regentschaft in GMchenland übernommen. Ohnmacht! Dir Weltordnrr, Lie in Genf versammelt sind, -eigen sich groß und mächtig in einer Eigenschaft, in der heutzu» tage leider auch außerhalb ihrer Reihen das erklecklichste arieistet wird: im Reden. Es werden langatmige, ein« druck^volle, leidenschaftliche und staatsmännische Reden ge- hätten gan- gewiß, es treten dabei auch mancherlei Stimmungen zutage, die großen Herren aus London, und namentlich aus Paris, nicht gerade angenehm in die Ohren Mngen. Unterdessen aber gehen draußen in der Welt der Tatsachen Streiks und Zank, Neid und Haß, Gewalt und Krieg weiter ihren Weg, als gäbe es nichts, was auch nur «l entferntesten eine Vernunftordnung des Völkerzusammen- lebens durch gütliche Übereinkunft, durch unparteiische Ent scheidung wohlgesinnter Schiedsrichter ermöglichte. Wir lesen, daß eben jetzt ein polnischer General angriff gegen die litauische Front eingesetzt bat, ob wohl eine Kontrollkommission des Völkerbundes an Ort und Melle war. um den Wiederausbruch von Feindseligkeiten zu Ehrsten. Sie appelliert nun an die Warschauer Regierung «rd an die gegenwärtigen Gewalthaber von Wilna, denen was di« .Eroberung" dieser nichtpolnischen Stadt so autzer- o*dentlich leicht gemacht hat. Jede Schuld rächt sich eben «mf Erden. Hätte man den Polen nicht gar zu freie Hand gelassen in der Befriedigung ihrer Ländergter, in der un- M-üg«tten Herrsch- und Unterdrückungssucht seiner maßgebenden Kreise, würde man sich jetzt weniger rücksichtslos von ihm be- handelt sehen, aber gerade jetzt hat der Völkerbundrat eben diesen Pole» sogar das militärische Mandat über Danzig in »wmiich sichere Aussicht gestellt: wenigstens bat er nicht den M»t gehabt, diese Forderung mit einem runden Nein zu »«antworten. Er hat den Warschauern vielmehr ganz offen- k«dtg die Vorhand eingeräumt, für den Fall, daß die neue freie Stadt, die sich, weil die Japaner es so wollen, nicht aks Hanjeatenstadt bezeichnen darf, jemals in dle Gefahr «ÄKärischer Verwicklungen geraten sollte. Derartige Nach- »tedigkeiten gegenüber einer Nation, die jedes Augenmaß stbrr die Grenze ihrer Zuständigkeit verloren hat, reizen lediglich zu immer neuen Gewaltsamkeiten, und so kann mau nur sagen, daß der Völkerbund die Behandlung, die er lick jetzt von polnischer Seite gefallen taffen muß, redlich »rrdient hat. Oder was soll man zu der Vorsicht sagen, mit der die deutsche Frage in Genf umgangen wird. Die Frage, ob »s erlaubt sei, mit Deutschland schon irgend welche geregelten Beziehungen aufzunehmen. Der erste, der den Wut batte, k dieser Richtung einen kräftigen Vorstoß zu unternehmen, «ar der argentinische Minister des Auswärtigen. Rund heraus erklärte er der Versammlung, daß sein Land gar Seine Schwierigkeiten gehabt habe, die Pflichten der Reu- valität lm Weltkriege auch Deutschland gegenüber aufrecht- zurrhalten. Selbst während der überaus schwierigen Zeiten h«8 U-Bootkrieges habe Deutschland die argentinischen j«rben sorgfältig respektiert. Sogar in den Sperrzonen, »» es wirklich nicht leicht war, so weitgehende Rücksichten zu nehmen. Leider eine verspätete, eine sehr verspätete An erkennung der Seekriegsführung Deutschlands. Warum wohl haben nicht wie Argentinien, auch andere unbe- lekttgie Länder an ihrer Neutralität festgehalten, sondern sich von den Feinden ins Schlepptau nehmen lassen? Mutz jetzt nicht auch gegen Deutschland voreingenommenen Leuten tue Erkenntnis dämmern, daß hier die Schuld durchaus nicht bloß auf deutscher Seite gelegen hat? Aber weiter: Auch Herr Barnes, der englische Arbeitsminister, bricht im Namen der britischen Arbeiterschaft eine Lanze für die Auf nahme Deutschlands in den Völkerbund. Er findet manches iräftige Wort zur Kennzeichnuna der Tendenzen, die Deutsch. wno durchaus noch länger tn seiner jämmerlichen Isolierung festhalten wollen. Er verurteilt den Haß, von dem man sich immer noch nicht frei zu machen verstehe, und verlangt Aufklärung darüber, warum der Völkerbundsrat den russisch polnischen Krieg nicht verhindert habe. Aber er fand mit alledem nur mäßigen Beifall. Man staunte ihn an wie ein Wundertier, das sich in ungewohnter Umgebung nickt recht zu benehmen weiß, und über das man am zweck- mäßigsten mit spöttisch mißbilligender Kopfbewegung zur Tagesordnung übergeht. Was uns Deutschen im Grunde ja solange nur recht sein kann, als der Völkerbund das bleibt, was er ist und sein will: ein Instrument zur unbarmherzigen Durchführung de« Vertrages von Ver sailles. Außerordentlich gut paßt tn diesem Rahmen die Mit teilung, daß die interalliiert« Botschasterkonserenz neuerdings von Deutschland die Ablieferung der beiden Zeppelin- lüft schiffe fordert, die wir unS gerade noch aus dem furchtbaren Zusammenbruch unseres Luftverkehrs gerettet haben. Jetzt sollen auch noch die .Bodensee" und der .Nordstern" genommen werden als Ersatz für zwei zerstörte deutsche Luftschiffe, vorbehaltlich weiterer Ersatzforderungen jür die übrigen zerstörten Lenkluftschiffe. Die deutsche Re gierung vertritt natürlich den Standpunkt, oaß solche An sprüche nicht mehr erhoben werden können, weil alle während des Waffenstillstandes vorgekommenen Verstöße durch das Scapa Flow-Protokoll ausgeglichen sind. Aber wird sie damit Erfolg haben? Und ist es nicht hübsch, daß gerade, während der Völkerbund tn Genf versammelt ist, diese neue Zumutung und Demütigung uns angesonnen werden? Die Ohnmacht dieses Gebildes, mit dem angeb lich eine neue Epoche der Weltgeschichte eingeiäutet worden ist, kann nicht bester gekennzeichnet werden als durch diese neue Forderung. LLm die Festsetzung oer deutschen Schuld. Lloyd Georges Ratschläge an Frankreich. Der Londoner Vertreter eines großen Pariser Blattes hatte eine Unterredung mit Lloyd George, in der er mit ihm auch über die Wiedergutmachungsfrage sprach: Der Korrespondent sagte u. a.: .Es gibt bei uns tn Frankreich eine Frage, die über alle anderen Fragen steht, weil wir während des Kriegs mehr gelitten haben als die anderen, das ist die Wiedergutmachungsfroge. Zu recht oder zu unrecht glauben gewisse Kreise in Frankreich, daß man fick in England vom französischen Standpunkt entfernt, ja ihn sogar bekämpfe. Lloyd George antwortete daraus: „Zu recht oder anrecht? Ich sage: zu unrecht! Da Sie dicseu Haupt punkt berühren, der auch für uns ein Hauptpunkt ist, werde ich Ihnen meine Meinung klar sagen: M»ß man Deutschland bezahlen lassen, soweit dies möglich ist? Ja. Aber wieviel? Haben Sie eine feste Zahl? Ich sage Ihnen: Bestimmen Sie die Zahl. Ich sage das nicht, uw Deutschland ein Bergungen zu bereiten. Solange ich noch Rechtsanwalt war, ehe ich mich der Politik zuwandte, habe ich steis folgende Richtlinien befolgt: Wenn ich mich einem Schuldner gegenüber befand, so machte ich natürlich von meinem Rechte ausgiebigen Gebrauch. Aber sollte ich Mobilien und Immobilien verkaufen lassen, so daß Frauen und Kinder Gefahr liefen, mittellos zurück zubleiben? Oder aber war es nicht besser zu sagen: Sie schulden mir so und so viel, — was können Sie sofort, was können Sie in einem Jahr, waS können Sie in zehn Jahren zahlen? Das war nach meiner Ansicht die beste Methode, und das ist auch die Methode, die ich Deutschland gegenüber anzuwenden empfehje. Man soll den Schuldner nicht ohne Kontrolle lassen. Man mutz ihn kontrollieren, man mutz seine Zahlungsfähigkeit abschätzen, und man muh vor allen Dingen eine Summe diktieren. Diktieren wir also, und wenn die Summe fixiert sein wird, so wird England Frankreich zur Seite stehen, um zu fordern." Deutscher Reichstag. (M. Sitzung.) 68. Berlin, 26. November. Bor schwach besuchtem Hause wurde heute die sozial demokratische Interpellation betr. die Sozialisierung deS Kohlenbergbaues behandelt. Vorher wurde der Gesetzentwurf zur beschleunigten Erhebung des ReichsnotopferS und der Kriegsabgabe vom Vermögenszuwachs dem Steuerausschuß Überwiesen. Di« Sozialisierung des Kohlenbergbaus. Die Interpellation bat folgenden Wortlaut: »Ist die Reichsregierung bereit, zu erklären, wann sie den schon wieder« bolt und besonders eindringlich neck dem Abkommen von Spa zugesagten Gesetzentwurf über dte Sozialisierung VAS Kohlenbergbaues vorlegen wird und zwar einen Entwurf, der sich nicht etwa auf eine Gewinn-, Kapital- oder Ertrags- deteiligung der Arbeiter beschränken, vielmehr die Voll sozialisierung der Kohlenförderung und der Kohlenverteilung durchführen wird. . Zur Begründung erhielt der Abg. Löffler (Soz.) da« Wort. Der Retchsarbeitsmlnister Braun, so führte er au«, hat erklärt, daß die Retchsregirrung der Frage der So-iati- sierung nicht aus dem Wege gehen werde und daß der ReichS- wirtschastsminister beauftragt sei, unverzüglich Lie wettere Verfolgring der Angelegenheit zu betreiben, sobald der Bericht der Sozialisierungskommission vorltege. Dann hat das Reichskabinett den Wirtfchaftsmtnister aufgefordert, umgebend den Entwurf eines Gesetzes vorzulegen. Schließlich hat der Reicksschatzmiuister v. Raumer dem ReichSwirtschaftsrat er klärt, Las Reichskabtnett stehe noch heute geschlossen auf dem Boden der früheren Erklärungen. Danach hat die Regierung unzweideutig die Vorlegung eines Gesetzes versprochen. Seitdem aber herrscht übrr allen Regierungswipfeln Rube. Ich frage daher, auf welchem Standpunkt steht dte Regierung jetzt. Wir müssen heute eine klipp und klare Antwort bekommen. Die Frage ist, ob der Bergwerksbetrieb ein privatkapita listisches Monopol bleiben soll oder ein gemeinschaftliches Unternehmen, das dem Äolksganzen zu dienen hat. Der Redner verbreitete sich dann über den Bergbaubetrieb und erklärte am Ende: Die Bergarbeiter wollen nur ihre Arbeit in den Dienst des Ganzen stellen, werden sie «der von der Regierung enttäuscht, dann ist vielleicht nicht mehr mög lich, das Abkommen von Spa zu erfüllen. Antwort der Regierung. Reichswirtschaftsminister Scholz: Die Reichsregierung wird auf Grund der Erklärung vom 27. 10. einen Gesetz entwurf über die gemeiuwirtschaftliche Regelung deS Berg baues mit größtmöglichster Beschleunigung der gesetz gebende» Körperschaft vorlege». Im gegenwärtigen Augen blick sind die Beratungen der Sachverständigen des vorläufigen Reichswirtschaftsrates und des Reichskohlenrates über die Endfragen des Entwurfes noch nicht abgeschlossen. Vielmehr ist, wie bekannt, die ursprünglich nur aus Vertretern des Kohlenbergbaues bestehende Sachverständigenkommission durch weitere Sachverständige ergänzt worden, um endgültig eine gemeinsame Grundlage für diese entscheidende Frage der Neuregelung unseres Wirtschaftslebens zu fiuden. Die Kommission beabsichtigt, ihre Verhandlungen am 1. Dezember diesen Jahres aufzunehmen. Solange die berufenen Sach- oerständigenvertreter noch in aussichtsreichen Verhandlungen über einheitliche, aus gemeinsamer Berständigung hervor- gegangene» Richtlinien beraten, wäre es eine nicht genügende Beachtung kaufmännischer Mitarbeit und der produktiven Kräfte, wenn die Reichsregierung schon jetzt einen endgültigen Bescheid über den Inhalt des Gesetzes geben oder eine Mit teilung über dessen Richtlinien machen würde. Dieser Erklärung setzte der Relchswirtschaftsminister noch einige Bemerkungen hinzu. Der Abg. Löffler hat an die Re gierung die Frage gestellt, ob sie nach wie vor bereit sei, die gemeinwirtschaftliche Regelung des Bergbaus vorzunehmen. Ich kann versichern, daß die Reichsregierung dabei einen geraden und wohlausgelegten Weg einschlagen wird. Daß die Frage der gemeinwirtschaftlichen Regelung nicht einfach zu lösen ist, hat auch der Abg. Löffler anerkannt. Diese Tatsache dürste mit grober Deutlichkeit auch daraus heroorgehen, daß auch die Partei der Interpellanten, die anderthalb Jahr lang teils allein, teils maßgebend in der Reichsregierung gesessen bat, einen solchen Weg während der Zeit ihrer maßgebenden Tätigkeit uns nicht vorzuschlagen vermochte. Es wäre nach Austastung der Reichsregierung verwesten, wenn wir tn dieser außerordentlich schwierigen Frage unter Nichtachtung derjenigen Beratungen vorgingen, die gerade im Augenblick unter den ersten Sachverständigen auf diesem Gebiete stattfinden. Mr müssen vielmehr heute, wie immer, alle Parteien dieses Hauses bitten, in dieser für unser gesamtes Wirtschaftsleben so außerordentlich einschneidenden Frage unter Zurückstellung aller parteipolitischen Ansichten, rein von: wirtschaftlichen Standpunkte aus mit uns und mit den Sachverständigen zu prüfen, welche Erledigung dieser Frage uns nützen könnte. Deshalb kann dle Regierung im gegenwärtigen Augenblick, wenn sie ihre Aufgabe ernst auffabt, an den Beratungen der Sachverständigen nicht vorübergehen. Sie muß mit ihnen wünschen, daß sie gedeihen möge zum Segen unseres Vaterlandes. Besprechung der Interpellation. Abg. Bolz lZentr.) erklärte, daß seine Fraktion die Er klärung der Regierung billige, und daß sie es nicht für zweck mäßig halte, jetzt in eine materielle Beratung der Frage ein zutreten. 'Abg. Leopold <deut,ch-nat.): Wenn die Sozialdemokratie heute so laut und gebieterisch die Sozialisierung fordert, so kann dies nur durch Gründe der Propaganda »nd der Taktik diktiert sein. Die wirtschaftliche Zukunft unseres Volkes ist so düster wie nie zuvor. Die beiden bisherigen Soziali- sierungskommissionen sind derart einseitig zusammengesetzt ae-