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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 17.05.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-05-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110517022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911051702
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911051702
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-05
- Tag 1911-05-17
-
Monat
1911-05
-
Jahr
1911
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BezuftS-PreiS Nlr «»» v»r»a» d«rch »»)«* TrSarr and Eo»btt«ur» Lmal tödlich in» s>aa» ardrachl » Pt. «anatl, LTV MI. oteneUädrl. v«t »n>«n>ßUtal«» ». An» »»tzm«ftküer> abu'doU 72 Vf- LSMI. ot»n«lt<u>rl. »ar» »t« V «r tnnrrhald Dratichland» and dar dantlchaa Kolonien vianeliährl. ö.« Mt^ «onatl. l.ro Mt. aualchl PostdeVellaeld Aernee ln Lel-ten, Danrmael. de» Donaaöaate«. Italien, i-'arembata. Ntedeeland«, Xoe» weaen, O^terretch» Ungarn, Lull land. Schweden, Echweta n Eoanlen. In allen übngrn Staaten na» btretl durch dta «Leiidättaltell» da» Vtatta» erdatutch. Da» L«»p,ts«r lagedlatt «tchet« I>nat täglich. Sonn» «. l^etenag» nur «argen». Adonnem«nt»»Annadme I»da»»«»gall« S, bei unteren Iragern. Ktltalen.Sv«dit«uren «»d Lanahmeftellen, Ioan» LoltönUern »ad VNeltrdgrrn. Gt»»»l»«rta»I»»i«t» »Vt> Abend-Ausgabe. rMgerTagMaü «,l.-Ä»schl.^»W- HandeldKettuug. Amtsblatt des Nates und des Nolizeiamtes der Stadt Leipzig. Lnzeiqen-Prei- för Inlerar, na» tietpil» and Umgedaag die llpalttge Letitretl« R Ll , die Leklame» t«tle l MI., oon auswan» 30 Ps. Leklamen llll MI.. Inlerar» oon Lehordrn tm amt lichen letl dt» Petttjeil, SU Vs. Selliiaft,an,eigen mit Llanoorlchrtsten » in der Ad«nbau»gad« im Preti» erhöht. Rabatt nach Tartt. Letlagegebüljr Selamt» aallag» S Mk. p Taulend «rkl. Poltgedittzr. Teildeilag« Hoyer. Feftertrtlte Aujlraae können ntcht zarück» grrogen werden. Für da» Erscheinen an bemannten Tagen und Platzen wird kein» Garantie übernommen. Anzeigen - Annahme I»dannt»«als» ch bei sämtlichen Filialen ». allen Annoncen» Erpediitonea de» In- und Au»lande» Dnut au» Verl», »«» t!«t»,tg», lag»» blatte» E. V»l». Inhaber: Paal Lltrlte». Redaktion an» schilst,ltell«: I»dannt»gass« L Haupt - Filiale Dr«»d«n: Seeftrag« 4. l lTelepho» 4SL1T Nr. 13ö. Mittwoch üen 17. Mai ISN. t0S. Jahrgang. Die vorlieqende Ausgabe umfaßt 6 Seiten. Oer Seile üesüeutlchenSronprinzen nach Petersburg wird in offiziösen Kreisen Rußlands größere Be deutung beigelegt als zurzeit in Deutschland. Die scheinbar zufällige Uebereinstimmung des Zeitpunktes des privaten Besuchs des Kaiserpaares in England und des ebenfalls privaten Besuches des Kronprinzen paares in Rußland geben ja allerdings genug Anlaß zu politischen Kombinationen aller Art. Gefördert werden derartige Vermutungen noch durch folgenden Aufsatz der offiziösen „Rossija", worin dem Besuch des Kronprinzen am Zarenhof eine außerordentlich warme Würdigung zuteil wird, über die man sich im Deutschen Reiche nur freuen kann. Der Draht über mittelt uns folgendes darüber: Petersburg, 17. Mai. (Tel.) Die offiziös« „Rossija" schreibt in einem Leitartikel über den bevorstehenden Besuch des deutschen Kronprinzen paares u. a.: „Dieses Ereignis ist von hervor ragen derpolitischer Bedeutung und dient als eine, neue feierliche Bekräftigung der Un Wandelbarkeit der freundschaft» lichen Beziehungen, die seit schon mehr als einem Jahrhundert zwischen Rußland und Deutsch land zum Wohle beider Staaten und Völker besteht. Die nahen Verwandtschaftsbande, die seit langem zwischen den Herrscherhäusern bestehen, förderten in bedeutendem Grade in den wechselseitigen Be ziehungen der beiden benachbarten Großmächte solche Bedingungen, die der Erhaltung des europäischen Friedens günstig sind. Die großen und ruhmvollen politischen Traditionen, die die Herrscher Rußlands und Deutschlands von ihren erlauchten Vorfahren übernommen haben, sind eine genügende Bürgschaft, daß die aus vergangenen Zeiten ererbten Prinzipien auch fernerhin die Grundlage des Zusammenlebens beider Reiche bilden werden. Ein besonderer Zug in den deutsch-russischen Beziehungen besteht eben darin, daß die unveränderliche Nähe der beiden großen Reiche bei den vollkommen gut nachbarlichen Beziehungen beider zueinander gleichzeitig einer parallelen Verwirklichung engerer Einigung zu anderen Mächten nicht hinderlich ist. Das erklärt sich am ehesten da durch, daß Rußland sowie Deutschland ihre traditio nelle Freundschaft treu wahren, um sie ausschließlich zur Erhaltung des allgemeinen Friedens und der Ruhe zu benutzen." Die „Rossija" schreibt dann weiter, daß die Aufrichtigkeit der Beweggründe der beiden Regierungen Rußlands und Deutschlands durch di« die Kundgebungen patriotischer Ge fühle erklärlich sind, die in Rußland und Deutsch land aus Anlaß des Besuches des Kronprinzen und seiner hohen Gemahlin, einer Einkelin des Groß- vis LxpeüMvnkn lMMer Lllgemkiiiku reitimg llvcl äss IMiM iMlllsiikL delloäen statt von jstrt ad «lotiÄnrüsAÄLUVS 8, VorttörKsdÄutts psrtsrrs links. fürsten Michael Nikolajewitsch, zum Ausdruck kommen, über jedem Zweifel steht. Zum Schluß wird noch einmal die Uoberzeugung ausgesprochen, daß die. Ankunft des Kronprinzenpaares zum allgemeinen Wohle und einer noch größeren Festigung der Freundschaft dienen wird, die seit alters her zwischen beiden Ländern besteht, die außerdem durch die gemeinsame traditionelle Anhänglichkeit und das monarchische Prinzip verbunden sind. Ote Schiltallrtsabgsbenkommllvon erledigte am Dienstag den von der Unterkommission oorberatenen 8 1 des Artikels 6 über die Feststel lung und Prüfung der Transportgüter und -gefäße. Zur Vermeidung von Belästigungen und Verzögerungen des Verkehrs wurde beschloßen: Eine Unterbrechung der Fahrt und eine Ausladung zum Zwecke der Durchführung der Kontrolle dürfen nicht angeordnet werden, außer wenn Tatsachen vor liegen, die den Verdacht einer Hinterziehung begrün den. Der Abgabepflichtige ist befugt, alle Weiterun gen dadurch abzuwenden, daß er sich bereit erklärt, die höchste Abgabe zu entrichten, die nach Lage des Falles in Betracht kommen kann. Man kehrte nunmehr zu dem zurückgestellten Artikel 3 zurück, wonach die B e- fahrungsabgaben nicht rückwirkende Kraft haben sollen bei natürlichen Wasser straßen. Von fortschrittlicher Seite wird hierfür eine unzweideutige Klarstellung der Begriffe natürliche und künstliche Wasserstraßen gefordert und der Antrag gestellt: Natürliche Wasserstraßen im Sinne dieses Gesetzes sind die der Vorflut dienenden schiffbaren Wasserläufe, die Seen und die Haffe. Der Umstand, daß die Schiffbarkeit durch an ihnen ausgeführte Ar beiten eine Verbesserung erfahren hat, ändert an dem Tharakter der natürlichen Wasserstraßen nichts. Schiffbare Wasserstraßen, die früher der Dorflut ge dient haben, behalten die Eigenschaft natürlicher Wasserstraßen auch dann,, wenn sie infolge künstlicher Eingriffe nicht mehr der Vorflut dienen. Das Seim üer „Oeutlchlanü" in Oültelüorf. Die Katastrophe des Passagier-Luftschiffes „Deutschland" in Düsseldorf ist, wie der „Inf." aus Lustschifferkreisen geschrieben wird, sicher lich nicht zum geringsten Teile Lurch die Bauart der Luftschiffhalle verursacht worden. Das Luftschiff wurde beim Herausbringen aus der Halle vom Ost wind erfaßt und gegen die Schutzwand geworfen. Es hat demnach den Anschein, als ob dieser starre Riesen- luftkreuzer besondere Konstruktionen zum Schutze bei der Ausfahrt und Einfahrt notwendig macht. Die ideale Luftschiffhalle wäre ja die runde Drehhalle, die durch elektrische Kraft nach allen Richtungen des Windes einzustellen ist. Wegen der Unkosten ist der Bau von runden Luftschiffhallen aber ausgeschlossen. Die Stadt Düsseldorf hat bis zum Anfang des Jahres 1911 für die Luftschiffhalle bereits 116 000 -4t aus gegeben. Wenig? Monat« später wurde die Halle von der Stadt Düsseldorf bei einem Kostenanschlags von 153 000 -tt erworben. Diese Luftschiffhalle kostet also bereits 270 000 Daß Fehler oder mindestens Un zulänglichkeiten vorhanden waren, die eine Gefahr für das Passagierluftschiff bedeuteten, geht schon daraus hervor, daß die Stadt Düsseldorf sich bereit erklärte, unter dem hölzernen Westgiebel der Luft- schrffhalle ein drehbares Tor anzubringen, wenn die Delag die „Deutschland" bis zum Juli 1913 in Düsseldorf belassen wollte. Nach dem Vertrage, der zwischen der Delag und der Stadt Düsseldorf besteht, sollte das nun verunglückte Passagierluftschiff „Deutschland" bis zum 15. Juli in Düsseldorf statio niert bleiben. Diese Neuänderung durch Konstruktion eines neuen Tores würde natürlich mit großen Kosten verbunden sein. Das neue Tor würde aber dem Luft schiff die Möglichkeit gewähren, nach zwei Setten aus fahren zu können. An dem Ostgiebel, an dem bisher die ein« Ausfahrt möglich war, wurde nach vorn eine hölzerne Windschutzwand angebaut, durch die das Schiff beim Ein- und Ausfahren gegen Windstöße von der Westrichtung her gesichert war. Gegen Ost winde mar eine Sicherung nicht vorhanden. Würde die Luftschiffhalle nun auch ein Tor am Westgiebel erhalten haben, dann wär« bei Ostwind eine Aus fahrt auf dieser Seite möglich gewesen, und hie Kata strophe wäre verhindert. Aus dem neuen Unglück werden manche Lehren für den Bau von Luftschiff hallen gezogen werden können. Vielleicht wären die zweckmäßigsten Luftschiffhallen die zusammenlegbaren oder d-ie „versenkbaren" Luftschiffhallen, die von dem Zimmermeister Johann Eise! in Reutlingen er funden worden sind. Bei diesen werden die Wände einfach in den Erdboden versenkt und die Giebel umgeklappt, wenn das Luftschiff aussteigen soll. Das Luftschiff befindet sich dann sofort auf völlig freiem Boden und kann von Windstößen nicht mehr gefährdet werden, da die Wände fehlen, an denen es zerschellen könnte. von der Uufallstelle der „Deutschland" werden noch folgend« Einzelheiten gemeldet: Die Bergung der Trümmer des Luftschiffes „Deutschland" hat sich verhältnismäßig rasch voll zogen und in den Abendstunden am Dienstag war so gut wie alles aufgeräumt. Nur einzelne Teile von Rippen lagen noch vor der Halle. Was irgendwie für spätere Bauten Verwendung finden kann, war be reits am Nachmittag auf der Lahn nach Friedrichs hafen verladen worden. — Wie verlautet, soll das Luftschiff in denselben Maßen wieder Hel ge st eilt werden. — Zn sei Sitzung der Stadt verordneten brachte der Oberbürgermeister Dr. Oeh ler sein Bedauern zum Ausdruck, daß das stolze Luftschiff „Deutschland" vernichtet sei. Er habe eine eingehende Unterredung mit Dr. Eckener, dem Fahrtenleiter der „Delag", gehabt, und dieser habe ihm erklärt, daß menschliches Verschulden an dem Un fall nicht vorliege. Gerade vor diesem Aufstieg seien die Wind- und Wetterverhültnisse sorgfältig geprüft worden, und man habe nicht im geringsten auf irgend welchen plötzlichen Wechsel der Witterung gefaßt sein können. Jedenfalls habe die Leitung des Schiffes alles menschenmögliche getan, um größeres Unglück zu verhüten. Auch genügend Hilfskräfte seien vorhan den gewesen und auch das Publikum sei bereit ge wesen, Hilfe zu leisten. Die am Vormittag beob achtete Windrichtung sei die denkbar günstigste ge wesen. Wahrscheinlich infolge einer Eewitter- bildung sei dann plötzlich eine andere böige Wind richtung eingetrcten. Der Oberbürgermeister brachte unter lebhafter Zustimmung des Stadtverordneten kollegiums den Wunsch zum Ausdruch daß die „Delag" den Mut nicht verlieren möchte und beharrlich ihr Ziel weiter verfolgen möge, damit Düsseldorf mög lichst bald ein neues Luftschiff erhalte. Unterm Litte. Roman oon Hans v. Saltzwedel-Weimar. (Nachdruck verboten.) „Mein verehrter Herr von Rottnow", begann er nun, da dieser erschöpft schwieg, mit näselnder Stimme, „verzeihen Sie gütigst, wenn ich mir erlaube, mich sozusagen unmotiviert in Ihre Angelegenheiten zu mischen: aber ich kann nicht umhin, Ihnen einen sehr gutgemeinten Rat zu jeben." Zornig sah sich der also Angeredete nach dem Sprecher um. Schon wieder so ein wohlgemeinter Rat! Wie kam denn der lange Falkenberg dazu? — Wenn er auch zehnmal Dioisionsadjutant war, das gab ihm noch lange kein Recht, ihn mit guten Ratschlägen zu plagen. Schon wollt« er eine ab lehnende Antwort geben, da besann er sich noch zur rechten Zeit. Das lange, vornehm geschnittene Aristo kratengesicht sah ihn mit kühlen, wasserblauen Augen so ruhig ernst an, daß er sich unwillkürlich seiner Heftigkeit schämte. So antwortete er denn mit kühler Höflichkeit: „Und der wäre, Herr von Falkenberg?" „Verehrtester, ich würde an Ihrer Stelle, heute jar nichts mehr machen, sondern ruhig nach Hause marschieren. Können mir stauben: heute stückt doch nichts mehr." „Sie haben gut reden. Haben Sie. die Schwei nerei vorhin gesHen?" „5>abe ich, halbe ich, Verehrtester! — Kenne das janz genau. So was passiert ab und zu." „Ja, den Deubel aucy! Es darf aber doch nicht passieren! Warum passiert so was nicht bei der ersten Schwadron?" Ueber das lange ernste Gesicht ging ein sehr spöt tisches Lächeln: „Wollen Verehrtester mal hinter jenen Busch dort sehen? Da stehen alle Verbrecher der Königlich Ersten unter der Firma „Schonungsbedürftig" hübsch sried- som beieinander und können keinen Frontgalopp verderben. Man muß seine schmutzige Wäsche eben nicht vor aller Augen waschen. Ist ja auch jar nicht nötig. Herr Kuntze versteht eben den Rummel. Na also. Verehrtest«!, wie jesagt: Ruhig nach Hause!" Damit wandte, er langsam sein Pferd und ritt im Schritt davon. Erstaunt sah ihm Rottnow einige Augenblicke noch, dann war er mit wenigen Galoppsprüngen an seiner Seite. „Ich werde Ihren Rat befolgen, Herr von Falken berg: aber ich muß Sie noch um wetteren Rat bitten: Dorn will mir nicht länger die Ausbildung meiner Schwadron überlassen. — Das geht doch gar nicht! — Was soll ich dabei machen?" Der lange Kürassier nickt« verständnisvoll: „Habe schon jehört. Verehrtester. Wird alles nicht so heiß jejessen, wie's jekocht wird. Beruhigen Sie sich nur darüber: werd« mit dem Jeneral sprechen. Chos« kommt nämlich von dem. Sollen Ihre Schwadron schon noch einige Tage ungestört aus bilden dürfen. Und dann — wenn ich noch weiter raten darf — exerzieren Sie in den nächsten drei Tagen überhaupt nicht. — Nur gliederroeise galop pieren, verstehen, mein Lieber? Und dann — der Fröhlich ist ja ganz leidliches Kerlchen, aber ver dirbt Ihnen jedes Exerzieren. An dem könnte ja der berühmte Ritmeister Kuntze seine Kunst probieren. Hat sowieso nur einen Offizier: aber den Kleinen wollte er natürlich nicht. — Na, wird ihm nichts helfen. — Und nun zum Schluß noch eins: verärjern Sie sich Ihre Leute nickst: wird dadurch nicht besser, — im Jegenteil! Empfehle mich, Herr von Rottnow, können sich auf mich verlassen." Sein langer, trockner Schenkel legte sich fest hinter den Sattelgurt, und gehorsam galoppierte der hoch beinige Fuchs in langen Sprüngen davon. Der Zu rückbleibende atmete tief auf. „Sollte mir etwa in dem dort ein Helfer in meiner Not entstehen?" — Bisher hatte er ihm ganz ferngestanden: denn das kühl abweisende Wesen des übertrieben feintuenden Mannes lockte nicht zu voreiliger Annäherung. Zweites Kapitel. Rittmeister von Falkenberg war vor etwa sechs Wochen als Divisionsadjutant hierher gekommen. Die Ansicht über ihn war in dem Ulanen-Offizier- korps eine sehr geteilte: während die Jüngeren sich gewissermaßen durch den Verkehr mit Hm geschmei chelt fühlten und durch seine feudalen Manieren im ponieren liehen, so daß sie sein geziertes Wesen be reits nachzuahmen begannen, sanken die Aelteren sein Benehmen albern und suchten, so zuvorkommend sie sich gegen ihn auch benahmen, hinter seinem Rücken ihn lächerlich zu machen und dadurch seinem Einfluß auf die jüngeren Kameraden entgegenzuarbeitcn. Sein Hauptgegner war der Rittmeister Kuntze, de: eifersüchtig seine eigene Herrschaft über die Gemüter der Jugend hütete und aus diesem Grunde auch gegen den bei den jüngeren Offizieren sehr beliebten Rittmeister von Rottnow stets heimlich arbeitete. Dieser fühlte daher eine gewisse Befriedigung dar über, daß Falkenoerg diesen Menschen so bald richtig erkannt hatte. lleberhaupt schien ihm hinter dem oft geradezu lächerlich wirkenden äußeren Wesen dieses Mannes doch mehr zu stecken, wie man vermuten konnte. Würde es dem wohl gelingen, wirklich etwas für ihn zu erreichen? Dazu war doch wohl nur wenig Hoff nung vorhanden; denn General von Herrig wollte ihm nun einmal nicht wohl. So führte Rottnow, immer noch in schweren Sor gen, seine Schwadron nach der Kaserne. Kaum hatte er die Pferde in den Stall führen lassen, als er in das Regiments-Geschäftszimmer be stellt wurde, wo ihn neuer Aerger erwartete. Zwei Leute seiner Schwadron waren dem Regi ment« wegen einer Schlägerei mit Zivilpersonen an gezeigt. Trotzdem er den Vorwürfen des Komman deurs gegenüber einwandte, daß jene beiden soeben erst eingezogene Reservisten seien, für teren Verhalten er sich daher unmöglich verantwortlich fühlen könne, mußte er sich dennoch sehr unangenehme Sachen über die unbedingte Verantwortlichkeit des Eskadronchefs für jede Handlung aller seiner Leute sagen lassen, um schließlich mit dem Tröste: „Ich muß leider fürchten, daß ich mich in Ihnen sehr geirrt habe, Herr Ritt meister",'entlassen zu werden. So war es denn nicht zu verwundern, daß er in sehr sorgenvoller und verärgerter Stimmung nach Hause kam. Schon an der Flurtllr erwartete ibn lein« Frau. Ihre zierliche, kleine Figur auf die Zehenspitzen hebend, umschlang sie seinen Hals mit beiden Armen und schmiegte sich zärtlich an ihn. während sie sagte: „Gott sei Dank, daß du endlich da bist!" Er küßte sie leicht auf die Stirn und erwiderte: „Liebling, schnell «inen Happen Frühstück! Ich muß gleich wieder nach der Kaserne zu den Remonten. Heute nachmittag ist wieder einmal so viel los, daß für die Remonten keine Zeit bleibt!" Di« kleine Frau seufzte tief auf: „Das ist ja gräßlich! Kaum hier und gleich wie der fort! — Ich bade jetzt auch wahrhaftig rein gar nichts mehr von dir." Jhie weich« Stimme zitterte bedenklich bei diesen Worten; er aber bemerkt« ihre sichtliche Erregung gar nicht und ging schnell nach dem Eßzimmer voran, während er sagte: „Ja, liebes Kind, das hilft doch nun mal nichts!" Dann aß er hastig, ohne ein Wort zu sprechen, während seine Frau verschüchtert nur wenige Bissen genoß, wobei sie immer wieder ängstlich forschend nach dem Gesichte des Mannes blickte. Endlich begann sie zaghaft: „Du bist ja so still. Haben sie dich wieder geärgert, armer Schatz?" Er lachte kurz auf, ehe er antwortete: „Aerger mehr als genug! Nun habe ich die Sache aber bald satt; mag draus werden was will! Das kann kein Deubel mehr aushalten! — Herrig will mir ja nun durchaus einmal ans Leder, und jetzt hat sich Dorn natürlich auch schon breitschlagen lassen!" „Was wollen sie denn immer vor dir? — Was war heute wieder los?" „Was wird los gewesen sein? Das läßt sich nicht so kurz sagen, und du würdest es doch nicht verstehen. Sind übrigens keine Briefe angekommen?" Bei dieser Frage schrak die junge Frau sichtlich zusammen, erhob sich mit verlegenem Erröten schnell von ihrem Stuhle und eilte mit den Worten: „Nur ein paar Eescyäftsanzeigen", in das Nebenzimmer, aus dem sie nach einer Minute mit einigen Briefen in der Hand zurückkehrte. Rottnow schob den leeren Teller zurück und nahm die Briefe, um sie einen nach dem anderen nach einem flüchtigen Blicke auf die Aufschrift gleichgültig auf den Tisch zu werfen, bis er an den letzten kam. Nach dem er auch dessen Aufschrift gelesen, sah er erstaunt nach seiner Frau. Diese stand hinter ihrem Stuhle, mit beiden Händen dessen Lehne umklammernd, und sah mit großen verängstigten Augen nach dem Brief«, den ihr Mann kopfschüttelnd öffnete, indem er sagte: „Eine Rechnung von Rosenthal? — Wie kann denn das sein?" „Ja, ich weiß auch nicht " kam es zaghaft stotternd zurück. Jetzt wurde sein Ton schärfer: „Du weißt es nicht? — Was? — Dreiundfünfzig Mark für Kolonialwaren? Ja, aber um Himmels willen, wo kommen die denn her? — Ich habe dir doch ein- für allemal das Nehmen auf Borg verbotenl — Und am Ersten hast du mir doch noch versichert, daß du keine Schulden hast!" (Fortsetzung in der Morgenausgabe.)
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