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spiel werfen sich Bläser und Streicher die Motive des Hauptthemas zu. Nach marschhafter Entwicklung des lustigen Spieles bringt das Trio eine gemächliche Tanzmclodic. Trio und Scherzo werden wiederholt. Etwas vom Geist des Scherzos weist auch das sprühende, ausgelassene Finale (Allegro molto) auf. Das sieghafte, kraftvolle Hauptthema beherrscht den ganzen Satz, dessen fest liche Heiterkeit nicht durch besinnliche Stimmungen beeinträchtigt werden kann. Auch den fröhlichen Abschluß des Satzes bestimmt das Hauptthema. Anton Bruckner hat ein verhältnismäßig wenig umfangreiches kompositorisches Erbe hinterlassen, neun Sinfonien, ein Tedeum, drei Messen, den 150. Psalm, einige Chöre und ein Streichquartett. Doch dieses relativ schmale Oeuvre gehört fraglos zu den un vergänglichen Zeugnissen der Musikkultur. Bruckner, Sohn eines Dorfschullehrers, fand als Komponist zu Lebzeiten Anerkennung nur bei einem kleinen Freundeskreis. Höchste Anerkennung zollte er Richard Wagner, der ihn einen Nachfolger Beethovens nannte. Auch Komponisten wie Hugo Wolf und Carl Loewe, die berühmten Dirigenten Nikisch, Ochs und Levi standen Bruckners Musik sehr aufgeschlossen gegenüber. Bruckners schärfster Gegner aber war der namhafte Wiener Kritiker Dr. Hanslick, ein Vorkämpfer von Brahms. Die Musikgeschichte nennt Anton Bruckner mit Recht einen Sinfoniker, „nicht weil er im wesentlichen Sinfonien geschrieben hat oder weil er mit der Zahl neun in Beethovens Nachbarschaft steht, sondern weil er in dieser Form sein Gültiges so ausgesagt hat, daß wir es aus der Entwicklungsgeschichte der Sinfonie nicht mehr wegdenken können. Bruckner hatte unablässig gelernt, geübt und ausgeübt, das letztere nicht wie ein Instru mentalsolist oder Dirigent auf breiter Basis, sondern auf der Orgelbank. Er hatte musi kalisches Kapital in kleiner Münze angehäuft, aber nicht, um es wie ein Geizhals zu horten, sondern um Zinsen daraus zu schlagen zu gegebener Zeit. Er war, als er die Reihe seiner Sinfonien begann, weder ein Mann der kühlen Berechnung, der sich etwa gesagt hätte, dies oder jenes verlangt die Gegenwart, noch war er einer, der in blinder Vermessenheit nach den Sternen griff, sondern das Große, hier die Sinfonie, war ihm gerade groß genug, um es auf seine Art zu füllen, zu erfüllen“ (M. Dehnert,). Berechtigt weist Friedrich Blume darauf hin, daß Bruckners Weltanschauung von einer Reihe elementarer Gegen satzpaare bestimmt ist: „Gott und Teufel, Leben und Tod, Gut und Böse, Seligkeit und Verdammnis, Licht und Finsternis, Niederlage und Sieg sind die Welt, in der er lebt.“ „Das ist auch die Welt, die in Bruckners Musik dargestellt ist. Um seine Vorstcllungswclt sinnfällig, bildhaft darzustellen, hat Bruckner eine Tonsprache von großer Eindringlich keit entwickelt. Man hat in der Beschreibung der Brucknerschcn Tonsprache ihre Abhän gigkeit von Richard Wagner oft über Gebühr betont. Nur in seiner Harmonik zeigt Bruck ner Wagncrsche Einflüsse. Seine Melodik kommt weit eher aus der Tradition Beet hovens und Schuberts. Aber auch der Einfluß Bachs ist in den kurzen, prägnanten und im Hinblick auf kontrapunktischc Arbeit erfundenen Themen nicht zu überhören. Bei alle dem ist Bruckners Tonsprachc äußerst originell, und diese Originalität verdankt er gerade jener Fähigkeit, die von seinen Biographen übersehen, von ihm selbst jedoch in sehr aufschlußreicher Weise dargestellt wurde: seiner Fähigkeit, aus der Beobachtung der Wirklichkeit neue Intonationen zu gewinnen“ (G. Knepler). Bruckners Sinfonien, insgesamt Höchstleistungen der Sinfonik des vergangenen Jahr hunderts, weisen eine ganz unverwechselbare Organik auf. Wohl kennen auch sie die vier Sätze der Beethovenschen Sinfonie, die thematisch-motivische Arbeit. Aber Bruckner stellt nicht wie Beethoven dualistische Themen, etwa ein männliches und ein weibliches gegen über, sondern läßt seine Themen (oft drei in einem Satz!) sich gleichsam aus dem Nichts entfalten zu zwingenden Melodiebögen, ja melodischen Blöcken (diese Entwicklung hält selbst in der Durchführung an). Weniger also dialektische Auseinandersetzung, sondern mehr thematisch-geistiges Wachstum zeigen diese Werke. Bruckners musikalisches Bau prinzip, das gewaltige Klangblöckc neben Episoden von innigstem Ausdruck setzt, wird meistens im letzten Satz gekrönt, wenn alle Themen der Sinfonie in großartig-hymnischer Schlußsteigerung wiederkehren. Bruckners Tonsprache atmet echt romantischen, klang schwelgerischen Geist. Die Melodienseligkeit der Volksmusik seiner Öberösterreichischen Heimat hat ihn oft genug inspiriert. Monumental, riesenhaft sind die äußeren Formen der Brucknerschcn Sinfonien, die einmal „zyklopische Orgelimprovisationcn“ genannt wurden, doch niemals sind sie formlos. Ihre Gesetzmäßigkeiten erschließen sich nicht auf den ersten Blick, sondern erfordern vom Hörer intensivste Aufmerksamkeit und Hörbcrcitschaft. Bruckners 6. Sinfonie A-Dur wurde in den Jahren 1879-1881 komponiert. Das einstün dige Werk erlebte seine vollständige Uraufführung erst nach dem Tode des Komponisten in einem Philharmonischen Konzert in Wien am 26. Februar 1899 unter der Leitung Gustav Mahlers, nachdem schon 1883 die beiden Mittclsätzc des Werkes von den Wie ner Philharmonikern unter Wilhelm Jahn erstmalig zum Klingen gebracht worden waren. Die Sinfonie, ein Lobgesang auf die Schönheit der Erde, wird gern, entsprechend Beet hovens Sechster, Bruckners „Pastorale“ genannt. An der Spitze der Exposition des ersten Satzes (Maestoso) steht das aus dem Quintfall machtvoll und männlich ausschwingendc Hauptthema der Celli und Bässe, das aus däm merndem Zwielicht des Anfangs herauswächst und im vollen Orchcsterglanz „einer der strahlendsten Sonnenaufgänge der Musik“ wird. Freundliche Gedanken spricht nach elegischem Beginn auch das sangliche zweite Thema aus. Eine einsame Flöte leitet dazu über. Charakteristisch sind besonders die spielerische Quintoie und der volksliedhafte Ausklang. Ein drittes rhythmisches Thema, von fast allen Instrumenten unisono kräftig vorgetragen, besitzt eine abschließende Haltung. Die Durchführung und Reprise werden hauptsächlich vom Kernthema bestimmt. Das verhältnismäßig kurze, sehr feierliche F-Dur-Adagio weist eine durchführungslose Sonatenform mit wiederum drei Themengruppen auf. Es kündet von überschwenglichem Glück (zweites Thema in den Violinen), aber auch von schmerzlichem Verzicht, Liebesleid (erstes Thema in den ersten Violinen mit elegischen Klagerufen der Oboe; drittes Thema, das ernst, dunkel, im langsamen Marschschritt einer Trauerprozession erklingt, Celli und Bässe zupfen eine eintönige Begleitung). Die drei Themen werden nacheinander sehr stimmungsvoll verarbeitet. Der Scherzosatz ist einer der schönsten, den Bruckner geschrieben hat. Er ist kein derber, bäurischer Tanz, sondern die fcingliedrigc Darstellung eines phantastischen, gespenstischen Spuks, einer impressionistischen Nachtstimmung. Das Ganze besitzt infolge ständiger Durchsetzung mit Triolcn etwas „geisterhaft Huschendes“. Über dem Klopfen der tiefen Streicher und einem Motiv der zweiten Violinen und Bratschen bildet sich im dritten Takt - in Holzbläsern und Violinen - das Thema des Hauptteiles. Romantisches, idylli sches Gepräge besitzt das zarte Trio. Eine plastische, thematische Sprache und ein einfacher, klarer, nichtsdestoweniger impo nierender Aufbau kennzeichnet das kraftvolle, sieghafte Finale. Dem sich breit in den Violinen entfaltenden Hauptthema über dem Pizzicato der tiefen Streicher und leisem Tremolo der Bratschen folgt das zweite, strahlend aufgipfclndc Thema (zuerst in den Hörnern) und schließlich das sangliche dritte Thema in den Streichern. Choralhaftes erinnert an den religiösen Untergrund des Brucknerschcn Schaffens. In wechselnden farbigen und klangprächtigen Bildern zieht der Satz vorüber und krönt mit seinem lebens freudigen, hellen Ausklang die Sinfonie, indem neben dem strahlenden zweiten Final thema das Hauptthema des ersten Satzes in den Posaunen glanzvoll aufleuchtet. Dr. Dieter Härtwig VORANKÜNDIGUNG: 26. Oktober 1965,19.30 Uhr, Steinsaal 2. KAMMERMUSIKABEND Freier Kartenverkauf der Kammermusikvereinigung der Dresdner Philharmonie Werke von W. A. Mozart, J. Noväk und C. Kreutzer Programmblätter der Dresdner Philharmonie - Künstlerischer Leiter: Prof. Horst Förster - Spielzeit 1965/66 Redaktion: Dr.Dieter Härtwig Satz und Druck: Grafischer Großbetrieb Völkerfreundschaft, Zentrale Lehrwerkstatt Dresden 6293 HI 9 5 L 2 1065 It-G 009/60/65 2. Philharmonisches Konzert 1965/66