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votte klingt ein russisches Liedchen zu dudel sackartiger Begleitung. Ein virtuoses Kehrausfinale (Molto vivace) in einer sonatenartigen Form und mit Themen, die sich immer wieder auf einfache Dur-Drei klänge stützen, schafft den frohbewegten Ausklang der Klassischen Sinfonie. Die kurze Durchführung wird vor allem getragen von kontrapunktischer Verarbeitung und Variie rung der Motive des Hauptthemas wie auch des Seitenthemas. Prokofjews Bestreben, „Mollakkorde möglichst zu vermeiden", ver leiht dem Finale einen ungebrochen jubelnden Charakter, zu dem auch ein betont rhythmisch- änzerischer Grundzug des Ganzen beiträgt. Der aus Szäsz-Regen (Siebenbürgen) stam mende, in Berlin u. a. von F. E. Koch, E. N. von Reznicek, F. Schreker und S. Ochs ausgebildete Rudolf Wagner-Regeny, National preisträger, Ordentliches Mitglied der Akade mie der Künste der DDR, eine der prominen testen Komponistenpersönlichkeiten unserer Republik, war vor allem Opernkomponist, der sich namentlich in den Neher-Opern seiner mittleren Schaffenszeit („Der Günstling", „Die Bürger von Calais", „Johanna Balk") als legi timer Fortsetzer des von Brecht und Weill begründeten gesellschaftskritischen, lehrhaft epischen Musiktheaters erwies. Aber auch ver schiedene Orchester- und Kammermusikwerke, Klavierstücke, Lieder und Kantaten demon strieren eindringlich seine auf stärkste Verdich tung der melodischen Linien bedachte Ton sprache, die das Laute, das Grelle und die Klangschwelgerei bewußt vermeidet. Seine antiromantische „Kunst der Aussparung" ver bindet strenges Formbewußtsein, lineare Stimmführung, herben Klangcharakter mit innerer Gespanntheit des Ausdrucks. Eie klassizistische Orchestermusik mit "lavier schrieb der Komponist 1935, im Jahr der erfolgreichen, von Karl Böhm gelei teten Dresdner Uraufführung des „Günstling", die seinen Namen schlagartig bekannt wer den ließ. Die Dresdner Staatskapelle — wie derum unter Karl Böhm — hob auch dieses beifällig aufgenommene Werk — 1936 — aus der Taufe, wobei der Komponist selbst den Solopart spielte. Es ist geistig in der Nähe des „Günstling" und des Ballettes „Der zerbro chene Krug" angesiedelt. Die herzhaft zu packenden, stilisiert volksliedhaft-schlichten wie die spielerisch vergnügten Partien des Stückes, die Motorik wie die feinnervigen (auch poly-) rhythmischen Impulse, sein diszi plinierter, polyphon durchsetzter Kammerstil erweisen es als eine wertvolle Bereicherung der zeitgenössischen Klavierkonzertliteratur. Leichtverständlichkeit ist nicht der geringste Vorzug der dreisätzigen Komposition, die das Orchester der Wiener Klassik einsetzt. „Heftig, gehämmert" ist der erste Satz über schrieben, der starke rhythmisch-motorische Kräfte freisetzt. Er hat regelrechte Sonaten form. Ein markant gemeißeltes, akkordisches Klavierthema, das erste Thema des Satzes, eröffnet das Werk. Es wird sofort vom Orche ster aufgegriffen und im Wechsel mit dem So loinstrument in „hämmernden" Rhythmen und Klangbildern verarbeitet. Verhältnismäßig spät und die ausgedehnte Exposition beendend, tritt, wiederum im Klavier, das ebenfalls rhythmisch betonte zweite Thema hinzu, dessen Anlage dem Komponisten erlaubt, es gleich zeitig im Orchester zu variieren. Während die Durchführung nur mit dem zweiten Thema ar beitet, beginnt die Reprise mit dem Haupt thema, das nun allerdings zuerst im Orchester aufklingt. Auf Klangschönheit ist im Gegensatz zur kraftvollen Geste des Eingangssatzes der lang same zweite Satz (Einfach, zart) bedacht. Das wie ein altes Volkslied wirkende Hauptthema, das vom Solisten anfangs unbegleitet ange stimmt wird, prägt den innigen Charakter dieses Satzes, der in erweiterter Liedform an gelegt ist. Den dritten Satz (Freimütig, frisch — Anmutig bewegt) gestaltete Wagner-Regeny zweiteilig, indem er dem eigentlichen Finalsatz ein fre ches kleines Scherzo wie einen Prolog vor ausschickt. Stark kontrapunktisch ist die Faktur des anmutig bewegten Finales. Zu Beginn spielen die Streicher ein vierstimmiges Fugato. Dann erklingt im Klavier das eigentliche Hauptthema, legato, fast im Haydn-Stil. Am Schluß dieses äußerst differenzierten, eigen artigen Rondos steht eine Stretta des Haupt themas. „Ich war auf keinem Instrumente ein Hexen meister, aber ich kannte die Kraft und die Wirkung aller; ich war kein schlechter Klavier spieler und Sänger und konnte auch ein Kon zert auf der Violine vortragen", bekannte Joseph Haydn einmal, dessen Konzert werke für verschiedenste Instrumente heute, obwohl sie nicht im Mittelpunkt seiner schöpfe rischen Arbeit gestanden haben, in zunehmen dem Maße in den Blickpunkt unseres Musik lebens rücken. Gewiß lagen Haydn virtuose Brillanz und solistischer Glanz, wie wir sie gewöhnlich mit einem Solokonzert verbinden, fern. So ist beispielsweise der Klaviersatz in seinen Klavierkonzerten — zehn (z. T. für Cem balo bzw. Orgel) werden nach dem heutigen Stand der Forschung als authentisch aner kannt — vorwiegend zweistimmig gefaßt, die linke Hand geht mit dem Baß des Orchester parts, während die rechte eine selbständige Melodie vorträgt. Das altklassische Wurzeln im Violinkonzert ist noch erkennbar. Doch zei gen seine Klavierkonzerte von allem Anfang an eine klare Ausbildung der Form. In den beiden reifsten, in den 70er und 80er Jahren geschaffenen Klavierkonzerten G-Dur und D- Dur treten deutlich spezifische Klavierelemente in der Struktur wie im Klang zutage, wird dem konzertanten Prinzip durch vollgriffige Technik, größeren Schwung der Passagen, Dreiklangs oder Skalenzerlegungen sowie nachschlagen de Oktavengänge sichtlich entsprochen. Das Klavierkonzert G-Dur (Hob. XVIII :4) wurde vor 1782 komponiert, wahr scheinlich schon in der 1. Hälfte der 70er Jah re. Haydn scheint die ältere Fassung eigens für die Pariser Reise der blinden Wiener Pia nistin Maria Theresia Paradis 1784 nochmals überarbeitet zu haben, um mit dem von Mozart für die gleiche Reise komponierten B-Dur-Kon zert KV 456 konkurrieren zu können. Die Or chesterbesetzung weist neben Streichern noch Oboen und Hörner auf. Im ersten Satz (Allegro moderato) fesselt der Ausdruck heroi schen Trotzes, der für die Entstehung des Wer kes in den frühen 70er Jahren spricht. Das Klaviersolo bringt — nach der Wiederholung des Hauptthemas — ein eigenes zweites The ma, das dann in der Reprise nicht wieder er scheint. Das Andante cantabile wird von der Oboe eröffnet. Das der Vivaldischen Konzert form angenäherte Rondofinale (Presto), das die Tuttieinsätze auf verschiedenen Stufen der Tonleiter bringt, überrascht ebensosehr durch kühne Modulationen wie durch die unerschöpf liche Fantasie, welche der Rückleitung zum Hauptgedanken stets neue Züge abzugewin nen weiß. In Detmold, wo Johannes Brahms 1857/60 als Klavierlehrer der Prinzessin Frie derike, als Leiter des Hofchores wirkte und in Programmblätter der Dresdner Philharmoniker Redaktion: Dr. habil. Dieter Härtwig den Hofkonzerten als Pianist auftrat, entstan den 1858 und 1859 zwei Orchesterserenaden, ungemein charakteristische Schöpfungen ihres Meisters, die zu den schönsten Werken ihrer Gattung gehören und als direkte Vorstudien zu seinen vier Sinfonien angesehen werden können, deren erste erst 1876 fertiggestellt war. Die Serenade Nr. 1 D-Dur op. 1 1 , komponiert 1857/58, verrät das eifrige Studium klassischer Partituren (Sinfonien, Se renaden, Divertimenti), das der junge Künstler am Detmolder Fürstenhofe betrieb. Einzelne Themen könnten von Haydn, Mozart oder dem jungen Beethoven erfunden sein; das Orchester überschreitet — abgesehen von den vier Hörnern — nicht das bei den KlassikJS gewohnte Ausmaß. Vor allem aber herscht^m der Serenade ein fröhlicher Humor, ein Über mut (vgl. das 1. Menuett mit seiner Nachah mung von Schalmei und Dudelsack), der ge radewegs von Joseph Haydn entlehnt scheint. Die Uraufführung als Serenade für großes Orchester (es gab auch eine Vorform als No nett) erfolgte am 3. März 1860 in Hannover unter der Leitung Joseph Joachims. Das Werk besteht aus sechs Sätzen. Der idyl lische erste Satz (Allegro molto) beginnt ganz haydnisch: über Baßquinten erhebt sich bald im ersten Horn, später in der Klarinette das bukolische Hauptthema. Das zweite Thema schlägt ernstere Töne an, am Schluß tritt ein zartschwebendes Flötensolo hinzu. Der zweite Satz, das Scherzo, lehnt sich wieder deutlich an Haydn an. Der dritte Satz, das träumende Adagio, beginnt mit einer der schönsten Me lodien, die Brahms überhaupt geschrieben hat. Tiefe Streichinstrumente und Fagotte leiten den eigenartig zögernden und dunkel wogen den Gesang ein. Der vierte Satz ist ein Doppelmenuett, köstlich in der Sextenmelodie der liebenswürdig einhertänzelnden Klarinet ten. Der fünfte Satz ist wieder ein Scheuet dessen Hauptthema vier Takte aus <^0 Scherzo der 2. Beethoven-Sinfonie zitiert, während der Kontrapunkt hierzu an Haydns D-Dur-Sinfonie erinnert — eine Verbeugung voll Ehrfurcht und Humor vor den großen Mei stern, die dem jungen Brahms wohl ansteht. Der letzte Satz, ein stürmisch-jugendfrisches Rondo, strotzt ebenfalls von froher Laune. Es einer feurigen Coda. Dr. Dieter Härtwig Spielzeit 1981/82 — Chefdirigent: Prof. Herbert Kegel Druck: GGV, Prod.-Stätte Pirna 111-25-12 ItG 009-11-82 EVP —,25 M SONDERKONZERT