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kxptd. u. Aedattio» vre-den»N«ustadt tl. Meißner «.sie 4 Di« Zeitung »rjchtinl Dieusta«, »auuersta« u»d eauuabeud früh. Abauuement». Pret»: »ierleMrl.«H^0. Zu beziehen durch die kaiserlichen Pop- in palten und durch unsere Bote». Kei freier Lieferung !nS HauS erhebt die Post noch eine Ge bühr von 2K Psg älhsische VochckmS. Ein unterhnltendes Blatt für den Bürger und Sandmann. Amtsblatt für die kgl. AmtShauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Herrmann Müller in Dre-den. Inserate »»erden bis Montag, Mittwoch u. Kreitag Mittag angenoutme» und kosten: dielspalt.Zelle lbPsg. Unter Eingesandt: 30 Pfg- Inseraten» Annahmestellen t Die Arnoldische Buchhandlung, Invaliden dom, HaapnstcinLBogler, Rudolf Mosse, G L. Daube L llo^ iu Dresden, Leipzig, Hamburg, Berlin, Frankfurt aM. u. f. w. Ar. 9. Donnerstag, den 2V. Januar 1887. 49. Jahrgang. Politische Weltschau. Deutsches Reich. Kaum ist der Reichstag auf gelöst und schon nimmt die Wahlkampagne ihren Anfang. Eröffnet wird dteselbe feiten- der nationalüberalen Partei, deren Central-Komite einen längeren Wahlaufruf er» läßt, dem wir nachstehende beachtenSwerthe Stellen ent nehmen: Ein gefährlicher Streit ist über unser Vater land hereingebrochen. Die Auflösung deS Reichstages und die bevorstehenden Neuwahlen ruien alle Deutsche zu einer folgenschweren Entscheidung. DaS deutsche Volk, umringt von äußeren Gefahren, mußte eS er leben, daß d»e Mehrheit seiner Vertreter eine maaß- volle, hinterher selbst von einem Theile der Opposition alS nothwendig anerkannte Erhöhung der Friedens- präsenzstärke de- HeereS trotz der eindringlichsten Bitten und Ermahnungen unseres großen Heerführers an Be dingungen knüpfte, welche nach den Erklärungen der Reichöregierung und den bestimmtesten Versicherungen i aller bewährten Sachkenner unvereinbar find mit den ! festen Grundlagen der HeereSorganisation und somit die Sicherheit unseres Landes gerade im gegenwärtigen Augenblicke äußerst gefährden würden. Die Mehrheit deS RerchStageS hat somit die Verstärkung unserer Heeres- macht zur Vertheidigung deS Vaterlandes und zur Wahrung deS Friedens ins Ungewisse verzögert, ja, wenn di« deutschen Wähler nicht Protest dagegen er heben, verhindert. Die Opposition schleuderte auf diese Weise in dem Augenblicke, da die höchsten Interessen deS Vaterlandes die volle Einigkeit im Innern er fordern, die Brandfackel der Zwietracht in das junge deutsche Verfassungsleben und wahrlich, unheilvoll wer den die Folgen sein, falls nicht daS deutsche Volk Wandel schafft. Darum wenden wir unS an alle Deutsche ohne Unterschied der Partei und Konfession, deren Herzen besorgt sind um die Zukunft deS Vater landes, welche die Sicherheit und Unabhängigkeit deS neu erstandenen deutschen Reiches höher achten, alS die rücksichtslose Geltendmachung von Fraktionöprvgrammen, welche in dem Kampfe um die gesetzlichen Grundlagen unseres deutschen HeereS, dieses Palladiums der Unab hängigkeit der Natron, zugleich eine schwere Gefahr für eme gedeihliche fortschreitende Entwickelung im Innern erblicken. Mögen sie sich fest zusammenschaaren, möge »in Jeder ohne Rücksicht auf persönlichen Vortheil oder Nachtheil, ohne Befangenheit in den Anschauungen nur d,S Vaterlandes gedenken! Wir hegen daS Vertrauen, daß daS deutsche Volk auch diesmal alle Lockungen und Versuchungen zum Rückfalle in die alte Uneinigkeit und den inneren Hader, unter dem wir Jahrhunderte hindurch litten und verdarben, siegreich zurückweisen wird. Den Rationalliberalen sind die Konservativen mit ihrem Wahlaufrufe auf dem Fuße gefolgt. ES heißt darin: Die Wähler werden ihre Stimmen darüber ab zugeben haben, ob sie di» Wehrkraft Deutschland- auf der früheren unerschütterlichen Grundlage, welche allein die Sicherung des Vaterlandes verbürgt, erhalten, oder ob sie die deutsche Armee dem Zufälle wechselnder Parlaments - Majoritäten preiSgeben wollen. Eine 3 jährige Bewilligung der RegierungSforderung heißt den Bestand deS HeereS bei jeder neuen Reichstag-wahl zum Gegenstände deS Wahlkampfes machen. Se. Maje stät der Kaiser und die mit ihm verbündeten Re gierungen haben es deshalb angesichts der überaus ernsten Lage Europas und angesichts der gewaltigen Rüstungen der Nachbarstaaten abgelehnt, die Brmee- organisation, den festen Grundpfeiler unserer nationalen Entwickelung, auf so kurze Zeitbewilllgung zu stellen. Deutsche Wähler! Habt Ihr Vertrauen zu der Führung unseres Kaisers, der deutschen Fürsten und ihrer be währten Rathgeber, welche daS deutsche Reich aufge richtet haben, oder wollt Ihr durch die Männer der Opposition Euch irre führen lassen? Soll, nur um dem HerrschaftSgelüste einzelner Parteien zu dienen, die nachhaltige Sicherung unseres HeereS in dem Augen blicke in Frage gestellt werden, wo unleugbare Gefahren unö und zwar auf lange Jahre hinaus bedrohen? Wem deS Vaterlandes Größe und Sicherheit am Herzen siegt, der wähle aack dem Rathe derer, welche die schwere Aufgabe der Erhaltung des Frieden- mit so großem Erfolge seither erfüllt haben und welche feierlich erklären, daß ohne die fernere Sicherung der nachhaltigen Schlag fertigkeit unserer Armee dem Lande der Frieden nicht verbürgt werden kann. Kein ParlamentSheer, sondern ein kaiserliches Heer — daS sei die Parole, mit welcher wir in den Wahlkampf treten! Die Vorstände der konservativen, freikonservativea und nationalliberalen Partei haben sich behufs Zu sammengehens bei den bevorstehenden ReichStagS- wahlen über folgende Punkte verständigt und bitten ihre Parteigenossen, für die Durchführung derselben zu wirken. I. ES dürfen nur solche Kandidaten aufgestellt werden, welche bereit sind, für daS Septeanat zu stimmen. 2. In denjenigen Wahlkreisen, in welchen bisher ein einer dieser drei Parteien angehöriger Abge ordneter im Besitze deS Mandats fick befunden hat, soll derselbe wiedergewählt werden. Will oder kann er die Wahl nickt annehmen, so ist der neue Kan didat von derjenigen Partei des Wahlkreises zu stellen, welcher der bisherige Abgeordnete angehört hat. 3 In bisher durch Gegner deS SeptennatS vertretenen Wahl» kreisen soll behufs Vermeidung von Stichwahlen zwi schen den genannten drei Parteien eine Vereinbarung über einen gemeinsam zu ernennenden Kandidaten stattfinden. Insofern eine solche Vereinbarung jedoch nicht zu ermöglichen ist, gilt als Regel, daß diejenige der drei Parteien den Kandidaten bestimmt, welche am Stärksten im Wahlkreise vertreten ist. In solchen Fällen, in denen dennoch die Ausstellung mehrerer Kan didaten seitens der drei Parteien unvermeidlich erscheint, ist bei der etwaigen Stichwahl dem Anhänger deS SeptennatS unbedingte Unterstützung zu leisten. 4. Die Parteivorstände werden dahin wirken, daß in Wahlauf rufen und Ansprachen, sowie in der befreundeten Presse Alles vermieden wird, waS daS geschloffene Zusammen gehen der drei Parteien gelegentlich der Wahlbewegung gefährden könnte. — Betreffs dieses zwischen den genannten Parteien geschloffenen Wahlkartells wird von hockosficiöser Seite bemerkt: ES ist das ein Lichtblick in unsere Parteiverhältniffe. Alle patriotisch fühlenden Männer im ganzen Reiche werden eS jenen Parteien danken, daß in demselben Augenblicke, da eine Gefahr im Inneren herauszuziehen droht, sie sich einig zu gemein samer Abwehr derselben die Hände reichen. ES hieße dem gesunden Geiste deS deutschen Volkes mißtrauen, wollte man bezweifeln, daß mit diesem alle reick-freundlichen Elemente umschließenden Wahlkartell in der That ein erfreuliches Pfand für die Ueberwindung des inneren FeindeS gegeben ist. Von keutsckfreisinniger Seile wird gemeldet, die Zustimmung des BondeSratbeS zur Auflösung deS Reichstages sei nicht so ohne Weiteres erfolgt, wie die vsficiösen Blätter ^4 Volk glauben macken möchten. Vielmehr soll sich in der betreffenden BundeSralhSfiyung der Vertreter eine- süddeutschen EtaateS in einer sehr eindrucksvollen Rede gegen die geplante Maaßregel aus gesprochen und darauf hingewiesen haben, daß die Auf lösung des Parlamentes bei unS kein so einfacher und gswöhulicher Akt sei, wie in anderen Ländern. Die Gesammtzahl der beim Reichstage eingegange nen Petitionen um Annahme der Militärvorlage beläuft sich nach der neuesten Zusammenstellung auf 1059 mit 142,334 Unterschriften. Gegen die Vorlage gingen nur 9 Gesuche ein, welche nicht einmal mit Unter schriften versehen waren. Ferner sind aus theologischen Kreisen 87 Petitionen mit 1167 Unterschriften einge laufen, worin der Reichstag ersucht wird, den von dem Centrum eingebrachten Antrag auf Befreiung der Stu- direnden der Theologie vom Militärdienste abzulrhnen. Mie wir bereits in unserer vorigen Nummer kurz erwähnten, hat Freiherr von Solemacher-Antweiler i» preußischen Herrenhause den Antrag eingebracht, da- Kollegium möge in einer an den Kaiser zu richtender» Adresse seiner Mißbilligung über die Ablehnung der Militärvvrlage seitens deS Reichstages Ausdruck geben. Feuilleton. beliebt und verloren. Roman auS der Gegenwart von Gustav Lössel. (13. Honsetzung.) Baron Otto liebte wirklich unglücklich. Der engere Verkehr mit seinem Freunde Feldern hatte ihn so wenig befriedigt und zerstreut, wie da- ewig wechselnde Stadtleben, in dessen Strudel er sich vach der Erkenntniß von ValeSka'S Unwürdigkeit ge stürzt hatte. E tonnte jedoch die Liebe in seinem Herzen damit nicht ertödten, so sehr er sich auch Mühe gab, ValeSka zu vergessen. Ihr holdeS Bild drängte sich immer wieder wachend und träumend iu seine Seele ein; dort stand eS auch jetzt noch, ein zürnender Cherub mit dem Flammeu schwerte, der ihm den Eingang zum Paradiese wehrte. Was Reickthum und gesellschaftliche Stellung zu geben vermögen, nannte Otto sein Eigen. Ohne jegliche- Verdienst war er doch der Abgott der Gesellschaft. Die schönsten Augen blickten voll Bewunderung und Sehn sucht auf ihn; Mütter von heirathSfähigen Töchtern warfen sich tödtliche Blicke zu und die Herren wetteten unter sich auf die Chancen dieser oder jener Schönen, in deren Ney, er fallen könnt,. Natürlich wurd, hier nur mit Netzen, Fallstricken, erborgten Reizen, Koquetterie und Schmeichelkünstea vperirt; gerade genug, um einen Mann von Charakter, wie Baron Otto, anzuwidern und unfreiwillig zur Be- wunderung seines ersten und einzigen Frauenideals wieder zurückzusühren. Dennoch kehrte er zu ValeSka Materna nicht zurück, um nicht verdammen zu müssen, wo er so gern geliebt und vergeben hätte Und waS man ihr zur Last legte, das war jr unverzeihlich, war verdammenSwerth, wenn — eS wahr war. Wenn eS wahr war! Dieser Gedanke hatte sich erst seit heute, seit seiner Wiedereinkehr in daS AelternhauS, in sein Herz einge schlichen und dann einen Widerstreit der Empfindungen entzündet, wie er ihn bisher noch nie gekannt hatte. Wer log und wer sprach wahr, seine Aeltern oder daS Mädchen, deren Augen ihm wie die Sterne den ganzen Himmel erschlossen hatten? Er wußte, daß Jene diesem HerzenSbunde entgegen sein und ihm ihre Zustimmung versagen würden. Genn sie nun doch von seinem Kommen avifirt waren, wenn Bertrand oder Francois die Hand im Spiele gehabt und ,S nur ein Konplott war, um sein Glück zu zerstören und ihn zu den gesellschaftlichen Pflichten zurückzuführen, die er so leicht durchbrochen hatte? Wenn die Aeltern falsch berichtet waren? Auch seine Mutter zeigte oder stellte sich verwundert, alS sie von den Gerüchten hörte, die über die Bewohnerinnen deS öden Hause- verbreitet wurden. . Aber es waren ja nicht nur Gerüchte. ES waren ja Thatsachen, nach deren Wahrheit sich der Baron, sein Vater, gewissenhaft erkundigt hatte. Wenn eS wahr war! Da kam wieder der alte Zweifel mit seinen Alle- vernichtenden Einwänden und Bedenken. Aber es wurd, Otto so schw,r, dirsen Gedanken der Falschheit seiner Aeltern zu fassen, daß er demselben keinen weiteren Spielraum zu geben wagte und ihn ein für allemal auS seinem Herzen zu verbannen beschloß. Mab eS denn gar keinen Ausweg weiter aus diesem Labyrinth von Glauben, Furcht und Zweifel, keiuea Ariadnefaden, der ihn zurückführen konnte zum freien Aufblick zu Himmel und Sonne? Frau Materna nicht eine italienische OfficierSwittwe — ValeSka nicht ihre Tochter — dazu jene obskure Persönlichkeit, die heimliche Abendvisiten im öden Hause gemacht und vielleicht — noch macht«? ES war zu gravirend, um der möglichen Unschuld Valeska s noch einen Schatten von Wahrscheinlichkeit zu lassen. In diesem vernichtenden G.dankrn befangen, stand Otto am Aufgang zu dem mensckenverlaffenen Urnen- hügel, alS sich leicht eine Hand auf seine Schulter legte. Wenn eS ValeSka war! Er blickte sich hastig um. „Ach Du, Feldern!" sagte er dann mit dem vollen Ausdruck« der Enttäuschung. Der junge Mann lachte hell auf, schob seinen Arm in den Otto - und zog den leicht Widerstrebenden zum Urnenhügel hinauf. Unwillkürlich war Otto zu der Stätte wieder zurückgekehrt, wo er schon einmal in dem Gedanken an ValeSka'S mögliche Unwürdigkeit so namenlos unglück- liar gewesen. Dann batte er sie wieder gesehen und mit ihrem Erblicken war jeder Zweifel auS seiner Seele ge-