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me» !69. esem ülig- dsten gol- Blatt Amts und des SLadtraLhes des Königl. Amtsgerichts MMnundviKUjigsteV Iahugang Druck und Verlag von E. L. Förster's Erden in Pulsnitz. Verantwortlicher Redakteur Gustav Häberlein in Pulsnitz. Inserate sind bis Dienstag und Freitag Vorm. 9 Uhr aufzugeben. Preis für die einspaltige Cor- puszeile (oder deren Raum) 10 Pfennige. Geschäftsstellen: Buchdruckereien von A. Pabst, Königsbrück, C. S. Krausche, Kamenz, Carl Daberkow, Groß röhrsdorf. Annoncen-Bureaus von Haasen stein L Vogler, Jnvalidendank. Rudolph Mosse und G. L. Daube L Comp. zu Wulsnitz Erscheint: Miitwoch und Sonnabend. Als Beiblätter - 1. Jllustrirtes Sonntagsblatt (wöchentlich); 2. ^andwirthschaftliche Beilage (monatlich). Abonnements - Breis- Vierteljahr!. 1 M. 25 Pf. uf Wunsch unentgeltliche Zu sendung. rs ch en ö/, Pulsnitz, Königsbrück, Radeberg, Radeburg, Moritzburg und Umgegend Mittwoch. Die obersten Vertreter der deutschen Wissen schaft bei Bismarck. (Schluß von Bismarck's Rede an die Professoren.) Die meisten Leute waren damals — 1871 — der Dieinung, daß keine fünf Jahre bis zur Erneuerung des Krieges verrinnen, es ist — wenn ich auf irgend etwas stolz bin, so ist es dies — gelungen, den Frieden seit den 25 Jahren zu erhalten und es ist keine Aussicht, daß er in kurzer Zeit gestört werden werde, während man es zehn Jahre lang theils gefürchtet, theils gehofft hat. Es rührt namentlich auch daher, daß mir, ich kann sagen der ungetheilte, oder doch ein so hohes Maaß von Beifall meiner Landsleute zu theil geworden, daß weder mein alter Herr noch seine Rathgeber sich haben verführen lassen durch d'e Erfolge, die Gott uns verliehen hat. Man ist natür- "ch dankbar für den Frieden; aber einen Krieg zu führen — allezeit sind wir Deutsche aä utrumgo xurutu8: den Frieden zu erhalten, wenn es sein kann, zu fechten, wenn es sein muß. Aber ein Glück ist für jeden Fall dir Zu stimmung, deren ich mich sicher glaube bei der Majorität der selbständigen Deutschen — ich unterscheide genau zwi schen Selbständigen und Unselbständigen — zu erfreu« n. Es ist ja keine Einstimmigkeit, aber feste und klare Aus sprache für die Nationalgesinnten noch eine «Scheidung. Denn es ist an und für sich immer nützlich, daß man seine Freunde und Feinde erkennt und daß wie auf dem Mas- teuballe die Demasklrung eintrilt. Ich würde keine Freunde haben wenn ich nicht auch Feinde halte, man kann nicht beides' zugleich, kalt und warm, sein, und aus Kampf be steht das Leben in der Natur. In der Schöpfung, bei den Pflanzen — als Forstmann erlebe ich das in meinen Kulturen — bei den Infekten, an den Vögeln, von den Raubvögeln bis zu den Menschen aufwärts. Kampf ist überall, ohne Kampf kein Leben, und wollen wir weiter leben, so müssen wir auch auf weitere Kämpfe gefaßt fein. Daß unsere Gegner, auch ich möchte sagen die Gegner des Reiches — die Herren sind ja sehr gereizt gewesen, wenn ich sie Relchskemde genannt habe — sic sind ja theoretisch nicht Reichsfeinde, jeder von ihnen kann sich irgend ein Reich denken, mit dem er sich befreunden würde und in dem er gern leben und gern herrschen würde, vor allen Dingen aber gerade das Reich wie es existirt, wollen sie nicht und sie müssen doch selbst sagen, daß man einstweilen noch kein zweites Exemplar auftreiben kann. Ich halte also den Protest gegen den Namen Reichsfeinde für nicht berechtigt, das kann ich fagen, nachdem ich 25 Jahre gegen diese Fraktion im Reichsinteresse habe fechten müssen. AVer ich gebe gern zu, daß es nicht theoretisch, sondern nur in Anwendung uä stoo zu nehmen ist; sie liebm dieses Reich nicht, die katholische Kirche kennt ein Reich, in dem sie eins hervorragende Stellung einnehmen würde, was sie acceptlren Würde. Ich habe mit dem Bischof Ketteler 1870 in dem Sinne zu verhandeln gehabt. Die Sozial demokratie würde einem Reiche Nicht abgeneigt sem, m dem die geschicktesten Redner und Agitatoren eine herrschende Stellung nicht blos im Staate, sondern auch in der Familie und im Hause einnähmen; die Polen würden sich mn einem Reiche befreunden können, das auf das Weichselge biet verzichtet und Posen und Danzig herausgiebt; also Reichsfeinde theoretifch und absolut sind die Herren nicht, aber dies Reich, wie wir es haben, paßt ihnen nicht. Ich befinde mich nun am Abschlusse und schon nach dem Ab schlusse des langen Kampfes nnt ihnen und da ist mir bei dem Abschlusse, len nur das Wohlwollen meiner Freunde verschönert, der Gedanke tröstlich, daß die Gegner offenbar kein Siegesgesühl haben, sonst würden sie nicht mit dieser giftigen verleumderischen Verbissenheit heute noch gegen mich kämpfen, wenn sie mich f»r einen Besiegten hielten. I» unserem früheren dreißigjährigen Kampfe, da würden sie nachsichtige sein. So ungroßmüthig ist niemand, daß er einen geschlagenen Feind noch m dem Maaße verfolgt und verleumdet, wie es mir heutzutage IN sozialvemokrati- schen »Nb Zemrumsblättern toto äis geschieht. Dieser fortdauernde Zorn ist mir also eine befriedigende Quittung, daß die Herren Siegesbewußisem nicht haben, und ich glaube auch nicht an ihren Sieg. Ich bedaure, daß der Reichstag-darauf verzichtet hat, einen zweiten Präsidenten aus den Sozialdemokraten zu nehmen. Er würde dadurch die Herren der Nothwendigkeit näher gerückt haben, sich -u demaskieren und über das Ziel, dem sie zustreben, Ur. 29. gelegentlich etwas mehr Auskunft zu geben, und in dem Sinne zu handeln. Daß die Soziald mokraten keine Neigung haben, auf dergleichen einzugehen, daß zeigt doch, daß sie selbst an die Möglichkeit ihres definitiven Erfolges noch nicht glauben, sonst würden sie bereitwillig dieses Hilfsmittel übernehmen. Aber sie fürchten, daß ein Mo ment kommt, wo sie sagen müssen, weh mir, ich bin erkannt! Und wer sie erkannt hat, der hat keine Möglichkeit mehr, mit ihnen zu gehen. Ich möchte nur empfehlen, diesen ganzen Kampf nicht zu tragisch zu nehmen. Es geht auf und ab damit, es wird auch unter Umständen mit schwe rem Blutvergießen gefochten. Wir haben viel schwerere Kämpfe mit unseren heutigen Bundesgenossen gehabt, als wir im Jnlande je gehabt haben, im Jalande beschränkt es sich doch auf ein homeujches gegenseitiges Schimpfen und gegenseitiges Insultieren. Es wird nicht einmal der Versuch gemacht, den Gegner zu gewinnen, sondern man versucht nur, ihn zu kränken. Das ist doch der Hauptin halt unseres parlamentarischen und publizistischen Streites, heutzutage sagen zu können: „dem habe ich es gut gesagt," — was für eine Wirkung es macht, ist glelchgütig. Ich nehme deshalb diese Sache nicht so ernsthaft. Wir haben ja hier in Deutschland doch seit der Refor mation und auch schon ein paar hundert Jahre vorher die Kämpfe gehabt, deren Wieverhall sich in den Stimmun gen zeigt, die uns heute bewegen. Wir haben >n der Refor mation konfessionelle Kämpfe gehabt, den 30jährigen Krieg nachher den 7jährigen Krreg als Analogon, was doch auch beinahe ein konfessioneller Kampf war, und wir haben uns doch wieder zusammengcfunoen, und wir werden uns auch in Zukunft wieder zusammenfinden. Gott wird uns auch in Zukunft wieder zusammenführen. Ich möchte nur nicht, daß jemand, der kriegerischen Kampszorn in sich fühlt aus unserer Seite, sich durch ein falsches Friedensbedürf- mß und die Sorge, er könnte Schaden anrichten, wenn er den Degen zieht, abhalten läßt, ihn zu ziehen und zu fechten. Wir haben einander immer bekämpft und geschlagen in Deutschland, sei es rhetorisch, sei es kriegerisch, und es würde gewissermaßen ein toter Punkt eimreten, wenn wir Plötzlich alle einig würden, wenn wir keine Fraktion hätten, wenn wir alles, wie der Kantor es vorsingt, nach,äugen und das würde uns Deutschen sehr schwer ankommen. Unser Herrgott ist doch ein einsichtigerer Regent wie irdische Führer sein können, und es giebl trotzdem unter uns viele Leute, vie mit dem Regiment der Vorsehung innerlich, wenn sie frei reden, auch nicht vollständig zufrieden sind. Ich be mühe mich, es zu sein und das Gebet im Baler unser: „Dein Wille geschehe!" ist mir immer maßgebend, aber verstehen kann ich diesen Willen auch nicht immer. Wir wollen den Willen der Regierung auch immer verstehen, aber wenn die Regierung selbst keinen hat, suchen wir einen oder schieben einen unter. Die Männer sind auch m der Regel nicht so weise, wie die Lewe meinen. Und so möchte ich meinen Dank für Ihre Begrüßung wiederholen und Sie bitten, mit mir der weiteren Entwicke lung mit voller Gemüthsruhe eatgegenzusehen. Man wird mit 80 Jahren kühler, wie man mit 40 Jahren ge wesen ist, aber im Ganzen bleibe ich doch in der Ueberzeu- gung, unser Gott läßt keinen Deutschen zu Grunde gehen, am allerwenigsten Deutschland, und in dieser Beziehung danle ich Ihnen. Ich hoffe die Herren unter Ihnen, die der GolteSgelahrlheit angeyörcn, werden mit dafür sorgen, daß der Himmel uns günstig bleiben möge." Oertliche und sächsische Angelegenheiten. Beiträge für diesen Theil werden gegen Vergütung dankend angenommen. Pulsnitz. Aus Wunsch bemerken wir gern, baß aus den Erträgnissen der beim Bismarck-Commers statt- gefundenen Geldjammlung eine Speisung ärmerer und älterer Einwohner (nicht armer alter Arbeiter) ier Stadt Pulsnitz am 1. April jeden Jahres statlfiaden soll. Pulsnitz. Am vergangenen Sonntag Abend trat im hiesigen Schützenhaussaale die Tyroler Süngergesellschaft Ringler, welche seit kurzer Zeit in der deutschen Schänke „Drei Raden" in Dresden gastirt, auf. Den vorausge- gangenen guten Ruf wußte diese Gesellschaft vollauf zu rechtfertigen, denn ihre Darbietungen fanden den ungetheil- testen Beifall. Frtschfröhliche Tyrolerlieder und „Schnada hüpfln" unterhielten die Zuhörer aufs Beste. Insbeson dere entzückte die tüchtige Sopranistin Fräulein Hermine 1V. April 1895. mit ihrer klangvollen Stimme und feinfühligem Vortrag. Fräulein Maikl sang unter großem Bestall ein prächtiges Alt - Solo und auch die fesche „Mirzl" machte sich im Terzett angenehm bemerkbar. Die Gesänge begleitete Herr Franz Ringler auf der Zither, wie er auch ein Solo auf Wunsch meisterhaft zum Vortrag brachte. Der allzuschwache Besuch ist wohl auf die nicht genügende Veröffentlichung zurückzuführen, da gerade an diesem Sonntage durch ander weitige Veranstaltungen Freunde eines guten Gesanges, deren sich in unserer Stadt viele befinden, nicht abgehalten waren. Wie uns Herr Ringler versicherte, beabsichtigt er nächsten Monat hier noch ein Conzert zu veranstalten, welches sicher auf die vortrefflichen Leistungen hin einen gefüllten Saal aufzuweisen haben wird. Pulsnitz. Alle in der Stadt Pulsnitz aufhältlichen Dispositionsurlauber, Reservisten, Landwehrleute 1. Aus- gebois und Ersatzreservisten, sowie die zur Disposition der Ersatzbehörden entlassenen Mannschaften und die noch im Milnärverhältniß stehenden Halb- und zeitig Ganzinvaliden erhalten von dem Königlichen Bezirkskommando Bautzen Befehl, Sannabend, am 20. April 1895, Vorm. »/i7 Uhr m Pulsnitz, Schützenhaus zur Kontrolversammlung einzu- treffcn. Tue Milstärpapiere sind mitzubringen. Nichter scheinen wird bestraft. Pulsnitz. Die Königliche Generaldirektion der sächsischen Staatseisenbahnen läßt in der Nacht vom 16. zum 17. dieses Monats im Anschluß an den 11 Uhr 45 Minuten Abends von Dresden-Neustadt abgehenden Personenzug Nr. 231 einen Sonderzug verkehren. Der Zug wird an allen Zwischenstasionen halten. — Der deutsche Elsenbahnverkehrsverband hat die Be stimmung getroffen, daß beurlaubte Soldaten bei Urlaubs dauer bis zu 8 Tagen bis auf Weiteres nach dem Satze des Militärtarifs die dritte Klasse aller Schnellzüge zu ihrer Beförderung nach dem Urlaubsorte, wie zurück nach dem Standquartier benutzen dürfen, sobald es sich um Zurückleguug von Entfernungen von über 300 Kilometern und um Reisen handelt, die außerhalb der Festzeiten — also nicht an dem Tage vor oder nach Weihnachten, Ostern und Pfingsten, oder während dieser Festtage — angetreten werden. Die Truppentheile haben diese Berech tigung eintretenden Falles auf den Urlaubspässen zu ver merken, und die Fahrkarlenausgabestellen auf den Fahrkarten durch Eintragung des Wortes „Schnellzug," die letztere als für diese Art von Zügen gütig, kenntlich zu machen. — Aus dem uns vorliegenden 20. Jahresbericht der landwirthschaftlichen Lehranstalt und der damit verbundenen Obst- und Gartenbauschule zu Bautzen entnehmen wir, daß die Anstalt im letzten Sommer von 41 und im Winter von 140 Schülern besucht war. Bei den Schülern hatten drei die Berechtigung zum einjährig freiwilligen Militär dienst und neun hatten der Militärpflicht bereits genügt. Sehr zahlreich und werthvoll sind die Geschenke, welche der Anstalt von Behörden, Vereinen und Gönnern zuge wendet worden sind. Die Stiftungen, welche von früheren Schülern und Freunden der Schule nach und nach ge sammelt wurden, betragen zusammen über 4200 Mark, aus deren Erträgnissen bedürftige brave Schüler unterstützt werden. Aus diesen Stiftungsgeldern wurde ein Grund stück von 5'/r Scheffeln angekauft, welches von der Anstalt selbst in Bewirthschaftung genommen wurde. Die Land- wirthschaftsschule wurde im Winter von 5, die Obst- und Gartenbauschule in 4 Classen und die Baumwärter in einer Äbiheilung von 8 Hauptlehrern und 8 Fachlehrern unter richtet. Die öffentlichen Prüfungen fanden am 27. und 28. März statt. Die Gartenwirlhschaft der Anstalt, welche ein Areal von ca. 8 Hektar umfaßt, m der viele praktische Versuche ausgesührt werden, verzeichnet nach dem Rech nungsauszüge über die letzten drei Jahre Einnahmen zwischen 18 900 und 20 400 Mark jährlich, welchen Aus- gaben von 17 300 bis 19 700 gegenüber stehen, in welch' letzteren indessen 11400 Mark begriffen sind, welche zur Abzahlung von aus dem Kauf der Grundstücke herrühcenden Schulden verwendet wurden. Die Ergebnisse der Wirth- schaft sind demnach im Hinblick auf den kleinen Besitz und die für die Landwirthschaft ungünstigen Zeiten sehr gute. Die Schüler der Anstalt finden Gele- genheit, neben den Erwerbungen von wissenschaftlichen Kenntnissen, sich auch diejenigen praktischen Kenntnisse und Fertigkeiten in den Arbeiten des Kleinbetriebs, be sonders des Obst- und Gartenbaues anzueignen, durch