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Erscheint wöchentlich drei Mal und pvar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Bormittag). AbonnementSpreiS beträgt vietteljührlich I Mark SV Ps. pr»»u««rsnlto. Anreiger für Inserat« werd«» bis ipStestmt Mittags des vorhergehenden LageS der Erscheinens erbeten und die Corpusspaltenjeile Mit 10 Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Zwönitz un^Umgegend. Amtsblatt für den Stadtgemeindcrath zn Zwönitz. 58. Donnerstlig, Le« 16. Mai 1878. 3. Jahrg. Bekanntmachung. Der erste diesjährige Termin des Opfer- und Häuslergeldes und der Diaeonatheller ist per 15. Mai o. fällig und mit 40 Pf. pro Termin von den Hausbesitzern und 50 - - - . . Hausgenossen innerhalb der nächsten 10 Tage, längstens bis zum SO. d. M. an die Stadtcasfenverwaltung abzufi'ihren. Zwönitz, am 14. Mai 1878. Der Stadtgemeindcrath. Schönherr. Tagesgeschichte. Berlin, 13. Mai. Hofprediger Stöcker veröffentlicht namens deö Borstandes der christlich-socialen Arbeiterpartei eine Erklärung, wonach Hödel seit dem 29. April sich den Christlich'Svcialen ange schlossen, deren Versammlungen besucht, freiwillig und ohne Bezahlung deren Flugblätter, insbesondere ein solches über Liebe zu König und Vaterland verbreitet Halle; Hödel könne sich, da er sich als Anarchisten erkläre und in Leipzig als sccialdeinokratischer Agitator gewirkt habe, nur aus Unkenntnis oder in böswilliger Absicht den Christlich-Socialen ongeschlossen haben. — Ueber die Ruhe und Kaltblütigkeit deö Kaisers nach dem Attentat wird unter Anderem mitgetheilt, daß Minister Bülow, der 20 Minuten nach dem Attentate zum Vortrag über die Orientangelegenheilen im PalaiS erschien, glaubte bemerken zu müssen, daß unter vorliegenden Umständen der Vortrag wohl ausfalle. Der Kaiser hatte aber die auf den Vortrag bezüglichen Schriftstücke nach seiner Rückkunft bereits gelesen und erklärte, der Vortrag solle stallhaben, der dann auch stattfand. Berlin, 13. Mai. Dem Polizeipräsidium ging die Mittheilung zu, der Attentäter Hödel habe bis kürzlich der Nedaction eines kleinen socialdemokratischen Blattes angehört und Werve von dem Kreisgericht zu Naumburg verfolgt. Er habe sich vor einiger Zeit von dem Leipziger Socialdemokraten ostensibel getrennt. Die bezüglichen Erhebungen sind im Gange. Berlin, 15. Mai. Die Untersuchung gegen den Attentäter Höcel begann bereits gestern Dienstag srüh 9 Uhr. Vor dem Untersuchungs richter waren Dienstag Vormittag zehn Zeugen geladen, die sänunt- lich mit Entschiedenheit Hödel als denjenigen rekognoszirlen, der den Revolver gegen die Person des Kaisers gerichtet halte. Von so vielen gegen ihn sprechenden Beweisen erdrückt, änderte Hövel sein System und meint nun, „wenn er auf den Kaiser geschossen hätte, dann sei er verstandlos gewesen, denn wenn ich, ruft er ans, meinen Verstand gehabt hatte, hätte ich Jeden getroffen, auf den ich gezielt." Mil großer Frechheit benahm sich Hövel gegen die Zeugen; er meinte wiederholt, dieselben sagen die Unwahrheit. Der von ihm vorgeschlagene Zeuge Baumann, ein braver Handwerksgeselle, wird von ihm mit „Du" angeredet. „Was meinst Du, spricht der Attenläter, man möchte mir gerne 20 Jahre aufbrummen, ich soll auf den Kaiser geschossen haben, Du weißt ja, ich wollte mich erschießen u. s. w." Der Nadler Baumann kennt den Hövel aber gar nicht, kann ihn wohl gesehen haben, war aber nie mit ihm bekannt. H. hat ihm auch nie eine solche Mittheilung gemacht, daß er sich erschießen wolle. Erbittert, wirft er auch diesem Zeugen vor, daß er die Unwahrheit spräche. Alle Zeugen strafte er Lügen, sich selbst aber stellt er als die personifizirle Wahrheit hin. Am erbittertsten zeigte er sich gegen die Frau, die mit Bestimmtheit bekundet, daß sie gesehen, daß er das Pistol gegen den Kaiser gerichtet und sehr wohl ans ressen Haupt gezielt habe. „Den Eid, den die leistet, Oiste ich auch, was die schwört, schwöre ich alle Tage", ruft Hödel in beleidigender Weise der Zeugin zu. Die Voruntersuchung gegen Hödel, soweit sie das Attentat betrifft, dürfte bald geschlossen sein, denn der» selbe ist nach jeder Richtung hin, wie uns der Untersuchungsrichter mit- lheilt, überführt. Die weitere Untersuchung aber, wie er zu dem frevel haften Entschluß gelangt ist, dürfte noch längere Zeit in Anspruch nehmen und wird die Behörde vorläufig nur die Mitheilungen in die Oeffent- lichkeit dringen lassen, welche nach keiner Richtung hin angethan sind, wichtigen Theilen der Untersuchung Abbruch zu thun. Mit Erlaubniß des Slabtgerichtspräsidenteu Krüger hat gestern auch Herr Castan den Attentäter längere Zeit in Augenschein genommen, da derselbe daö getreue Konterfei des Mörders dem Publikum bald vor Augen führen will. Der Revolver, den Hövel benutzte, ist ein ganz ordinärer und trägt weder ein Fabrikjeugen, noch die Namen des Verfertigers. Der selbe ist ganz neu und scheint lediglich von ihm für seinen scheußlichen Zweck erworben worden zu sein. Ein hiesiger Photograph, welcher eines der auf den Straßen verbreiteten Blätter mit dem Bilde des Attentäters Hövel gekauft und in dem Bilde einen Menschen erkannt hatte, der etwa 8 Tage vor dem Attentat bei ihm eine Anzahl Photo graphien halte anfertigen lassen, hat vor dem Untersuchungsrichter, nachdem er sich die Photographie des Attentäters hatte zeigen lassen, folgende wichtige Erklärungen abgegeben. An einem der ersten Tage dieses Monats kam ein Unbekannter zu ihm, ließ sich photographiren und bestellte eine Anzahl von Bildern, welche er angeblich zur Ver- theilung an seine Freunde benutzen wollte. Bei der Abholung der au- gefertiglen Photographien habe der Unbekannte ihm gegenüber aus gesprochen, er (der Photograph) solle nur für sich noch eine größere Anzahl von Exemplaren anfertigen, da er mit seiner Photographie ein gutes Geschäft machen werde. Auch habe der Unbekannte im Verlause deö Gesprächs ihm erklärt, nach etwa einer Woche werde er todt sein, aber „wie ein elektrischer Funke werde es durch die ganze Welt gehen." Dieser Unbekannte scheine nach dem ihm vorgelegten Bilde der Atten täter zu sein. Hödel wurde hierauf vorgeführt und der Photograph konslalirte sodann die Identität seines Unbekannten mit dem Attentäter. Aus Leipzig sind inzwischen Schriftstücke des Hövel hierher gelangt, welche von der Leipziger Polizei bei mehreren Haussuchungen beschlag nahmt worden sind und worunter sich Briefe des Attentäters befinden, welche die verbrecherische Absicht desselben beweisen sollen. Wien, 13. Mai. Die „Polit. Korresp." veröffentlicht folgende Meldungen: Aus Konstantinopel vom 12. d.: In San Stefano sind russische Kavallerieverstärkungen angekommcn. Aus Bukarest vom 12. d.: Ein Theil ter Avantgarde des 11. russischen Korps hat de» Vormarsch auf Piteschli und Krajowa angetrelen, was in rumänischen RegierungSkreisen Besorgnisse hervorgerufcn hat. — Aus Argam: In den letzten Tagen sind zahlreiche Fälle von verbrecherischen Ausschreit ungen von Seiten bosnischer Flüchtlinge in Slupnik vorgekommen. Gestern wurden 12 mit Hinterladern bewaffnete bei Diakovar inter- nirte Flüchtlinge verhaftet. Einer derselben wurde wegen Widersetz lichkeit von den Sereschanern erschossen. In der Gegend von Petro- voseljo ist das Vorhandensein mehrerer auö bosnischen Flüchtlingen bestehenden bewaffneten Banden konstatirt worden, welche wiederholt Raubanfälle verübt haben. Es sind strenge Maßregeln zur Be wachung und Entwaffnung derselben getroffen worden. Wien, 13. Mai. Die „Pol. Korresp." meldet aus Ragtzsa: Sämmtliche vor den Montenegrinern nach Oesterreich geflüchtete