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Wnlümm Tagehllüt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster- scheinsnde Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. und aldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 50 Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 P*. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. ^171. Sonntag, den 25. Juli 188«. Bekanntmachung. Die im hiesigen Stadtbezirke wohnhaften Eltern, bez. Vormünder und Pfleger impfpflichtiger Kinder werden darauf aufmerksam gemacht, daß die gesetzlich vorgeschriebenen unentgeltlichen Impfungen nur noch bis zum 5. August 188«, und zwar, wie bereits früher bekannt gemacht worden, an jedem Donners tag, als den 2«. Juli nud 5. August d. I., Vormittags von « bis 10 Uhr im Sitzungszimmer, Ralhhaus 1. Etage rechts stattfinden und daß daher bis zum gedachten Zeitpunkte alle noch nicht geimpften Kinder dem Jmpfarzte, Herrn Du. moä. Funkhänel hier, in den festgesetzten Impfterminen zur Impfung vorzustellen sind oder der Nachweis 1 ., über erfolgte Impfung durch Vorlegung des Impfscheins, 2 ., darüber, daß die Impfung aus einem gesetzlichen Grunde unterblieben ist, 3 ., darüber, daß Kinder sie natürlichen Blattern überstanden haben, beizubringen ist. Zuwiderhandlungen werden mit den gesetzlichen Strafen geahndet. Waldenburg, den 21. Juli 1880. Der Stadtrath. Cunrady. "Waldenburg, L4. Juli 1880. Home Ruler. Da die P »rtei der „Home-Ruler" in Irland, das heißt diejenige Partei, welche diej „Selbregie- rung der Heimath", also mindestens die Selbst ständigkeit, wenn nicht die Unabhängigkeit Irlands anstrebt, im Ganzen und Großen ein ziemlich unbe kanntes Ding ist, so glauben wir darauf aufmerk sam machen zu sollen, daß das 12. Heft des Gla- gau'schen „Kultmkämpfers" einen orientirenven Ar tikel darüber bringt, welcher neben der Vorgeschichte auch Aufschlüsse über die gegenwärtige Stellung derselben giebt. Die irische Bewegung hat im Laufe dieses Jahr hunderts verschiedentlich den Namen geändert, ist aber wesentlich eine socialistische. Das Losungswort des großen Agitators O'Connel war: Widerruf der Vereinigung Irlands mit England (Repeal). Er wollte sich schließlich mit einer Personal- oder eigent- ' lich Föderal-Union (bundesmäßigen Vereinigung) ! zusriedengeben, entfremdete sich aber dadurch einen : großen Theil seiner Landsleute. Aus dem Schoße ' der Repealer erwuchs „Jung-Jrland", das nichts Geringeres als die Wiedereinsetzung der Eingeborenen in ihren ehemaligen Landbesitz verlangte. Der 1827 entstandene Chartismus war eine politische Verbin dung der arbeitenden Classen. Die Chartisten setzten zuerst die großen Arbeitseinstellungen in Scene und kamen schließlich zu der Forderung, daß der Grund und Boden Nationaleigenthum sein solle. Auf „Jung Irland" folgten die Fenier, ein Ge heimbund, der 1862 unter den Irländern Nord amerikas entstand, die Losreißung Irlands von Eng land und die Gründung einer irischen Republik bezweckte. Die ameritanischen Fenier machten im Mai 1866 einen Einfall in Canada, der aber miß glückte. März 1867 kam es zu einer Erhebung in Irland. In der voraufgegangenen Proclamation hieß es: „Der Boden Irlands, der jetzt im Besitz einiger Wenigen ist, gehört uns, dem irischen Volke, uns muß er zurückgegeben werden. Wir erklären uns auch für absolute Gewissensfreiheit und für die völlige Trennung von Kirche und Staat." Nach dem die Fenier niedergeworfen waren, standen sie als Home-Ruler wieder auf. Schon im vorigen Jahre machten irische Prote stanten und Katholiken, mochten sie sich auch unter einander befehden, gegen die Negierung gemeinsame Sache, und diese Gemeinsamkeit ist mit der Zeit noch gewachsen. Katholiken wie Protestanten eiferten gegen die in den Sechziger Jahren errichteten höheren Lehranstalten, gegen die sogenannten ^uean's 6o1- welche ohne confessionellen Charakter und daher in den Augen beider Confessionen „gottlose Schulen" sind. Zu den „Home-Ruler" bekennen sich Katholiken wie Protestanten. Letztere sind auf Irland in steter Vermehrung begriffen und ihre Zahl mag gegenwärtig schon über 800,000 betragen. Der Führer der protestantischen Home-Ruler ist Mr. Parnell. Daß es sich hierbei nicht um eingebildete Leiden handelt, darüber läßt ein kurzer Rückblick auf die Geschichte Irlands nicht den mindesten Zweifel, und mit Recht heißt es in dem erwähnten Artikel, daß „Irland die Schmach Englands und eine offene eiternde Wunde an dem stolzen Leibe Großbritanniens ist". Seit Jahrhunderten herrschen auf der Sma ragdinsel die bitterste Armuth und grenzenloses Elend, sind dort Mißwuchs, Hungersnoth und Seuchen regelmäßige Gäste; seit Jahrhunderten befindet sich das geknechtete und ausgesogene Volk in ununter brochener Gährung, kommt es aus Verschwörungen und Empörungen nicht heraus. Unter Elisabeth und Jacob I. wurden neun Zehntel des Landes confiscirt und an Engländer und Schotten verliehen und verkauft. Unter Wilhelm III. und Georg I. ergingen besondere Strafgesetze gegen den Katyoli- cismus, obwohl sich zu demselben fast die gesammte Bevölkerung bekannte. Die katholischen Prälaten wurden verbannt, die katholische Geistlichkeit ihres Einkommens beraubt, der katholische Gottesdienst und der katholische Unterricht verboten, wogegen die Katholiken den Zehnten an die protestantischen Staatspfarrer entrichten mußten. Die Katholiken wurden von allen öffentlichen Aemtern ausgeschlossen, sie verloren das Wahlrecht zum Parlament; Ehen zwischen Protestanten und Katholiken wurden ver boten; die Katholiken durften kein Grundeigenlhum erwerben, ja nicht einmal ein Pferd besitzen, das über 5 Pfund werth war. Sie wurden mit Strafe belegt, wenn sie Sonntags nicht die protestantische Kirche besuchten. Die Regierung mordete systematisch den Nationalwohlstand, indem sie auf alle Natur- und Kunstproducle so hohe Ausgangszölle setzte, daß dieselben einem völligen Ausfuhrverbot gleichkamen. Obgleich das sogenannte irische Parlament nur die Interessen seiner Wähler, der protestantischen Grund herren, vertrat, so erschien es der Regierung doch noch gefährlich, und sie wußte durch die schamloseste Bestechung zu erreichen, daß es im Jahre 1800 seine Existenz verkaufte und sich mit dem britischen Parlamente vereinigte. "Waldenburg, 24. Juli 1880. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Die Aussichten des Herrn vr. Lasker, in Magde burg an Stelle v. Sybel's in das Abgeordnetenhaus gewählt zu werden, sind eigentlich nicht allzu gün stig. Es zeigt sich weder auf fortschrittlicher noch auf nationalliberaler Seile allzu große Lust, diesen zwischen den beiden Parteien stehenden Mann zum Abgeordneten zu wählen. Auch Lasker selbst hat bisher noch nichts gethan, um seine Candidatur zu betreiben. Von einem anderen Candidaten hat in zwischen freilich auch noch nichts verlautet. Es sei übrigens daran erinnert, daß das Dictum, Lasker sei so eine Art Nationalunglück, gerade von Magdeburg und von nationalliberalen Kreisen aus gegangen ist. In Köln fand am Montage eine große Katho likenversammlung statt, zu der auch Windthorst von Ems herübergekommen war. Von Führern des Centrums berufen, hatte dieselbe den Zweck, die Uebereinstimmung des katholischen Volkes mit den An- und Absichten des Centrums kund zu geben. Ungeachtet des bei .en Verhandlungen herrschenden ruhigen und besonnenen Tones war doch der Stand punkt derselben völlig der alte, wie aus den drei zur Annahme gelangten Resolutionen hervorgeht, daß der Centrumsfraction Tank und Zustimmung der Wähler auszusprechen, die volle Aushebung der Maigesetze zu fordern und die Ansprüche der Kirche auf die Schule als unbedingt berechtigt festzuhalten seien. Oesterreich. Eine Entscheidung des Kreisgerichts zu Böhmisch- Leipa, wodurch eine Wechselklage zurückgewiesen wurde, weil sie in böhmischer Sprache verfaßt war, ist vom Oberlandesgericht in Prag aufgehoben worden, und zwar noch Z 13 der Gerichtsordnung, da in Böhmen die tschechische ebenso wie die deutsche Sprache die landesübliche sei, und weil ferner nach der Circular-Verordnung vom 30. Mai 1848 Schriftstücke in der Sprache, in der sie ein gebracht werden, zu erledigen sind. Rußland. Ueber die Vorbereitungen Rußlands zum Kriege mit China wirb aus Petersburg geschrieben: Man bestätigt, daß bis zum 1. Juli die Jntendanturver- waltung an extraordinären Ausgaben 12,000,000 Rubel nöthig gehabt habe, wovon 5,000,000 auf das Marineministerium, 7,000,000 auf das Kriegsmi nisterium fielen. Außerdem sind noch in Amerika für 12,000,000 Rubel Pulver, Geschosse und dergleichen Kriegsmaterial bestellt worden, wovon für die erste abgelieserte Partie sehr bald 6,000,000 zu bezahlen sein werden. Die Organisation und Verwaltung des Stillen Meer-Küstengebiets erlitt eine vollstän dige Veränderung. Fast alle höheren Beamten wur den dort gewechselt; was man nur an Schiffen in den Stillen Ocean abschicke» kann, wird dorthin abgesendet, und das Commando über die vereinigte Eskadre übernahm der Marineminister selbst. Usaiis, der Mörder der Generalin Skobeleff, zählt erst 21 Jahre und genoß das besondere Ver trauen des Generals Skobeleff. Derselbe war 1877 als montenegrinischer Freiwilliger in die Abtheilung Skobeleffs eingetreten, trat aber später in das rume- lische Heer und dann in die internationale Gendar merie. Der Mörder besitzt den Wladimirorden, einen goldenen Säbel und das Georgskreuz. Mit seinen Kameraden führte er gern Gespräche über seine Liaisons. Schon als Junker in der Petersburger Ingenieurschule erzählte er gern von seinem Verkehr mit französischem Chansoanettensängerinnen. Die Mittel, welche er von Haus aus bezog, erlaubten ihm ein lockeres Leben. Die Lnche der Generalin wurde einbalsamirt und wird nach Petersburg transporürt. Man vermuthet, der Mörder habe mit der Dienerin der Generalin ein zärtliches Verhältniß gehabt und durch diese die Reisedispositionen, sowie daß die G-neralin viel Geld führe, erfahren. Türkei. Die Pforte hat die Collectivnote der Mächte ab-