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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-10-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19111018016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911101801
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911101801
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-10
- Tag 1911-10-18
-
Monat
1911-10
-
Jahr
1911
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UciBigcr TagMall » . -u .. . s" bS2 lRnchtanIchluh) Tel.-Än cht 14 8SZ 14 KS4 Handelszeitung. s 14 ML (Nacht«,,chlu») Cel.-Änschl (14 «»3 i 14 684 Ämlsbkatt bcs Nates und -cs Nolizeiamtes -cr Ltadt Leipzig. f», Inlerat, au» Leipzig und Umgebung di» llpalilge Petitzelle LPf^di« Reklame» »eile I Mk. von au»wärt» 30 Pi. Reklamen llv Mk Inserate von Behörden im amt lichen Teil die Petit.eil« SO Pi L«Ichair»an,eig»a mit Platzvorlchrifte« im Brei,« erhöht Rabatt nach Taris Bellagegedildr Defamt- auflag« L Mk p Tautenv «rkl. Postgebühr. Teildeilage Höher. Fektertetlt, Auftrage können nicht zurück gezogen werben Für da» Erscheinen an vettimmten Tagen und Plagen wird kein« Garantie übernommen. An,eigen » Annahme I»dan»i»g«Ise 8, bei tamtlichen Filialen u. allen Annoncen- Ezpeditionen de» 2n» und Aurlande». Druck »ud Verla, »», Fischer äi Rürste» Inhaber. Panl Kürst«». -tedattlon ,n» SeschSIt»>t«il«: 2»hanni»gatl« 8. Haupt-Filiale Dresden: Eeeltrage ö. 1 (Telephon 4621t Nr. 28S Mittwoch, den lS. vktober >Sll los. Jahrgang. Tie vorliegende Ansgare umfaßt 20 Leiten. Das Wichtigste. * Der Reichstag erledigte in seiner Dienstag sitzung eine Reihe von Petitionen. (Ziehe Lertart. und Ber.) * Die französische Regierung hat ihr ost asiatisches Geschwader nach Sch ang- h a i beordert. * Bei den Truppen des italienischen Landungs korps in Tripolis soll Typhus ausgebrochen sein. (Siehe bcs. Artikel.) * Nach englischen Meldungen aus Teheran ist der Ex sch ah nach Russisch-Turkestan geflüchtet. * Tas neue Ministerium in Peru ist gebildet worden. (S. Ausl.) * Die bulgarischen Reservisten er hielten den Einberufungsbefehl. (Siehe bes. Artikel.) Petitionen im Reichstage. ck. Berlin. 17. Oktober. Die DienStagsitzung des nun zur letzten Ta gung ziffammengetretenen Reichstages hatte die Bedeutung einer Generalprobe der parlamentari schen Einrichtungen. Man stellte sest, ob alles noch gut funktioniert: Die Druckknöpfe des Läut werkes, das die Abgeordneten zu den Abstimmun gen ruft, die Technik der Tagesordnung und ähnliche Dinge wurden geprobt und geprüft. Als Material für diese Probe hatte man alter Gewohnheit getreu Petitionen gewählt. Da der Reichstag auf das Pctitionsrecht des Volkes naturgemäß selbst einen großen Wert legt, wünscht er auch die Leute, die sich vertrauensvoll an ihn wenden, sachgemäß zu bescheiden, und cs gibt verschiedene Abgeordnete, die auf die Er ledigung derartiger Dinge einen im allgemeinen wohl wenig beachteten Fleiß wenden. Im ganzen hat der Reichstag die Funktion eines Brief trägers auszuüben. Er hat die ihm übermittelten Petitionen mit der Aufschrift zu versehen: „An den Herrn Reichskanzler" und hinzuzufügen: „Als Material", „zur Erwägung", „zur Berück sichtigung" usf. Er kann aber auch von den bereitstehenden großen Papierkörben Gebrauch machen und die Hoffnungen und Wünsche der Antragsteller dahinein versenken. Tas erste Stück der Tagesordnung figurierte als 78. Bericht der Kommission für Petitionen, das letzte als 125. Dazwischen klafften allerdings einige Lücken in der Aufzählung. Dem Reichstag gelang eS, tüchtig aufzuräumen. Dabei kam ihm zu Hilfe, daß über eine viel umstrittene Frage, dem Streit zwischen der lateinischen und der deutschen Schriftgattung, schon früher die Diskussion abgehalten und geschlossen war. Hier also war nur noch der Wille des Parla ments in einem Beschlüsse kundzutun. ES zeigte sich, daß zunächst wenigstens der Wille einiger Gesetzgeber sich inzwischen fortgebildet hatte und zwar nach der Richtung großer Freundschaft für die deutsche Schrift. Mit erdrückender Mehr heit wurde der Antrag, die Antiqua zu fördern, durch Uebergang zur Tagesordnung abgetan. WirtschaftS- und sozialpolitische Fragen, wie Boykott als Waffe im wirtschaftlichen Kampfe, der paritätische Arbeitsnachweis und die Ar beiterfürsorge im Hüttengewerbe veranlassen einige Wortmeldungen. Mit dem Antisemiten Raab, der den Boykott verurteilt, stritt sich Schmidt-Berlin (Soz.), der darauf hinwies, gerade die Antisemiten hätten frühzeitig den Boykott gegenüber den Juden angewandt. Mit Hu 6 (Soz.) maß sich Behrens (Dirtsch. Vgg.) in der Schilderung der ungünstigen Lage der Bergarbeiter, mit Giesberts (Ztr.) wieder Hus (Soz.) in der Forderung von Maßregeln zum besseren Schutz der Hüttenarbeiter. Die hicr- kuf bezüglichen Petitionen wurden gemäß den An trägen der Kommission erledigt. Daß man mit der ganzen Tagesordnung fertig wurde, war kein schlechtes Vorzeichen für die beginnende Tagung. Ter von dem Präsidenten Graf Schwe rin-Löwitz ausgesprochene Wunsch, daß die Abgeordneten sich genügend gekräftigt hätten, um noch einen möglichst großen Teil des Ar- beitsrestes zu erledigen, schien dadurch eine Be stätigung zu erhalten. Ob aber auch einer anderen Erscheinung der Wert einer Vorbedeutung zuzuschreiben ist? Don der Regierung sah man ^ast niemand. Als ein- f zigcr Staatssekretär zeigte sich Herr Dr. LiSco, Ler sich auss neue um üine juristischen Gesetze bemühte. Ganz, so wird es wohl bei den Inter pellationen, die für den Mittwoch angesetzt wur den, nicht aussehcn. Diese Interpellationen hatten sich während der Sitzung vermehrt. Als man auseinanderging, gab es unter den Druck sachen eine Interpellation über Marokko mehr, als in der Stunde, da man sich zusammen fand. Hinzugclommen war eine freilich schon vom 16. Oktober datierte, an erster Stelle vom Abgeordneten von Normann gezeichnete kon servative Anfrage: „Ist der Herr Reichskanzler bereit, über die Marokko betreffenden Verhand lungen Auskunft zu geben?". Die Frager sind zum Teil bereit, sich zu g.dulden, wenn die Ne gierung den Moment zum Sprechen nr^h nicht für gekommen hält. Daß dies der Fall ist, weiß man längst. Da die französische Negierung in ihrer Zurückhaltung noch weiter geht und ledig lich um der deutsch-französischen Verhandlungen willen die Kammer überhaupt noch nicht einbe ruft, kann man der deutschen Negierung einen besonderen Vorwurf über ihr Schweigen nicht machen. Uebcr Teuerung und Vereinsge'etz kann sich die deutsche Negierung immerhin aussprechcn, oder wenigstens den Termin der Beantwortung angcben. Im Hintergründe steht dann immer noch das Privatbeamtengcsctz, das zu ausführ lichen Erörterungen Anlaß geben wird. Die Kenallttion in China. Wie wir bereits in unserer gestrigen Abend nummer berichteten, ist es in Hankau zu einem Straßenkampf zwischen den Landungskorps der deut schen Kriegsschiffe „Leipzig", „Tiger" und „Vaterland" zusammen mit den ans Deutschen Hankaus bestehenden Freiwilligcnlompanien und dem chinesischen Pöbel gekommen. Einzelheiten über den Kampf fehlen noch. Es ist anzunehmen, daß ent gegen den bisherigen Meldungen, wonach für Leben und Eigentum der in Hankau wohnenden Fremden keine Gefahr bestehen soll, der Kommandant der deutschen Kriegsschiffe doch eine Truppenlandung zum Schutze deutscher Interessen für notwendig hielt. Im übrigen sind die Nachrichten aus dem Auf- ruhrgebict sehr spärlich. Obendrein sind sie auch ziemlich widerspruchsvoll, so daß sich ein klares Bild der Lage nicht gewinnen läßt. Soviel aber läßt sich sagen, daß in Peking bei der Regierung teils Plan losigkeit, Panik und kopflose Heber- stürzung, teils Sorglosigkeit und über hebliche Verachtung der Bewegung von Hankau und Wutschang zu herrschen scheine. Im all gemeinen herrscht jedoch in Peking Ruhe und leidliche Ordnung. Verwaltung und Polizei üben eine ungemein strenge Zensur aus. Die Ausgänge der kaiserlichen Stadt werden von starken Abteilungen leserlicher Truppen bewacht. „Daily Mail" berichtet aber aus Peking, daß chinesische Dienstboten ihre Mandschu-Herrschaften verlassen. Am meisten Besorgnis erregt in der Hauptstadt die finanzielle Lage. Der Finanzminister hat zwar einer Panik für den Augenblick vorgebeugt, indem er der chinesischen Handelskammer und den Regierungs banken eine Million Silbertaels vor schoß, aber infolge unkrontrollierbarer Gerüchte gab es doch einen Run auf die Russisch-Asiatische Dank, wo die Chinesen ihre Banknoten gegen Silber aus tauschen wollten. Die militärischen Maßregeln der Regierung. General Pintschang, der am Sonntag Peking verließ, mußte erst zwei Tage lang lukullisch« Feste feiern, auf denen er offenbar Lorbeeren auf Vorschuß genommen hat. Der abgesetzte General Tchengkungpao, den man als Sündenbock für die Zustände in Mitteichina behandelt, droht Selbst mord zu begehen. Sein Nachfolger wird, wie bereits gemeldet. Tangschaoyi werden, der dem wieder allmächtig gewordenen Puanschikai nahesteht. Alles hängt jetzt davon ab, ob die jetzt südwärts abgehen den Truppen treu bleiben oder nicht. — Aus Tientsin erfährt die „Times", daß sechs Transportdampfer in Schanghai gechartert wurden, um am 19. Oktober Truppen einzunehmen. — In Schanghai ist man nach der „Times" der Meinung, daß die Kaiserlichen eine Politik des Abwartens einfchlagen werden, um die Hilfsquellen der Revolutionäre zu erschöpfen und Zwistigkeiten unter ihnen heroorzurufen. Die Haltung des Auslandes. Wie die „Times" aus Washington meldet, denkt die Regierung der Vereinigten Staaten — entgegen den Gerüchten aus Europa — nicht daran, ihre Dienste anzubieten, um den Frieden in China wiederherzustellen. Allerdings bemerkt der Washingtoner Vertreter der „Times", es herrsch« im Staatsdepartement die Befürchtung, daß die gegen wärtig« Bewegung in China die Integrität des Reiches in Frage stellen könnte, und es werde dort beraten, was wohl durch gemein sames Vorgehen aller beteiligten Mächte geschehen könnte, um dieie Gefahr abzu wenden. Bis aber die Lage nicht geklärt sei, je lä » Schritt der amerikanischen Regierung zu erwarten. Die Lage in Hankau. Berlin, 17. Oktober. (Eig. Trahtm.) Eine wei tere Meldung des deutschen Befehlshabers zur See in Hankau besagt: Hankau ist ruhig. Admiral Sah ist mit 4000 Mann regulärer Truppen hier ein getroffen. Ein Gefecht steht in der Nähe der deutschen Niederlassung bevor. Ein deutscher Dampfer ist mit Nichtkombattanten ausgelaufen. Hankau, 17. Oktober. (Neutermeld.) Admiral Sah ist auf einem Kanonenboot hier eingetroffen und hat den fremden Konsuln die Versicherung ge geben, daß er die K o n z e s s i o n e n nicht ge fährden werde. Von Norden her ist ein Eisen- bahnzug mit Negicrungstruppcn eingetroffen. Diese bezogen nördlich von Hankau ein Lager. Eine Ab teilung von 1000 bis 2000 Mann Aufständischer in Wu-tschang überschritt mit Artillerie den Pang-tse und marschierte den Han-Fluß auf wärts. Die Gesellschaft vom Noten Kreuz bringt die Gefallenen aus Wu-tschang fort. Ein Re volutionär, der Fonds unterschlagen hatte, wurde hingerichtet. Weiter wird gemeldet: Wien, 17. Oktober. (Eig. Drahtm.) Der österreichisch-ungarische Kreuzer „Kaiser Franz Josef I." wird morgen von Schanghai nach Hankau abgehen. Das chineülche Leer unü üle kttvslution. Zu der Meuterei der modernen Truppen von Tsinanfu, die sich auf die Seite der Revolutionäre gestellt haben, wird der Korrespondenz „Heer uno Politik" von militärischer Seite geschrieben: Im chinesischen Heere bildet nur der Mongole und der ManÄschu ein wahrhaft militärlsches Element, während der Eingeborene der, 18 Pro vinzen faul und feige ist. Dieses gute Soldaten- material ist aber eine große Gefahr für die vestrhende Regierung, da die besten Soldaten nach Art der Jung, türken die Mißwirtschaft der Man'^chudynastie m tz- billigen. Vorerst sei etwas über d»e Ausbildung und B e w aff n u n g des chinesischen Hrerrs mitgo.eilt. Dre chinesischeInfanteric besitzt neben dem deutschen In fanteriegewehr 98, dem Maüjergrwehr Modell 88 und vereinzelten anderen Modellen, Las japan.sche Mu- ratazcw:hr Nr. 31. Die Kavallerie ist mit eeu.sclcn Karabinern, Modell 88, ausgerüstet, während d e „H.uen-Sang-Tui", die Errnzverte.digungstrupxen, alte Gewehre erhalten haben. Auch pnd im ch.ne» fischen Heere 5,7 Zentimeter-Geschütze von Krupp und 7,5 Zentimeter-Schnellfeuergeschütze aufzufinden. Di« Stellung des chinesischen Soldaten ist durchaus unter geordnet. Sowohl ihre Ausbildung als ihre B.z.h- !ung lasten viel zu wünschen übrig. Der Throir- bericht des Jahres 1908 hat allerdings hierin^Wandel geschaffen, da durch diese Denkschrift für die Srlda.cn feste Gebührniste eingerichtet wurden. D e Ofs.z ere haben keinerlei soziale Achtung. Erst in neuerer Zeit ist ihre Stellung etwas bester geworden. Der Leutnant erhält monatlich 20 Taels Gehalt (1 Tael gleich 3 Mark), der Haup-mann 50 Taels. der Major 220 Taels, der Oberst 360 Taels, der Brizadckcm- mandeur 600 Taels und der Divisionskommandeur 800 Taels. Der Etat des stehenden Heeres in China wird auf 36 Divisionen festgesetzt. Jede Div non soll 422 Offiziere erhalten. Das Infanterie», P.on.er- und Trainbataillon zählt 4 Kompanien, die Batterie 6 Geschütze und die Eskadron 4 starke Züge zu 70 Pferden. Die vorgeschriebene Friedensstärke für ein Bataillon beträgt 600 Mann, für die Schwadron 309 Mann und für die Batterie 150 Mann. Eine ganze Division hat demnach rund 10 000 Mann, von denen aber immer die Hälfte fehlen. Die Bekleidung läßt sehr viel zu wünschen übrig. In letzter Zeit erhalten die Truppen nur Uniformen europäischen Schnittes, und zwar eine Winteruniform von grünlich-gelber Farbe und eine Sommeruniform. Die Truvpenieile unterscheiden sich durch die Farbe der Achsel.l.'ppen und Mützenbänder, die bei der Infanterie rot. bei der Kavallerie weiß, bei der Artillerie gelb, bei den Pionieren blau und beim Train braun sind. Alle diese Neuerungen sind erst auf Drängen der chinesischen Offiziere zur Einführung gelangt, die durchaus reformator.'ch ge sinnt sind und die Mißstände in ihrem Lande ver- ab'chruen. Die Offiziere arbeiten systematisch an der Aufklärung der Soldaten, denen sie die augenblickliche Verwahrlosung des Landes durch die herrschenden Mandarinen vor Augen führen, im Gegensatz zu dem Aufschwünge, den Japan durch ein gutgeschultes und pflichttreues Heer errungen hat. Der Ruf nach einer wirtschaftlichen und politischen „Wie dergeburt Chinas" geht heute 'schon durch den größten Teil des Heeres und wird von den Agitatoren durch Schriften und Lieder, die im soldatenmäßigen Ton ge» hatten sind, verbreitet. Die maßgebenden Kreise haben diese Gefahr wohl erkannt und Gegcnmaß- regeln getroffen, die vernünftigerweise nicht in Ge waltakten bestanden, sondern in den ersten Schritt n, die Wiedergeburt des Landes durch die jetzig« Re gierung ins Werk zu setzen. Die Reformbest re» oungen auf dem Gebiet des Heeres und der Ma rine, die der Regent Prinz Tschun ins Werk gesetzt hat, sind auf diesen Geist im Heer« zurück zuführen. dem man entqegenkommen will . Prinz Tschun ist aber bei den „Reform-Chinesen" sehr unbe liebt. da er es sich bald nach dem Tode der Kaiserin Tse-Hsi angelegen fein ließ, die einflußreichen und bedeutenden chinesischen Staatsmänner durch Man- dschus zu «ksetzen. Die Bestechlichkeit d«r Beamten und die Versumpfung der Verwaltung besteht aber noch. Und man setzt die ganze Mißwirtschaft auf das Konto der regierenden Mandschus, und der aus ihnen hervorgegangenen Herrscher. Die Autorität, die die Kaiserin Tse-Hsi besaß, hat Prinz Tschun noch nicht zu erwerben gewußt, so daß die den chinesischen Sol daten angeborene Treue gegen da, Herrscherhaupt ihm noch nicht zugute kommt. Die reformierenden Off ziere haben es leicht, den einfachen Soldaten zu überzeugen, daß ein Umschwung der bfft:h-nd«n Ver hältnisse nicht in alte Rechie eingreift, und daß ein neues Regiment dem Intereste des Vaterlanoes die nen wird, da es aus eingeborenen Chinesen bestehen wird. Die Bewegung ist national, darum hat sie den Rückhalt, den eine einfache Reformbcweguna in China niemals haben könnte. Die großen Massen des Volkes kommen überhaupt nicht inBetracht. und an sie wendet man sich auch nicht. Der Teil der Bevölkerung, der für derartig« Ideen schon empfänglich ist, ist durchaus national gesinnt und empfindet die gering geachtete Stellung Chinas auf das schwerste. Allen voran die Offizier«, die durch Schriften und eigene Anschauungen die Verfassung moderner Heere und den Stand des ihnen verbind lichen japanischen Heeres kenncnge'.ernt haben. Darum erscheint die Lag: in China sehr ernst, zumal die große Masts des Volkes durch Unruhen nur ge» winnen kann und nichts zu verlieren hat. Die der Regierung treuen Truppen sollen außerdem nicht über di« starke Organisation ve fugen, wie die Truppen, die der Revolution günstig gesinnt sind. Die Zukunft Chinas erscheint aber sehr ungewiß, da eine von einer Militärpartei bestärkte Reform bewegung naturgemäß viel nachhaltiger und systema tischer ins Werk gesetzt wird, als eine der vielen früheren, von unreifen Schwärmern hervorgerufenen. Chinas öutzenhkriüe! unü ZsUeinnahmen. Der chinesische Außenhandel, der bis zum Jahr« 1842 nur auf dem Landwege über Maimatschin oder für den Seeweg nur über Kanton unter recht er schwerenden Bcüingungcn gestattet war, hat seit dem Frieden von Nanking "einen gewaltigen Auf- schwung erlebt. Die Zahl der für den Handelsver- kehr mit dem Ausland geössneK'n Häfen betrug im Jahre 1909 bereits 45. Der Außenhandel des chiu«. fischen Reiches hat sich vom Iabre 1900 bis 1909 mehr als verdoppelt. Die Einnchr ist seit dem Jahre 19l>0 um 500,87 Millionen Mark oder 98,1 Prozent gestiegen. Der von 1905 auf 1906 eingetrctene Rück gang ist nahezu wieder ausgeglichen. Der Gesamt handel zeiot leit 1900 ein- Zunahme um 1 029 63 Mil lionen Mark oder 1O< 6 Prozent. Nahezu die Hältst- des gesamten Außenhandels nahm im Jahre 1^» den Weg über Schanghai. Als wichtigste Einst' -- artikel kommen Tertilwaren aller Art in Betro-Hr Auch der Import von Erzeugnissen der Melall- uno Maschincnindustrie ist recht bedeutend Der günstige» Entwickelung des chinesischen Außenhandels -o-utt das während der Taiving-Nevolution geschaffene Seezollamr seine große Bedeutung, die cs heute für die Staatsfinanzen Chinas Hai. D'^c von dem jüngst verstorbenen Engländer Sir Robert Hart or ganisierte und ousgeb^ut« BebörLc kann heute als das Rückgrat der chinesischen Finanzwirtschaft be zeichnet werden. Der Krieg um Tripolis. Die Türken in Brnghasi. London, 17. Oktober. (Eig. Drahtmeld) Nach Meldungen englischer Blätter aus Denghasi trif't dir dortig« türkische Besatzung in aller Eile die letzten Vorbereitungen, um d:n Italirnrrn bei ihrer dortigen Landung energischen Wider stand enlgegenzusctzen. Die Soldaten sind von groß- tem Patriotismus beseelt und wollen sich nicht so schmachvoll ergeben, wie die Besatzung von Tripolis. Die Garnison verfügt über gute moderne Was- f e n und eine große M « n g e M u n i t i o n. Eins hervorragende Unterstützung finden die Truppen in den Arabern jener Gegend, die sich fast ausnahms los den Türken zur Verfügung gestellt haben. Typhus unter dem italienischen Landungskorps? Mailans, 17. Oktober. (Eig Drah.m ld.) In der sozialdemokratischen Presse tauchen M:leun'en über Typhuscrkrankungen im italien.schen Landungskorps von Tripolis auf. Diese werden auf ganz ungenügend: sanitäre Maßnahmen in der Stadt zurückgeführt. Man spricht von Ver schmutzungen der Brunnen. Es wird aber auch die Vermutung ausgesprochen, daß es in Tripolis überhaupt an Trinkwasjer zu mangeln be» ginne und daß mit einer schweren Epidemie zu rechnen sei, wenn nicht innerhalb w:nig«r Tage Abhi.fe er folge. Erschütterung des neuen türkischen Kabinetts? Konstantinopel, 17. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Mit großer Spannung erwartet man d.e Rede des Grotzwesirs Said Paichas am tomnunoen Mittwoch im Parlamente. Man ist allgemein der Ansicht, baß Said Pa cha tatsächlich dem Parlam nt Friede nsvorjch läge uwerbr-'iten w rd. Sollte dies w.rllich oer Fall sein, so dürften die Tag.- d«s neuen Kabinetts gezählt sein, La da» Komitee für Einheit und For.schritt, das im Parla ment die Majorität besitzt, bei dem ^stellten Ver trauensvotum für ihn nicht seine Stimme abgeben wird. Said Pascha ist aber fest entschlossen, zu Ls- missionieren, falls er bei dem Vertrauensvotum kein« unoedingte Majorität erhält. Anklage des Kabinetts Hakki Pascha wegen Hoch, verrat». Konstantinopel, 17. Oktober. (Eig. Drahtmeld ) Die türkischen Abgeordneten von Tripoli« baden gegen das Kabinett Hakki Pascha Klage wegen Hochverrats erhoben. Der Hochverrat wird darin erblickt, Laß das Kabinett uoer LieAbsichtenItaliensganzohneKennt» nis war, und nach der Kriegserklärung nicht die nötige Energie belaß, eine schnelle und wirksame Ver» terdrgung der türkischen Interessen Lurchzuführen. In
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