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WkißmiMtung Anzeiger für Dippoldiswalde «nd Umgegend 70. Jahrgang. Dienstag, den 26. Juli 1904. Nr. 88. Amtsblatt fiir di- Migüche AmtshaWimannschast, das KöniLrche Umts-ericht und den St-dlrat zu Npxoldiswalde. V-rm>Iw-rllich-r »°dswm: Paul I-Hm. - Druck u»d v-rd, mm Carl Irhne Ul DiMoldMoaldc. »n -chumtz-, »u I»»»- »» h--.»i^ch-st«ch-- Jnluate, welch« bei den bedeutenden Auflage d« Blattes 'ine sehr wirk same Berbre'tung finden werden mit 12 Ph., solch« ans unserer Amtsyarwt- mannschast mtt 10 Pfg. die Spaltzelle oder deren Raum berechnet. — Ta- bellattsche und kompli zierte Inserate mtt ent sprechendem Ausschlag. — Eingesandt, im redaktio nellen Teile, die Spalten» zeile 20 Pfg. vif ^Welherih-Zeittmg* erscheint wöchentlichdrei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend und wird an den vorhergehen- denAbenden ausgegeoen. Preis vierteljährlich 1M. 28 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., elnmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern tO Pfg. — Alle Postan- statten, Postboten, sowie unsere Austräger nehmen Bestellungen am Ein englisch-nisfischer KonM. Die Wegnahme zweier englischen Handelsdampfschiffe wegen angeblicher Mitführung von Kriegskontrebande Lurch russische Kaperschiffe im Roten Meere hat zur Ab sendung einer scharfen Note der englischen Regierung nach Petersburg geführt und damit die Gefahr eines Konflikts zwischen Ruhland und England erzeugt. England als Beherrscherin der Meere und als Besitzer und Wächter Les zum Roten Meere führenden Suezkanals kann sich unmöglich die Beschlagnahme von Handels- und Post dampfern durch russische Kaperschiffe gefallen lassen, wenn Liese Beschlagnahme nicht durchaus nach dem internatio nalen Kriegsrecht gerechtfertigt erscheint. Ruhland scheint ober in seinem schlimmen Argwohn, dah Japan aus den neutralen Staaten Munition, Kohlen und andere als Kriegskontrebande geltende Dinge empfangen könnte, jetzt die Durchsuchung aller das Rote Meer passierenden Handels- und Postschiffe sich zum Prinzip gemacht zu haben, denn die russischen Kaperschiffe haben ja auch Leutsche, italienische, spanische und amerikanische Schiffe im Roten Meere durchsucht und zum Teil auch deren Ladung beschlagnahmt. In England ist man über dieses Vor gehen der russischen Regierung aber noch deshalb sehr er bost, weil die betreffenden russischen Schiffe keine eigent lichen Kriegsschiffe sind, sondern durch einen schlauen Kunstgriff zu Kriegs- und Kaperschiffen gemacht worden sind Es sind Schiffe der sogenannten russischen Frei- willigen-Flotte, die aus den Häfen des Schwarzen Meeres mit der Handelsflagge durch die Dardanellen nach dem Roten Meere gefahren sind und dann dort auf einmal die russische Kriegsflagge gehiht und ein paar Kanonen gezeigt haben. Als Krieg schiffe hätten sie dem Londoner Vertrage entsprechend die Dardanellen entweder gar nicht oder nur mit besonderer Erlaubnis des Sultans passieren dürfen. Die Russen haben sich in diesem Falle also ein mal auch als schlau und schneidig gezeigt, diese Schlauheit und Schneidigkeit kann ihnen aber sehr schlecht bekommen, zumal wenn England den Zwischenfall als Anlah dazu nimmt, dafür zu sorgen, dah nun kein russisches Kaper schiff der Freiwilligen-Flotte mehr durch die Dardanellen fährt. Daraus muh sich dann ein sehr gespanntes Ver hältnis zwischen Ruhland und England entwickeln, zumal es schon jetzt in Ruhland nicht an Stimmen fehlt, die England als der Begünstigung des Krieges der Japaner gegen Ruhland verdächtig bezeichnen. Nun, klar ist, dah England die Japaner nicht davon abzuhalten versucht hat, gegen Ruhland in den Krieg zu ziehen. Dies konnte aber auch von England, das mit Japan schon vor Jahren einen offenbar gegen Ruhland gerichteten Bündnis- und Freundschaftsvertrag abgeschlossen hat, nicht erwartet werden, denn Ruhland ist schon seit 50 Jahren der gröhte Nebenbuhler Englands in Bezug auf die Eroberung Asiens. Da entsteht denn auch die große und gefährliche Frage, ab England den Konflikt mit Ruhland nur als einen Zwischenfall behandeln, oder ob es die Maske der schein bar gleichgültigen Neutralität im russisch-japanischen Kriege ablegen, und seine gegnerische Stellung seinen asiatischen Interessen entsprechend zur Geltung bringen wird. Wir glauben nicht, dah irgend eine Macht England an einem solchen Vorgehen gegen Ruhland hindern würde, auch Frankreich nicht. Die Welt könnte vielmehr bei dieser Gelegenheit sehen, dah trotz der wiederholten heihblütigen Umarmungen der Franzosen und Russen der russisch-fran zösische Schutzvertrag vollständig versagen würde, denn die mit zehnfacher politischer Blindheit geschlagenen Franzosen haben ja ihren famosen Vertrag mit Ruhland im blinden Vertrauen auf die grohe unbesiegbare Heeres- und Flotten macht der Russen abgeschlossen und haben niemals daran gedacht, den Russen gegen eine dritte Macht helfen zu müssen. So kann die neue kritische Periode im russisch japanischen Kriege ebenso zu neuen Verwickelungen ak auch zu ganz neuen politischen Ausklärungen und Stellungen führen. Lokales mw Sächsisches. Dippoldiswalde. Wie uns mitgeteilt worden ist, haben die städtischen Kollegien hier mit Rücksicht darauf, dah die seinerzeit bei Feststellung der Vepflegesätze für das hiesige Stadtkrankenhaus massgebend gewesenen Verhältnisse in bezug auf Lebensmittelpreise rc. sich wesentlich verändert haben und diese Verpflegsätze sonach den gegen wärtigen Verhältnissen nicht mehr entsprechen, beschlossen, die selben in allen 3 Diätklassen angemessen zu erhöhen. Infolge dessen hat sich aber auch eine Erhöhung der Verpflegkosten Notwendig gemacht und sind dieselben auf 2 Mark pro Kopf und Tag, soweit es sich um Mitglieder der hiesigen Ortskrankenkasse und Prioatkranke aus Dippoldiswalde handelt, und auf 2 Mark 30 Pfg. für Mitglieder aus wärtiger Krankenkassen und andere auswärtige Kranke festgesetzt worden. Bisher wurden für Mitglieder der hiesigen Ortskrankenkasse l Mark 75 Pfg. pro Tag und für Mitglieder auswärtiger Kassen rc. 2 Mark pro Tag berechnet. Da aber bei diesen Sätzen infolge der starken, immer mehr steigenden Frequenz des Stadtkrankenhauses schon jetzt teilweise Zu schüsse zu den Krankenhauskosten erforderlich waren , lässt sich nunmehr, nachdem auch noch eine wesentliche Erhöhung der Verpflegsätze notwendigerweise stattgefunden hat, die Erhöhung der Verpflegkosten nicht mehr umgehen, wenn nicht noch grössere Zuschüsse für das Krankenhaus auf die Stadtkasse übernommen werden sollen. Während im Jahre l903 im Ganzen 66 Personen an 1582 Verpflegtagen untergebracht waren, sind in der ersten Hälfte dieses Jahres bereits 52 Kranke an 1622 Tagen im Stadtkrankenhaus verpflegt und behandelt morden. Dippoldiswalde. Unter der Führung des Erbauers, des Herrn Franke von der Firma Franke L Bergholdt in Radebeul, fand am vergangenen Freitag Nachmittag durch Mitglieder der städtischen Kollegien eine Besichtigung des neuerbauten Hochbehälters unserer Wasserleitung an der Elender Strasse statt. An der Hand der Pläne erklärte Herr Franke die Einrichtung und den vom Wasser zu nehmenden Weg nochmals und stiegen die Anwesenden sodann in den beleuchteten Behälter hinab, hier die Rohr leitung ».besichtigend. — Mit den besten Wünschen, dass der neue Hochbehälter der Stadt zum Segen gereichen > öge, und dass in Zukunft solche Kalamitäten, wie der jetzige Wassermangel, durch den Bau vermieten werden möchten, schieden die Besucher hochbefriedigt. — Obgleich die kalendermässigen Hundstage erst mit dem vergangenen Sonnabend begonnen haben, so haben wir mit der Hundstagshitze doch schon recht ausgiebige Erfahrungen gemacht. Wir haben schon lange nicht mehr im Juli so viel Schmeiss vergossen wie in diesem Jahre. Man hatte sich bereits daran gewöhnt, von dem Juli kurzweg als dem Ferien- und Regenmonat zu sprechen. Denn kaum hatten sich die Tore hinter der erholungs bedürftigen, feriensrohen Schuljugend geschlossen, dann öffneten sich auch die Schleusen des Himmels, so dass es in den Sommerfrischen mehr frisch als sommerlich war. Das hat sich also in diesem Jahre geändert. Unsre Aus flügler konnten an jedem Tage die weitesten Partien unter nehmen, vor Überraschungen aus den Wolken waren sie gesichert. Die Touristen und Sommerfrischler werden aber schliesslich empfunden haben, dass es angenehmer ist, schlimmsten Falles einmal bis auf die Haut durchzuweichen, tiefer geht's ja nicht, als permanent im Staube zu sitzen und zu schwitzen. Und nun kommen die Hundstage, da cs heisst: Vier Wochen immerfort zu schwitzen, — Als müsst' man in der Hölle sitzen. — Kaum ist man wenig' Schritt vom Haus, — Hängt einem schon zum Hals heraus — Die ganz und gar verdorrte Zunge — Und mühsam ringt nach Luft die Lunge. — Wer im Bureau am Schreibpult sitzt, — Schimpft aus die Hitze, stöhnt und schwitzt — Und schlummert ob der argen Pein — Zu weilen bei der Arbeit ein. — Das Essen ist, was sehr verdriessbar, — Des Mittags meist nicht recht geniessbar, — Denn jetzt bekommt das Fleisch im Nu — Den nasen- fälligsten Hautgout — Und sauer zu der Hausfrau Jammer — Wird selbst die Milch in kühler Kammer. — Die Hundstagshitze wird im Zimmer — Von Tag zu Tage immer schlimmer, — Man brächte drum die Mittagsruh' — Am liebsten jetzt im Keller zu. — Auch nachts ist's Schlafen fast unmöglich, — Weil da die Glut ganz unerträglich. — So hört man denn zur Hundstags zeit — Die Leute ächzen weit und breit. — Doch Leser, bleibe frohen Mutes, — Die Tage haben auch ihr Gutes, — Das wirst du sicher anerkennen — Und kaum wohl brauch' ich's dir zu nennen: — Weil sie, obgleich sie dich erschlaffen, — Dir stets den schönsten Durst ver schaffen ! Dippoldiswalde, 23. Juli. Am heutigen Tage fand in der grossen Saalstube des Rathauses durch Herrn Branddirektor Eidner und in Gegenwart des städtischen Feuerlöschausschusses die Einweisung der Mitglieder des auf Grund der neuen Feuerlöschordnung neugebildeten Pflichtfeuerwehrkorps statt. Seifersdorf. Verklungen sind die Freuden des Schulfestes. Für die Zeit des Lebens wird es den Be teiligten ein freudiges Andenken sein. Begleitet vom herr lichsten Wetter, dabei nicht zu heiss, verlief das Fest ohne jede Störung. Nachdem die Häuser und Strasse geschmückt, der Staub durch Sprengwagen beseitigt war, begann nachm. 1 Uhr das Fest mit musikalischer Einholung der Kinder von Spechtritz, worauf ein Zug durch den Ort er folgte, bei welchem im G..sthofe gerastet und Kaffee und Kuchen verteilt wurde. Nach Eintreffen in Oppelts Park schänke begann erst das eigentliche Treiben des Tages mit Spiel und Tanz, Vogelabschiessen und Stangenklettern, Topfschlagen und Blindekuh, überreiches Essen und Trinken und was noch alles aufzuzählen wäre, so dah man nur freudestrahlende Gesichter zu sehen bekam. Als abends gegen 8 Uhr die Gewinne zur Verteilung kamen, ward allgemein bewundert, wie praktisch die Veranstalter des Festes hier gewählt hatten, nur brauchbare, solide Gegen stände waren angekauft worden. Im übrigen soll auch hier nicht übersehen werden, mit welcher Aufopferung die Herren der Schulbehörde und Lehrersfrauen, nebst einigen dazu gewonnenen jungen Damen und Herren vor und während dem Feste eifrigst bemüht waren, das ganze zu einem hier noch nicht dagewesenen zu gestalten. Bei ein brechender Dunkelheit liess Herr Restaurateur Oppelt noch ein Brillantfeuerwerk abbrennen, welches seine Wirkung nicht verfehlte. Zum Schluss erfolgte ein Aufmarsch nach dem Schulhofe, wo Herr Kantor Rentsch eine Schuhrede, ein Schulknabe eine Dankrede hielten, an alle, welche der Sache zu einer so guten Vollendung halfen, und Herr Pfarrer Thomas noch dessen gedachte, welcher alle Ge schicke des Menschen immer sucht zum guten zu führen. Kipsdorf. Die am 22. Juli erschienene Fremden- und Kurliste Nr. 4 weist für die Sommerfrischen und Luftkurorte Kipsdorf, Bärenfels und Bärenburg auf die Zeit vom 5. Juli bis mit 20. Juli an angekommenen Sommergästen 497 Parteien mit 1130 Personen, sowie 245 Passanten nach. Die Gesamtfrequenz bis mit 20. Juli betrug in dieser Saison an Sommergästen 1251 Parteien mit 2410 Personen, sowie 1272 Passanten. Altenberg. Leider wird uns unser Stadtoberhaupt, Bürgermeister Danowsky, bald wieder verlassen, da er unter 130 Bewerbern vom Gemeinderate zu Coswig bei Meissen einstimmig zum Gemeindevorstand genannten Ortes gewählt worden ist. Ungern sehen wir den be währten und tatkräftigen Verwaltungsbeamten scheiden — hat er es doch verstanden, während der Zeit seiner Amtierung in verhältnismässig kurzer Zeit unser bei seinem Amtsantritte aus dem Kurs geratenes Finanzschiff wieder in die rechte Bahn zu leiten. Dresden. Der Kronprinz FriedrichAugust verlässt am 28. Juli das Bad Schmecks und kehrt über Oderberg- Breslau zurück, um sich sofort nach dem Truppenübungs platz Zeithain in seiner Eigenschaft als Kommandeur des 12. Armeekorps zur Besichtigung der schwarzen Brigade (Jägerbataillon eNr. 12 und 13, Schützenregiment Nr. 108) zu begeben. Die Prinzen und Prinzessinnen der kron- prinzlichen Familie werden erst am 3. August das Grand Hotel in Schmecks verlassen und nach Villa Wachwitz zu rückkehren. — Der Stadtkommandant von Dresden, General major Freiherr von Strahlenheim, wird aus der Armee ausscheiden. Der bisherige Kommandeur der 45. Brigade, Generalmajor von Schweinitz, wird als sein Nachfolger genannt. Das Kommando der 45. Brigade soll, wie schon gemeldet, Prinz Johann Georg übernehmen. — Die Bcgräbniskasse des Vereins sächsischer Ge meindebeamten zählte am 30. v. M. 2027 Versicherte mit 478600 M. Versicherungssumme und 98200 M. Kassenvermögen. — Es ist jetzt schon die sechste Woche, seit die Bluttat im Gemeindeamt zu Crottendorf begangen wurde. Verschiedene Lagcrstellen in Wäldern und auf Feldern werden als Beweis erachtet, dass Schramm sich stets in der Nähe von Crottendorf aufgehalten hat. Vor etwa acht Tagen hat man auf Cranzahler Revier eine Lager stätte aufgesunden, auf der noch Wurstschalen und Papier- rcste umhergelegen haben. Unweit davon wurde ein durch einen Schuss getöteter Hund aufgefunden. Auf Neudorfer Revier unweit des Weges, welcher nach „Siebensäure" führt, wurde in einem Dickicht ein in einer Erdmulde durch zusammengelegte Hanssäcke hergerichtetes Lager ent deckt. Fortgesetzt durchstreifen Polizeiorgane die Gegend. Auch Einwohner von Crottendorf haben in grösseren Trupps