Volltext Seite (XML)
Amtsblatt für die königlichen und städtischen Behörden zn Freiberg and Brand. Verantwortlicher Redakteur: Julius Braun in Freiberg. 42. Jahrgang. M3.! i Dienstag, den 31. Dezember. zivennonatltch 1 M. oO Pf. und euwumamch 7ü Pf. f --- Jnjerale werden bi» Bormittag lt Uhr angenom- !! men und beträgt der Preis für die gespalten« Zelle H oder deren Raum 1V Psg. W Abonnements Ginladnng. Zum Quartalwechsel erinnern wir unsere geehrten Leser an die rechtzeitige Erneuernng des Abonnements, damit in der Zusendung unseres Blattes keine Unterbrechung eintritt. Auch die neu hinzutretenden Abonnenten ersuchen wir ergcl>enst um zeitige Anmeldung, da eine Nachlieferung von Exemplaren nur ausnahmsweise geschehen kann. Der „Freiberger Anzeiger" wird auch fernerhin seine gemäßigte und objektive Haltung beobachten und den Lesern von allen interessanten Ereignissen des In- und Auslandes so schnell wie möglich, znm großen Theile durch telegraphische Berichterstattung Kennlniß verschaffen. Die besonders wichtigen Tagesfragen werden wie bisher in den regelmäßigen Leitartikel« eingehende sachliche Besprechung finden. Bei den Nachrichten aus dem Königreich Sachsen sollen hauptsächlich die Ortschaften des LauVgerichts- und amtsha«ptma«Uschaftlichen Bezirks Freiberg, sowie insbesondere die des Erzgebirges Berücksichtigung finden. Regelmäßig erscheinen auch die Schwurgerichts- und sonstigen Berhanbluuge« beim Landgericht Ureiberg, sowie Mit- theilungcn über vdft- und Gartenbau. Um auch den unterhaltenden Theil unseres Blattes möglichst interessant und mannigfach zu gestalten, bringt das tägliche UeuiAeto» nur gediegene Novitäten anerkannt tüchtiger 'Schriftsteller. In der bi»i»utsx«1»e1I«p-e werden die Preisräthsel während des Winterhalbjahrs fortgesetzt. Der vierteljährliche Abonnementspreiö betrügt 2 Mark 25 Psg. Inserate, pro geft'altene Zeile 15 Psennige, finden bei der großen Auflage des Blattes die weiteste und Zweckentsprechendste Verbreitung. Bestellungen nehmen sämmtliche kaiserliche Postanstalten, sowie die bekannten Ausgabestelle« entgegen. Die Redaktion und Expedition des „Freiberger Anzeiger und Tageblatt". Rückblicke auf das Jahr 1889. in. In Spanien herrschte während des verflossenen Jahres fast immer eine politische Windstille, die weder der Prozeß deS Diplomaten Benomar, noch die Auseinandersetzung mit Marokko wegen der Rifspiraten von AlhuccmaS, noch der am 4. Dezbr. erfolgte Rücktritt des Finanzministers Gonzales ernstlich zn «beeinträchtigen vermochten. — Ereignißreicher war das Jahr ZBSV für Portugal, in besten Kortes es wiederholt zu sehr stürmische« Auftritten kam und besonders die energische Wahrung der portugiesischen Ansprüche auf verschiedene afrika nische Gebiete verlangt wurde. Ani 25. September verstarb der portugiesische Prinz, Herzog August von Coimbra, dem «in 19. Oktober König Louis von Portugal in die Ewigkeit nachsolgie. Die Ankunft deS entthronten Kaisers von Brasilien und der leidende Zustand des Königs CarloS riefen am Schlüsse des Jahres eine zunächst wobl nicht allzugrsthrliche republika nische Bewegung in Portugal hervor. Tas am 21. Februar znsammengetretene «»glischc Par lament beurtheilte die von dem Lord der Admiralität, Hamilton, die gestellte Forderung von 21^ Millionen Pfund Sterling für Flottcnvermehrung sehr günstig. Der Riesenprozeß der „Times" nahm durch die Entlarvung des falschen Zeugen Pigott eine für Parnell sehr vorthcilhaste Wendung. Am 15. April legte Ler Schatzkanzler Goschen dem Unterhause ein mit einem Uebcrschuß abschließendes Budget vor. Nach Ablauf der Par- lamentsfericn wurde am 7. Mai die Flottenvermehrungs-Bill mit großer Mehrheit angenommen. Im Juli trafen aus Egypten wiederholt günstige Botschaften über die Erfolge der englijch-cgyptischen Truppen ein, die unter Führung des General Grenfell und deS Oberst Woodhouse die iu der Gegend von Wady Halfa bei Toski und Anabi den eingedrungenen Derwischen blutige Niederlagen beibrachteu und die Derwische zum fluchtähnlichem Rückzüge zwangen. Die Enkelin der Königin Viktoria vermählte sich am 27. Juli mit dein zum Herzog erhobenen schottischen Earl of Fife. Im August kam es in und uni London zu umfangreichen und andauernden Arbeitseinstellungen, die unter Leitung deS Sozialisten John Burns in einer für die Streikenden günstigen Weise zu Ende geführt wurden. Unter dem für die Regierung günstigen Ein druck der Ankündigung der Errichtung einer katholischen Uni versität in Dublin wurde das Parlament am 30. August ge schlossen. Der Nachricht von dem Tode des Negus Johannes von Abessynien wurde in England kein großes Gewicht bei« gelegt; um so schärfer bestritt der Premierminister Salisbury Portugal das Recht in Südafrika gegen die MakololvS und «ndcrc mit England befreundete afrikanische Stämme kriegerisch vorzugehen. Das agitatorische Auftreten Gladstones iu Man chester kam 2. Dezember) und die dem Führer der irischen Rationalisten, Parnell, in Nottingham und Liverpool (am 17. rind 19. Dezember) bereiteten Huldigungen galten der engli schen Regierung als keine sehr beunruhigenden Anzeichen der öffentlichen Stimmung. AusRMlaud meldete man im Laufe deS Jahres wieder holt Ergänzungen der Wehrkraft und Maßregeln zur Russi- fizirung der Ostsceprovinzen. Der am 7. Mai erfolgte Tod des Minister des Innern, Grafen Tolstoi, änderte daran nicht das Geringste. Dec Trinkspruch, in dem der Zar den Fürsten von Montenegro am 30. Mai den einzigen aufrichtigen Freund Rußlands nannte, die Vermählung des Herzogs Georg von Leuchtenberg mit der Prinzessin Anastasia von Montenegro (am 28. August), die Enthebung des Prinzen Alexander von Oldenburg von dem Kommando des Gardekorps erregten großes Aussehen. Der Aufenthalt der Zarenfamilie in Dänemark, die Antvesenheit des Großfürsten Thronfolgers bei den Manöver» in Hannover und die Reise des Zaren nach Berlin verursachten einen freundlichen Stimmungswechsel, der in der Rede des russischen Kaisers bei der Feier des 500jährigen Bestehens der Artillerie in Rußland einen Ausdruck fand und auch durch die bei dem St. Gevrgs-Ordensfest (am 8. Dezember) dem in die russische Armee eingetretenen Prinzen Louis Napoleon gewährte Auszeichnung keine Herabminderung erlitt. Alle Versuche der PA«tfH«« Regierung mit dem Parla ment in Kopenhagen zu einer glatten Genehmigung deS Bud gets zu gelangen, stiegen auf unüberwindliche Schwierigkeiten und mußte man sich nach dein ani 1. März erfolgten Schluß des dänischen Reichstags abermals mit einem provisorischen Steuergesctz helfen. Am 17. Juli verstarb die Prinzessin Auguste von Dänemark. — Mit wesentlichen parlamentarischen Schwierigkeiten hatte auch die Regierung von Schwede« und Norwegen zu kämpfen. Das norwegische Kabinet Swerdrup machte am 1. Jnli einem Ministerium Stange Platz; an die Stelle des schwedischen Ministerpräsidenten Baron Bildt trat am 13. Oktober Baron Ackerhjelm. Die Schwester des Königs Oskar II., Prinzessin Charlotte von Schweden, verschied am 23. April. Der am 2. September vom König von Schweden in Stockholm eröffnete Orientalisten-Kongreß währte "bis zum 7. desselben Monats. Besonders ereignißrrich war das Jahr 1888 für das König reich Serbien, in dem am 3. Januar die Skupschtina die vom König Milan gegebene freisinnige Verfassung annahm, woraus der Sturz des Kabinets Christie und (am 6. Mürz) der Ver zicht Milans zu Gunsten seines Sohnes Alexander folgte, dessen feierliche Salbung im Kloster Ziza sich an die Feier des 500- jährigen Gedenktages der Schlacht bei Kossowo (am 27. Juni) auschloß. Die am 26. September vorgenommeuen Sknpschtina- Wahlcn fielen zu Gunsten der Regierungspartei aus. Drei Tage später kehrte die Königin Natalie nach Belgrad zurück, erlangte aber erst am 12. Oktober eine Zusammenkunft mit ihrem Sohne. Am 20. Oktober eröffnete der Regent Ristic die Skupschtina mit einer friedlich klingenden Thronrede und nahm am 28. Oktober eine ihm von dem Präsidenten Pasic überreichte Anlworts-Adresse entgegen. Die am 10. Dez. er folgte Kündigung des serbischen Salzmonopol-Vertrages veran laßte die Wiener Nnglo-Bank bei dem Minister Grafen Kalnoky Schutz zu suchen, mn dem die serbische Regierung über einen Ausgleich verhandelte. Bon dem r«Mll«1sch«« Parlament Gourde am 18. März das Gesetz über den Verkauf von Staatsgütern an die Bauern angenommen. Das Kabinet Rosetti machte am 3. April einem Ministerium Catargiu Platz, daS die Regelung der Thronfolge und daS Gesetz über die Befestigungen durchsetzte. Am 1. Mai traf der rumänische Thronfolger, Prinz Ferdinand, in Bukarest ein. Am 17. November trat Catargiu von seinem Posten zu rück, den nun der General Mano einnahm, welcher in dem am 27. November eröffneten Parlament sich äußerst geschickt der Angriffe seines früheren Kollegen Catargiu erwehrte. Die bulgarisch« Sobranje wurde am 1. Januar 1889 mit einer Thronrede des Prinzen Ferdinand entlasten. Der Prä sident dieser Körperschaft, ZachariaS Stojanow, verschied am 15. September in Paris. Verschiedene Zwistigkeiten mit Serbien wurden von der bulgarischen Regierung glücklich bei gelegt, die durch die Ausweisung des Fürsten Dolgorukow aus Sofia auch den russischen Umtrieben steuerte. Die am 3. No vember eröffnete Sobranje genehmigte am 10. November eine 30 Millionen-Anleihe. Nach Annahme der Eisenbahnanleihe wurde die griechisch« Kammer am 16. April geschlossen. Der Aufstand in Kreta und die demselben folgenden scharfen Maßregeln Schakir Pascha» erregten die Gemüther in Griechenland auf's Tiefste, zumal sich die geflohenen Führer der kretensischen Ausrührer nach Athen wandten. Die Vermählung des griechischenKronprinzenConstan- tin mit der Prinzessin Sophie von Preußen brachte für einige Zeit einen Wechsel der Stimmung hervor. Der strenge Ferman de» Sultans, der die Krrtenser bitter enttäuschte, rief aber im De zember neue Erbitterung in Athey hervor und gestaltete die Lage des griechischen Ministeriums Trikupis zu einer recht nützlichen. — Bon den asiatischen Neichen »ar besonders Japan der Schauplatz großer Wandlungen. Unmittelbar nach der Ver kündung der neuen Verfassung wurde am 12. Februar der japanisckie Untcrrichtsmimster von einem Fanatiker erdolcht. Von da ad befand sich das Reich in beständiger Aufregung, die den Gipfel erreichte, als am 19. Oktober ein Attentat gegen den Minister des Auswärtigen, Otuma Shipenobu, verübt wurde, der zwar mit dem Leben davon kam, aber eine schwere Verwundung erlitt. Hoffentlich wird der Kaiserliche Prinz Arijugawa Takehito, der in besonderer Mission mehrere europäische Höfe besuchte, nach seiner Rückkehr nach Tokio dazu kräftig beitragen, den in letzterer Zeit in Tokio bedenklich ge wachsenen Fremdenhaß wieder herabzumindern. Am 25. Februar begab sich der neue Präsident der «srd- ameritanifchen Union, Harrison, von Indianapolis nach Washington, wo er nm 4. März daS Weiße HauS bezog und eine energische Botschaft erließ. Am 29. Ah-ril wurde da» 100jährige Jubiläum der Einführung Washingtons als Präsi denten festlich begangen. Die Ermordung des vr. Cronin in Chicago durch Mitglieder des Geheimbundes Clan na Gael verursachte am 29. Juni die Erhebung der Anklage gegen 9 Angehörige dieses Bundes, von welchen am 16. Dez. nur 3 zu lebenslänglichem und einer zu dreijährigem Gesänguiß ver- urtheilt wurden. Die Kongresse der amerikanischen Nationen und der Seenferstaaten lieferten keine greifbaren Ergebnisse. Am 1. Oktober traten die Territorien Nord-Dakota, Siw- Dakota und Washington als Staaten in den Verband der Union, deren Kongreß am 3. Dezember von dem Präsidenten Harrison mit einer längeren Botschaft eröffnet wurde. Drei Tage später verschied der ehemalige Präsident der konföderirten Südstaaten Jefferson DaviS. Wider Erwarten blieb in Riearag«« Alles ruhig, als der Präsident Evaristo Carazo starb und Sacaza als provisorischer Präsident einstweilen die Regierungsgeschäfte übernahm. Durch nordamerikanische Unternehmer wurde der Bau deS Kanal» von Nicaragua begonnen, wodurch das verkrachte Panama-Kanal- Unternehmen noch den letzten Stoß erhielt. Auf Haytt ging der Bürgerkrieg zu Ende, da General Legitime als Flüchtling die Insel verließ und General Hippolyte als Sieger in Port au Prince etnrückte. Von den europäischen Regieningen ist bisher noch keine förmliche Anerkennung d«L neuen Regiments auf Hayti beschlosten worden. Am Bedeutendsten war die Umwälzung in Brillit«». Dort war im Sommer an die Stelle des Ministeriums Oliveira ein Kabinet Ouro Preto getreten. Am 16. Juli verübte der Portugiese Andriano Valle in Rio de Janeiro ein Attentat gegen den Kaiser Dom Pedro. Mitte November kam es zu einem von dem Marschall Theodor Fonseca angestifteten Militüranfstand, dem die Proklamirung der Republik, die Ab setzung Dom Pedros und die Verbannung der Kaiserlichen Famke folgten. Eine Gegenrevolution wnrde nut Waffengewalt gedämpft. Am 27. Dezember erlag in Oporto die verbannt« Kaiserin von Brasilien plötzlich einem schweren Herzleiden.