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Nr. 242, 84. Jahrgang Freitag, den 14. Oktober 1932 pulsniherZiweblait w»che«blall Vezlrlranzeiger Wöchentlich nur überlegeneSchneMgkeitunsererVerichterftattuug zuzügt. Bringerlohn » Fernsprecher: Amt Pulsnitz 18. 8) I , Tel.-Adr.: Tageblatt Pulsnitz. Postsch.-Konto: Dresden 117 64. Bank-Konto: Commerz- und Privatbank, Zweigst. Pulsnitz. Anzeigen-Grundprelse: Die 41 inm breite Zeile (Mösles Zeilenmesser 14) 1 mm Höhe 10 Rpfg.: amtlich 1 mm 2ü Rpsg.: Reklameteil I mm 2Ü Rpsg. Tabellarischer Satz Sü V« Ausschlag. Bei Einziehung der Anzeigengebührsn durch Klage oder im Konkurs- oder Vergleichssalle kommen etwa gewährte Rabatte in Wegsall. — Bis >410 Uhr vormittags eingehende Anzeigen sin- den noch am gleichen Tage Ausnahme. Sanzlögiger Funkdienst der Telegrapheu- Union. wir bitten unsere Leser, dauernd di« Erscheint an jedem Werktag nachmittags 3 Uhr. zu kontrollieren. Wir stehen im Wesentlichen selbst Grohstadt- zeitungcn nicht nach. Im Falle höherer Gewalt, Krieg, Streik oder sonstiger Betriebsstörungen hat der Be zieher keinen Anspruch auf Lieferung oder Rückzahlung. Das Pulsnitzer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft und des Finanzamtes zu Kamenz, des Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz sowie der Gemeinderäte Großnaundorf und Weißbach behördlicherseits bestimmte Blatt In Verbindung mit der Nebenausgabe „Ohorner Tageblatt", Hauptblatt, älteste und meistgelesene Zeitung im Bezirk Pulsnitz, umfassend die Orte Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Großröhrsdorf, Bretnig, Haus walde, Ohorn, Obersteina, Niedersteina, Weißbach, Ober- und Niederlichtenau, Friedersdorf, Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundo f, Lichtenberg, Kleindittmannsdorf Tägliche schnellste Berichterstattung über das Geschehen in der engeren Heimat, in Deutschland und im Ausland. Nachrichtendienst durch ganztägigen fast ununterbrochenen Funkdienst der Telegraphen-Union Geschäftsstelle: Pulsnitz, Albertstraße Nr. 2 Verlag: Pulsnitzer Tageblatt, G. m. b. H., Pulsnitz — Druck: A. Pabst, Königsbrück. Schriftleiter: I. W. Mohr in Pulsnitz »iMMWM > »IM II > I Wien verlangt Gerechtigkeit für Deutschland Mnterzuschläge für Arbeitslose und Milderung der Rentenkürzung — Ein plan Macdonalds gegen den französischen Abrüstungsentwurf? — In England wird die Einladung des deutschen Reichsauszenministers nach London erwogen Amtliche Bekanntmachungen im Anzeigenteil Allmähliche Aufhebung der französischen kontingentierungsmahnahmen? Paris, 14. Okt. (Funkmeldung) Die französische Industrie- und Landwirt schaftsvereinigung, die alle Erzeugerzweige Frankreichs umfaßt, weist in einer Verlaut barung auf die bevorstehenden deutsch-fran zösischen Wirtschaftsverhandlungen hin, die demnächst in Paris ausgenommen werden sollen. In dieser Verlautbarung teilt die Ver einigung mit, daß sich das französische Mrt- schaflsministerium bereits jetzt damit beschäf tige, die Zolltarife einer Revisionzu unterziehen, um nach und nach zur Auf hebung der kontingenlierungsmahnahmen überzugehen. Die Industrie- und Landwirtschaftsvereini- gung hat beschlossen, ebenso wie im Jahre 1927 einen Studienausfchuß einzusetzen, der die deutsch-französischen Wirtschaftsbeziehun gen prüfen soll, um der Regierung bei den kommenden Verhandlungen als Ratgeber zur Seite zu stehen. Presseausstellung in 205 Sprachen Moskau, 14. Okt. (Funkmeldung) Amtlich wird gemeldet, daß am 15. Jahres tag der Oktoberrevolution in Tiflis eine inter nationale Presseausstellung eröffnet werden wird, die die größte der bisher bekannten Presseschauen sein, und, wie besonders hervor gehoben wird, die Kölner Presseschau von 1928 weit in den Schatten stellen soll. Auf der Aus stellung wird die Tagespresse aus 282 Län dern in 205 Sprachen zu sehen sein. Allein die nationale Presse aller Gebiete der Sowjet union wird in fünfundsiebzig Sprachen auf marschieren. Für Revision und Gleichberechtigung London, 14. Okt. (Funkmeldung) ! In einer in der „News Lhronicle" ver öffentlichten Unterredung seht sich der italie nische Kabinettschef und Hauplvertreter Ita liens in Genf, Baron Aloisi, für die Revision des Versailler Vertrages und die Anerkennung der deutschen Gleichberechtigung ein. Italien stehe dem Völkerbund an sich keines wegs feindlich gegenüber, es müsse aber ein Völkerbund sein, der keinen Unterschied zwi schen großen und kleinen oder zwischen sieg reichen und besiegten Staaten kenne. Daß der Versailler Vertrag nicht ewig bestehen könne, sei schon dadurch bewiesen, daß bereits wich tige Einzelheiten — so die Reparationsklausel — revidiert worden seien. Italien stehe auf dem Standpunkt, daß es eine ausgesprochene Ungerechtigkeit sei, Deutschland als zweit klassige Macht zu behandeln. Italien begün stige die Revision der Friedensverträge, weil diese völlig unbillig gegen Deutschland und Ungarn seien. Italien habe keine bevorzugten Sympathien für die eine oder andere Partei in diesen Staaten. Jede Regierung in Deutsch land oder Ungarn könne auf Italiens Unter stützung in ihrem Kampfe um die Gerechtig keit rechnen. Deutschland sei gezwungen ge wesen, sich von der Abrüstungskonferenz zu rückzuziehen, wenn ihm nicht volle Rechts gleichheit in Rüstungsangelegenheiten gewährt würde. Deutschland dürfe mit Recht greifbare Ergebnisse von der Abrüstungskonferenz er warten. Es habe lange genug vergeblich dar auf gewartet. Wenn Deutschlands Erwartung nach voller Rechtsgleichheit erfüllt werde, so werde das gegenseitige Vertrauen zwischen den Staaten wiedererwachen, und viele andere politische Fragen würden gelöst werden. Die Genfer „Arbeiten" London, 14. Okt. (Funkmeldung) Der vierzehngliedrige Ausschuß für die Neu bildung der politischen Leitung des Völker bundssekretariats hat am Donnerstag eine Herabsetzung der Gehälter der Generalsekre täre beschlossen. In weiteren geheimen Ver handlungen des Ausschusses ist am Donners tag eine Einigung der Mächte über die U m - bildung des Sekretariats herbeigeführt worden, die alle deutschen Wünsche unberück sichtigt läßt und sich in ihren Auswirkungen gegen Deutschland richtet. * In der Sitzung des Völkerbundsrats in Gens ist in der Verhandlung über die Ent eignungsbeschwerden der Deut sch e n i n Polen ein Vertagungsbe- schluß gefaßt worden. Falls der endgültige Bericht des Dreierausschusses nicht den deut schen Interessen entspricht, ist mit der An rufung des Haager Schiedsgerichtshofes zu rechnen. Die Klagen der polnischen Minderheit in Deutschland wegen an geblicher Verstöße der deutschen Minderheiten politik sind vom Völkerbundsrat ab gelehnt worden. * In einer streng geheimen Sitzung des Büros der Abrüstungskonferenz in Gens wurde beschlossen, das Vollbüro der Ab rüstungskonferenz zum 3. November einzu berufen. Blutige Auseinandersetzungen in der mandschurischen Regierung Rkukden, 14. Okt. (Funkmeldung) Das Mitglied des mandschurischen Staats rates, Liyischun, wurde während des Essens in einem Hotel in Tschangtschun von dem Gouverneur von Hailungkiang, General Schiehyuan, mit einem Beil angegriffen und niedergemacht. Die Verletzungen sind so schwer, daß man mit dem Ableben Liyischuns rechnet. General Schiehyuan beschuldigte Liyischun, ihn zur Aufgabe des Gouverneurpostens zwingen zu wollen. Kampf zwischen türkischen Truppen und Nomaden Istanbul, 14. Okt. (Funkmeldung) In der Ebene von Harran an der anato- lischen Südgrenze kam es zu schweren Kämp fen zwischen Nomaden und türkischen Trup pen. Die Nomaden halten mehrere türkische Grenzdörfer völlig ausgeplündert und Ein wohner medergemetzelt. Nach erbittertem Ge fecht wurden sie von türkischem Militär in die Flucht geschlagen. Die Verluste der Nomaden betrugen 11 Tote und 20 Verwundete. Außer dem liehen sie viele Pferde sowie Waffen und Munition auf dem Kampfplatz zurück. Wirbelsturm deckt 150 Häuser ab. Weinheim (Bergstraße), 14. Okt. (Funkmeldung) Das nahe Dorf Laudenbach wurde am Donnerstagabend von einem furchtbaren Wir belsturm heimgesucht. Im südlichen und öst lichen Teil des Dorfes wurden 150 Häuser ab gedeckt. Etwa 200 Obstbäume wurden um gerissen. Die Straßen sind mit Ziegeln und Schlamm bedeckt. Menschenleben sind glück licherweise nicht zu Schaden gekommen. Nr« Urheber-Rechtsschutz: Lrei-Quellen-Berlaa. Königsbrllck/Sa 23. Fortsetzung Die Kritik teilte die Begeisterung restlos. Professor Bunke, der gefürchtetste Musikkritiker, sagte zu Scheit, als er ihm die Hände schüttelte: „Er befähigt zum Größten! Was wird er uns noch alles Schönes bescheren!" „Größeres nicht! Das Stück ist wie ein Wunder, und ich kann mir nicht denken, daß es eine Steigerung gibt. Glauben Sie, daß sich alle Komponisten unserer Zeit nach dem Erlebnis dieser Musik als Schulbuben Vorkommen müssen?" „So ist es!" „Jetzt wird man natürlich die Partitur studieren, wird aus den einzigschönen Motiven Schlager machen. Ach, das ist der ekle Teil, der immer folgt. Kommen Sie, Professor, ich will Sie dem Komponisten oorstellen. Ein Prachtkerl, sage ich Ihnen. Sah selten einen so schönen Menschen. Na, Sie haben ihn ja auch gesehen, als er sich oorstellte. Hoffent lich verderben ihn jetzt die Weiber nicht. Schön genug ist er und ein Kerl dazu." Rother war eben bei dem Bruder im Künstlerzimmer und umarmte ihn mit Tränen in den Augen. , „Bruder . . - was vermagst du alles! Auch die Töne zwingst du restlos in deine Macht. Bangen könnte mir vor dir, wenn du nicht mein Bruder wärst, wenn ich nicht wüßte, daß in dir alles Liebe ist." „Hat's dir Freude gemacht?" „Freude? Das ist zu wenig. Frage sie doch alle, die gelauscht haben, ob sie schon einmal das große Erlebnis hatten. Frage sie. Beglückt verläßt jeder die Stätte. Ein Erlebnis hat sich ihm offenbart. Alle Augen ruhen von jetzt ab auf deinem Schaffen." Arnold sah vor sich hin. „Besseres werde ich nie schreiben, Rother. Glaubst du das?" „Ich glaube es, Bruder! Eine Steigerung gibt's nicht. Und das braucht's auch nicht. Wenn es nur genau so herrlich ist wie dieses, dein erstes Werk." „Das vielleicht auch mein letztes sein kann", spricht Arnold Hall ernst. „Die Zukunft liegt ungewiß vor uns Noch sind wir sicher und keiner jagt uns wie sie unseren Vater jagen. Aber . . . einmal kommt doch die Stunde, da man sich auch mit uns befassen wird." „Mit mir . . . nur mit mir! Alle Schläge werden mich treffen. Und sie können es. Wenn du nur lebst und wirkst!" * Rother Hall war Gondalla Faraday gegenüber von einer großen Zurückhaltung. Er befleißigte sich, ihr mit ollem Respekt zu begegnen, aber von Wärme war in seinem Wesen nichts zu spüren. Rother war überhaupt ein etwas finsterer, verschlossener Geselle. Nur an seinem Bruder schien er außerordentlich zu hängen. Wenn Arnold Hall in seiner sieghaften, strahlenden Männlichkeit erschien, da war's, als wenn Licht in seinen Augen angezündet wurde. Arnold Hall wußte das, und er vergalt's dem Bruder mit gleicher Zuneigung. Er war ein Mensch, der das Leben liebte, war viel in Gesellschaft, trieb außer Musik noch andere Liebhabereien, war dazu ein ausgezeichneter Sports mann und Athlet. Rother Hall aber schien zurückgezogen nur seinen Studien zu leben. Er war immer verschlossen, immer daheim in dem kleinen Laboratorium. Gondalla Faraday ging nach wie vor ihrem Künstler berufe nach. Sie tanzte gegenwärtig immer noch in einer Revue im Admiralspalast. Die schöne Frau war der Clou der Revue. Gondalla war schön, keine Puppenschönheit, sondern ein Wesen, das bis in die Fingerspitzen mit Temperament ge laden war, ihr Gesicht fanden manche alles andere als schön, aber es war so seltsam reizvoll in seiner exotischen Wildheit, daß es die Männer in den Bann schlug. In ihrem Gesicht hatten sich die verschiedensten Rassen merkmale zusammengefunden. Die mandelförmigen ge schlitzten Augen hätten einer Chinesenschönheit alle Ehre gemacht, wenn sie nicht groß und lodernd wie die Augen einer Spanier:» gewesen wären, oder noch besser: die einer Ungarin. Gondalla Faraday entstammte einer Mischehe zwischen einem Russen und einer Halbrussin, die mongolisches Blut in den Adern hatte. Sie war mittelgroß, aber schlank und gewandt wie eine Katze; ihr geschmeidiger Körper lebte und bebte zu jedem Augenblick im Rhythmus. Ihren Tänzen haftete etwas Wildes, Brutales an, es war, als wenn die Grausamkeit Asiens in ihr einen Weg nach außen suche. Geistig war sie von einer außerordentlichen Regsamkeit und nahm an den Gesprächen der Brüder teil, bewies eine Einfühlungs- und Auffassungsgabe, die sie erstaunen ließ. Einmal äußerte sie den Wunsch, das Laboratorium kennenzulernen. Von der Stunde ab saß das Mißtrauen in Rothers Herzen.