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Dresdner Journal : 06.03.1881
- Erscheinungsdatum
- 1881-03-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188103069
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18810306
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18810306
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1881
-
Monat
1881-03
- Tag 1881-03-06
-
Monat
1881-03
-
Jahr
1881
- Titel
- Dresdner Journal : 06.03.1881
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OS4 MNiag, den 6. März. 1881. l» L«t«Ie»: ^Ldelick: . . »8 K»rk. ^Mbrlietr: 4 slitrlc üv?s. Lmrvlavklurumera: 10 kk. LaixeiuNd äs» äeu»»vb«o itewtiv!« tritt kost- uuä Stslapvlru-iodtits diuiu. lu^ei-utenproi^er k°ür äen k»uiu siour Kv»>>»Itouvo 1'trtitrvilv 20 kl. Outeir „Lio8v»»i»ät' äiü /«ll« KV kt. Lcsedvluvar lü^Iiet» mit ^u»n»time ä«r 8ova- unä kcle^tiege Xbenä» für ävr> tol^saäeo 7'az. DreMmIomiml. Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. »UttdLrl«: OoiueuwtuouLe Uv» ttrssäusr 7oaiil»I»- STMdar^ >»rtm Visa l-«ip,ts L»»«l-Lr»»l»> ^nmkkuri L. N: Lä kodier. NsrNL ^eisu -tlLll>i)ur§. kr»8 l-«ip»ie » ». «i>i»-ll«i>: ^«<1 -V-,«»«, »«rlm: /cc^»icz, /ne «i,äen<tunz, Sr«m«v i L Lc/i/vttr Lr«»1»u; F. Nlireüt»; ^r»okturc » « : L. Uuobb>toälui>8! ÜSrUt» e>/u//rr, S»imovr! (7. Lc^u««/er, ?»ri, Leritll ier»L>rtiirt » tl Daud« L <7o., Uiuodur^: /< ^1«< ü<e»»er. U«r»u»8"d«r: tlouiLi. L»pe<1itioll äv» »«ulimr ^oar»»i», I)rvtxi«ll, ^vw^vrnrrLs»« tsv Lu. Amtlicher Theil. Dresden, b. Mürz. Se. Königliche Hoheit der Großherzog von Hessen und bei Rhein ist gestern Abend 7 Uhr 40 Min. nach Darmstadt abgereist. Dresden, 24. Februar. Se. Majestät der König haben dem Kaufmann und ehemaligen Sladtrichter Friedrich August Sieber m Jöhstadt daS Ritterkreuz U. Classe vom Verdienstorden Allergnädigst zu verleihen geruht. Nichtamtlicher Theil. U e d e r f 1 ch 1. Telegraphische Nachrichten. Zeitungsschau. (Augsburger Allgemeine Zeitung.) TageSgeschichte. (Berlin. München. Wien. Prag. Paris. Rom. Madrid. London. Bukarest. Kon stantinopel. Washington.) Zur orientalischen Krage. Ernennungen, Versetzungen rc. im öffentl. Dienste. Vermischte». Statistik «nd VolkSwirthschaft (kingesandtes. Feuilleton. TageSkalender. Inserate. Beila ge. Deutscher Reichstag. (Sitzung vom 3. und 4. März.) Dresdner Nachrichten. Provinzialnachrichten. (Zwickau Marienberg. Dö beln. Großenhain. Kamenz.) Telegraphische WitterungSberichte. Börsennachrichten. Inserate. Telegraphische Nachrichtell. Paris, Freitag, 4. März, Abend-. (W T B) Der Senat beschloß heute, die Einfuhr von Leinen und Hanf zollfrei zn lassen, und nahm für Pe troleum die von der Kammer beschlossenen Zoll sätze an. Neapel, Sonnabend, 5. März. (Tel. d.Dresdn. Journ.) Zn Casamicciola auf der Insel Ischia hat gestern ein Erdbeben stattgefunden, durch wel ches nahezu der halbe Landstrich zerstört wurde und mehrere Personen getödtet worden find. Es wurde sofort Hilfe gesandt. (Bergt, die Rubrik „Vcr- mischte- ".) London, Freitag, 4. März, Nacht-. (W T. B.) DaS Oberhaus setzte in seiner heutigen Sitzung die Debatte über den Antrag Lord Lyt- ton'S gegen die Räumung von Kandahar fort. Lord Cranbrool trat energifch für das Verblei ben in Kandahar ein — Der Herzog v. Argyll er klärte, dic Polilik der letzten Regierung habe vollstän dig Fiasco gemacht. Jetzt ser nur dic Wahl zwischen der vor 40 Jahren besolgtcn Politik und der völligen Einverleibung Afghanistans. Die Politik der Regie- Feuilleton. Nedlgirl »ou Otto Banck. Refidenztheatrr. Am 4. März begann Hr. Felix Schwerghofer fein Gastspiel in der komischen Operette „Apajune, der Wassermann", und zwar mit einem außerordentlich glücklichen, für das weitere Gastspiel oielverheißenden Erfolg. Es war für das Publicum deS auSverkausten Hauses ein fo animirter Abend, wie man ihn bei der spirituellen unerschöpflich vielfeitigen Begabung deS Künstlers gewohnt ist. Die geht über daS übliche Maß deS vorzüglichen reproducirenden BühnentalenteS weit hinaus; das Schweighof.r'iche Talent trägt einen entschieden productiven Charakter, e» greift selbstständig nachbildend in das Leben ein, dessen Erscheinungen bis zu sehr seinen Zwischenfarben, die von tausend Schauspielern gar nicht wahrgenommen werden, auf der Bühne wiederspiegelnd. Dabei treten zu unferer Ueberrafchung immer neue Typen hervor und daS Alles wird mit einem Scharfblick für das Komische, mit einer eigenen, ursprünglichen Lebens freude an den Humor vorgetragen, daß den Zuschauer diese schwungvolle Stimmung immer in Anregung, ja in einem wahren Genußrausch erhält Wer daS Un glück ha», nur hören und nicht sehen, oder nur sehen aber nicht hören zu können, wird bei diesem Schau spieler immer noch eine reiche Beute an Unterhaltung finden. Diese seltenen Erscheinungen traten wieder recht lebhaft in der Rolle de» rumänischen Fürsten Alamir PrutscheSko hervor, einem blasirten Bojaren, der sein rung basire nicht aus Vertrauen gegen Rußland, noch auf unbeschränktem V rtrauen Afghanistan gegenüber, sondern darauf, daß die Afghanen zu der Ansicht be kehrt werden können, daß England keine Annexion be absichtige. — Der Earl Beaconsfield erklärte, seine in der jüngsten Depesche deS Earl Granville erwähnte Unterredung mit dem Grafe» Schuwalow habe 1 Jahr vor der Entdeckung der Kabuler Correspondenz statt gefunden. Die Bemerkung, daß die indische Regierung dem heimischen Gouvernement die Hände gebunden habe, habe sich auf die Mission Chamb rlain's bezogen, welche das Gouvernement nicht gebilligt habe. — Der Staatssecretär des Auswärtigen, Earl Granville, be kämpfte den Antrag Lord Lytton's, obwohl kein Bünd- niß mit Rußland und absolut kein geheimes Abkom men bestehe. Er sei hoch erfreut, fügen zu können, daß die Beziehungen Englands zu Rußland so freund schaftliche sind, wie sie England mit allen anderen Mächten wünsche. Der Antrag Lytton's wurde schließlich mit 165 gegen 76 Stimmen angenommen. Die Majorität gegen die Regierung betrug demnach 89 Stimmen. Zm Unterhaus? theilte der Staatssekretär deS Kriegs, Childers, mit, daß Wood heute zum Ge neralmajor ernannt worden sei. Gladstone er klärt auf eine Anfrage Elcho'S, er glaube, die Waffenruhe mit den Basutoö sei verlängert wor den. Der Unterstaatösecretär Dilke antwortete auf eine Anfrage Arnold s, er wisse nichts davon, daß die Russen Merw besetzt hätten oder dem nächst besetzen würden. Der Marquis v. Har tington endlich erklärte Tyler gegenüber, die eng lische Regierung bade den Rückzug der englischen Truppen von Kandahar noch nicht angeordnet; er glaube auch nicht, daß dick feiten der indischen Regierung geschehen sei. Demnächst nahm Parnell die Debatte über die zweite Lesung der irischen Waffenbill wieder auf. Parnell vcrtheidigte die gestrigen Ausführungen Dillon s und richtete hef tige Angriffe gegen die Regierung. Die zweite Lesung der irischen Waffenbill wurde schließlich mit 145 gegen 34 Stimmen angenommen und die Specialbrrathung auf Montag festgesetzt. London, Sonnabend,5.März. (Tel.d.Dresdn. Journ.) Heute findet zur Completirung der irischen Landbiü ein CabinrtSrath Statt. Dillon bat sich nach Irland begeben. Dublin, Sonnabend, 5.März. (Tei. d Dresdn. Journ.) Die „Gazette" veröffentlicht eine Pro clamation des Vicekönigs von Irland, wonach die Grafschaften Clare, Galway, Leitrim, Kerry, Limerick, Mayo, Roscommon und Sligo, sowie 10 Distrikte im Westtheil der Grafschaft Cork unter die Bestimmungen des ZwangSgcsetzcS ge stellt werden. Verhaftungen find noch nicht ange ordnet, es werden aber vorläufig mehrere erwartet. St. Petersburg, Freitag, 4. März, Abendö. (W T. B.) Die telegraphische Meldung der „TimeS of India" aus Kandahar, daß Merw infolge eines mit den Häuptlingen der Stadt getroffenen Ucber- rinkommrnS von den russischen Truppen besetzt worden sei, wird von der „Agence ruffe" für voll- ständig unbegründet erklärt; die russischen Truppen hätten Akkabad nicht überschritten und von Merw auS keinerlei Aufforderung, dorthin zu marschiren, erhalten. Washington, Freitag, 4. März, Abends. (Tel. d. Dierdn. Journ.) Heute Mittag erfolgte der Amtsantritt des neuen Präsidenten Garfield und des Vicepräsidenten Arthur. Miliztruppeu und zahlreiche Municipalkörper mehrerer Städte geleiteten Garfield und Arthur nach dem Capitol Geld in Paris verzehrt, doit aber eine reiche Hotel besitzerin geheirathet hat, welche gern Fürstin werden wollte, sich aber wenig durch den Stammbaum der Prutschesko's erbaut fühlt. Seine walachischen Vor fahren haben nämlich sämmtlich Borstenvieh verkauft, bis sich endlich einer der Ahnen in einem Kriegt Mit solcher Bravour auf die Borsienviehlleferung geworfen hat, daß er für feine Verdienste in den Fürstenstand erhoben wurde. Die Erwägung dieser Chärakierzüge des edlen Geschlechtes, welches sich auch in Friedens zeiten ab und zu damit beschäftigte, eben vermählte Ehefrauen in der Verkleidung des Wassermanns Apajune mythologisch zu trösten, kennzeichnen den lustigen, parodistischen Ton und zugleich auch den moralischen Fond des Operettentextes. „Der Fleder maus" gegenüber ist er allerdings ungemein harmlos. Die Operette war ungemein lebendig und natürlich einstudirt, die Ausstattung eine vortreffliche, noch ge hoben durch die national sehr treuen und geschmack vollen Wiener Costume, welche Hr. Schweighofer dem Residenztheater zugeführt hatte. Die Millöcker'sche Musik schließt sich dem Texte von F. Zell und R. Gen«e gefällig an, ja sie erhebt sich zu einzelnen sehr ansprechenden Piecen, die besonders durch Hrn. Rü dinger und Frl. König in den Rollen Marcu und Natalitza erfreulich hervorgehoben wurden. Frl. König gab diese Rolle mit hervorstechender Geschicklichkeit, spirituell, leicht beweglich, gesund und racenhasl, lauter Eigenschaften, die durch den Eindruck ihrer frischen Persönlichkeit und seltenen Bühnengestalt glücklich un terstützt wurden. Auch Fräulein Bendel und die Herren Wilke, Wilhelm», Worlitzsch und Will sorglen aufs Beste und dem SenatSgebäude, wo sich der neue Senat organifirte. Im Capitol hielt der neue Präsident darauf seine Antrittsrede. Garfield wies in dieser Antrittsrede nach einem Rückblick aus das 100jährige Bestehen der Union auf die Wohlthalen hin, welche die Befreiung der Neger gebracht, und betonte die Nothwendigkeit deS Univer- falunterrichts. Anlangend das Münzsystem, jo sei er überzeugt, es würden sich zwischen den hauptsächlichsten handeltreibenden Nationen Arrangements zur Sicherung der allgemeinen Anwendung von Gold und Silber treffen lassen. Das Panamacanalproject erheische die Wahrung der amerikanischen Interessen. Er stimme Hayes darin bei, daß die Union die Aussicht über jeden interoceanischen Canal haben müsse. Garfield mißbilligte endlich die Polygamie der Mormonen und empfahl dagegen restnngirende Maßregeln. Garfield leistete dann den AmtSeib und wurde in feierlichem Zuge nach dem Präfidialgebäude zurückgeleitet. Der Weg dahin war festlich ge schmückt; es waren Triumphbogen errichtet. Con- greß und Senat haben sich auf unbestimmte Zeit vertagt. Dresden, 5. März. Die Erziehung unserer Jugend gehört zu den wichtigsten Problemen, welche gegenwärtig ernstere Denker beschäftigen. Man braucht kein Schwarzseher zu sein, um zu erkennen, daß die bisherige Richtung unserer Jugendbildung »ich: diejenigen Früchte ge tragen hat, welche wir von ihr zu erwarten berechtigt waren. Der Zweck unsers heutigen Unterrichts er scheint insofern als ein verfehlter, als er vorzugsweise darauf abz»elt, die Köpfe mit Wissen zu übersättigen, während gerade die eigentliche Menschenerziehung vernachlässigt wird. Auf diesem Gebiet bedarf rs Re formen in Haus und Schule, denn beide haben hier die bessernde Hand anzulegen, wenn ein gesundes kräf tiges Geschlecht, das sich noch für Edles und Schönes zu begeistern vermag, herangebildet werden soll. Einen Beitrag zur Lösung dieses Problems der Erziehung känstlger Generationen hat Victor v. Strauß und Tornay in der Augsburger „Allgemeinen Zeitung" geliefert. Anknüpfend an daS Weik von E. v. Ugöny: „Aeltern habt Acht, Bilder aus dem Familienleben der höheren Stände", schreibt derselbe: , „Per erste Abschnitt de- Buchs gilt der Erzieh ung und behandelt gleichfalls zuerst das Haus mit ganz gu'en, wohlmeinenden, doch kaum genügenden Bemerkungen. Wer zumeist im Haus erzieht und soll erziehen? Wir sagen unbedenklich, der ganze Geist, der im Hause herrscht, der auch ohne Geheiß und Weisung in das erwachende Bewußtsein des Kindes emdriugt. Der Geist der Ehrfurcht vor allem Heiligen, Würdigen und Edlen, der Geist der Liede, der Treue, der Güte, der Geist der Wahrhaftigkeit, Mäßigkeit, Ordnung und Zucht und was deß noch zu nennen wäre. Stifter, Bewahrer und Vertreter dieses Geistes sollen die Aeltern sein, damit er schon von Anbeginn das ganze Haus bestimme — vom Grasen an bis her unter zum geringsten Stallbuben. Dann, aber auch nur dann, wird er in heilsamer Weise bei dem Kinde den unbewußten starken Einfluß üben aus Bildung des GemütHS und Willens, worin die Erziehung be steht. Das unbewußt Ueberkommene aber zum Be wußtsein zu bringen, DaS, was man im engern Sinn Erziehung nennt, ist Ausgabe und Pflicht der Aeltern, vornehmlich der Mutter, nicht aber eines Andern. Davon sind auch die höheren, ja die höchsten Stände nicht entbunden. Denn dazu ist Aeltern und Kindern der Naturtrieb gegenseitiger Liebe eingepflanzt, die allein der gesunde Grund ernster Erziehung ist. Ihn kann alles Wohlwollen von Bvnnen, Gouvernanten für die Rollen Jlinka, Nitschano, Alexandri, Jainkef und Joza. Die Novität wird oftmals wiederholt weiden können O. B. Nach der Hochzeit. Novelle von E. Just. (Fortjctzung zu Nr. b3.) Der junge Landschaftsmaler hatte sich ebenfalls der Gesellschaft angeschlosfen, von dem Professor und dessen Frau aufgesordert, denen eö viel Vergnügen machte seine Studien zu beobachten, und die als Kunstfreunde den wärm sten Antheil nahmen an seinen Arbeiten. Caiola zeich nete auch, und ost wurde irgend ein schöner Punkt von Beiden in derselben Weise ausgenommen; dann gab es tausend Scherze bei der Vergleichung, indem sie dem jungen Mann selten den Preis zuerkennen wollte. Nun und dieser ließ es sich wohl gefallen, waS nimmt selbst ein Künstler nicht hin von einer schönen jungen Frau, wenn es von solch bezauberndem Lach n und lolch strahlenden Blicken begleitet wurde. Er machte zugleich den galanten Cavalier bei den beiden Töch tern des Herrn v. Schöningen und hatte seine Freude an der Unbefangenheit und Unkenntmß, mit welcher sie in die Welt schauten, die ein Bild nach dem andern, wie er» Panorama vor ihren erstaunten Blicken auf« rollte. Sic schlossen sich demnächst zutrauungiooll Marianne an, die sie durch ihr mädchenhaftes Wesen sehr entzückte, und plauderten ihr manche trübe Stunde fort. So eilten die Tage im raschen Fluge dahin, U.id sühnen uilsere Reisenden immer weiter den schönen und Hauslehrern nicht ersetzen, was auch die Kinder gar woht fühlen. Unterrichten können jene, erziehen müssen in erster Linie immer die Aeltern. Giebt eS viele vornehme Häuser, in denen der rechte Geist re giert? Giebt es in ihnen viele Aeltern, die sich der Erziehung gewissenhaft selbst widmen? Wären sie nicht so selten, so wären die Klagen über mißrathene Kin der nicht so häufig; so würden an der Jugend der höheren Stände auch nicht so zahlreich die Mängel hlivortreten, die wir eingangs erwähnten, und die gerade die Bedeutung dieser Stände untergraben. Ueber das Wie der Erziehung sind ganze Bibliotheken ge schrieben. Ihrer bedürfen die Aeltern nicht, welche die Kinder von früh aus ohne Weichheit und ohne Härte mit liebevoller Festigkeit behandeln, sie unnachgiebig zu Gehorsam und Wahrhaftigkeit anhalten und, zur Grund lage für Beides, Gottesfurcht und Ehrgefühl aus ihrem eigenen Leben in die jungen Herzen hinüberleiten. DaS Alles — wovon v. Ügöny nur den Gehorfam heivorhebt — erfordert freilich anhaltende Srlbstbe- schäfiigung mit den Kleinen, Opfer an Geselligkeit, Vergnügungen, Lustbarkeiten und manchen aushäusigen Genüssen; aber wie lohnen sich solche Opfer ernstl Hal die häusliche Erziehung den Kindern nicht schon Ab scheu gegen alles sittlich Unreine eingepflanzt, so kann ihnen der Eintritt in eine öffentliche Lehranstalt, die unvermeidliche Berührung mit Altersgenossen oft schlimmer Art, in mancher Weise gefährlich wer den Leider sind die Anstalten selbst vielfach aus Bil dungsstätten zu Treibhäusern der Vielwissern geworden. Wie namentlich die Gymnasien nicht selten eingerichtet sind und durchgehetzt werden müssen, gefährden auch sie die geistige und körperliche Entwickelung der Schü ler durch Uebersüllung mit Lernstoffen und Arbettt- überhäufung. Wie Vieles wird da getrieben, gelernt und für immer abgemacht, waS erst in reiferen Jahren Verständniß finden und Genuß gewähren würde. Da rum begegnen uns als Schlußergebniß so oft Ueber- sättlgung an diesen Gegenständen, hohle Einbildung, mit ihnen fertig zu jem, blasirtes Absprechen über sie, Einbuße aller frischen Empfänglichkeit für das Hohe, Edle und Schöne in ihnen und alles idealen Schwungs, ven nur diese zu geben vermag. So lange diese Miß stände nicht von den Regierungen anerkannt und ab gestellt werden, ist es die schwere Aufgabe, aber auch die Pflicht der Aeltern, den nachthetlrgen Folgen mög lichst entgegenzuwiiken. Zur eigentlichen Erziehung kann auch die beste Schuldi-crplin nur Hemg beitra gen, wohl aber können die Lehrer bei einzelnen Lehr gegenständen bildend auf Gemülh und Willen der Schüler wirken, und Mancher 1ha e eS gern, wenn ihm der Lehrplan Raum dazu vergönnte und nicht verlangte, w und so viel nackten Lehrstoff binnen einer bestimmten Zeil durchzuarbeiten WaS aber anderen Lehrern verjagt ist, das vermag doch, wie v Ugvny Mit Recht bemerkt, der Religionslehrer. „Er allein vermöchte es vielleicht, auch die vernachlässigte häus liche Erziehung zu verbessern." Vielleicht! Dann aber sicherlich nicht durch das bischen abstrakten TheiSmuS und ebenso abstrocter Eihik, worauf dieser Ve> fasse» den Religionsuntelricht beschränk: wissen will, für den er nicht einmal das Christliche fordert und daS Consefsionelle o- gar verwirft. Als ob es für uns Christen eine andere, etwa bessere Religion gäbe,als daS Chrstenthum, und als ob das Christcnthum anders vorhanden wäre, denn als Confessio». Absichtlich sollte es erst hier gesagt wer den, daß alle Erziehung keine Menschen von reinen Gesinnungen mW idealen Zielen bilden wird, wenn sie nicht vom lebendigen Chnstenthum ausgeht und zu ihm hinführt. Sein Geist wll von den Aeltern aus das ganze HauS ausgehen und insbesondere von der Mutier l» die Kinder überströmen, daß sie glauben und beten lernen und daß die Kunde Dessen, was Gott aus reiner Liebe sür sie gethan, die Gegenliebe Rhein hinauf, vorüber an all' den Bergen und Bur gen, bis sie eines Nachmittags in Biebrich das Damps- schlff wiederum verließen, um in Wiesbaden ewige Ze,t zu verweilen. In drei Wagen halte Unsere kleine Gesellschaft Platz genommen, um die kurze Strecke zu rückzulegen. Eine dichte Staubwolke entzog den vor deren, w welchem Arnheim und Carola fuhren, den Blicken Bernsdorfs, auf dessen Zügen ein düsterer Schatten zu liegen schien. Kaum einige flüchtige Worte hatte er mit Marianne gewechselt, jetzt saß er still zuiückgelehnt und schaute finster vor sich hin. L» hatte sich in der letzten Zeit eine gewisse Unruhe seiner bemächtigt. Der stolze Mann hatte seine Sicherheit verloren, er vermied es mit seiner Frau allein zu sein. Die äußeren Formen der Höflichkeit beobachlete er zwar noch gegen sie; eS geschah aber mit dem Gefühl eines Gefangenen, den seine Fesseln an der freien Be wegung hindern. Marianne hatte ihn eine Weile ernst und sinnend angeblickt, dann le te sie leise ihre Hand auf seinen Arm und sagte: „Frch, wollen wir nicht an die Heimreise denken? Ich habe genug gesehen, und Du kennst dies Alles schon, kehren wir heim Fritz." Laa in dem fast unmerllichen Beben »hrer Stimme und in dem traurigen Blick, den sic auf ihn rich eie, eine Mahnung, die er nicht ertragen wollte, kurz Berns dorf fah sie mit großen erstaunten Augen an und fragte: „Wir kommst Du darauf, jetzt von der Heimreiie zu sprechen, wo wir eben erst mitten im vollen Ge nießen sind? Bist Du unwohl? oder hast Du keinen S»nn für das Schöne uud Interessante, welche» Dir ewe solche Re»se bietet?"
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