Volltext Seite (XML)
GVch «en««, 1». Mmi i«2 kl. Gegrünöet 18S6 Dra-I«nI4rtftl Nachricht«» »rrtden gerntprecher-Sommeinuinmer: Si««l Nur sirr RachlgeiprLche: Nr. rooll Schrtgleltting u. HauptgeichSIt«strNe: Dresden - R. 1, Martenftrabe s»/«i Druck u7 veiläg!' Lievich s Neichardt, Tretden. Pofttchrck-Mo. lv«« Dretden Nachdruck nur mit deuU.Oueilenangab« (Iretdn. Nachr.» »ulLgig. Underlangl« SchriUstücke werde» nicht ausbewahrt »ezuztsebichr »r> Uglich zwei maliger ZusteUmi- oronailich r.eo MI. leinschlleLlich 70 Psg. sile DrZger- lohn», durch »olwezug ».io MI. einichliehlich iS Big. Postgebühr (ohne Post»ustellung«gebühr> bei ?mal wöchentlichem verland, «tnjilnummer t» Big. «nzetgenprelie: Die elnlpaltige so mm breit« Zell« SS Psg., sür autwLrU «o PIg., die »o mm breit« »eName-eile soo P,g., außerhalb eso VIg. abj. Nrilenabichlag U. Laris. Aamtitenan,eigen und Stellengesuche ohne Rabatt iS Psg., außer halb SS Psg. ossertengedühr so Ps^ Nutwirrige ilusträge gegen voraulbeeahlung. öchilksalsfragen ln Lausanne Die -rutsche Aufgabe Von nnaararn uavl» ll-auaano» vutsaocktan VS-Soockordortadtarstattor Vor der Abreise, B e r l i n , 14. Juni Die sensationelle» inncrpolitischcn Ereignisse, die >nit Recht jeden politisch denkenden Deutsche» anss tieistc be wegen, haben die grossen auslenpolilischen Entscheidungen so stark in den Hintergrund gedrängt, dass sie unserem Volk eigentlich erst wieder richtig zum Bewußtsein gekommen sind, als sie schon tn unmittelbarer Stühe, drohend und über ragend, vor ihm standen. So kam es, das, sich die Aus- landspressc schon cisrig mit der Lausanner konsercnz, ihren Gefahren und Möglichkeiten, beschäftigte, als die Spalten, der deutschen Zeitungen noch von ganz anderen Dingen ersütlt waren, lind doch liegt in dieser Tatsache vielleicht auch ein instinktives Urteil über die ganze Tributlagc, die bei völliger Zahlungsunfähigkeit des Schuldners schließlich den Gläubigern mit Recht die grösseren Sorgen machen muss. Der deutschen Delegation muss jcdcn- salls geraten werde», sich bei allen Wechselfällen und Krisen der Konferenz diese Lage immer wieder ins Ge dacht n i S z u r u s c n. Es war ein grundlegender Kehler der früheren deutschen Tributpolitik, das, wir gewisscr- niasse» immer wieder händeringend vor unseren Gläubigern erschienen und uns im Verein mit allen Sachverständigen der Welt die Köpfe darüber zerbrachen, wie mir wahnwitzige und planmäßig zu unserer Ausblutung ersonnene Tribut pläne erfüllen könnten. Von entscheidender Bedeutung wird es diesmal sein, daß Deutschland sich nicht wieder in die Rolle deS Angekiaate»^«»4t«ven läßt, sondern bas, es in würdiger und selbstbewußter Haltung der Wahrheit die Ehre gibt und sein Recht fordert. Es ist eines großen Volkes einfach nicht würdig, Tribute immer nur von seiner geringeren oder größeren Zahlungsfähigkeit abhängig machen zu wollen, anstatt diese Krage g r u n d s ä tz l i ch u n d endgültig zu klären. Niemals wird ein Reich wie Deutschland den bündige» Beweis führe» könne», das, cs zu keinem Zeitpunkt materiell mehr in der Lage ist, einige, oder sogar einige hundert Millionen zu zahlen Aber daraus darf cs eben heute gar nicht mehr an kommen. Die Tributsrage ist nicht nur in Deutschland selbst, sondern in der ganzen Welt zu einem psncholvgischen Problem geworden, von denen richtiger Beantwortung jede Gesundung der Welt abhängt. Das deutsche Volk wirb weder jetzt noch in Zukunft wieder Tribute zahlen, nicht weil es sür ewige Zeiten völlig außerstande wäre, noch ein paar Millionen zusammenzu kratzen, sondern weil cS schon längst viel mehr gezahlt hat, als jemals von ihm verlangt werden durste, weil Tribute leine Ehre verletzen und weil es sich gleichzeitig bewußt ist, das, ohne völlige Streichung der Tribntschnldcn niemals wieder Vertrauen unter den Völkern cntsleheii kann, und daß damit die Krise verewigt und weiter verschärft werden würde. Neue Männer werden diesmal die deutsche Sache führen, Männer, die weder direkt noch indirekt an der früheren Tributpolitik und am '/lonugplan beteiligt sind. Ihnen persönlich kann Herriot die Krage nicht vor legen: „Warum habt ihr noch vor wenigen Jahren im Haag unterzeichnet, wenn ihr jetzt jede Tribntpslicht verleugnet?" Wir haben keinen Zweifel, das, die Kränzchen in Lausanne mit der o u n g u n t e r s ch r i s t als mit ihrem stärk st e n Argument arbeiten wollen, nicht weil sie hoffen können, den Teusslsplan wirklich wieder ins Leben zu rufen, aber weil sic für ihre Zustimmung zu seiner Abänderung poli tische Konzessionen und Kompensationen von Deutschland erhoffen. Hier liegt der eigentliche G c s a h r c n p u n k t von Lausanne. So paradox es klingt, so ist cS doch Wahrheit, daß die Tributsrage, sobald wir sie nur richtig ansebcn und die entsprechende Haltung einnchmen, in Lausanne für uns nicht einmal so entscheidens ist wie diese politischen Probleme. Sie ist, wie schon er wähnt, noch mehr eine Sorge der Gläubiger, die unter Um ständen vor der Situation stehen könnten, daß sic selbst an Amerika zahlen müssen, ohne von Deutschland auch nur eine Goldmark noch hcrauSquetschcn zu können. Deutschlands Zahlungsunfähigkeit ist von allen Seiten anerkannt worden. Wenn man aber einen Mann bis zu diesem Grade aus geplündert und ruiniert hat, kann man schließlich nicht gut Kompensationsansprüche stellen. Ein Boden sür Kom- pcnsationsansprüchc kann überhaupt nur gesunden werden, wenn wir trotzdem eine fortdauernde Zahtnngöpslicht grund sätzlich anerkennen. Deshalb liegt hier sür alle der ent- scheidende Punkt. Die deutschen Delegierten werde» also von Anfang an klarznstcllen haben, das, der Aonngplan ohne unsere Schuld, ja trotz der Versuche, durch äußerste Anstrcuguugcn ihn zu erfüllen, in sich z u s a m m c n g c b r o ch c n und damit praktisch erledigt i st. Wenn man uns unsere Unter schrift vorhält, so werden wir ans die Bajonette am Rhein, aus die Drohung mit einer KInanzkatastrophe und aus den gemeinsamen Druck unserer Gegner lm Haag Hinweisen können, wodurch eine wahre Krciwllllgkcit ausgeschlossen wurde. Aber selbst die Grablegung des AoungplänS würde uns noch wenig Helsen, wenn der T r i b n t a n s p r n ch be stehen bleibt. Wir kommen deshalb nicht darum herum, die Krage In allerKorm anfzuwerscu.ob wir nicht längst mehr bezahlt haben, als unsere Gegner nach Recht und Billigkeit zu fordern berechtigt waren, zumal, wenn man auch die un geheuren Schädigungen mltrcchnct, die Ihre mit militä rischem Druck durchgesührte Tributpolitik in Deutschland hervorgerusen hat. Jede andere Politik würbe wahrschein lich mit einem Plan enden, der bei einer finanziellen Wieder erstarkung Deutschlands einen neuen Aderlaß tn irgendwelcher Form vorsieht. Deshalb ist auch der sran» EststMt und snmrSMe Ziele Gens, 14. Juni. Ucüer die bisherigen englisch-französi- i sehen Verhandlungen werden dem Vertreter der Telc- graphen-Union von gut unterrichteter Seite folgende Mit teilungen gemacht: Eine feste Vereinbarung zwischen Herrlot und Macdonald ist in Paris nicht erzielt worden. Herriot hat jedoch den Standpunkt der französischen Regie rung in der AbrüstungS- und Reparationssrage eindeutig dargclegt. Die französische Regierung ist danach der Ansicht, daß die deutsche Forderung aus Gleichberechtigung nickt vor die Abrüstungskonferenz gehöre, sondern als eine Teilrevision des Versailler Vertrages eine Angelegenheit der Unterzeichnermächte des Versailler Vertrages sei. Im Kalle einer Ausrollung der Gleichberechtignngosrage beabsichtigt daher die französische Regierung, die Vor frage der Zuständigkeit der Abrüstungskonferenz sür die Behandlung dieser Frage zu stellen. In französischen Kreisen besteht der Eindruck, daß diese Haltung Frankreichs zur Gleichberechtignngssrage ein ge wisses Verständnis ans englischer Leite gesunden habe, jedoch habe die englische Negierung bisher noch nicht endgültig Stellung genommen. In der Reparationssrage hat Macdonald in Paris von neuem den Standpunkt der vollständigen Streichung sämtlicher interalliierten und Reparations schulden vertreten und die Streichung als die Voraus setzung sür die Wiederherstellung ..des Vertrauens und Uebermindupg -er Weltmirtschastskrile gesordert. Dem gegenüber macht die französische Regierung eine end gültige Regelung der Reparationssrage von der endgül tige» Beseitigung der interalliierten Schulden abhängig. In nnterrichteten Kreisen besteht der Eindruck, daß die Lausanner Konferenz kaum über zwei Wockcn dauern werde und mit einem befristeten bedingungs losen Moratorium abschließen werde. Die endgültige Entscheidung über die gesamte Reparations frage solle sodann ans die Londoner Konferenz übertragen werden, die voraussichtlich im Oktober statt- sindcn werde. Ans englischer Seite werde ein derartiges Verfahren von der Anssassung getragen, daß cs auf -er Londoner Konferenz trotz aller bekannten Schmierigkeiten dennoch möglich sein werde, im Zusammenhang mit -en Weltkrisensragen eine Behandlung der interalliierten Schulden und Tributfrage mit der amerikanischen Negie rung zu erreichen. Daher soll die endgültige Entscheidung über die Reparationssrage somit erst aus der Lon-oner Konferenz satten. * Ministerpräsident Herriot erklärte aus der Fahrt nach Gens dem Sonderberichterstatter der „Daily Mai l", daß ihm nichts größere Hoffnung für die Zukunft gegeben habe, als die äußerst freundschaftlichen und fruchtbaren Pariser Besprechungen mit Macdonald. Auf die Krage, ob er hoffe, das, man in Gens diesmal zu wirklich wert vollen Ergebnissen kommen werde, erwiderte Herriot: Natürlich, sonst würde ich nicht nach Genf gehen. Macdonald bezeichnete bei seiner Abreise von Paris einem Vertreter des „Daily Telegraph" den Verlaus der Besprechungen mit Herriot als rin glückliches Vorzeichen für die bevorstehenden Verhandlungen. Beider seits sei man bestrebt gewesen, auch bet verschiedener Auf fassung dem gegnerischen Standpunkt Verständnis cnt- gcgcnzubringcn. Von grundlegender Bedeutung sei cs, daß bei den Besprechungen in Paris keine Schwierigkeiten anfgetaucht seien, die den Verlaus der kommenden Ver handlungen irgendwie hindern könnten. SoaivmEprozch gegen 24 Kommunisten Leipzig, 14. Juni. Vor dem 4. Strafsenat des Reichs gerichts beginnt heute ein großer Hochverratsprozeb gegen insgesamt 2t Angeklagte ans Thüringen, Berlin und Breslau, denen zur Last gelegt wird, durch Bcschassnng von Sprcngslosscn, Herstellung von Sprengkörpern und Bil dung von sogenannten Sprcnggrnppcn, ferner durch An sammlung von Waffen und Munition die aus den gewaltsamen Umsturz gerichteten Vorberei tungen der KPD. gefördert zu haben. Im Vordergrund des Prozesses steht der am 8. Januar 1881 durchgesührte Einbruch in das Sprengstosslagcr des Kalk werkes in Oepih bei Pößneck in Thüringen, wo den Tä tern 52/, Kilogramm Ammonit in die Hände sielen. Dieser Sprengstoff war zunächst nach Erfurt und aus Grund von Besprechungen auf dem am Sonntag, dem 4. Januar INN, in Erfurt tagenden Kongreß der Landoblcute des Bezirkes Groß-Thüringen der KPD. ans Betreiben des inzwischen geflohenen Berliner Funktionärs Mayer aUn» „Gustel" nach Berlin wcitergeleitet worden. Schon einige Tage vor diesen Ereignissen war dem Berliner Landcskriminalamt bekannt geworden, zösischc Vorschlag, von Deutschland zunächst die theore tische Anerkennung des Uoungplans zu fordern und dann AugenblickSerleichtcruNgcn ins Auge zu fassen, völlig undiSknticrbar für uns. Genau so liegt cs bei -en „Burgfriedens"- Plänen. Die deutschen Delegierten werden sich hoffent lich darüber klar sein, -aß sie sofort abschüssigen Boden betreten, wenn sic von -er Grnndelnstcllnng sdaß wir nicht nur nicht bezahlen können, sondern auch unsere Tributpsllcht er stillt haben und daher nicht mehr zn Gegenleistungen verpflichtet sind, zumal die Tribntstrcichnng letzten Endes auch den Gläubigerstaaten nur Vorteile bringe» und eine allgemeine Weltkatastrophc verhüten würde), abweichcn und über Kompensationen verhandeln. Zweifellos wird man der Weltöffentlichkeit deutsche Gegen leistungen dadurch schmackhaft zu machen suchen, das, man behauptet, angesichts der großen „Opfer" -er Gläubiger müsse auch Deutschland ein Opfer bringen, und das» man zugleich alle . materiellen Verzichte für zwecklos erklärt, wenn nicht gleichzeitig auch die politische Atmosphäre gereinigt werde. Darin haben unsere Gegner sogar recht, freilich tn einem anderen Sinne,- denn sie verstehen darunter offenbar ein sogenanntes R ti st n n g S s e t e r j a h r von mindestens zehn Jahren mit Budgetersparnissen, -aS tn Wahrheit nur den bestehenden N ü st nngS unter schied, also di« deutsche Schutzlosigkeit, auf rechterhalten soll, und sie verstehen darunter neuer dings anscheinend wieder ein Ostlocarno, wobei Deutschland als Bedrohcr Polens htngcstcllt wird. Ja. sie suchen anscheinend auch Deutschlands Zustimmung zu den französischen Donauplän-en und einen endgültigen daß die KPD. im ganzen Reich sogenannte Spreng gruppen bilde und daß von ihr in verschiedenen Orten größere Spreng stoss- und WassendcpolS angelegt worden seien. Geheimnis volle Besprechungen spielten insbesondere nach Breslau hinüber, wohin sogar SprcngstosstranSportc von Berlin ans gegangen sein sollten. Ein Berliner Funktionär — es Han- dclt sich um den außer Landes befindlichen Joseph Gut sehe — hatte einigen Parteigenossen in BrcSlan sogar an Hand einer gedruckten Sprengvorickrist Unterweisungen im Sprengvcrsahren erteilt. Gntschc hatte sich als Leiter der Berliner Cprcnggrnppc, die sich mit der Herstellung aller möglichen Sprengkörper befaßte, durch Beschaffung einer umfangreichen Literatur über alle einschlägigen technischen Fragen auf das beste zn unterrichten versucht. Aus Grund längerer Beobachtungen aller verdächtigen Personen nahm die Breslauer Polizei am 27. März vorigen Jahres mehrere Haussuchungen vor, bei dene„ cs gelang, den von Gutsche nach BreSla« gebrachte» Sprengstoff wieder zu beschlagnahmen. Die Prozeßdaner wird aus drei bis vier Wochen be rechnet. ES sollen insgesamt 41 Zeugen und vier Sach- verständige vernommen werden. Anschlußverzicht herauSzuprcssen. Dabei steht aller dings noch keineswegs lest, ob bzw. mit welchem Maße diese Pläne auch von England übernommen sind und wie sich Italien zu ihnen stellen würde. Wir hoffen, -aß der Außenminister Freiherr v. Neurath seine guten Be ziehungen zu Gran di in Lausanne verwerten wird, um zu verhindern, das, nnS. wie Im Haag, eine politische Ein heitsfront der Gläubiger gegcnübcrsteht. Aul jeden Fall werden wir klarzustellcn haben, das, die Einnebelung deS Versailler Unrechts durchaus noch nicht geeignet ist, Vertrauen zn schassen und eine Entspannung zu bringen, daß vielmehr nur dessen Beseitigung als Bereinigung gelten und eine wahre FricdenSatmosphäre erzeugen könnte. Vorläufig erscheint freilich die politische Gesqmtlaae in Lausanne durchaus nicht als besonders günstig. Solange man allerdings nickt weiß, was an den zahllosen Meldungen über englische und französische Pläne Wahrheit und was nur Stimmungsmache oder Versuchsballon ist. kann hier ein endgültiges Urteil noch nicht, gefällt werden. Traurig genug Ist es, daß wir. mehr als zwölf Jahre nach -em Frie- bensschluß. Immer noch der Gesamtzahl unserer Versailler Tributglänbiger gcgenüberstehen und keine von den maß gebenden Mächten unter allen Umständen an unserer Seite wissen. Um so gröber sind die Ausgaben, -ie unsere neuen Männer erwarten. Auch Ne können keine Wunder wirke», so wenig wie das Dr. Brüning vermocht hätte. Aber Ne werden das neue nationale Wollen im deutschen Volke aus dieser großen Konferenz noch stärker nnd konsequenter ver körpern müslcn als die vorangegangene Regierung, -le wenigstens in der Tributsrage schon das »rste Nein ge sunden hatte.