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MN Nr. 135. Sonnabmd, dm 17. November 1894. 60. Jahrgang. Verantwortlicher Redakteur: Pani Jehne in Dippoldiswalde. Mit achtsettigem »Llluprirte« Nuterhawm-Iblatt".Mit land, und hanSwirthschastttcher Monattbellage. tilg und l Brei» vier 8Mz., einmonatlich -Lokales «nd Sächstsches. Dippoldiswalde. An vergangenem Dienstag, den 13. Nov., Norm. 10 Uhr, fand in hiesigem RathhauS- saale unter sehr zahlreicher Betheiligung geistlicher und weltlicher Kirchenvorstandsmitglieder die diesjährige Diöcesan-Versammlung der Ephorie Dippoldis walde statt, welcher außer einer Reihe der Herren Airchenpatrone die Herren AmtShauptmann vr. Uhle- mann, Bezirksschultnspektor Richter, AmtSgertchtSrath Seuder, sowie eine große Zahl sonstiger um die Be- thätigung kirchlichen Lebens und christlicher Eitle be mühter Gäste beiwohnten. Nach gemeinschaftlichem Gesang und dem Gebete deS Vorsitzenden, Herrn Sup. Meier, eröffnete derselbe die Diöcesan-Versammlung mit einer warmempsundenen und herzandringenden Ansprache über das Prophetenwort Jes. 7, S: „Glaubet . ihr nicht, so bleibet ihr nicht", in deren Eingang er dem in den Jahren rüstigster Schaffenskraft Heim gegangenen AmtShauptmannS v. Einsiedel wehmüthige Worte dankbarer Erinnerung nachrief. „Gläubet ihr nicht, so bleibet ihr nicht"; mit dem unentwegten Glauben an den Herrn der Kirche steht und fällt die Kraft und Blüthe eines Volkes, und die düsteren Mächte der Unzufriedenheit und Unbotmäßigkeit, der Genußsucht und Selbstgerechtigkeit, der Glelchgilttgkeit und Oberflächlichkeit in allen Dingen kann nur christ lich-evangelischer Glaube überwinden: das innerlichste EinSsein der Menfchenfeele mit ihrem Gott, das stetige Ergreifen des Herrn und daS lebendigste Ergriffen werden von ihm. Bei den vielen, oft künstlichen Ver suchen aber, diesem Glauben wieder zum Siege zu verhelfen, soll jeder treue Christ, sollen insonderheit die Träger deS kirchlichen Amtes, die Geistliche» und die Kirchenvorsteher, die alten und jederzeit bewährtesten Mittel nicht aus der Uebung kommen lassen und vor allem Andern mit Gebet und Vorbild und Wort in treuer, unermüdlicher Arbeit stehen! Auf diese ebenso herzliche als gewiffenschärfende Ansprache, sowie die Begrüßung des neu inS Amt getretenen weltlichen Mitgliedes der königlichen Kircheninspektion, Herrn AmtShauptmann vr. Uhlemann, folgte nach kurzen ge schäftlichen Erledigungen der Hauptoortrag deS Tages, gehalten von Herrn Amtsrichter Ficker—Lauenstein über „die Sonntagsheiligung nach Religion und Gesetz". Auch dieser Vortrag weckte da- ungetheilte Interesse der ganzen Versammlung und führte zu lebhafter De batte über die aufgestellten Thesen, bei welcher Herr AmtShauptmann vr. Uhlemann wiederholt Gelegenheit nahm, seine Stellung zu verschiedenen Fragen in einer Weise darzuthun, die ihm gewiß den Dank und da» Vertrauen Bieler sichern wird. Da die Thesen auf Beschluß der Versammlung zum Gegenstände weiterer Besprechungen inmitten der einzelnen Kirchenvorstände gemacht werden sollen, lassen wir sie im Wortlaut folgen: 1. Die wahre SonntagSfeler muß al» durch göttliches Gesetz geboten, zn allgemeinerer Geltung ge bracht werden. Wirkt di« Duldung der SonntagS- entheiligung zur Entchriülichung, so ist dies um so ernster geboten in der Zeit, da die Mißachtung der göttlichen nnd sozialen Ordnung mehr und mehr über hand nimmt, wenn nicht durch die Entchristlichung der Staat seinem Verfall entgegengesührt werden soll. 3. Ist leider anzuerkennen, daß die Sonntagsfeier bei den heutigen Verkehr-Verhältnissen nicht mehr so durch- zusühren ist, wie sie dem göttlichen Gebot entspricht, so darf sie doch nur solchen Einschränkungen unter worfen werden, welche nothwendig sind zur Abwendung der sonst einzelne Klaffen der menschlichen Gesellschaft treffenden Schäden. 3. Die Einhaltung der sonach noch möglichen Feier deS Sonntag» muß durch gesetz lich« Vorschriften gewährleistet, die Befolgung dieser Vorschriften muß durch Strafandrohungen gesichert werden. 4. Die heute bestehenden GesetzeSoorschristen sind unzureichend, um die Sonntag-feier, wie sie auch heute noch zu ermöglichen ist, zu schaffen; e» muß dahin gestrebt werden, weitergehende Gesetze zu er langen. S. ES ist eines Jeden, vor Allem der Pfarrer und Kirchenvorsteher heilige Pflicht, auf eine allgemeine Durchführung der rechten Sonntagsfeier hinzuwirken und der Nichtbeachtung der deshalb erlassenen gesetz lichen Vorschriften in jeder erlaubten Weise entgegen zutreten. — Gemeinsamer Gesang und Gebet beschloß die diesjährige Diöcesan-Versammlung, die gewiß nicht ohne dauernden Segen bleiben wird. — An dem Michaelis begonnenen Confirman- denunterichte nehmen im Ganzen 73 Kinder und zwar 34 Knaben und 39 Mädchen Theil.. Auf die -Stadt kommen davon 33 Knaben und 37 Mädchen, auf die eingepsarrtrn Dörfer aber 11 Knaben und 13 Mädchen. Die Knaben werden von Herrn DiaconuS Büchting, die Mädchen von Herrn Superintendent Meier auf den bedeutungsvollen Act der Confirmation vorbereitet. — Nächsten Sonntag verkehrt in üblicher Weise ein Theatersonderzug von Hainsberg nach Kip dorf, der Anschluß an den 11.40 Nacht- von Dresden avgehenden Zug hat. — Im Altstädter Theater wird die neue Oper „Falstaff" zum zweiten Male aufgesührt werden, im Neustädter Theater werden die HanS SachS-Stücke wiederholt, während auch CircuS Busch viele jährige- erste- Abonnement- Eoncert am nächsten Donnerstag veranstalten. — Rach einer neueren militärischen Bestimmung ist auch den Mannschaften deS Beurlaubtenstandes ge stattet, die in der aktiven Dienstzeit erworbenen Schützenschnüre bei besonderen Gelegenheiten zu tragen, doch müssen die Schnüre mit dem Stempel der Militärbehörde versehen sein. — Die Behörden sind neuerdings angewiesen worden, bei der Ausstellung der nach § 89, 4b der Wehrordnnng zu ertheilenden obrigkeitlichen Bescheini gungen hinsichtlich der Fähigkeit deS Vaters oder Vor munde-, seiner Verpflichtung nachzukommen, den die Berechtigung zum einjährig-freiwilligen Militärdienst nachsuchenden Militärpflichtigen auszurüsten, zu unter halten u. s. w., mit der größten Vorsicht zu verfahren und die Bescheinigung erst nach genauer Prüfung der hierbei in Betracht kommenden Verhältnisse abzugeben. — Die Einziehung von Reservisten zu Hebungen wird bei den Jnsanterieregimenlern diesmal auch während deS bevorstehenden Winter- stattfinden, je doch sollen diese Uebungen sich nicht auf länger als 10—14 Tage erstrecken. Der Schwerpunkt wird haupt sächlich auf die Schießfertigkeit der Mannschaften ge legt werden. Daneben sollen noch besonders Feld dienstübungen abgehalten werden, während vom Paradeexerziren gänzlich Abstand genommen werden soll. — Soll eine Aussaat gedeihen, so darf e» auch an Regen und Sonnenschein und rechter Pflege nimmer fehlen. DaS weiß man schon, aber dieser Satz findet auch für daS Geschäfts le den Anwendung. Die nächsten Wochen bis hin dann zum WeihnachtSsest dringen die Hauptverdienstzeit im Jahre für sehr viele Gewerbetreibende, und eS ist ihnen nach manchem trüben Jahr nun gewiß ein besseres zu gönnen. Da empfiehlt eS sich denn, bei Zeiten dafür zu sorgen, daß au» der Saat denn auch nun wirklich zum Feste eine silberne und goldene Ernte entspri--bt, und zur Pflege gehört da unbedingt die beste Freundin eine- jeden rührigen Geschäftsmannes, die Annonce. Jede Mark, die für ein Inserat au-gegeben wird, trägt sichere und reiche Zinsen; der Beweis ist, daß diejenigen Geschäftshäuser, welche aller Welt bekannt sind, ihren festen und großen Kundenkreis haben, gerade am aller meisten inseriren und jahraus jahrein geradezu Ver mögen für ihre Ankündigungen ausgeben. Wozu dieser kostspielige Aufwand, da» Publikum kommt ja doch! MW Aber nein, letzteres ist irrig, nur ein permanenter Hinweis auf alles Reue, Billige und Gute führt wirk lich Käufer herbei, denn nicht- ist vergeßlicher, al- eben da- Publikum. DaS ist in engen Kreisen nicht anders, al- in weiten und Niemand hat bei richtigem und einsichtigem Annonciren sich verspeculirt. Gilt da- für jede Woche im Jahr, eS gilt für di« Weih nachtszeit erst recht; da heißt eS bei Zeiten voran zu sein, eine Bersäumniß ist nicht immer wieder einzu bringen. Für die Geschäftswelt kommt jetzt die Zeit, die wechselnden Weihnacht-inserate ruhig und überlegend vorzubereiten, die Truppen zu mobilistren, die in wenigen Wochen beginnen sollen, da» Weihnachtsge schäft au-zukämpfen. Eine praktische Annonce versagt nie, darum mag bei Zeiten daran erinnert sein, da doch gut Ding gute Weile haben will. Höckendorf. Am vergangenen Dienstag wurde im hies. Gasthofe von der Stadtkapelle in Dippoldis walde ein Eoncert gegeben, da- in allen sein« Theilen mustergilttge Aufführung und demnach rau schenden Beifall fand. Zu bedauern ist, daß der Besuch al» ein geringer bezeichnet werden muß, was in den» Umstande zu suchen sein dürfte, daß die Erlaubniß zu einem Tänzchen nach dem Eoncert versagt worden war, daher auch der größt« Theil der Frauen pad Mädchen von hier fehlte. - rhemnch^^bie Fo^stHkademkr wMMdieM^ Wintersemester von SS Studirenden besucht. ES ist da» die größte Frequenzziffer seit 1891. Da zur Zeit nur 13 Aspiranten für den höheren sächsischen StaatS- forstdienst inskribirt sind, so tritt besonder- d!« Zug kraft der sächsischen Forstakademie für da- Ausland hervor. Von Rußland, Oesterreich, Holland und Bul garien sind siebenundzwanzig Etudirende immatrikultrt. Deuben. Hier bereiten die Herren Lehr» mit ihren Schulkindern gegenwärtig wieder die Aufführung eine- „Weihnachtsmärchen-" vor zum Besten der Christbescheerung für würdige Arme, welche der Gemeinderath alljährlich veranstaltet. Die Dichtung ist eigens zu diesem Zwecke verfaßt: ^Aschenbrödel", Knecht Ruprechts Weihnachtsmärchen, von vr. Johanne- Lehmann. Im vorigen Jahr wurde von demselben Verfasser da« Weihnachtsmärchen „Dornröschen" unter grobem Beifall aufgesührt. Der Rahmen beider Dichtungen ist der gleiche. Knecht Ruprecht, der alte Freund der Kleinen, führt eine Schaar Kinder in den Saal und nimmt mit ihnen vor einer Bühne Platz. Nach seiner Art will er sich erst von den Kindern etwas aussagen und erzählen lassen, ehe er von dem Inhalte seine- großen Sacke- spendet. Er fragt sie nach einem deutschen Märchen und läßt sich von ihnen dasselbe erzählen. Zum Lohne läßt er an gewissen Stellen den Vorhang sich heben und führt Scenen und Bilder au- dem Märchen an den Augen der fröh lichen Kinderschaar vorüber, bis er zum Schluffe mit derselben selbst die Bühne betritt und nach dem Ge sänge deS Liede« von der fröhlichen, seligen Weih nachtszeit seine Nüsse au- dem Sacke schüttelt. — Die „Weihnachtsmärchen" eignen sich mit ihren ge ringen scenischen und darstellerischen Anforderungen zu WohlthätigkeitS-Aufführungen in der Weihnachtszeit und werden nicht verfehlen, insbesondere bei der Kinder welt eine rechte Weihnachrsstimmung zu erzeugen. Dre-deu. Die Abreise de» Prinzen Friedrich August und der ihn begleitenden Offiziere nach St. Petersburg zu den Beisetzungsfeierlichletten er folgt am heutigen Freitag. Von Wirvallen, der rus sischen Grenzstation au», steht am Sonnabend ein kaiserlicher Extrazug bereit, mit welchem der Prinz am Sonntag in St. Petersburg eintriffi. — Der Bau de» Hafenbeckens im Ostragehege zu Dresden geht jetzt seiner Vollendung entgegen. Der Hafen vermag 300 Schiffe aufzunehmen. Der EinfahriSkanal ist 35 Meter breit und find an der Hasenmauer Vorkehrungen getroffen, pm einer Be- Amtsblatt für die Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Zsraumstein Donners« MU ^monatlich lich 42 Wa. Mnzetnr Nummern K Psg. — Alle Postav- «MA, Postboten, sowie di« Utenten nehmen Be- « de» wirk- klarte» «in« sqr same werden mit 10 Spaltmzäl« »dar Raum berechnet. — Ta bellarische und complietrt« Inserate mit entsprechen dem Aufschlag.— Emm» saudt, im redaktionell« Lheile, di, Spaltaq«il, «Pfg.