Volltext Seite (XML)
MMMTageblatt für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Anzeigenpreis: die 8gespaltene Raumzeile 20 Goldpfennig, die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40Gold-» Pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 100 Goldpfcnnig. Aechweisungsgedühr 20 Goldpfennig. Bor- geschriebene Erscheinungs- tage und Platzvorschriften werden nach Möglichkeit ÄUll Nk. b berücksichtigt. Anzeigen annahme bis vorm. 10 Uhr - - — > - Für die Richtigkeit der durch FernrufübermitteltenAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. IederAabananspruch erlischt, wenn derBetrag durch Klage eingezogen werden mutz oderder Auftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. ?*^»?bilsdruffer Tageblatt- erscheint täglich nachm. 5 Uhr für den gen» Ta^ .Bezugspreis: Bei Abholung in »«D«sqSstsstell- und dm Au-g-b-st«ll«n 2MK. im Mono-, bki Zustellung durch di- Boten 2,30 Md., der Postb-st-llung r Mil. zniüoitcv Abtraa» „ . gebühr. Einzelnummern »Ps«. All-Post°nst»,t-n Wochenblatt für Wilsdruff « Umgegend Poftdotenundun,-reAus. teiger »nd »elchäilsftellen ' — U nehmen zu jeder Zeit Be. st-llung-n ent,«gen. Im Falle höherer Gewalt, «lieg oder sonstiger B-tri-d-störurig-n besteht kein Anspruch auf Lieferung »rr Zeit«», oder Kürzung de, Vezug.preisr». — Rü-ds-nduu, «iugesandter Schriftstürile erfolgt nur, wen» Porto beiliegt. Das Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts «ud Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Stoffen. Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2,40 Freitag, den 27. August 1S2S Nr.200. 85 Jahrgang r-legr «dr: .»mublatt Geheime Besprechungen. Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt, so kann mark' am besten den Stimmungswechsel bezeichnen, der in den verschiedenen Phasen des Streites um Gens bisher zum Ausdruck gekommen ist. Aus Optimismus folgte bald der schwärzeste Pessimismus. Jetzt macht sich aus einmal wieder eine gewisse optimistische Strömung bemerkbar. Trotz aller Dementis stellte es sich nämlich heraus, daß der französische Regierungsjurist Froma - geot, der zusammen mit dem Engländer Hurst und dem Vertreter unseres Auswärtigen Amtes, Ministerial- direktor Dr. Gaus, im Mittelpunkt der letzten Genfer Studrenkommission stand, doch in Berlin geweilt und mit Dr. Gaus längere Besprechungen gehabt hat. Aller dings ist es richtig, daß die namentlich in der fremden Presse angekündigte offizielle Zusammenkunft zwi schen den drei Männern nicht stattgefunden hat. Da aber Kerr Fromageot zuerst in London bei Herrn Hurst war und dann nach Berlin kam, so ist es ohne weiteres klar, daß er sich eines Auftrages seiner Regierung ent ledigte. Von alliierter Seite wird jetzt auch geflissentlich dis Meldung verbreitet, daß sowohl Frankreich wie England alles daransetzen wollen, um die hoffentlich endgültig formulierte Entscheidung der Studienkommis sion, der seinerzeit Deutschland zugestimmt hat, bei der neuen Tagung Ende August durchzudrücken. Inzwischen scheint Herr Briand auch sonst nicht untätig gewesen zu sein. Noch vor wenigen Tagen ge bärdete man sich in Warschau als der Unentwegte, der unter keinen Umständen von seiner Forderung abweicht. Jetzt kommt auf einmal die wahrscheinlich von Regie rungsseite inspirierte Meldung, daß Polen zwar an seinem Ansprüche auf einen ständigen Ratssitz festhält, aber um ein Auseinanderfallen des Völkerbundes zu ver hindern und um auch nicht einen Austritt Polens aus dem Bunde ins Auge fassen zu müssen, sich jetzt damit begnügen würde, wenn ihm vorläufig ein dreijähriger nichtständiger Sitz eingeräumt werde, der eine spätere Kandidatur nicht ausschließt. Betrachtet man in diesem Zusammenhänge die Rundreise Fromageots mit dem Abwiegeln in der polnischen Presse, dann kann man wirklich auf die Vermutung eines Umschwunges im optimistischen Sinne kommen, wenigstens soweit dabei auch England und Frankreich in Frage kommen. Bel gien spielt in dieser Frage keine entscheidende Rolle. Es drängt sich nicht vor, hat allerdings den Wunsch zu erkennen gegeben, daß es bei der Neuordnung der Rats sitze seine bisherige Stellung beizuhalten wünsche. Bleibt einzig Spanien übrig. Über die Möglichkeit, auch mit diesem ins Reine zu kommen, ist ost genug gesprochen worden. Die jetzt von Spanien in Nom überreichte Tanger note zeigt den gangbaren Weg. B r a s i l i e n hat sich in den Schmollwinkel zurückgezogen, so daß von ihm keine weitere Störung zu erwarten ist. Uruguay hat osten tativ eine Unterstützung der deutschen Ansprüche zugesagt, ""fassen kann, daß auch von anderer süd- fürchtcn"sirw" keine Schwierigkeiten mehr zu be- - D/e Wehste« Tage müssen die endgültige Entscheidung bringen, da der Völkerbunds ,chon am 2. September zu- sammenültt. Es bleibt dadurch der Studienkommission nur eine außerordentlich kurze Zeit für ihre neuen Be ratungen. Man kann deshalb keine großen Debatten über etwa neu auftauchende Pläne erwarten. Nicht ohne Ein druck ist bei der bisherigen Entwicklung sicher die feste Haltung der deutschen Reichsregierung geblieben, die immer wieder erklärt hat, über das Entgegenkommen auf der letzten Sitzung der Studienkommission, wo es den Churchillschen Vorschlägen einer Vermehrung der nicht ständigen Ratssitze zusttmmte, nicht hinausgehen zu wollen. Von der deutschen öffentlichen Meinung wird immer Wieder darauf hingewiesen, daß ihr der Völkerbund wenigstens in seiner jetzigen Form, nicht sehr imponiert. Es Wird immer wieder gesagt, welches Opfer der Über zeugung Deutschland mit seinem Eintritt in den Völker bund bringt. Deshalb wird verlangt, daß wenigstens die deutschen Wünsche und Erwartungen, die man an Lo - c arn o knüpfte und die doch wahrhaftig bescheiden genug uni, srfüllt werden Wir haben auf diesem Gebiete schon weiteres den schönen Worten der andern glauben ko men. Herr Dr. Gaus wird Herrn ^romageot mcht rm Unklaren darüber gelassen haben, daß es namentlich Frankreich in der Hand hat, wenn "t Deutschland der Auffassung über den Völkerbund und über den cutz des Eintritts für Deutschland ein gründlicher WtlMMüNSS- Wechsel erfolgen soll. * Englische Bedenken. Das häufig gut unterrichtete Blatt „Daily Tele graph- schreibt: Der Gedanke dieser auf britische, fran zösische und deutsche Juristen beschränkten Besprechungen wie verlautet, von Briand. Es ist, so fügt Er« hinzu, vielleicht gut, daß sie nicht sehr viele kurui haben, da diese-seltsamen geheimen Zusammen- Mgß ».bin nicht unnatürliches, vollkommen unnötiges den Argwohn und sogar von Verstimmung unter Teilnak^^u. erzeugt hätten, deren Juristen nicht zur uwe eingsladen wurden. Die Kommission um- 6rnf vor dem Auswärtigen Auslckuh. Erklärungen Stresemanns. Vesatzungs- und Entwaffnungsfragen. Der Auswärtige Ausschuß des Reichstages trat in Berlin unter Vorsitz des Abg. Hergt. (Dtn.) zusam men, um Erklärungen der Neichsregierung über die gegen wärtige politische Situation entgegenzunehmen. Zu nächst behandelte Reichsminister des Auswärtigen Dr. Stresemann in einer über eine Stunde währenden Rede die außenpolitische Lage. Alsdann sprachen die Abgg. Kaas (Ztr.) und Graf von Westarp (Dtn.). Die Aussprache war streng vertraulich. Neben den im Mittelpunkt stehenden Völkerbundproblemcn wurden die Besatzungs- und Cntwaffnungsfragen sowie die Ver hältnisse im besetzten Gebiet eingehend erörtert. Außer durch Dr. Stresemann war die Reichs regierung noch durch den Neichsfinanzminister Dr. Rein hold vertreten. Billigung -es Regierungsstandpunktes. Wie man erfahren haben will, sollen die Äußerun gen Dr. Stresemanns zuversichtlich in bezug auf die Genfer Erwartungen geklungen haben. Jedoch soll der Minister darauf hingewiesen haben, daß noch viele Schwierigkeiten zu überwinden sein würden. Dr. Stresemann soll aber auch besonders hervorge hoben haben, daß eine Abreise der deutschen Delegation nach Genf erst dann in Frage kommen könne, wenn die Frage der Ausnahme Deutschlands in den Völkerbund und die Frage des ständigen Natssitzes für Deutschland völlig geklärt sei. Die Aussprache ergab, daß der Aus wärtige Ausschuß in seiner Mehrheit dem Standpunkt der Reichsregierung beitritt. In der Aussprache nahm Abg. Dernburg für die Demokraten, Abg. Dr. Bredt für die Wirtschaftliche Vereinigung und Abg. Wallraf für die Deutschnatio- nalen das Wort. Reichsaußenminister Dr. Strese mann gab Erläuterungen zu verschiedenen Anfragen! und verbreitete sich besonders über die Besatzungsfragc. Ferner sprachen: Abgg. Hilferding von den Sozial demokraten, Stöcker (Komm.), Graf Reventlow (Völk.), Dr. Scholz (D. Vp.), Dr. Quaatz (Dtn.) und Dr. Rosenberg (Komm.). Zwei kommunistische An träge, die den Nichteintritt Deutschlands in den Völker bund und die Einberufung des Reichstagsplenums vor der Völkerbundtagung wünschten, wurden abgelehnt. Dann vertagte sich der Ausschuß. Die Einberufung der nächsten Sitzung wurde dem Ermessen des Vorsitzenden überlassen. * Minderheitenkongreß in Genf. Gerechte W a h l m e t h o d e n I Die Nechtskommission des am Mittwoch in Gens er öffneten Kongresses der nationalen Minoerheiten beschloß, der Vollversammlung Vorschläge vorzulegen, die u. a. die Anwendung von Wahlmcihoden empfehlen, wonach die nationalen Minderheiten in den parlamentarischen Körper schaften und in der Selbstverwaltung entsprechend ihrer zahlenmäßigen Stärks vertreten sein sollen. Im Wider spruch zu dem Grundsatz der Gleichberechtigung ständen die künstliche Wahlkrcisgeometrie und alle sonstigen Be stimmungen, die auf die Beeinträchtigung der nationalen Minderheiten abzielten. Die Vertretung der nationalen Minderheiten in Parlament und Verwaltung liege im Interesse der Staaten und einer verantwortungsbewußten produktiven Mitarbeit der nationalen Minderheiten. Die parlamentarischen Erörterungen über Genf abgeschlossen Berlin, 26. August. Wie die Telegraphen-llnion erfährt, Hot heute der Auswärtige Ausschuß des Reichstages gegen ganz wenig Stimmen einen Antrag abgelehnt, noch vor der Tagung des Völkerbundes das Plenum des Reichstages mit den Beratun gen für Eens zu befassen. Mit großer Mehrheit ist ferner der An trag abgelehnt worden, den Auswärtigen Ausschuß noch einmal zusammenzurufen. Dagegen ist vereinbart worden, daß der Vor sitzende des Ausschusses in Verbindung mit dem Reichsaußenmini ster den Ausschuß dann einberuft, wenn dies die Verhältnisse als besonders dringlich erscheinen lassen. Die parlamentarischen Erörterungen über Genf dürsten damit als abgeschlossen gelten. Das Ncichskabinelt wird in den nächsten Tagen zusammentreten, um sich zu der Frage zu äußern, welche Haltung Deutschland in Eens einnehmen wird. Der deutsche Botschafter in Paris, von Hoesch, wird Freitag abend oder Sonnabend früh in Berlin erwartet, um die Instruktionen für die Tagung der Studienkom mission, die am 30. August Zusammentritt, entgegenzunehmen. Wenn die Ergebnisse der Studienkommission vorliegen, wird das Ncichskabinett erneut zusonunentteten, um sich dann endgültig über die Zusammensetzung der deutschen Delegation für Genf schlüssig zu werden. saßt außer den Locarnomächten Italien und Belgien zehn Staaten. Viele von diesen neigen dazu, alle Ver handlungen, von denen sie ausgeschlossen werden, als unberechtigte Versuche einer Minderheit anzusehen, die Mehrheit gewissermaßen vor vollendete Tatsachen zu stellen. Ministenal-Lrekior Dr. Gaus. Als vor einigen Tagen gemeldet wurde, in Berlin hätten Besprechungen über die Genfer Angelegenheiten zwischen dem deutschen Ministerialdirektor Dr. Gaus, dem französischen Regierungsdelegierten Fromageot und dem Engländer Sir Cecil Hurst stattgefunden, wurde die Mitteilung amtlich dementiert. Nachher stellte sich heraus, daß Fromageot tatsächlich in Berlin ge wesen ist und mit Dr. Gaus konferierte, nachdem er vorher Sir Cecil Hurst in London gesprochen hatte. Die drei Herren waren bereits vor der letzten resultat- losen Völkerbundtagung als juristische Vertreter ihrer Länder tätig und werden jetzt in der Genfer Studien kommission wichtige Rollen zu spielen haben. Votschaster v. Hoesch bei Vriand. Paris. Der deutsche Botschafter von Hoesch hatte Unter redungen mit dem Minister des Auswärtigen Briand und dein Generalsekretär im Außenministerium Berthelot. Sie be trafen eine ganze Reihe schwebender Probleme und bezogen sich insbesondere aus die bevorstehende Völkerbundtagung, vor allem auf die am Montag beginnenden Beratungen der Studienkommission für die Völkerbundratsreform. Hoesch be gibt sich sofort nach Berlin. Französische Ausschreitung in Koblenz. Eingreifen der deutschen Behörden. In Koblenz wurde ein junger Mann beim Begehen des Bürgersteiges vor der französischen Kommandantur von dem Wachtposten mit dem Gewehrkolben herunterge stoßen und darauf mit dem Bajonett durch zwei Stiche in den Oberschenkel verletzt, so daß er nach Angabe der Polizeibehörde ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen mußte. Seitens der deutschen Behörden wurden Schritte unter nommen, um die Angelegenheit aufzuklären. Tatsächlich besteht ein Verbot des Begehens des Bürgersteiges vor dem Kommandanturgebäude in der Zeit von 9 Uhr abends bis 5 Uhr morgens. Die deutschen Behörden wollen eine grundsätzliche Regelung der Angelegenheit herbeizusühren versuchen. Dikiaiurdämmerung in Spanien? Die Artillerie gegen Pcimo de Rivera. In einer Meldung aus St. Jean de Luz heißt es: Einer Information aus französischer Quelle zufolge ist in Spanien eine sehr ernste Lage entstanden, und zwar in folge der Forderung von Artillerieoffizieren, daß der König den Premierminister General Primo de Rivera entlassen solle. Als Antwort daraus unterbreitete Primo de Rivera dem König ein Dekret, das das Artilleriekorps auflöst und die Waffenfabriken in Toledo und Trubia der militärischen Kontrolle entzieht und sie unter Zivil kontrolle stellt. Weiter wird mitgeteilt, der König habe sich geweigert, das Dekret zu unterzeichnen, und sei sofort nach der Kabinettssitzung nach Santander abgereist, wo die königliche Familie sich aufhalte. Die Schwierigkeiten zwischen General Primo de Rivera und den Artillerie offizieren datierten zurück bis zum Beginn des neuen Re gimes, aber man glaube, daß sie jetzt in ein neues und ernstes Stadium eingetreien seien, dessen Folgen man un möglich voraussehen könne.