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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.11.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-11-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19001101015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900110101
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900110101
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
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Jahr
1900
-
Monat
1900-11
- Tag 1900-11-01
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Monat
1900-11
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Jahr
1900
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Msrge»-Ausgabe Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. SL Jahrgang. Donnerstag den 1. November 1900. - Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesördrrung 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Anzeigen-Preis die sigefffifftenc Petitzrtte Sss Ls. Reelanie» unter den, Redactionsstrich (4 gespalten- 75 vor den Familiennach« richten ^gespalten- 50 Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren sür Nachweisungen und Offertenannahme 25 (exrl. Porto). Die Krisis in China. Leipzig, 30. October. Am gestrigen Abend begann die Deutsche Colonialgesellschaft, Abtheilung Leipzig, ihre Thiitigke.it im neuen Semester mit einem im großen Saale des Z o o l i s ch e n Ga r t e n S veranstalteten Vor tragsabend, an welchem vor einem äußerst zahlreichen Auditorium Herr vr. Paul N eu ba u r-Berlin sich in längeren Dar legungen über „'Die Krisis in China" verbreitete. In seiner -dem Dortrage voraus-gehenden Begrüßungsansprache gab der Vorsitzende, Se. Excrllenz Generalleutnant z. D. v. Potrn , der Hoffnung Ausdruck, daß die kommenden Versammlungs abende der Deutschen Colonialgesellschast sich gleich reger Theil- nahm« der Mitglieder erfreuen möchten, wie bisher. Sein Gruß galt ferner dem anwesenden geschäftsführenden Bicepräsidenten der Deutschen Colonialgesellschast, Herrn Viceadmiral z. D. B a l o i s. Zu Beginn seines Vortrages ging Herr vr. Paul Neu bau r, indem er auf den großen Umfang und die Tragweite der chinesischen Frage hinwies, von der richtigen Annahme aus, daß eS dem großen Publicum -in Deutschland ganz unmöglich sei, di« KrrfiS in China zu begreifen, wenn es nicht gewisse Unterlagen zur Beurtheilung dafür erhalte. Es muß zunächst auffallen, daß in einzelnen Theilen dieses Landes ganz verschiedene politische Bewegungen vorhanden sind. Das wird aber durch das Re gierungssystem erklärlich, welches von der im Jahre 1644 zur Herrschaft gelangten Mandschu-Dynasti« und von sieben Vice königen und zwei Gouverneuren geübt wird. Eine Theilung Chinas, eines Landes von 400 Millionen Bewohnern, wie es zum zweiten Mal« auf der Erde nicht 'wieder oorkommt, erscheint unmöglich; es ist dieser ungeheure Koloß ohne Anpassung an seine Verhältnisse nicht zu regieren. Die Regierung in Peking ist nur em« Art Centralregierung, welche ihre Ober hoheit über selbstständige Königreiche auSübt und die erst politisch mit diesen verhandeln muß, ehe eine Verständigung zu ermög lichen ist. Ein anderer Punkt ist die Wehrkraft Chinas. Man sollte glauben, daß China eine ungeheure Armee -ausgestellt habe. Dem ist nicht so. Das ständige Heer, die Mandschuheeresclaffe, in 24 Banner (8 Mandschu-, 8 Mongolen- und 8 Chinesenbanner) eingetheilt, zählt 106- bis 110 000 Mann, dazu tritt «ine zweite, eine irreguläre Arm«, mit den Soldaten der grünen Banner — 05 000 Mann — Vie mit alten Flinten, Bogen, Pfeilen, Lanzen bewaffnet ist, und daran schließt sich noch als dritte Armee daS Lehrbataillon, die von Europäern gedrillt« Truppe der Dicekönige. Ihre Zahl wird auf 80 000 Mann geschätzt; in Wirklichkeit be trägt sie kaum -di« Hälfte, denn zwei Drittel davon haben auf den Reisfeldern für die Vicekönige als Arbeiter thätig zu sein. Di« bestgedrillte Armee hat Li-Hunß-Tschang gehabt; immerhin sind die sämmtlichen Truppen -der Dicekönige heute ebenso wenig einen Schuß Pulver Werth als die anderen. DiechinesischeFlotte verfügt über ein« Anzahl Fahr zeuge, die auf der Höh« der Zeit stehen, doch wird der Chinese, der wohl sehr gut mit den Dschunken umzugehen weiß, niemals auf einem Dampfer ein guter Seemann sein. Eine Reihe von ripMrr TllMaü Anzeiger. Äitttsvlatt des Königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes nnd Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. * Das dritte Philharmonische Concert des Winderstein- Lrstesters findet Montag, de» 5. November statt. Solist dieses Abends ist der Tenorist Georg Nntbes, königl. sächs. Kammer sänger aus Dresden, eine Zierde der Dresdner Hofoper. — Die Ausführung VcS „Mas" durch die Leipziger Sing- akademie am Freitag, den 9. November, Abends 7'/, Uhr, in der Alberthalle erhält dadurch ein erhöhtes Interesse, als diese hervorragende und ewig schöne Tonschöpsung zum ersten Male von Herrn Gustav Wohlgemuth, dem in der Musikwelt hochgeschätzten Chormeister, dirigirt werden wird. Herr Wohlgemuth Hot bekannt lich die Leitung der Singakademie, welche dicht vor ihrem hundert jährigen Jubiläum steht, im letzten Frühjahre übernommen, und ist daS bevorstehende Concert das erste des ehrwürdigen Bereins. welches derselbe unter Leitung seines neuen Dirigenten veranstaltet.— Der Leipziger Mannerchor (Lhormeister G. Wohlgemuth) vrr- anstaltet unter Mitwirkung namhafter Künstler, u. A. Frau Margarethe Altmann, Herrn van Humalda und der vollzähligen Capelle des 107. Regiments am 12. November er. in der Albert- Halle sein I. Winterconcert. Zur Ausführung gelangt u. A „Der Landsknecht". Gr. charakteristisches Tongemäld« * * Männerchor, Soli und Orchester von Joses Stritzko. Wir verseh nicht, aus dieses hochinteressante Concert ganz besonder» aufmerkj zu machen. Eintrittskarten im Vorverkauf sind zu entnehmen iu Klein's Kunsthandlung, Universitälsstraße, und Zschocher'» Musikalien handlung, Städtisches Kaufhaus, Eingang Kupsergasse. — -ritz von Bose wird in seinem Concert in der Alberthalle Dienstag, den 13. November, mit einem Valeo auftreten, welche» für Leipzig noch vollständige Novität ist, das Läur-Concert von Moritz MoSzkowSki, und da» er in Köln vor nicht langer Zeit mit großem Erfolge vorgetragen hat, „wett glänzender al» der Komponist selbst", wie die dortigen Blätter berichteten. Wir dürfen Herrn von Bose dankbar sein, daß er un» mit dem neuen Valso bekannt macht. sie ließe sich nicht zwingen zu einem intimeren Verkehr mit dieser rothhaarigen Person! Nun ja, das Haar von Frau Schönchen hatte ja «inen röth- lichen Schimmer, aber sonst war sie doch «ine biedere, recht schaffene Frau. Also nur des rökhlichen Haares wegen? Ganz allein deswegen? Das war «ine schmerzliche Wahrnehmung, welch« Kaiser da machte! Trotz alledem lebten die jungen Eheleute recht glücklich mit einander. Das Einzige, was zum vollen Glück dieser Ehe vielleicht noch fehlte, erwartet« man — ein Kindlein. Schon seit Wochen war man auf das frühe Ereigniß bestens vorbereitet, daS nun endlich zu ziemlich früher Stunde eines kalten Wintrr- tag«s rintraf. Noch webt« Dänunerung ums Haus, aus dem milder Licht schein fiel. Drinnen im warmen Zimmer beleuchtete das durch einen Schirm gedämpfte Licht der Lampe das strahlend« Gesicht des glücklichen Dat«rs. Kaiser hatte das Kindchen im Arm. Er konnte sich nicht satt sehen an den Händchen, dem kleinen Mund und an den „Suckeln", die ihn so bekannt anschauten, — waren sie doch von derselben Farbe, wie die seiner Frau. Immer entdeckte «r neue Herrlichkeiten an der Kleinen. Inzwischen rissen die grauen Fäden der Dämmerung aus einander, und di« Sonn« schien freundlich durch die cremestnbenrn Sardinen herein. Di« Lampe war erloschen und Kaiser konnte da» klein« Wunder der Schöpfung -ei Tageslicht -«trachten. Gerade neigte «r sich wieder über das Köpfchen, da» au» den weichen Federkissen hervorlugte, und wollte einen zärtlichen Kuß darauf drücken, da fuhr er Plötzlich, wie von einer Viper gestochen, zurück. Fast hätte er einen Schrei ausgestoßen. Da» weiße, fpitzenbesrtzt« Packet mit dem Kindchen batte er in den Korb zuruckfallen lassen und sich abgewendet. Aber jetzt trat er wieder hinzu und betrachtete es noch oimna-l — mit stillem Grauen. Ja, es war wirklich so: sein Kind hatte rothe Haare! Das Ivar «in« schreckliche Wahrnehmung, die schwer auf seine Seel« fiel und ihn tief darniederdrückk. Er wußte ja, welche Ab neigung seine Frau gegen rothes Haar hatte. Was mußte sie empfinden, wenn nun ihr eigenes Kind — «s war nicht auSzu- denken! Jedenfalls durfte sie jeHt, wo sie noch so schwach und angegriffen war, die Wahrheit nicht erfahren. Aber, wie konnte man sie ihr verheimlichen? Er sann lange nach, aber «s war zum Verzweifeln, er fand kein rechtes Mittel. Endlich, nachdem er die unglaublichsten Pläne erdacht und verworfen hatte, kam er zu der Urberzeugung, daß von Allem, waS geschehen konnte, noch daS Best« sei, di« Härchen der Kleinen einfach unter einem Häubchen zu verbergen. Und daS ordnete er denn auch an. Aber, wie lieblich sich di« kleine MenschenMrme in dem schneeweißen Mützchen auch auSnahm, Kaiser konnte sein Kindchen nicht mehr mit reiner Freude anschauen. Er glaubte, in ihm den Störenfried seiner häuslichen Glücke» er« blicken zu müssen, und vermied jede Berührung mit demselben. Die Nächte brachte «r schlaflos zu; «r machte sich bittere vor würfe, daß er dem schuldlosen Kindchen nicht gut feier könne, zitterte vor der Entdeckung seines Geheimnisses durch Hermiom, sein Weib, und nahm sich vor, ihr da» Schreckliche lieber frei willig zu gestehen. Uber der Morgens, wenn er dann an ihr Bett trat, da» sie großer Schwäch« wegen noch immer hüten mußte, fand er den Muth nicht, zu sprechen. Dann müht« er sich wohl mit ver- dopp«lt,r Lieb« um di« Krank«, und suchte durch allerlei Auf merksamkeiten ihr» LeidenSztit erträglicher zu gestalten. Ab,» Hingebung, trotz des schweren Schicksalsschlages, der ihn und sein Haus wenige Tage vor dem Concert heimgesucht, seines verantwortungs vollen Amtes gewaltet hat. Diese selbstlos« Hintansetzung de» persönlichen Interesses wird die „Concordia" Herrn Geidel sicher niemals vergessen! — lieber die übrigen Chorvorträge Le- gestrigen Abends darf ich nunmehr wohl kurz hinweggehen. An der Spitze des Programms »and die tiefempfundene, edle Composition „Wo ist Gott?" unseres geschätzten Thomascantors Bros. Gustav Schreck, ein Werk, LaS tröstlich und erquickend zum Herzen spricht, dessen klanglicher Wohllaut milden Frieden, dessen sichere Linienführung unerschütterliches Gottvertrauen vcrräth. Später folgten die schwer- müthige schottische Weise „Die Blumen vom Walde" im Chorfatz von I. Dürrn er und Ed. Kremsers „Im Winter" weiterhin, vom kleinen Chor prächtig vorgetragen, das gern gesungene, nur etwas monoton wirkende finnische Lied „Suomi s Sang" -gesetzt von E. Paciu«) und l)r. F. Eyrich's anscheinend so einfach nnd schlicht erfundener und Loch so sein ausgcarbeiteter Chor „Da drüben" (mit recht charakteristischer Clavierbegleitung). In dem letzteren sang das Vereinsmitglied Herr A. Schild ach Las Tenorsolo sehr anerkennenSwerth. Eine vor- trrfsliche Chorleistung waren schließlich noch Girschner's „Hüte dich" und das anmuthige „I bin jüngst verwichen" von I. Zehngras, das in seiner ausgezeichneten Ausführung stürmischen Bestall hervorrief.— Außer Len angeführten Chorgesängen enthielt das Programm noch einige Vorträge des Violinisten Herrn Carl Schwabe. Sie bestanden in einem concertanten Allegro von A. Bazzini, der bekannten Romanze von I. Svendsen und den noch bekannteren Sarasate'schen „Zigeuner- weisen". BozziNi'S Allegro gehört nicht zu den bedeutendsten Ein gebungen des großen italienischen Geigenmeisters; neben Stellen von entzückender Schönheit der Cantilene und unnachahmlicher Grazie nnd Tüchtigkeit des melodischen Flußes stehen solche von herzlich trockener Erfindung, über die selbst die halsbrecherischen Birtuosen- Kunslstücke, hinter denen der Componist den bisweilen versiegenden Quell seiner Tonsprache zu verbergen versucht hat, nicht hinweg- zntäuschen vermögen. Herr Schwabe hatte Mühe, der Schwierig keiten Herr zu werden, die dieses Allegro überreichlich enthält;. d/nr rein Technischen — auch in den „Zigev.nerweijen" — -lieb er so Manches schuldig, ebenso war seine Tongebung nicht allent halben gleichwerthig. Stellenweise entwickelte er einen seelenvollen, poeiiereichen und blühenden Ton, stellenweise verfiel er dagegen in trockene Prosa. Fleiß und Ausdauer werden indeh auch hier den wünschenswerthen Ausgleich herbeisüheen. Am- besten grfifl mir von Herrn Schwabe« Vorträgen die Zr.'.c-r, Raff'» Lovatine, dja ihm Gelegenheit bot, die Vorzüge seines Biolinspteis inS^PNtzt»^ Licht zu rücken. Am Clavier, einem schönen Schiedmaper-FiuMH^ der sich indessen mit der Klangfülle unserer Blüthner'schen Instru mente nicht messen konnte, wurde Herr Schwabe von Herrn Alfred Schrader recht wacker, wenn auch nicht in allen Stücken mit rrstrebenswerlher Sorgfalt und klarer Phrasirung begleitet. Das Accompagnement soll sich zwar nicht anspruchsvoll in den Vorder grund drängen, aber auch nicht als gleichgiltige Nebensache angesehen werden. Th. Lursch-Bührrn Man hat versucht, Deutschland wegen seines Besitzes in Kiautschau für die KrisiS in China verantwortlich zu machen, aber weder dort, noch in ganz Schantung sind erhebliche Unruhen ausgebrochen. Kiautschau ist für uns von einem ganz außerordentlichen Werthe; es wird das EingangSthor für China und auch der Anlegung von Eisenbahnen ins Innere zu gänglich sein, da hier die Chinesen ihre Tobten nicht auf Aeckern, sondern auf Kirchhöfen begraben. Mit außerordentlicher Vorsicht müssen die Schlüsse auf den AuSgang der Krisis gezogen werden. Redner glaubte nicht, daß die Chinesen im Stande seien, einen aktiven Widerstand zu leisten. Anders verhält es sich mit einem passiven Wider stand. Durch eine Invasion ist der Koloß China nicht zu be siegen; diese wird entweder aufgesaugt, oder sie muß an natür lichen Hindernissen scheitern. Sie wird sich vielmehr auf die Besetzung einiger strategisch wichtiger Punkte beschränken müssen. Die nächste Aufgabe würde, nächst den Verhandlungen mit dem Hof in Peking und den anderen Regierungen, die sein, die Thür am Uangthekiang bei Garantien offen zu halten. Es müßten die dauernde Oeffnung der Vertragshäfen gewährleistet, Ruhe und Sicherheit garantirt und zu diesem Zwecke europäische Garnisonen in diesen Häfen zugelaflen werden. Zu erörtern wäre noch, ob nicht von China gewisse ständige Geiseln von Angehörigen der regierenden Dynastie, von Söhnen und Verwandten der einzelnen Vicekönige, gestellt werden müßten. Schließlich muß noch eine Forderung erfüllt werden: die Erhaltung eines starken, dauernden Geschwaders in China, zur Unterstützung Kiautschaus und, wenn es gegebenenfalls nöthig sein sollte, zur Verhinderung der Reiszufuhr nach China. Redner schloß seinen mit großem Beifall aufgenommenen Vortrag mit bem Hinweis, auch die an allerhöchster Stelle ge fallenen Worte: „Unsere Zukunft liegt auf dem Wasser", und in der That der ganze Wohlstand unseres Vaterlandes hängt davon ab, daß unsere Beziehungen zum Auslande erhalten bleiben. —m. Ausrüstung ve» Landes mrt Kriegsbedarf; daS Pulver ist gut, aber die Gewehr« sind untauglich. Endlich kommen noch die Küstenbefestigungen in Betracht, von denen die Fort» von Taku jüngst von sich sprechen gemacht haben. Wer di« geringe Wehrkraft Chinas überblickt, der wird be greifen, weshalb man von einer eigentlichen chinesischen Armee bisher noch gar nichts hörte. Alle Mittheilungen darüber sind also cum grano satis aufzufaffen. Ein chinesisches Heer nach unserer Auffassung «xistirt n der Gegenwart nicht; es kann auch gar nicht aufgebracht werden. Um die chinesische KrisiS zu begreifen, muß man den chine - fischen Dolkscharakter kennen lernen. Nach dem, was wir wissen, scheint eS, als ob die Regierungsform und die Be setzung der Stellen geradezu musterhaft wäre. Vor Allem giebt es absolut keinen Familienadel. Das Hauptmittel zur Erlangung von Staatsstellungen bilden außerordentlich schwierige Examina, welche der an sich schon philosophisch angelegte Chinese vor Allem in indisch-classischen Disciplinen abzulegen hat, die erste in den Bezirkshauptstädten, die zweite in den Provinzialhauptstädten und daS letzte große Staatsexamen in Peking. Neun Grade sind hierbei zu erlangen; von ihnen giebt der erste die Anwartschaft auf das Vicekönigthum. Aber um gewisse Staatsstellungen zu erlangen, dazu gehört dann freilich wieder Geld, Glück oder Protection. Die Starrheit der in China herausgebilveten Grund sätze ist «in Mittel, die Bevölkerung für die Agitation gegen alles Europäische einzunehmen. Daraus ergab sich denn auch die Möglichkeit für China, so lange für sich abgeschlossen zu bleiben, und nur für die Berührung für Handelszwecke geneigt zu sein. Auch diese ist neueren Datums, denn erst vom Jahre 1834 da- tiren die Versuche der europäischen Mächte, China für den Handel zu öffnen. Das eigentliche Eindringen der Europäer, wenn von einem solchen überhaupt die Rede sein kann, darf mit der Eröffnung des Suezcanals im Jahre 1869 angenommen werden, als sich die chinesischen Vertraashäfen den Europäern öffneten. Damit ist aber China keinesfalls erschlossen worden, nur gewisse, zu Wasser zu erreichende Puncte. Eine besondere Einwanderungserlaubniß erhielt dagegen die Mission durch die chinesische Regierung . di« philosophische Natur der Chinesen sah keinen Grund, der Mission, die auch a n der Krisis nicht schuld ist, ihr Land zu erschließen. Sind doch sogar zwei ihrer Dicekönige aus einer Jesuitenmission hervorgegangen. Fehler sind freilich insofern vorgekommen, als einzelne Missionare es mit großem Talent verstanden haben, Sühnecathedralen an falschen Stellen erstehen zu lassen. Nachdem die Vertraashäfen eröffnet worden waren, wurden Eisenbahnbauten in großer Ueberstürzung vorgenommen. D e m Eisenbahnbau ist denn auch die gegenwärtige Krisis in China z.r zuschreiben. In der Mandschurei rückt Rußland den Chinesen auf den Leib, im Norden nähern sich England und Belgien mit dem Eisenbahnbau bedenklich China, und so glaubt der Chinese die Interessen der Dynastie strategisch und politisch bedroht. Dazu tritt «in bedenklicher Punct bei Anlegung der neuen geplanten Bahnen. Es muß das religiöse Gefühl der Chinesen verletzen, wenn er den Boden mit den Gräbern seiner Ahnen expropiirt sieht, und dies« Schändung seiner Ahnen ist bei der Heiligkeit des Ahnencultus in China ein wesentliches Moment, den Aufstand zu unterstützen. Der Aus gangspunkt der gegenwärtigen Bewegung ist allerdings das poli tische Moment. Der Mandarin, in seinen Einkünften aus den Zöllen geschmälert, hat das größte Interesse, den Bahnbau zu verhindern. Es wäre nicht möglich gewesen, di« niedrigen Volksclassen aufzuwiegeln und den Boxeraufstand so über das Land zu verbreiten, wenn er nicht von den eigentlichen Leitern, den Mandarinen, ausgegangen wäre, die dem Volke einflüsterten, daß man die Gräber seiner Ahnen vernichten wolle. Anders ist der Aufstand nicht erklärlich. Zu diesem haben die Mandarinen unter den Hunderten von geheimen Gesellschaften, welche China besitzt, die Boxersecte benutzt, und von dieser schlug der Aufstand, weil nach Ansicht der Chinesen daS ethische Moment verletzt werde, weit über den ursprünglichen Kreis hinaus. Es wäre nur noch die Frage zu beleuchten, warum Deutschland die Aufgabe zur Stellung des Ober befehls übernommen. Einmal, weil es die am stärksten be iheiligte Nation ist und in Wirklichkeit in seinen Handels interessen eine hervorragende Stellung behauptet, dann auch, weil die Ausdehnung seiner Schifffahrt ihm eine führende Stellung überweist. blieb er unrrbittlü sehen Habe, wir er Kaiser liebt« s ihr für eine-rave, einer höheren Tochter halt» sie sich den gesunden Sinn für die Küche bewahrt, au» der keine Kartoffel hervorging, die nicht gar war, IM St, de» man nicht di» Weichheit der reifen Pflau«« Hütt» aachrühmeu Vinnen. Und se entwickelt« er denn mich stet» « Hauch «tuen recht gesegneten Appetit. Alle», wa» ste ihm auftischte, mundete ihm. Nur von Tomaten, di« «r «He dem so gern gegessen — in welcher Gestatt sie ihm auch dar- gereicht wurden — von Tomaten wollt« er plötzlich nicht» mehr wisse«. Musik. Herbft-Soncert de» Mannergesangverein» „Concordia". Leipzig, 30. October. Diesmal waren unter den Chören, die der Mannergesangverein „Concordia" ans sein Concertprogramm gesetzt hatte, keine sogenannten Neuheiten anzntresfen, — man müßte denn die bereits vor Jahresfrist erschienenen Compositionen von Gottfried Angerer („Mein Lied") und Reinhold Becker („Der Choral von Leuthen") als solche ansehen. Angerer steht in diesem Chore, dessen Textinhalt — von Hans Eschelbach — die Vrr- tonung für mehrstimmigen Männergesong nicht gerade vor- theilhast erscheinen läßt, nicht auf jener Höhe der Er ¬ findung, aus der wir sonst diesen vortrefflichen Thortonsetzer zn sehen gewohnt sind; der melodische Quell, der in den meisten von Nngerrr's zahlreichen Chören so ergiebig springt, rinnt dir-mal etwa- spärlicher und kommt selbst im Kehr- reim nicht recht in Fluß. Auch in der Harmonik hat un» der Componist in „Mein Lied" nicht» sonderlich Interessantes zu ver- rathen. Daß der Chorsatz selbst vorzüglich und äußerst wirkungs voll ist, versteht sich bei einem so eminenten MännergesangSpraktiker wie Angerer von selbst. Aehnlich ist es auch R. Becker mit seinem Casseler PreiS-Lhor ergangen; man bewundert wohl die fleißige Arbeit, doch wird man bei ihrem Anhören nicht recht warm. Der eingeflochtene Choral „Nun danket alle Gott" müßte hier von gradcSwegs überwältigender Wirkung sein — so wenigsten» wird sichs wohl der Componist gedacht haben; statt dessen quält er sich nur mühselig neben den anderen reich figurirten Stimmen durch. Den „Choral von Leuthen" hörte ich früher schon vom hiesigen „Lehrrrgesangverein" und vom „Leipziger Männerchor", ohne, daß er aus mich jenen großartigen Eindruck gemacht hätte, den ich zuerst beim Durchlesen der Partitur empsundcn hitte. Der Vortrag beider Compositionen durch die „Concordia" war übrigens meisterhaft und mustergiltig. Die vollkommene Ausgeglichenheit der Stimmen, die vorzügliche Tongebung und absolut« Jntonations- rrinheit haben den Verein auf eine Stufe der LeistungS- sädigkeit gestellt, auf der ihm — in Leipzig wenigstens — kein anderer zur Zeit den Rang ablaufen kann. Den Chorvorträgen der „Concordia" zuzuhören ist wohl sür Jeden rin unbeschreiblich köst licher Genuß. Und wer drukt wohl während «ine- solchen Genießen- an die Summe von Müh« und Arbeit, die da» Einstudiren der Chöre mit sich bringt? Dem Verein, der so Vollendete» zu bieten vermag, gebührt wärmster Dank und uneingeschränkte Anerkennung, in noch höherem Maße jedoch dem unermüdlichen Dirigenten, Herrn Chormeisler Moritz Geidel, der mit seltener Pflichttreue und DaS war so gekommen: GrmS Mittags gab «s bei Kaisers Rinderbrust mit Tomaten« tunke. Dem Hausherrn schmeckt« es ausgezeichnet, und er langte zur großen Freude der Hausfrau immer von Neuem zu. Bei dem etwas hastigen Essen war ihm cin wenig Tunk an den Lippen hasten geblieben, und al» die Gattin glücklich zu ihm hinüberschaut«, rief sie belustigt: „Männchen, Pu hast ja rin rothe» Schnurrbärtchen!" Da war Kaiser jäh erblaßt. Wie entgeistert batte «r da« gesessen und garq entsetzt zu seiner Frau hinikbergestarrt. Nur nach und nach war wieder Leden in ihn gekommen. Auf die bestürzte Frage Hernvion«'», wv» ihm fehl«, hatte «r nur zur Antwort gegeben: „E» ist nicht»", ober er hatte keinen Bissen mehr hinunterdri-ngen können, von dieser Zeit an mochte Kais«! von der lieblich schmeckenden Frucht, die er früher fo leidenschaft lich gern gegessen, nicht» mehr wissen. Und so oft seine Frau al» echte Schwestr Eva'» ihn auch mit einem Gericht Paradies äpfel in Versuchung führte, er war wicht zum Kosten zu be wegen. Da» war eine eigene Sache. Hermione dachte lange darüber nach, konnte aber zu keiner rechten Erklärung dafür kommen. War seine Abneigung gegen rothe» Haar so groß, daß er schon bei dem Gedanken an di« Möglichkeit «im» solchen Bärtchen» derarttge Anwandlungen bekam? Aber auch Kaffer glaubte eine eigenartig« Beobachtung an seiner Frau gemacht zu haben. Er stand mit seinem College« Schönchen auf vertrautem Fuße, und Beide hatten wiederholt versucht, auch ihm Frauen gegenseitig einander näher zu bringen, immer jedoch waren diese Versuch« gescheitert, und zwar an dem kühlen Benehmen seine» W«ibr» «gen Frau Schönchen. Ja, neu lich hatte sie auf fein gütliche» Zurren ganz erbost ««»gerufen: Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Margen-Au-gabe: Nachmittag» 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je «ine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr Rothe Haare. Don Max Hartung. «-»druck verbot«,. Oberlehrer Kaisers waren noch kein Jahr vevheirachet. Kaffer ioar rin hübscher Mann. Di« hohe Stirn, von dunklem Haar umflossen, überwölbte «in fein geschnittene» Gesicht. Aber Eine» vermißte sein Frau an demselben. Di« schönst« Zier deS Mann«-, die ihm erst da» recht« Ansehen verleiht, — den Bart. Dieser Mangel war aber nicht auf ein« Vernachlässigung selten» der Natur gurückzufühven, — Kaiser selbst rief ihn hervor, indem er sich täglich rafiren ließ. Seim Frau hatte so oft schon gebeten, nur ein einzige» Mal den Bart heranwachsen zu lassen, aber während Kaffer sonst seiner Ehewirthin Alle» zu Liebe that, hier —'"ch. Und w«»hakb» Weil sein »art kein An- sagte. sein« Fra« innig, und wußte auch, WaS er an geschickte Hausfrau hatte. Trotz aller Bildung BezugS.Prei- ßn her Hauptexpedstivn oder den i« Stadt- bezirk und den Vororten errichteten Air» aabestrllen abgeholt: vierteljährlich 4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung in» Hau» 5.50. Durch di« Post bezogen für Denffchland u. Oesterreich: Vierteljahrs. 6. Man abonnirt ferner mit entsprechendem Postausschlag bei den Postanstalten in der Schweiz Italien, Belgien, Holland. Luxem- dura, Dänemark, Schwede» und Norwegen, Rußland, den Doiraustaaten, der Europäischen Türkei, Egvpteu. Für alle übrigen Staaten ist der Bezug nur unter Kreuzband durch die Expedition diese» Blatte» möglich. Die Moraen-Au»aab« erscheint um V,7 Ubetz die >b«ud-Au»gab« Wochentag» um 5 Uhr. Ledactioir rind ErpeHittovr Johannl-gasse 8. Filiale»: Alfred Hahn vvrm. v. Klemm'» Sorttm. Umversität-stratze S (Paulinum), Louis Lösche, Katharinenstr. 14, Part, uud König-Platz 7. EMM-WWMNESSNSSSSSSSSSNSSSWSW«»»»»»-— —WS-—« kArs« nal« n in großem Umfange ergänzen die militärisch« l Ausrüstung he» Lande» mit Kriegsbedarf; das Pulver ist gut, Gewölbe-Vermiethuug. Im städtischen Grundstücke Srimmaische Straße Nr. 1 ist dcr Laden link» mit den durch rin» Treppe verbundenen Geschäfts räumen im ersten Obergeschosse vom 1. April 1901 an anderweit zu vermiethe». Miethgesuche werden auf dem Rathhause, 2. Obergeschoß, Zimmer Nr. 20 rntgegengrnommen. Daselbst wird auch jede weitere Aus kunft «rtheilt. Leipzig, den 2. August 1900. Der Rath »er Stadt Leipzig. , vr. Tröadlin. Römer. Möbellager-Ausverkanf Sraffiftraße 14 heute Donnerstag, den i. e., eveat. morgen von früh 9 Uhr ununterbrochen bi» Nachmittag ö Uhr. DrummUtr, Lokalrichter.
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