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MdMrNgebki« Aernsvrrcher Wilsdruff 7»/. b Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend Postscheckkonto Dresden 2640 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts zu Wilsdruff, des Stadtrat» zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen. «>» V»»M«er »ritz,» Asch,»»« d» SVUodrnff. VeranNoortNcher Schriftleiter: Her««», LLsfi«, für de« Inseratenteil: «rttznr Asch««»«, Beide in »SUodrnA Rr. 228 Freitag den 29. September 1922 81. Jahrgang Amtlicher Teil. Vom I. Oktober 1922 ab wird im Bezirke des Landesfinanzamtes Dresden die Verwaltung des Warenumsatzstemvelß nach dem Gesetze vom 26. Juni 1916, sowie der Umsatzsteuer nach den Gesetzen vom 26. Juli 1918 und vom 24. Dezember 1S19 in der Fassung des Abänderungsgesetzes vom 8. April 1922 und weiter die Verwaltung der GrunderwerbSsteuer nach dem Gesetze vom 12 September 1919 von den Stadlräten, die bisher Steuerstellen gewesen sind, aus die Finanzämter übertrage«. Für umsayfteuerpflichtige Personen, Gesellschaften und sonstige Personenvereinigungen sowie für alle Grunderwerbssteuersachen in den Stadtbezirken Nossen, Roßwein, Wilsdruff und Siebenlehn ist demnach vom 1. Oktober 1922 ab das unterzeichnete Finanzamt zuständig. Soweit die gemeindliche i Steuerstellen die Veranlagungen zu den vorgenannten Steuern bis zum 30. September dieses Jahres noch nicht vollständig durchgefühlt haben, erfolgt die weitere Bearbeitung durch das Finanzamt. Alle, vorgenannte Steuerarten betreffenden Zahlung'», auch rütkstäudige, sind vom 1. Oktober 1922 ab a«s- «ahmslos an die Fiua»zkafse Nasse« zu leisten Dis Finanzkasse hat folgende Bank» und Giroverbindungen: Reichsbanknedenstelle Meißen, Postscheckamt Dresden Nr. 30065, Stadlgirckaffe Nossen Nr. 721. Bei Einzahlunge« a»s die vorstehende» Konten find in jedem Falle die Stenerart, sowie die aus den Steuerbescheide« vermerkte« Akten zeichen anzngede». «nr 200 ö 22. Nossen, am 27. September I922. Finanzamt. Auf Blatt 86 des hiesigen Handelsregisters, dw Firma Gebrüder Müller in Wilsdrnsf betreffend, ist heute eingetragen worden: Prokura ist erteilt dem Buch halter Paul Hugo Habura in Wilsdruff. Amtsgericht Wilsdruff, am 22. September 1922. 120/2L Zum Ortsg s tz über die Erhebung einer Ausfichtsgebühr bei öffentlicher Tanzmusik vom 10. Februar 1912 ist der II. Nachtrag aufgestellt und von der Auf sichtsbehörde genehmigt worden. Er liegt zu jedermanns Einsicht 2 Wochen im Ver waltungsgebäude aus. Wilsdruff, am 27. September 1922. E7 Der Stadtrat. Kleine Zeitung für eilige Leser. * Im Kabinett sind Schwierigkeiten wegen der vom Reichs- ernährungsminister geforderten Preiserhöhung für das Um- lagegetreide entstanden. * Der Tabakzoll wird von 60 «uf Mark pro Doppelzentner erhöht. * Di« Völkerbundsversammlung erledigte die Anträge des Abrüstungsausschusses über die GarantievertrSge und die Re- porationSfrage. * Die Engländer senden starke Flottenverstärkungen nach dem Orient. Die Europäer verlassen Konstantinopel. * Der König von Griechenland hat angeblich auf den Thron verzichtet. In Athen und anderen Städten herrscht Revolution. Da« Kabinett ist zurückgetreten. * Der Dollar stieg, wie man glaubt, Wege» neuer Devisen« Kufe der Industrie, an der Berliner Mittwochbörse auf 1653. Genfer Theaier. Im Nahen Osten hat das türkische Schwert ein Macht wort gesprochen, und die Welt weiß noch nicht, was dir nächsten Tage und Wochen aus dem Balkan wieder einmal bringen werden. Sie sieht vorläufig nur, wie England, allem pazifistischen Gerede und allen sozialistischen Ein sprüchen zum Trotz, ein Regiment nach dem anderen an die Dardanellen entsendet, wie die britische Flotte in den türkischen Gewässern mehr und mehr zusammengezogen wird, und wie auch die alten und die neuen Balkanstaaten kleineren Ranges einer nach dem anderen sich in den Zn- stand der Kampfbereitschaft setzen. Aber in Genf sitzen die Herren vom Völkerbund immer noch zusammen und reden uns reden — von der Ab rü stun g. Es ist, als wenn sie mit geschlossenen Augen, mit fest verstopften Ohren am Genfer See säßen und sich willentlich und geflissentlich um die Dinge nicht kümmerten, die um sie herum, allen sonsti gen Sterblichen sichtbar, vor sich gehen. Sie haben es sich nun einmal in den Kopf gesetzt, diesmal neue Papierbe schlüsse über die Abrüstung zustandezubringen. Dies Pro gramm soll und muß erfüllt werden, wenn es auch von Kemal Pascha gewiß ungleich liebenswürdiger gewesen wäre, er hätte seine siegreiche Offensive gegen die Griechen auf einen weniger geeigneten Zeitpunkt verschoben. Und so war am Dienstag wieder einmal eine „große Sitzung" in Genf. Die so und sovielte Kommission des Völkerbun des hatte irgend welche Beschlüsse zustandegebracht, über die nun Lord Robert Cecil des langen und breiten vor der Vollversammlung berichtete. Nach ihm kam wie der Herr de Jouvenel, der Vertreter Frankreichs, mit einer wohleurstudierten, hochtrabenden und auf den Bei fall der Welt sorgfältig abgestiurmten Rede zu Wort. Wie der ein echtes Franzosenstück, und es kennzeichnet das Niveau dieser ungemein erlesenen Körperschaft, daß sie auch diesmal dem Pathos eines schönrednerischen Fran zosen auf den Leim ging und ihn für seine zweckvolle Schauspielerleistung mit Beifall überschüttete. Herr de Jouvenel trat für die Notwendigkeit von Sonderabkom men ein mit der Behauptung, daß die lateinischen Staaten und auch Polen ihr Augenmerk auf zwei Mächte gerichtet halten müßten, deren Einvernehmen die größte Gefahr bliebe. Die eine — lies: Deutschland — geheimnis voll und unkontrollierbar, die vielleicht künftige Angriffe vorbereite, und die andere — lies: Rußland —, die jener die Kaders dazu liefern könne. Also müßten die schwachen Nationen — lies, ohne zu lachen: England, Frankreich, Belgien, Italien, Polen usw. usw. —, um nicht auf Gnade und Ungnade imperialistischen und aben teuerlichen Regierungen ausgeliefert zu sein, sich zu einem besonderen Abkommen zusammenschließen dürfen. Frank reich habe die Mission, von einem Kontinent zum anderen zwischen den Kulturen zu vermitteln, die Atmosphäre zu schassen, deren der moderne Mensch bedürfe. Frankreich hasse den Krieg — auch den Krieg, den es eben erst wieder in Kleinasien im Interesse seiner Orientpolitik ermöglichte? — es habe während des Weltkrieges die Deckungstruvve für die Kultur abgegeben, weil es das Recht verkörperte und den Frieden rettete, indem es für die Verträge kämpfte. Jetzt müsse dafür die Ablösung kommen, jetzt müsse die Menschheit Frankreich zurufen: Frankreich, ich bin zur Stelle! Der Berliner, schnodderig, wie er ist, würde diesen sentimentalen Kitsch mit der trockenen Bemerkung abtuu: „In manchem Auge sah man eine Träne blinken", und für vernünftige Leute verdiente er wirklich kaum eine ein gehendere Würdigung. Aber, wie gesagt, schon die Auf nahme dieser Rede in der Völkerbundversammlung zeigte, daß es Herrn de Jouvenel gelungen ist, Eindruck zu machen, und der französische Nachrichtendienst wird schon verstehen, sie auch in der weiten Welt für die Zwecke Frankreichs gehörig zu nutzen. Mit dieser Tatsache müssen auch wir rechnen und damit erneut die Frage prüfen, ob wir vielleicht doch jetzt gut daran täten, unsere Aufnahin« in den Völkerbund zu beantragen, damit unserer Regie rung an Ort und Stelle ein gewisses, wenn auch zunächst nur recht schwaches Gegenspiel gegen wohlberechnete Schachzüge dieser Art ermöglicht würde. Aber wenn wir auch wollten, wenn wir auch, vielfachen Anregungen fol gend, den Aufnahmeantrag einbrächten, was würde wohl sein ^hicksal sein? Solange die Franzosen bleiben, wie sie sino, würden sie sich seiner Annahme mit Entschieden heit widersetzen, und nach einer neuen moralischen Nieder lage brauchen wir doch wohl wirklich kein Verlangen zu tragen. Also bleibt uns nur übrig, die weitere Entwick lung der Dinge mit möglichster Ruhe abzuwarten, die Herren in Gens „Abrüstungen" beschließen zu lassen, ans denen nie etwas Praktisches werden wird, und den Fran zosen insbesondere das Patent auf Edelmut, auf Kultur und Menschlichkeit, das sie für sich in Anspruch nehmen, nicht weiter zu bestreiten. Die Wett ist rund und muß sich drehen. Die rasche Entwicklung der Ereignisse im Nahen Osten sagt uns, daß auch anderwärts die durch den Welt krieg geschaffenen Zustände wohl nicht von ewiger Dauer sein werden. Dr. Sy. Revoluiion m Griechenland. Rücktritt des Königs Konstantin? Nach den letzten, noch nicht amtlich bestätigten Meldun gen aus Achen hat der König von Griechenland, Konstantin, zugunsten des Thronfolgers abgedankt. Das ganze Mi nisterium ist zurückgetreten. Man glaubt, daß Venizelos mm zurückkehren wird. Nach weiteren Meldungen sind in Griechenland ernste revolutionäre Unruhen ausgebrochen, besonders in Larissa, Mytilene und Saloniki. Die vierte griechische Armee, die dazu bestimmt ist, zusammen mit den Engländern die Dardanellen zu verteidigen, rebellierte und forderte ihre Entlassung. Mobilmachung in Sofia. Die bulgarische Regierung hat die M o b i lm a chun g der letzten Altersklassen angeordnet. Die Mobilmachung wird sehr rasch und geheim durchgeführt. An der süd slawischen Grenze werden bereits Truppen konzentriert. — Auch die südslawische Armee ist kriegsbere;it. Hochspannung am Bosporus. Die England er sendenTruppenundSchiffe In Konstantinopel herrscht eine höchst gefähr liche Explosivsttmmung. Der Sultan trägt sich nach dem Rücktritt seiner Minister ebenfalls mitAbdan- kungsplänen, und die Europäer, vor allem die Griechen und die Frauen der zahlreichen englischen Offi ziere, verlassen- in Scharen die türkische Hauptstadt. Die Engländer haben, um der Panik und einem Angriff Kemal Paschas vorzubeugen, drei Bataillone In fanterie nach dem Orient entsandt, ebenso sehr beträchtlich« Flottenverstärkunae«. Es handelt sich angeblich um fünf Über--Dreadnoughls, da zu 5 leichte Kreuzer und 12 Zerstörer. Diese und drei Über-Dreadnoughts, ein leichter Kreuzer und eine Zer störer-Flottille aus Malta sollen sich ebenfalls nach dem Bosporus begeben. Der siegreiche Kemal Pascha, von dessen Truppen abermals eine Kavallerieabteilung in die neutrale Zone eindrang, erklärte in einer Unter- redung: Wir wünschen, daß die Meerengen offen und sicher sind. Deshalb würde es uns nicht einfallen, an den Meerengen Befestigungen zu errichten. Uber unser« Haupt stadt liegt am Bosporus und ihre Sicherheit muß verbürgt werden. Für ihre Sicherheit ist aber diejenige des Marmara- meeres unerläßlich. Wir glauben, daß wir in diesem Punkt mit der ganzen Welt einig sind, ausgenommen eine einzige Macht: England. Die beteiligten Mächte müßten einander garantieren, daß sie in die Sicherheit der türkischen Hauptstadt nicht eingreifen würden. Wenn Mächte wie Griechenland, das als Werkzeug.einer anderen Macht verwandt werden konnte, ihrer Flotte beraubt würden, so würde dies eine weitere Ga rantie für die Sicherheit des Marmarameeres liefern. Alle diese Fragen könnten durch die Bildung einer gemisch ten Kommission geregelt werden. Es besteht ein Ver trag mit Rußland, auf Grund dessen die Türkei die Be rücksichtigung Rußlands, der Ukraine, Georgiens und anderer Staaten bei der Regelung der Meerengenfrage garantierte. Es wäre auch unlogisch, fuhr Kemal Pascha fort, wenn die Ver folgung des Feindes, den wir in Kleinasien geschlagen haben, uns versagt würde, während er in Thrazien sich reor ganisiert. Es scheint sich zu bestätigen, daß Kemal die Annahme der Einladnng zu der Konferenz an vier Bedingun gen knüpft: 1. Teilnahme von Rußland und Bulgarien, 2. Befestigung der Marmara-Küste und gewisser Punkte in Thrazien, 3. vorläufige Ablehnung der Entmilitarisierung der Dardanellen, 4. Einstellung der englischen Truppen- scndungen. Erhöhung des Tabakzottes. 75 Markfürden Doppelzentner. Der Volkswirtschaftliche Ausschuß des Reichstages stimmte der Erhöhung des Einfuhrzolles für Tabak von 69 aus 75 Mark für den Doppelzentner zu. Die letzte Er höhung der Ausfuhrabgabe soll für Tabakerzeugnisse wie der aufgehoben werden. Den Regierungsstandpunkt gegenüber den erhobenen Bedenken legte Reichswirtschaftsminister Schmidt dar. Er führte aus, daß es sich hier um eine Maßnahme der De visenpolitik handele; er bestreite nicht, daß die Tabak industrie unter den Maßnahmen leide, aber diesen Sonder interessen gehe das Allgemeinwohl voraus, übrigens seien die Maßnahmen nicht für die Dauer berechnet; sobald sich eine Besserung der Handelsbilanz zeige, könne man den Zoll wieder zurückschrauben. Ser deutsch-französische Mntantnch. Ein neues Abkommen von Hugo Strnnes. Das über die Pläne einer deutsch-französischen in dustriellen Zusa: .nenarbeit gut unterrichtete Pariser Blatt „JonrnSe Industrielle" berichtet, daß zwischen Hugo Stin- nes und dein französischen Großindustriellen Jules Ber nard in einer Reihe von Zusammenkünften eine Ver ständigung vereinbart worden sei, die während der be vorstehenden Reise der deutschen Großindustriellen nach Frankreich perfekt werden solle. Danach soll der Bau der deutschen Hütten, die als Ersatz für die elsaß-lothrrngischen Hütten im Rheinlands errichtet werden sollten, eingestellt werden. Die deutschen Hütten erhalten nach Ablauf der Versailler Verpflichtungen zur Erfüllung deutscher Ne parationslasten eine bestimmte Menge von Nuhrkoks. Die deutsche Industrie erhält mm Vorrnasvreise eine be-