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MMufferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Dar .Wilsdruffer Tageblatt- erscheint an allen Werktagen nachmittags S Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— AM. >„i Haus, bei Paftdestellung I,S0 AM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern lll Aplg. Alle Postanstallen und Post- unlereAusträgeru. . , , Geschäftsstelle, nehmen »u ^ederA-itB-stellungenent, Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend g-g'n. Im Falle höherer Gewalt, Krieg od. sonstiger D - w- d s stör u n g en Heft eh« kein Anspruch aus Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung emgesandter vchriltiiucae erfolgt nur, wenn Rückporto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: di- «gespaltene Raumzeil- 20 Rpsg., die «gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs. Mennige, die 3 gespaltene Reklamezeile IM textlichen Teile I AM. Nachweisungsgebühr 20 Aeich-psennige. 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Drei Jahre also hat diese Übergangszeit gedauert, denn eine der drei Tatsachen, die das Ergebnis der Wahlen vom 5. März charakterisieren, ist die Bildung einer arbeits fähigen Mehrheit aus den beiden Parteien, die hinter der am 30. Januar geschaffenen Reichsregierung stehen, aus den Nationalsozialisten und den Deutschnationalen. Mit ihren 341 Abgeordneten verfügen diese Parteien über 17 Stimmen mehr als die Mehrheit des neugewählten Reichstages beträgt. Durch diese Zahl ist das errungene Übergewicht aber noch nicht ganz gekennzeichnet, da die beiden, allerdings nur je vier Abgeordnete betragenden Gruppen der Volkspartei und der Christlich-Sozialen hin zugerechnet werden dürften. Doch dieser Erfolg der nationalen Parteien, nun ein arbeitsfähiges Parlament erkämpft zu haben, ist insofern von stark geminderter Bedeutung, als von dieser Arbeits fähigkeit vermutlich ein — sehr geringer Gebrauch gemacht werden wird! Das wird auf durchaus verfassungsmäßige Weise vor sich gehen, weil der Weg dafür eben durch das Wahlergebnis geöffnet worden ist; auch der Weg sogar für verfassungs ändern de Beschlüsse des Reichstages erscheint durchaus nicht mehr ungangbar. Es ist wohl sehr wahrscheinlich, daß in dieser Beziehung sehr bald die Probe aufs Exempel gemacht wird und auch ge macht werden kann. ... Diese Mandatsziffern im neuen Reichstag und die aus ihnen entspringenden parlamentarischen Möglich keiten sind aber nur das Außere, wenn man will: das Äußerliche des Wahlergebnisses. Viel mehr sind politisch die Entwicklungen, die sich darin zum weithin sichtbaren Ausdruck bringen, von ungleich größerer Bedeutung. Den „Ka mpfgegendenMarxismus" hatte die Reichs regierung zur Parole der Wahl gemacht und unter dieser Parole einen gewaltigen Sieg errungen. Einen sofort in die Augen fallenden Stimmenrückgang von mehr als 1 Million Stimmen haben vor allem die Kommunisten er litten; aber auch die Sozialdemokraten haben verloren, — aber diese Verlusts fallen noch viel schwerer ins Ge wicht, wenn man daran denkt, daß ja die Wahlbeteiligung mit 89 Prozent diesmal beträchtlich größer war als am 6. November 1932. Die ganze politische Umstellung, die im deutschen Volke seit 1919 teils allmählich, bisweilen aber auch, wie jetzt, geradezu ruckweise eingetreten ist, charakterisiert sich vielleicht am deutlichsten darin, daß in der damaligen Nationalversammlung die Mehrheits- sozialisien und die Unabhängigen 43,9 Prozent aller Ab geordnetensitze innehatten, jetzt aber auf 30,5 Prozent zu rückgegangen sind — einschließlich der Kommunisten, daß andererseits aber heute allein die Nationalsozialisten jene 43,9 Prozent erobert haben. Sie vermochten ihren Man datsbesitz am 5. März um 10 Prozent zu steigern. Über dies ergibt sich aus dem Wahlergebnis mit wohl un zweifelhafter Bestimmtheit, daß der Marxismus in Deutschland nicht bloß große Stimmenverluste erlitt, son dern daß die nationalen Parteien für sich auch die Massen der diesmal in Bewegung gesetzten Nicht- Wähler und der inzwischen wahlfähig Gewordenen rest los erobert haben. Es hat sich also gezeigt, daß der am Tage der Reichstagsauflösung einsetzende Kampf der Reichsregierung Hitler-Hugenberg-v. Papen-Seldte gegen die Sozialdemokratie und namentlich gegen den Kom munismus doch von großem Erfolg gewesen ist, weil er geschlossen geführt wurde. , Der Nationalsozialismus selbst hat feinem Reichs- 5' März eine Gefolgschaft gebracht, die httmusgeht über die Zahl derer, die dnrr Präsidentschaftskandidaten Hitler gaben. Nach einem Abfinken im November I Zahl der nationalsozialistischen An- ?rs zu den 17,2 Millionen des 5- stark ist das Anschwellen der Natio- nalsozralksten namentlich Westen und Süden des sie in Ober- und Niederbayern z. B. diesmal ihre Stimmens mehr als zu verdoppeln; auch hier schöpften sie vor allem aus dem Reservoir der bisherigen Nichtwahler. Auch dies bedeutet einen Sieg des jetzigen Kabinetts, das ja bekanntlich mit seiner Politik mehrfach auf einen icharfen, parteipolitisch gefärb ten Widerspruch aus Suddeutschland gestoßen ist Darin diirfte sich nach diesem Wahlergebnis wohl manches ändern! Aber eigentlich — und das kam am 5. Mürz als das Wahlergebnis nun zum erwarteten Ausdruck — hat sich schon mit dem 30. Januar die entscheidende Wendung in Deutschland und im deutschen Volke durchgesetzt. Die Wahl war ein Appell an das Volk, zu erklären durch die Stimm abgabe, ob es sich in seiner Mehrheit zu dem bekennen will, was sich in den Männern Hitler, Hugenberg, v. Papen, Seldte verkörpert. Das deutsche Volk ist hinter diese Regierung getreten, weil es ihr Raum geben will zur Führung ans der Not der Gegen wart heraus in eine bessere Lukunit. Die mtimle Erneuerung. Die nächsten Regierangsabfichlen. Hitler bei Hindenburg. In Kreisen der Neichsregierung wird das Ergebnis der Rcichstagswahl als ein beachtenswerter Einbruch in die süddeutsche und in die marxistische Front bezeichnet. Der Ausgang der Wahl sei ein deutliches Zeichen für die nationale Revolution «nd für den Zusammenbruch der alten Parteienkonglomerate. An der Zusammensetzung der gegenwärtigen Reichsregierung werde sich nichts andern. Der große Sieg, den die Regierungsparteien errungen hätten, sei der Arbeit des Neichskabinetts und der Persönlichkeit des Reichskanzlers zu danken. Das Reichskabinett wird in seiner Sitzung am Dienstag den Zeitpunkt für die Einberufung des neuen Reichstages festsetzen. Reichskanzler Adolf Hitler wurde am Montag vom Reichspräsidenten von Hindenburg empfangen. Am Dienstag findet zunächst eine Ministerbesprechung statt, an die sich ein Kabinettsrat anschließt. Auf der Tages ordnung der Kabinettssitzung stehen außer der Behand lung der Wahlergebnisse weiterhin die aus den letzten Sitzungen übriggcbliebenen Punkte, vor allem landwirt schaftliche Fragen. Besonders dürfte die Frage der Einfuhrkontingentierunq und die Frage der Bewirtschaftung der Ole und Fette be sprochen werden. Was die Änderung der Neichsfarben an geht, so ist hierzu bis jetzt von der Reichsregierung noch nichts vorgesehen. Es ist möglich, daß sich das Reichs kabinett am Dienstag auch schon mit einem Ermächti gungsgesetz beschäftigt. Ob es sich dabei um ein solches mit einfacher oder mit qualifizierter Mehrheit handelt, hängt natürgemäß von den Absichten der Regierung ab. Vielleicht wird sich die Regierung am Dienstag auch mit außenpolitischen Fragen und mit der Lage in Gens beschäftigen, obwohl dieser Punkt nicht aus der Tages ordnung steht. In diesem Falle dürfte auch entschieden werden, ob sich Mitglieder der Reichsregierung nach Genf begeben. In Preußen, wo Nationalsozialisten und Kampf block Schwarz-Weiß-Rot ebenfalls die absolute Mehrheit gewonnen haben, ist mit einer Umwandlung der bis herigen kommissarischen Regierung in eine auf das Par lament gestützte Landesregierung zu rechnen, wobei die bisherige enge personelle und sachliche Verbundenheit zwischen Reichs- und preußischen Ministerien ausrecht erhalten bleibt. Im Zuge dieser Umformung der bisher kommissarischen Preußenregierung ist auch mit Personal veränderungen zu rechnen, so ist u. a. das preußische Justizministerium neu zu besetzen. Göring über das Ergebnis. Der Kommissar für das preußische Ministerium des Innern, Reichsminister Göring, hat noch in der ver gangenen Nacht eine Äußerung über das Wahlergebnis verbreiten lassen, die über die politischen Absichten der nationalsozialistischen Führung einige Klarheit schafft. Er sprach seine Zufriedenheit darüber aus. daß die Wähler in ihrer Mehrheit für das neue Kabinett votiert hätten, und fügte hinzu: „Zum erstenmal seit Bismarcks Zeiten ist die Schlüsselstellung des Zentrums gebrochen. Die un geheure Überlegenheit der nationalen Front gerade auch in den süddeutschen Ländern gibt den süddeutschen Regie rungen nicht mehr das Recht, namens des Volkes weiter zuregieren, da sich auch hier das Volk hinter Adolf Hitler gestellt hat." Neichsregierung, Preußen und die Länder. In Kreisen der Reichsregierung ist man der Ansicht, daß die Klage der früheren Regierung Braun beim Staats gerichtshof durch das Wahlergebnis hinfällig geworden sei. Jedenfalls komme der Klage keine praktische Bedeu tung mehr zu. Auf die Frage, ob irgendwelche Maßnahmen gegen die süddeutschen Regierungen in Aussicht genommen seien, wird an zuständiger Reichsstelle erklärt, das hänge von den süddeutschen Ländern selbst ab. * Ser Zusammentritt des Reichstages. Der Reichstag hat nach der Verfassung spätestens am dreißigsten Tage nach der Wahl, d. h. am 4. April, zu sammenzutreten. Der Zeitpunkt der Einberufung hängt von der amtlichen Prüfung des Wahlergebnisses ab, die eine Reihe von Tagen in Anspruch nimmt. Die Ein berufung soll aber so schnell wie möglich erfolgen. Mög licherweise wird man als Termin den 1. April, den Geburtstag Bismarcks, wählen. An diesem Tage würde dann der Reichstag in Potsdam erstmalig zusammentreten. Es ist aber auch möglich, daß der Zusammentritt schon früher erfolgt. Sowohl in der Reichstagsverwaltung als auch im Büro des Preußischen Landtages haben sofort die tech nischen Vorarbeiten für die neuen Parlamente begonnen. Da beide Häuser bisher nicht dagewesene Rekordziffern anfweisen werden, ist man um die unverzügliche Bei bringung der Personalien und der Lichtbilder der zahl reichen parlamentarischen Neulinge bemüht. Während man im Reichstag auf die Platzfrage kein besonderes Gewicht zu legen braucht, da der Völlsitzungssagl aus gebrannt ist und die als Ersatz in Frage kommenden Ge- imude — die Potsdamer Garnisonkirche, der Lange Sr^ll in Potsdam und gegebenenfalls die Kroll-Oper in Berlin — eine genügend große Anzahl von Plätzen aufweisen, ist im Sitzungssaal des Preußischen Landtages eine Um stellung erforderlich. Der Saal, der gegenwärtig auf 42L Abgeordnete eingestellt ist, kann normalerweise 450 Ab geordneten neue Sitzgelegenheit bieten. Es muß also für etwa 25 Abgeordnete neue Sitzgelegenheit geschaffen werden. Dies wird sich, wie seinerzeit im Reichstag, arn besten dadurch ermöglich enlassen, daß man in den Hinteren Sitzreihen einige Pulte entfernt und an den so frei werdenden Stellen neue Sessel unterbringt. Alterspräsident des neugewählten Reichstages wird wiederum der nationalsozialistische Abgeordneie General Litzmann, der 83 Jahre alt ist, werden. General Litzmann, der auch Mitglied des neugewählten Preußi schen Landtages ist, wird auch in diesem Parlament die Geschäfte des Alterspräsidenten führen. Frankreichs Presse über die zukünftige Haltung Deutschlands in der Außenpolitik P ar i s, 6. März. Fast alle großen Parijer Blätter, die bisher zu den Wahlergebnissen in Deutschland Stellung ge nommen haben, haben sich in der Hauptsache mit den innen politischen Folgen auseinanderzusetzen versucht, und doch kann man in Gesprächen mit Politikern und mit Personen, die der Politik fernstehen, seststellen, daß die Frage, welche Haltung Deutschland in Zukunft in der Außenpolitik und zwar vor allem Frankreich gegenüber einnehmen will, eigentlich im Vorder grund des Interesses steht. Der „Intransigeant" erklärt ossen, daß jeder Franzose sich die Frage vorlege, was Hitler, der bis her de facto der Herr Deutschlands gewesen, sei und seit gestern dieses auch de jure sei, tun werde, denn es gebe kein national sozialistisches Programm, sondern nur nationalsozialistische For derungen. Die erste sei die physische und moralische Wiederher stellung Deutschlands, wie es 1914 dastand. Es gebe kein Mit tel, um das deutsche Volk seine Leiden vergessen zu machen, in dem man ihm den Appetit aus Ruhm gebe, und das vor allem müsse Frankreich befürchten. Der halbamtliche „Temps", der nicht weniger als 5 >4 Kolonnen den Ereignissen in Deutsch land widmet, erklärt, daß Hitler durch seinen Wahlsieg in der Lage sei, aus einen Gewaltstreich zu verzichten. An anderer Stelle unterstreicht das Blatt, daß der für Hitler und Papen so günstige Wahlausgang in Süddeutschland noch viel inter essanter und unerwarteter als der Gesamterfolg sei. Damit sei der Beweis erbracht, daß eine ungeheure Welle alle Deutschen erfaßt habe. Für 44 v. H. der deutschen Wähler sei „der Führer" der Retter, er sei gleich Bonaparte nach dessen Rück kehr aus Aegypten, er sei gleich Mussolini. Grandis Romreise. London, 6. März. Das Ergebnis der deutschen Wahlen hat in englischen Regierungskreisen offensichtlich von dem Ge sichtspunkte aus befriedigt, daß nunmehr in Deutschland die Voraussetzungen für eine klare stetige Entwickelung geschossen sind, und daß die Lage durch die Wahlen eindeutig geklärt wurde. Gleichzeitig aber bestehen gewisse Besorgnisse darüber, ob der Ausgang der deutschen Wahlen einen ungünstigen Ein fluß auf die Äbrüstungsverhandlungen haben könnte. Besonderes Interesse erweckt die Reise des italienischen Botschafters in London, Grandi, nach Rom, der voraussichtlich schon in diesen Tagen wieder nach London zurückkebren wird. Man glaubt, daß Sir John Simon ihm drei Wünsche mit auf den Weg gegeben hat: 1. festzustellen, ob bei Mussolini Neigung besteht, persönlich nach Genf zu kommen; 2. auf die italienische Politik im Sinne eines Entgegenkommens gegenüber Frankreich einzuwirken — und 3. das Feld darüber zu sondieren, inwieweit die italienische Politik zu einer Art Vermittlerrolle Deutschland gegenüber in der Abrüstungsfrage bereit ist. Aus dem letztgenannten Punkt erklärt sich das Bestreben, Mussolini und Hitler in Genf einander näher zu bringen. Ob Mussolini zur Reise nach Kösts bereit sein wird, begegnet in italienischen Kreisen und auch anderwärts erheblichen Zweifeln,