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Tageblatt für Bischofswerda, Stolpen und Umgegend. Amtsblatt der Kgl. Amtshauptmarmschast, der Kgl. Schulinspektion und des Kgl. Hauptzollamtes zu Bautzen, sowie des Kgl. Amtsgerichts und des Stadtrates zu Bischofswerda. Fernsprecher Nr. 22. Bierrurdsechttgger Jahrgang. Telegr^Adr.: Amtsblatt. Mit be» Böcheatttche« Verlagen: Jeden Mittwoch: Belletristische Beilage; jeden Freitag: Der sSchftsche Landwirt; jeden Sonntag: Illustriertes SamttagSvlatt. Erscheint jeden Werktag Abend» für den folgende» Lag. Ker Bezugspreis ist «mschlteßliL der drei wöchentlich« Bella»« bet Abholung vierteljährlich 1 uss SO bei Kutzelluug in» tz«i» 1 7 0 «I, bei allm Postanstalten i 2 SO exklusiv« »estellgrld. —— Einzeln« Nummern kosten Bestellungen «erden angenommen: Kiir Bischofswerda und Umgegend st« «sermlAitttMO». nnto» sowie in der Erschllstsftelle, Altmarkt IS, ebenso auch bei allen Postanstalten. Nummer der tzeitungSltste SS87. Schluß der EeschastSstrSe abend» S Uhr. Inserate, welche in diesem Blatte die weiteste Verbreitung fmden, werden bi» vorm. 10 Uhr angenommen, größere und komplizierte Anzeigen tag» vorher. Die vtergespaltene Kor» puSzrile 12 dir ReNamezeile 3V «t. Geringster Ins«» ratenbetrag 40 Für Rückerstattung unverlangt emge- sandter Manuskripte übernehm« wir keine Bewähr. Das Neurfte do« Lage. In Bestrungen in Braunschweig find gestern durch ein Großfeuer S Hauser eiugeLschert wor den. Da» Feuer ist durch einen Kaminbrand ent- standen. Aus der Nordseeinsel Borkum wurde ein jun- ger Engländer wegen Spionage verhaftet. Er hatte mit Blitzlicht nächtliche Aufnahmen der FestuagSanlagen gemacht. Auf der österreichischen Nordwestbahn bei Zilleradorf find durch einen Wolkenbruch Damm- rutschunge» herbeigeführt worden, welche eine empfindliche Stockung de» Zugverkehr» zur Folge hatten. IN den Kasernen von Toulon wurde» zahl reiche Fälle von Gelbem Fieber feftgeftellt. ' ' ,W Der an der koreanischen Küste gestrandete eng lische Panzerkreuzer „Bedford" gilt al» verlöre«. Eiu großer Teil der Besatzung ist ertrunken. (Siehe Letzte Depeschen.) * Die Waldbrände von Nordamerika nehmen einen ungeheueren Umfang an. Mehrere Städte find verbrannt und viele Personen ««gekommen. (Siehe Sonderbericht.) Deutsche Kulturarbeit i« vsterr. Aus der Feder des Direktors des Königlichen Staatsarchivs in Danzig, Max Bär, ist kürzlich als 83. und 84. Band der Publikationen auS den Königlich preußischen Staatsarchiven ein Werk „Westpreußen unter Friedrich dem Großen" er schienen, das viele bemerkenswerte Beiträge über den damaligen Tiefstand der jetzigen deutschen Ostmark und die Bildung und Gesittung fördernde Arbeit enthält, die bereits Friedrich der Große dort geleistet hat und durch die Festtage in Posen zur Zeit ein besonderes Interesse erregt. Die Besitzergreifung des Landes durch den König von Preußen nach der Teilung Polens ist im all gemeinen ohne Schwierigkeiten erfolgt; selbst an der Eidesleistung und an der Huldigung beteiligte sich der größte Teil de» polnischen Adels frei willig. Wo das nicht der Fall war, schritt Friedrich der Große mit großer Entschiedenheit ein, so zum Beispiel gegenüber dem Fürsten Sulkowski in Lissa, der sich selbst zur Eides leistung nicht eingefunden und den Angestellten seiner Güter die Teilnahme an der Huldigung untersagt hatte. Er ließ dessen Besitz Witkowo mit Beschlag belegen und schrieb eigenhändig an den Rand der KabinettSorder, die diese Maßregel verfügte: „Mit den Polen muß man durchgreifen oder man richtet nichts auS." Unter den BerwaltungSgrundsätzen des Königs stand obenan: die allmähliche Germanisierung (Verdeutschung) de» Landes, die Zurückdrängung des polnischen Adel», den der König für unver besserlich hielt, und die Förderung des Schul wesen». Die Bestallung evangelischer und katho lischer Schullehrer war eine seiner ersten Re- gierungshandlungen bei seiner ersten Anwesenheit m Marienwerder. Auch sonst drang der König auf Gründung deutscher Schulen, „um den ge meinen Mann um so eher von der polnischen Sklaverei zurückzubringen und zur preußischen Landesart anzuführen." In einer schrecklichen Verfassung befand sich durchgehends der Bauernstand. Auf ihn waren alle Lasten abgewälzt. Hat doch ein polnischer König, Stanislaus Leszcynski, einmal selbst über den Bauernstand das Wort gesprochen, Polen sei das einzige Land, wo die Masse des Volkes aller Rechte der Menschheit entbehre; man betrachte hier die Bauern als Geschöpfe anderer Art und ver weigere ihnen fast die Luft zum Atmen. Friedrich der Große griff sofort mit umfassenden Maß nahmen ein, unter denen die Aushebung der bäuerlichen Leibeigenschaft die bedeutendste war. Ferner war!« bemüht, der Menschenarmut des heruntergewirtschafteten Landes zu begegnen; er ließ sofort hundert Knaben aus dem großen Waisen hause in Potsdam gegen Kostgeld nach West preußen schicken und bei guten deutschen Wirten unterbringen, wo sie gleichzeitig Schulunterricht genießen konnten. Außerdem zog er zahlreiche Kolonisten aus allen Teilen des deutschen Landes an sich und siedelte während seiner Regierungs zeit nicht weniger als 3221 Kolonistenfamilien mit rund 12000 Köpfen an. Diese Kolonisation begegnete jedoch den größten Schwierigkeiten. Um seine Bauten ausführen zu können, mußte Friedrich der Große Maurer aus dem Thüringischen und Ziegelstreicher aus dem Gebiete von Lüttich kommen lassen, da in dem industriearmen Lande die Ziegel einen außer ordentlich hohen Preis hatten. Den Kalk für seine Bauten bezog er aus Rüdersdorf bei Berlin. Was sich an Industrie in dem Gebiete vorfand, wurde ebenfalls aufs kräftigste gefördert, so besonders die Tuchmacherei, die bereits bei der Besitzergreifung vorhanden war. Elfmal hat der König seit dem Jahre 1773 seine neue Provinz besucht und jahrelang regelmäßig im Juni auf der großen Ebene bei hem Dorfe Mockrau in der Nähe von Graudenz eine große Revue abgehalten, zu der sich die höchsten Zivilbeamten einfinden mußten, um ihm über die Fortschritte zu berichten. Die größten Verdienste um das Land hat sich der König wohl durch die Steigerung des Boden anbaues erworben. Wenn heutigen Tages jene Gebiete zu den fruchtbarsten und ertragreichsten des Deutschen Reiches gehören, so hat die preußische Verwaltung unter Friedrich dem Großen den ersten Grund dazu gelegt. Die Steigerung des BodenanbaueS bezeichnet der König selbst als „das erste Hauptstück einer jeden Provinz." Ein Niederschlag seiner Mahnungen und Weisungen ist die im Jahre 1780 erlassene Dorfordnung für die Aemter, die viermal im Jahre den Insassen von neuem eingeschärst und den Schulkindern zu Anfang jedes Vierteljahrs von den Lehrern vor gelesen wurde, damit „schon die Jugend den Be griff von einer ordentlichen Wirtschaft und Polizei erhalte." Tin Teil des Inhalts dieser beiden umfang- reichen Bände war schon bekannt; doch bieten sie daneben zahlreiche neue, bisher unbekannt gewesene Einzelheiten. Sie sind ein überzeugender Beleg dafür, daß Preußen nach der Besitzergreifung diese Landesteile nicht ausgesaugt und verkommen lassen hat, wie das die Polen mit dem alten, aufblühen den Besitz des deutschen Ritterordens nach der Schlacht bei Tannenberg getan haben, sondern daß der preußische Staat stolz sein kann auf die dort von ihm geleistete Arbeit. Politische Uebersicht. Deutsches Reich. Wegen Spionageverdachts wurde auf der Nordseeinsel Borkum ein 23jähriger Engländer verhaftet, der sich nachts in die Nähe der Festungswerke schlich und Blitzlichtphotos auf- nahm. Vom Posten bemerkt, wollte der Englän der fliehen, der Posten drohte zu schießen. Der Verdächtige wurde verhaftet und nach Emden ins Gefängnis übergeführt. Die Photos sind be schlagnahmt. Eine Untersuchung ist eingeleitet. Einheitliche Bearbeitung der Arbeiterfragen. Die Bearbeitung der Arbeiterfragen wurde bis her von den landwirtschaftlichen Korporationen in nicht einheitlicher Weise vorgenommen. Wie uns mitgeteilt wird, soll die fortlaufende einheit liche Bearbeitung der Arbeiterfragen nunmehr der Zentralstelle der Landwirtschaftskammern übertragen werden. Diese wird beauftragt, im nächsten Winter der Konferenz der Kammervor stände ein Programm darüber zur Beschlußfas sung vorzulegen, in welcher Weise sie die einheit liche, fortlaufende Bearbeitung aller die land wirtschaftlichen Arbeiterverhältnisse betreffenden Fragen durchführen zu können glaubt. Der Tauschhandel mit den Kolonien. Eine gute Kolonialpolitik wird hauptsächlich darauf Bedacht nehmen, möglichst viel Rohstoffe aus den Kolonien für die heimischen Erwerbszweige nutz bar zu machen. Die Bestrebungen, die darauf ge richtet sind, teilen sich in zwei Kategorien. Die eine sucht in den Kolonien Rohmaterialien zur Erzeugung zu bringen, die bis dahin noch nicht dort vorhanden waren. Hier ist ja die Baumwolle das Rohmaterial, das das größte Interesse bean sprucht. Die andere Kategorie sucht bereits vor- handene Erzeugnisse möglichst dem deutschen Ge werbefleißdienstbar zu machen. Selbstverständlich greifen die beiden Bestrebungen auch ineinander insofern ein, als versucht wird, schon vorhandene Rohmaterialienerzeugungen noch zu erweitern. Daß es mit der Ausnutzung der Kolonien für den heimischen Gewerbefleiß weitergeht, zeigt auch die Entwicklung, die die Einfuhr an Gerbmaterialien auS Deutsch-Ostafrika genommen hat. Hier bie- ten die weitausgedehnten Mangrovewaldungen an den Küsten eine für Gerbzwecke durchaus ge eignete Rinde. Im Binnenland werden Akazien arten erzeugt, die gleichfalls eine brauchbare Rinde liefern. Wie nun aus dem letzten Heft des Kaiserlichen Statistischen Amts über den Außen handel hervorgeht, hat sich die Ausfuhr Deutsch- OstafrikaS an diesen Rinden in den ersten sieben Monaten des laufenden Jahres gegenüber dem gleichen Zeitraum deS Vorjahres nahezu verdrei facht. Die Entwicklung ist zurückzuführen nament lich darüuf, daß eine deutsche Gesellschaft seit Be ginn des laufenden Jahres die Ausnutzung der Mangrovewaldungen in die Hand genommen hat.