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-^ -^ ' v ". ' ? '/ '. ' '., '- ' , Erscheinen: Dienstag, Donnerstag und Sonnabend mit Ausschluß der Feiertage. Abonnement: Vierteljährlich 10 Ngr. Großenhainer UMHMngs- miL AnzchMM. Amtsblatt des Königlichen Gerichtsamts und Stadtraths zu Großenhain. Inseratenannahme: Di- TagS vorher spätestens früh S Uhr. Insectionsbeträge von auswärts find in Post- marken beizufügen oder werden durch Postvorschuß erhoben. M L4» Redaction, Druck und Verlag von Herrmann Starke in Großenhain. Sonnabend, den 12. December L8S4 In allhier anhängigen Privatanklagsachen des Gensdarm Ernst Döring, Privat anklägers, entgegen den Schmied Anton Rothkegel, Privatangeklagten, ist deni letzteren der Beschluß des unterzeichneten Königlichen Gerichtsamts, mit der Untersuchung wegen Beleidigung wider ihn zu verfahren, bekannt zu machen und er zu vernehmen. Da nun Rothkegel eingezogenen Erkundigungen zufolge nicht mehr auf dem Eisen hüttenwerk in Gröditz in Arbeit und überhaupt nicht aufzufinden gewesen ist, so wird derselbe hiermit öffentlich vorgeladen, den 28. Deeember 1874 an Amtsstelle allhier zu erscheinen und des Weiteren gewärtig zu sein. Alle Behörden aber ersucht man, pp. Rothkegel im Betretungsfalle auf diese Vor ladung aufmerksam zu machen und ihn anher zu weisen. Großenhain, am 7. December 1874. Das Königliche Gerichtsamt. Schröder. Kockwitz.— Bekanntmachung. Die zur Concursmasse des Schnittwaarenhändlers Johann Friedrich Möbius in Glaubitz gehörigen Schnittwaaren, Wollenwaaren, Garne, Spitzen und verschiedene andere Handelsartikel sollen Dienstag, den IS. Deeember 1874, und folgende Tage von Vormittags 9 Uhr an im Gasthofe zum Kronprinz in Riesa öffentlich gegen sofortige Baarzahlung versteigert werden. Riesa, den 2. December 1874. Königliches Gerichtsamt. Caspari. Glauch. Bekanntmachung. Nachdem die Aufstellung der Wahlliste für die diesjährige Ergänzungswahl d?S Stadtverordneten-Collegiums erfolgt ist, so wird dies mit dem Bemerken zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß diese Wahlliste von jetzt ab vierzehn Tage lang in der RathS- expedition, Klostergasse Nr. 68, 1. Etage, zu den gewöhnlichen Expedition«stunden zu Jeder manns Einsicht bereit liegt und daß Einsprüche gegen die Wahlliste bis zum Gude des siebenten Tages, von Veröffentlichung dieser Bekanntmachung an gerechnet, zur Vermeidung deren Verlustes zur Kenntniß und Entscheidung des unterzeichneten Raths zu bringen sind. Großenhain, den 9. December 1874. Der Rath. Ludwig-Wolf. Wtzschl. Bekanntmachung. Von dem vom verstorbenen Uhrmacher und Stadtrath, Herrn Carl Herrmann Robert Linke hier ausgesetzten Legate von 400 Thalern sollen der Stiftung gemäß die jährlichen Zinsen jedes Mal zu dem Weihnachtsfeste an drei dem Gewerbestande angehörige arme alte und würdige, oder nach Befinden auch an jüngere, längere Zeit krank und brodloS gewesene, arme hiesige Personen, deren Wahl dem Stadtrathe überlassen bleibt, zu glei chen Theilen ausgezahlt werden. Wir bringen dies mit der Aufforderung zur öffentlichen Kenntniß, daß etwaige Be werbungen um Berücksichtigung bei Vertheilung der diesjährigen Legatzinsen bis spätestens den 17. Deeember dieses Jahres an RathSexpeditionSstelle zu bewirken sind. Großenhain, den 10. December 1874. Der Rath. Ludwig-Wolf. Mllr. Krisen in Oesterreich. Wohin man auch im Kaiserstaat der Habsburger blicken mag — nirgends scheint das alte Gebäude mehr zusammen halten zu wollen. Ueberall kracht's in den Fugen, überall pfeift der Wind durch die Löcher herein. Mit offenbarem Unbehagen versammelten sich unlängst die Parlamente von Wien und Pest, der österreichische Reichsrath und der ungarische Reichstag; und zwar hüben wie drüben im Angesicht einer finanziellen und wirthschaftlichen Zerrüttung, deren Heilung ganz besonderer Einsicht und Energie der gesetzgebenden Factoren bedarf. Leider ist von diesen Eigenschaften bisher wenig zu bemerken gewesen. Wo auch ein Minister guten Willen zeigte, da scheiterte derselbe meist an der jämmerlichen Selbstsucht der die Parlamente be herrschenden Parteien. Diesseits der Leitha, also in den alten österreichischen Erblanden, ist es die liberale Verfassungspartei, welche im Wiener Reichsrath den Ton angiebt. So vortheilhaft ihre Majorität in politischen Fragen für das Land auch fein mag, in finanzieller und wirtschaftlicher Beziehung halten wir sie geradezu für ein Unglück des Landes, denn diese Partei ist leiser identisch mit einer Speculanten- und Gründerclique, die sich ihre liberalen Grundsätze und die Unterstützung des Ministeriums so hoch als möglich aus der Staatskasse bezahlen lassen möchte. Daß bei dieser Sorte von Menschen das Volks- und Staatsinteresse erst lange nach dem eigenen Interesse kommt, haben sie nie so deutlich bewiesen, als gegenüber den kürzlich vom Handelsminister Vr. Banhans erstatteten Exposes über die Eisenbahnpolitik der Regierung. Die Herren hatten sich in der Hoffnung gewiegt, die Regierung werde eine Anleihe von 500 oder doch wenigstens von 300 Millionen Gulden Vorschlägen, um damit kreuz und quer Eisenbahnen zu bauen, wobei die «Dpeculation wieder ihr Schäfchen scheeren könnte, während die Finanz- calamität des Staates sich ins Unendliche steigern würde. Aber die Regierung hatte den Muth, quoll non zu sagen, und die ehrlichen Männer der Partei, die Brestel und Herbst, beglückwünschten sie zu dem Entschluß, den unter der Firma „Staatshilfe" vorgeschlagenen Schwindel nicht mitzumachen. Das Gründerthum in den drei verfassungstreuen Clubs that sich zusammen, um dem Ministerium sanfte Gewalt anzuthun, mußte sich aber doch überzeugen, daß vor der Hand nichts zu machen sei und man die Folgen des „Krachs" noch ferner tragen müsse. Daß man aber auf den Minister Banhans sehr schlecht zu sprechen ist, läßt sich denken. Zur Befestigung des Cabinets Auersperg kann es unmöglich dienen, wenn eins seiner Mitglieder nach dem anderen in eine schiefe Stellung zur bisherigen ministeriellen Majorität geräth — zuerst Herr v. Stremahr wegen seiner Kirchen politik, dann vr. Glaser wegen seines Actiengesetzes, jetzt der Finanzminister Depretis und der Handelsminister Banhans wegen ihrer Finanz- und Eisenbahnpolitik. Wenn das Gründerthum seine Hand noch nicht ganz von dem Ministerium abzieht, so ist daran weniger sein Liberalismus, als die Furcht schuld, unter einem konser vativen System noch weniger Gelegenheit zum Geschäft machen zu haben. Allein eine solche Clique ist keine dauer hafte Stütze und die Gegner des Cabinets Auersperg hoffen daher zuversichtlich, baldigst wieder ans Staatsruder zu gelangen. Noch schlimmer freilich sieht es jenseits der Leitha in Ungarn aus. Hier, wo es keinen nennenswerthen Bürger stand giebt, ist das Parlament von einem kleinen Adel beherrscht, zu dessen Traditionen die Ausbeutung des Landes gehört und hinter dessen hochtrabenden patriotischen Phrasen sich neben der magyarischen Nationaleitelkeit nur Unfähigkeit, Rohheit und Gewissenlosigkeit verbergen. Diesen noblen Passionen gegenüber kann kein Ministerium Stand halten, welches auch nur einige Ordnung in die staatlichen Zustände bringen will. In der That sind alle Nachfolger des Plus- macherS Lonyay, dessen schauderhafte Wirthschaft erst jetzt ans volle Tageslicht kommt, schnell zum alten Eisen ge worfen worden. Der gegenwärtige ungarische Ministerpräsident Bitto hat über die längst im moralischen Zerfall begriffene Deak- Partei hinausgegriffen, um in Koloman Ghyczy einen ehrlichen Mann an die Spitze der Finanzen zu stellen. Aber dessen Vorlagen, die freilich das Steuerzahlen zur unabwendbaren Pflicht auch für den Adel machen wollen, begegnen einer so heftigen Opposition, daß Alles in Ungarn nach einem neuen Ministerium schreit, ohne daß irgend Jemand anzugeben wüßte, wie man ohne neue Steuern, ohne Sparsamkeit und Ordnung in den Finanzen dem vor der Thür stehenden Staatsbankerott aus dem Wege gehen kann. Wer sott an Bitto's Stelle treten? Tisza, der Führer der Opposition, oder Sennyah, der Jesuit im Frack? Das Eine wäre so schlimm wie das Andere und würde an den bestehenden Zuständen nichts bessern. Für den modernen Parlamentarismus ist eben Ungarn mit seinem sich spreizenden Magyarenthum noch lange nicht reif. Mit einem Wort: CiSleithanienS Finanzlage ist keine rosige, doch die Ungarns ein wahres Dorngestrüpp! Tagesnachrichten. Preußen. Der Proceß gegen den ehemaligen deutschen Botschafter in Paris, Grafen Harry v. Arnim, hat am 9. December Vormittags vor dem Berliner Criminalgericht begonnen. Die Anklageschrift unterscheidet drei Rubriken der in der Pariser Botschaft fehlenden Schriftstücke (Urkun den): 1) mitgenommene und später zurückgegebene; 2) von dem Angeklagten geständlich an sich genommene, als ihm gehörig zurückbehaltene; 3) solche, von deren Verbleib der Angeklagte Nichts wissen will. Der amtliche Charakter der quästionirten Schriftstücke wird durch Anziehung eines Re- scripts vom Jahre 1843 deducirt. Die Bezeichnungen „vertraulich" und „geheim zu holten" sind Direktiven, die den amtlichen Charakter nicht alteriren. Die fehlenden Aktenstücke umfassen sowohl Erlasse des auswärtigen Amtes, wie Berichte des Grafen Arnim. Die Anklage hebt nun Arnim's Beiheiligung an Zeitungsartikeln, insbesondere an der Publikation diplomatischer Enthüllungen in der Wiener „Presse" hervor, infolge deren der Angeklagte auf aller höchsten Befehl und unter Bedeutung des Amtseides zu der Erklärung aufgefordert wurde, ob die Veröffentlichung von ihm ausgegangen oder hervorgerufen sei; ferner ob er den Brief an den Stiftspropst v. Döllinger geschrieben und dessen Veröffentlichung veranlaßt habe. Der Angeklagte antwortete ausweichend, gab aber die Autorschaft des Brie fes an Döllinger zu. Die Anklage hebt die Beschlagnahme der Correspondenz mit dem Redacteur der Wiener „Presse", ! Lauser, und mit dem Journalisten Landsberg in Paris her vor, sowie daß die Concepte des in der „Presse" veröffent lichten Promemorias und des in der „Kölnischen Zeitung" erschienenen Artikels vom 29. Februar 1873 über die Räu mungsfrage eine Kenntniß von Verhältnissen verwertheten, welche der Angeklagte nur in amtlicher Stellung erlangen konnte, und daß die fehlenden amtlichen Schriftstücke dem Angeklagten nicht zu seiner Vertheidigung, sondern für er neute Angriffe auf die derzeitige Reichspolitik werthvoll erschienen. Da solche sich nun auf Grund des § 348 al. 2 des Strafgesetzbuches als Urkunden darstellen und der That- bestand der Unterschlagung durch die Absicht rechtswidriger Zueignung, ohne daß es zugleich gewinnsichtiger Absicht bedarf, bedingt wird, wird Graf Arnim angeklagt: 1) ihm amtlich anvertraute Urkunden vorsätzlich bei Seite geschafft; 2) Sachen, die er in amtlicher Eigenschaft erhalten hatte, sich rechtswidrig angeeignet zu haben. Die Anklage bemerkt, daß durch die nachträgliche Uebergabe einiger der quästio nirten Actenstücke an das Gericht an der Anklage Nichts zu Gunsten des Angeklagten geändert werde. Die vorgeladenen Zeugen sind: der Director des Controlebureaus im aus wärtigen Amte, Roland; der BotschastSrath Graf WeS- dehlen; der Vorsteher der Botschaftskanzlei zu Paris, von Scheven; der dortige Kanzleidirector Hammersdörfer; der Consularverweser zu Marseille, Höhne; der Vorsteher der Botschaftskanzlei in Wien, Gasperini; der Journalist Lands berg aus Paris; der Generalfeldmarschall Frhr. v. Man teuffel; der Präsident König. Die öffentliche Verhandlung begann 10 V2 Uhr im überfüllten Gerichtssaale und wurde zunächst der Beschluß des Gerichts mitgetheilt, die Oeffent- lichkeit nur für die Vorlesung der auf die Kirchenpolitik bezüglichen Actenstücke auszuschließen. Nach Verlesung der Anklage entspann sich über die von der Vertheidigung bestrittene Competenz des Gerichts eine lebhafte Debatte zwischen dem Staatsanwalt und den Vertheidigern des Grafen. Als um 3 Uhr die 1V» Uhr vertagte Sitzung wiedereröffnet wurde, verkündete der Vorsitzende den Gerichtsbeschluß, daß Arnim's Einwand der örtlichen Competenz nichtig sei, weil dieser Ein wand nicht bei der ersten gerichtlichen Vernehmung formell geltend gemacht worden. Sodann begann das Verhör des Angeklagten, welcher sich für nicht schuldig erklärte und im Uebrigen bei den Behauptungen, die er in der Vorunter suchung aufgestellt, verblieb. Seitens der Vertheidigung wurde besonders bestritten, daß nach neuerem französischen Rechte die Handlung des Angeklagten strafbar sei. Der Angeklagte erkannte die Disciplinargewalt des auswärtigen Amtes über den Botschafter an, behauptete aber das Er löschen derselben durch seine zur Dispositionsstellung. Hieran schloß sich die Vernehmung der Sachverständigen, worauf dem Angeklagten noch die Journale der Pariser Botschaft vorgelegt wurden, welche derselbe nur zum Theil als von ihm geführt anerkennt, während er glaubt, daß eins nach träglich nach seiner Abberufung geführt worden ist. Um V,5 Uhr ward die Verhandlung geschloffen und am 10. De cember Vormittags V4II Uhr mit Verlesung zweier Schrei ben des gegenwärtigen deutschen Botschafters in Paris,